Freitag, 30. November 2012

Der Tod und das Theater



Tja. Eine Glosse.
Heute im Deutschen Theater "Shakespeare - Spiele für Mörder, Opfer und Sonstige" 
in der Regie von Dimiter Gotscheff, mit einigen großartigen Spielern - 
Wolfram Koch, Margit Bendokat, Anita Vulesica, Peter Jordan und anderen, 
und außerdem war den ganzen Abend lang noch ein Gorilla auf der Bühne, 
beeindruckend lebensecht, einsam, mit sich beschäftigt und manchmal sehr ablenkend. Das Bühnenbild in etwa wie bei Krankenzimmer Nr. 9 oder war es 13, dem Tschechowabend. Das Ganze ähnelte fatal einem Vorsprechen für ältere Semester, 
ein oder zwei schöne Monologe für jeden mit der Vorgabe, dass es Shakespeare sein mußte, und Tod und Krone vorkommen müssen - Deutsches Theater sucht 
den Super-Monolog-Spieler oder The best of William S.. 
Manches war toll, gelegentlich war's langweilig, aber dann war ja da immer noch der Affe.

ABER DANN: Wolfram Koch stirbt zum wiederholten Male, in der ersten Reihe sitzend, 
den Kopf nach hinten gebeugt, hörbar rasselnd atmend, Finzi monologisiert, 
dann Frau Vulesica und zwei Reihen vor mir, ich saß in der siebenten, 
kommt Unruhe auf, Eine Frau verläßt aufgeregt leise den Saal und 
wie ich genauer hinschaue, sitzt dort ein älterer Herr in genau der Haltung, 
die wenige Minuten vorher noch Herr Koch eingenommen hatte 
und atmete ebenfalls laut hörbar und unregelmäßig. Oben wird weitergespielt, 
der bewußtlose Mann wird auf den Fußboden gelegt, das Publikum sitzt erstarrt. 
In mir wurde die Krankenschwester wach: "Hat jemand einen Arzt gerufen?", 
höre ich mich laut sagen und verlasse den Saal. Der Arzt kam und dem Mann geht es wieder besser, Gott sei Dank, die Vorstellung wurde abgebrochen. 
Aber der ganze Abend war ein anderer geworden. 
Theater und Leben vertragen sich nicht.
Kommentar einer Bekannten: "Ach, da haben sich die Schauspieler den ganzen Abend 
so angestrengt und jetzt haben sie gar keinen Applaus bekommen."


Arnold Böcklin 1872 Selbstbildnis mit fiedelndem Tod

Richard II. 3. Akt 4. Szene

Richard:
Von Gräbern laßt uns reden, von Würmern und Grabschriften; laßt uns 

den Staub zu unserm Papier machen, und mit regnenden Augen 
unsern Jammer auf den Busen der Erde schreiben. Laßt uns von Testamenten reden, 
und unsre Ausrichter erwählen - - doch nein - - Was können wir vermachen, als unsre abgelegte Leiber der Erde? Unsre Länder, unser Leben, alles ist Bolingbroks, und wir können nichts unser nennen als den Tod, und dieses Bißchen Erde, das unsre Gebeine deken wird. Ums Himmels willen! laßt uns hier auf den Boden niedersizen, und einander melancholische Geschichten vom Tod der Könige erzählen; wie einige entsezt, andre im Krieg erschlagen worden; andre von den Geistern derjenigen verfolgt, so sie 
aus dem Wege geräumt hatten; andre von ihren Weibern vergiftet, andre im Schlaf umgebracht, alle ermordet! - - denn in der holen Crone, die eines Königs 
sterbliche Schläfe umfaßt, hält der Tod seinen Hof; da sizt das groteske Ungeheuer und spottet mit grinsendem Lächeln seines Pomps, erlaubt ihm einen Athem-Zug, eine kleine Scene lang zu herrschen, gefürchtet zu werden, und mit Bliken zu tödten, lispelt ihm eitle schwülstige Gedanken ein, als ob das Fleisch, worinn sein Leben eingeschlossen ist, unzerstörbares Metall sey; und wann er ihn so bethört hat, kommt er zulezt, durchbort mit einer kleinen Steknadel seine Schläfe, und gute Nacht König! - - Bedekt eure Häupter, 
und verspottet nicht Fleisch und Blut mit feyrlicher Ehrerbietung; werfet Ehrfurcht, Titel, Ceremoniel, und alle diese Zeichen der Unterwürfigkeit weg; ihr habt mich 
diese ganze Zeit her mißkannt. Ich lebe von Athem wie ihr, ich habe Bedürfnisse wie ihr, fühle Schmerzen, habe Freunde vonnöthen, wie ihr; so abhängig, wie ich also bin, 
wie könnt ihr mir sagen: ich sey ein König?

verdeutscht von Christoph Martin Wieland

Humorlos

Die Jungen
werfen
zum Spass
mit Steinen
nach Fröschen

Die Frösche
sterben
im Ernst


Erich Fried 
 

Mittwoch, 28. November 2012

Mona Lisa



Warum lächelt diese Frau? Woran denkt sie? Warum nehme ich ihr Lächeln übel?


  Ich war im Louvre, ich und zwei und vier Milliarden andere Touristen, SIE hing 
  hinter dickem, sie fast verbergendem Glas. Keine Ahnung, was ich wirklich gesehen 
  habe oder was mein Kopf mir schon präemptiv suggeriert hat. Die persönliche 
  Begegnung jedenfalls war enttäuschend unbeeindruckend. Aber jetzt, allein am 
  Computer, hinterläßt ihr besserwisserisches Mundwinkelheben, doch eine 
  beunruhigende Wirkung. "Ich weiß etwas, was du nicht weisst.". Was? Das Gefühl 
  kenne ich, der Einzige zu sein, der begreift, was wirklich vorgeht. Und meist liege ich 
  damit völlig falsch. Aber IHR können wir nicht mehr widersprechen. 
  Ärgerlich. Unangreifbare Arroganz oder wirkliche Gewissheit eines 
  herrlichen Geheimnisses?


Zwischen 1503 und1506 - Mona Lisa - La Gioconda zu deutsch: die Heitere, obwohl sie keine Augenbrauen hat

 
  Das Modell: wahrscheinlich, Lisa del Giocondo. Wiki sagt, der deutsche Titel beruht 
  auf einem Rechtschreibfehler, denn Mona leitet sich ab von der italienischen 
  Kurzform Monna (für Madonna ‚Frau‘), ist also kein Vorname, sondern der Titel, mit 
  dem Lisa als Ehefrau (madonna) von Francesco del Giocondo angeredet wurde. 
  Es gibt aber auch zahlreiche andere Theorien, es könnte da Vincis Geliebter sein, 
  Isabella of Naples, Cecilia Gallerani, Costanza d'Avalos, Duchess of Francaville, 
  Isabella d'Este, Pacifica Brandano or Brandino, Isabela Gualanda, Caterina Sforza 
  oder Leonardo selbst. Und weiter: Eine besondere Wirkung bekommt das Bild 
  durch einen Trick Leonardos. Er malte das Bild mit zwei verschiedenen 
  Fluchtpunkten (Perspektiven) – einen für den Hintergrund und einen für die Figur. 
  Dem Betrachter fällt das nicht sofort auf; er hat nur das Gefühl, dass hier irgendetwas 
  nicht stimmt.

 Marcel Duchamp 1919 - l.h.o.o.q. =  èl ache o o qu
Das entspricht ungefähr: Sie hat einen heißen Arsch. 

Wer alles ernst nimmt, was Menschen sagen,
darf sich nicht über Menschen beklagen.
Alles Reden ist meist nur Gered.
Weiß man erst, was dahinter steht,
läßt man's klappern wie die Mühlen am Bach
und geht stillfein in sein eigen Gemach.

Christian Morgenstern

Andy Warhol 1963 - Dreissig sind besser als eine

Das Lächeln der Mona Lisa

Ich kann den Blick nicht von dir wenden.
Denn über deinem Mann vom Dienst
hängst du mit sanft verschränkten Händen
und grienst.

Du bist berühmt wie jener Turm von Pisa,
dein Lächeln gilt für Ironie.
Ja ... warum lacht die Mona Lisa?
Lacht sie über uns, wegen uns, trotz uns, mit uns, gegen uns –
oder wie –?

Du lehrst uns still, was zu geschehn hat.
Weil uns dein Bildnis, Lieschen, zeigt:
Wer viel von dieser Welt gesehn hat –
der lächelt, legt die Hände auf den Bauch und schweigt.
 
Theobald Tiger
Die Weltbühne, 27.11.1928, Nr. 48, S. 819

Friedrich Engels 28. November 1820





Friedrich Engels wurde am 28. November 1820 in Barmen, heute zu Wuppertal gehörig, geboren.

Die Leute, die sich rühmten, eine Revolution gemacht zu haben, haben noch immer am Tag daraufgesehen, daß sie nicht wußten, was sie taten, daß die gemachte Revolution jener, die sie hatten machen wollen, durchaus nicht ähnlich sah.
F. E. in einem Brief vom 23. April 1885 an V. I. Sassulitsch



Um 1839 mit 19 Jahren, noch ohne Bart.

Friedrich Engels - Auszug aus

Briefe aus dem Wuppertal

Geschrieben im März 1839 - »Telegraph für Deutschland«


Bekanntlich begreift man unter diesem bei den Freunden des Lichtes sehr verrufenen Namen die beiden Städte Elberfeld und Barmen, die das Tal in einer Länge von fast drei Stunden einnehmen. Der schmale Fluß ergießt bald rasch, bald stockend seine purpurnen Wogen zwischen rauchigen Fabrikgebäuden und garnbedeckten Bleichen hindurch; 

aber seine hochrote Farbe rührt nicht von einer blutigen Schlacht her, denn hier streiten nur theologische Federn und wortreiche alte Weiber gewöhnlich um des Kaisers Bart; auch nicht von Scham über das Treiben der Menschen, obwohl dazu wahrlich Grund genug vorhanden ist, sondern einzig und allein von den vielen Türkischrot-Färbereien. ... Die Gegend ist ziemlich anmutig; die nicht sehr hohen, bald sanft steigenden, bald schroffen Berge, über und über waldig, treten keck in die grünen Wiesen hinein, und bei schönem Wetter läßt der blaue, in der Wupper sich spiegelnde Himmel ihre rote Farbe ganz verschwinden. Nach einer Biegung um einen Abhang sieht man die verschrobenen Türme Elberfelds (die demütigen Häuser verstecken sich hinter den Gärten) dicht vor sich, und in wenigen Minuten ist das Zion der Obskuranten erreicht. Fast noch außerhalb der Stadt stößt man auf die katholische Kirche; sie steht da, als wäre sie verbannt aus den heiligen Mauern. Sie ist im byzantinischen Stil nach einem sehr guten Plan von einem sehr unerfahrenen Baumeister sehr schlecht ausgeführt; ... 
Von nun an beginnen die langweiligen, charakterlosen Straßen; das schöne neue Rathaus, erst halb vollendet, ist aus Mangel an Raum so verkehrt gesetzt, daß die Fronte nach einer engen, häßlichen Gasse geht. Endlich gelangt man wieder an die Wupper, und eine schöne Brücke zeigt, daß man nach Barmen kommt, wo wenigstens auf architektonische Schönheit mehr gegeben wird. Sowie die Brücke passiert ist, nimmt alles einen freundlicheren Charakter an; große, massive Häuser in geschmackvoller, moderner Bauart vertreten die Stelle jener mittelmäßigen Elberfelder Gebäude, die weder altmodisch noch modern, weder schön noch karikiert sind; überall entstehen neue, steinerne Häuser, das Pflaster hört auf, und ein grader chaussierter Weg, an beiden Seiten bebaut, setzt die Straße fort. Zwischen den Häusern sieht man auf die grünen Bleichen; die hier noch klare Wupper, und die sich dicht herandrängenden Berge, welche durch leicht geschwungene Umrisse und durch mannigfaltige Abwechselung von Wäldern, Wiesen und Gärten, aus denen überall rote Dächer hervorschauen, die Gegend immer anmutiger machen, je weiter man kommt. ... Nachdem der Durchreisende nun Rittershausen passiert hat, verläßt er am Ende der Welt das Bergische und tritt durch den Schlagbaum in das altpreußische, westfälische Gebiet einein.
Das ist die äußere Erscheinung des Tals, die im allgemeinen, mit Ausnahme der trübseligen Straßen Elberfelds, einen sehr freundlichen Eindruck macht; daß dieser aber für die Bewohner verlorengegangen ist, zeigt die Erfahrung. Ein frisches, tüchtiges Volksleben, wie es fast überall in Deutschland existiert, ist hier gar nicht zu spüren; auf den ersten Anblick scheint es freilich anders, denn man hört jeden Abend die lustigen Gesellen durch die Straßen ziehen und ihre Lieder singen, aber es sind die gemeinsten Zotenlieder, die je über branntweinentflammte Lippen gekommen sind; nie hört man eins jener Volkslieder, die sonst in ganz Deutschland bekannt sind und auf die wir wohl stolz sein dürfen. Alle Kneipen sind, besonders Sonnabend und Sonntag, überfüllt, und abends um elf Uhr, wenn sie geschlossen werden, entströmen ihnen die Betrunkenen und schlafen ihren Rausch meistens im Chausseegraben aus. Die gemeinsten unter diesen sind die sogenannten Karrenbinder, ein gänzlich demoralisiertes Volk, ohne Obdach und sichern Erwerb, die mit Tagesanbruch aus ihren Schlupfwinkeln, Heuböden, Ställen etc. hervorkriechen, wenn sie nicht auf Düngerhaufen oder den Treppen der Häuser die Nacht überstanden hatten. Durch Beschränkung ihrer früher unbestimmten Zahl ist diesem Wesen von der Obrigkeit jetzt einigermaßen ein Ziel gesetzt worden.
Die Gründe dieses Treibens liegen auf der Hand. Zuvörderst trägt das Fabrikarbeiten sehr viel dazu bei. Das Arbeiten in den niedrigen Räumen, wo die Leute mehr Kohlendampf und Staub einatmen als Sauerstoff, und das meistens schon von ihrem sechsten Jahre an, ist grade dazu gemacht, ihnen alle Kraft und Lebenslust zu rauben. Die Weber, die einzelne Stühle in ihren Häusern haben, sitzen vom Morgen bis in die Nacht gebückt dabei und lassen sich vom heißen Ofen das Rückenmark ausdörren. Was von diesen Leuten dem Mystizismus nicht in die Hände gerät, verfällt ins Branntweintrinken. Dieser Mystizismus muß in der frechen und widerwärtigen Gestalt, wie er dort herrscht, notwendig das entgegengesetzte Extrem hervorrufen, und daher kommt es hauptsächlich, daß das Volk dort nur aus »Feinen« (so heißen die Mystiker) und liederlichem Gesindel besteht. Schon diese Spaltung in zwei feindselige Parteien wäre, abgesehn von der Beschaffenheit derselben, allein imstande, die Entwicklung alles Volksgeistes zu zerstören, und was ist da zu hoffen, wo auch das Verschwinden der einen Partei nichts helfen würde, weil |418| beide gleich schwindsüchtig sind? Die wenigen kräftigen Gestalten, die man dort sieht, sind fast nur Schreiner oder andre Handwerker, die alle aus fremden Gegenden her sind; unter den eingebornen Gerbern sieht man auch kräftige Leute, aber drei Jahre ihres Lebens reichen hin, sie körperlich und geistig zu vernichten; von fünf Menschen sterben drei an der Schwindsucht, und alles das kommt vom Branntweintrinken. Dies aber hätte wahrlich nicht auf eine so furchtbare Weise überhandgenommen, wenn nicht der Betrieb der Fabriken auf eine so unsinnige Weise von den Inhabern gehandhabt würde, und wenn der Mystizismus nicht in der Art bestände, wie er besteht, und wie er immer mehr um sich zu greifen droht. Aber es herrscht ein schreckliches Elend unter den niedern Klassen, besonders den Fabrikarbeitern im Wuppertal; syphilitische und Brustkrankheiten herrschen in einer Ausdehnung, die kaum zu glauben ist; in Elberfeld allein werden von 2500 schulpflichtigen Kindern 1200 dem Unterricht entzogen und wachsen in den Fabriken auf, bloß damit der Fabrikherr nicht einem Erwachsenen, dessen Stelle sie vertreten, das Doppelte des Lohnes zu geben nötig hat, das er einem Kinde gibt. Die reichen Fabrikanten aber haben ein weites Gewissen, und ein Kind mehr oder weniger verkommen zu lassen, bringt keine Pietistenseele in die Hölle, besonders wenn sie alle Sonntage zweimal in die Kirche geht. Denn das ist ausgemacht, daß unter den Fabrikanten die Pietisten am schlechtesten mit ihren Arbeitern umgehen, ihnen den Lohn auf alle mögliche Weise verringern, unter dem Vorwande, ihnen Gelegenheit zum Trinken zu nehmen, ja bei Predigerwahlen immer die ersten sind, die ihre Leute bestechen... 






J.P. Bemberg, Barmen-Rittershausen - Türkischrothgarn-Färberei

Türkischrot-Färberei - Mit Türkischrot ist kein bestimmter Farbton gemeint, sondern ein eigentümliches Verfahren, das allerdings prächtige rote Nuancen ergibt: Die mit Tonerde gebeizten und anschließend mit verseiftem Rizinusöl, Kuhblut und -dung vorbehandelten Baumwollfasern wurden dann mit Alizarin (Farbstoff der Krappwurzel) gefärbt und zuletzt gedämpft. Das davon gefertigte Gewebe war wasch-, licht-, säure- und alkaliecht.




Dienstag, 27. November 2012

e.e.cummings - wer bist du - who are you



wer bist du,kleines ich
(fünf oder sechs jahre alt)
starrend aus einem hohen
fenster;auf das gold
des novemberlichen sonnenuntergangs
(und fühlend;dass wenn ein tag
schon nacht werden muss
dies eine wunderschöne weise ist)


who are you,little i
(five or six years old)
peering from some high
window;at the gold
of november sunset
(and feeling;that if day
has to become night
this is a beautiful way)

e.e.cummings


Joseph Mallord William Turner
Sunset - Sonnenuntergang
um 1830/35

 
Eine Vertonung für Piano und Singstimme

http://www.youtube.com/watch?v=DScLMLwl7HU


Montag, 26. November 2012

Pünktchen trifft Anton im Grips und Was ihr Wollt im Berliner Ensemble


Gestern war Theaterüberdosis angesagt. Am Nachmittag waren meine Nichte und ich, beide zum ersten Mal, im Grips Theater. Ich bin ja mit dem Theater der Freundschaft, heute Theater an der Parkaue aufgewachsen - "Die drei ( oder waren es vier?) Pelzmützen" 1970 waren der wahrscheinlich erste nicht familienverbundene Theaterbesuch meines Lebens. Und er war lustig. Mit der S-Bahn bis Frankfurter Allee, für uns Mitte-Kinder ganz schön weit, und dann ab in die Welt des Kindertheaters. Vielleicht habe ich ja Wichtiges verdrängt, aber ich erinnere mich an unterhaltsame, verspielte Nachmittage, auch wenn das nur schwer vorstellbar ist, wenn ich mir Photographien von Ilse Rodenberg, der damaligen Intendantin, Abgeordnete der Volkskammer der DDR und Ehefrau von Hans Rodenberg, Kulturminister, anschaue.
Aber nun, 2013, "Pünktchen trifft Anton" im Grips. Die Kinder sind hin und weg. Ich bin zumindestens hin. Eine gute Geschichte, ein paar hochmotivierte und einfallsreiche Schauspieler und, vielleicht, ein bisschen zu viel Botschaft und eingängige Kinderpopsongs, aber möglicherweise schauen die Kinder morgen ihre merkwürdig deutschsprechenden Klassenkameraden ein wenig liebevoller, aufmerksamer an. Das wär doch schon was, oder?
Dann in Windeseile die vom Gesehenen begeisterte Nichte an die Eltern zurückgegeben und mit der S-Bahn ins BE zu "Was ihr wollt" gefahren.

Nicht Narr, nicht Clown, nicht Trottel, nicht Idiot. 

Ihr Zuschaukünstler habt für mich kein Wort. 
Ich komm aus England. Daher kommt der Tod. 
Ich bin der Sterbewitz. Ich bin der Mord-

Versuch, jaja, ich weiß. Auch der macht Spaß 

Weil er sich reimt und ist nicht so gemeint, 
denkt ihr. Ihr denkt? Sieh an, seit wann denkt Aas. 
Ich bin mein eignes Volk. Ihr seid vereint.

In dem Verein, der richtet und der henkt. 

Ich will, dass ihr euch hier zu Tode lacht, 
voll faulem Mitgefühl das Herz verrenkt, 
ersauft in Tränen mitten in der Nacht.

Ihr seid das Volk. Ich bins, der euch verhetzt.

Ich heiß: The Fool. Das wird nicht übersetzt.
 

Thomas Brasch zu Shakespeares Narr

Mir geht es schon vor Beginn ein bisschen schlecht, die letzten Besuche hier, haben ihre Spuren hinterlassen und die ersten 15 Minuten des heutigen Abends versprechen auch nichts Gutes, aber - ABER DANN wird es anders und ich bin froh.


Liebe ist ... Was ist Liebe? Nicht ok., nicht lieb, nicht gut erträglich. Liebe passt so gar nicht in unseren Abgesichertsein erstrebenden, zukunftsorientierten Sein-Wir-Nett-Zueinander-Alltag. Liebe ist irre, geil und allumfassend und unschick. Und: " Wenn Musik die Nahrung für die Liebe ist...", der Schlegel/Tieck will mir nicht aus dem Kopf -
"Wenn die Musik der Liebe Nahrung ist,
Spielt weiter! Gebt mir volles Maß! daß so
Die übersatte Lust erkrank' und sterbe. –
Die Weise noch einmal..."
Und wenn denn Musik der Liebe Nahrung ist, dann müssen wir singen. Egal, ob wir es können oder nicht. Wir müssen das selbe Lied wieder und wieder hören, weil wr sonst sterben würden, weil eben die verflixte, lächerliche Liebe es verlangt. Und dieses hilflose, rücksichtslos machende, erbärmliche Ausgeliefertseins an die Liebe wird an diesem Abend zelebriert, was heisst, er wird feierlich, genussvoll begangen. Und das auf ganz unfeine Art mit den Liedern, die unsere sind und mit denen Shakespeares. Die werden geseufzt, gegrölt und manchmal ganz zart gesungen. Feierlich muß ja nicht dröge heißen, es kann auch eine wilde, überbordende Feier werden, das ist nicht jedermanns Sache, aber ...
Simone Kaempf schreibt in ihrer Kritik auf nachtkritik: ...Ihre (Thalbachs) Inszenierung ist nun gar nicht so witzig geraten, dunkel-melancholisch aber erst recht nicht....Alles ist bunt, illustrierend, laut geraten...
Nicht ihre Meinung stört mich, aber dass sie es nicht für notwendig erachtet, zu erwähnen, dass der Saal stehend und ungewöhnlich lang applaudiert hat, ärgert mich schon und hat mich dazu gebracht meinen ersten und hoffentlichen letzten Kommentar auf der Seite zu veröffentlichen: Ob man es mag oder nicht. Wenn ein ganzer Saal im Stehen applaudiert ist das einer Erwähnung wert. Claque gibts immer, füllt aber keinen Saal. Aushalten und untersuchen, wenn andren gefällt, was man selber hasst, ist die Arbeit, die ein Kritiker leisten sollte.


Sabin Tambrea - Sebastian/Cesario/Viola
© Stefan Falke


Was es ist

Es ist Unsinn
sagt die Vernunft
Es ist was es ist
sagt die Liebe Es ist Unglück
sagt die Berechnung
Es ist nichts als Schmerz
sagt die Angst
Es ist aussichtslos
sagt die Einsicht
Es ist was es ist
sagt die Liebe Es ist lächerlich
sagt der Stolz
Es ist leichtsinnig
sagt die Vorsicht
Es ist unmöglich
sagt die Erfahrung
Es ist was es ist
sagt die Liebe
 

Erich Fried 

Hugo Simberg - Noch ein Maler, von dem ich noch nie gehört habe



Hugo Simberg

Wiki sagt: Hugo Gerhard Simberg (* 24. Juni 1873 in Hamina; † 11. Juli 1917 in Ähtäri, Finnland) war ein finnischer Maler und Graphiker des Symbolismus.


 Der Verwundete Engel - Haavoittunut Enkeli 1903

Die allegorische Prozession mit dem Engel läuft durch eine realistische Landschaft. Es ist der Eläintarha Park in Helsinki, und heute noch führt diese Strasse an der Eläintarha Bucht entlang. In Hugo Simbergs Zeit war der Park ein beliebter Ort für die Freizeitaktivitäten der arbeitenden Bevölkerung, während der Adel den Kaivopuisto Park bevorzugte. Damals waren im Park auch viele Wohlfahrtsinstitutionen angesiedelt;  
den Verwundeten Engel tragen die gesunden Jungen in Richtung Der Schule für Blinde, Mädchen und des Heims für Krüppel.
Zitiert aus Wiki/uk


Der Garten Des Todes 1896

Samstag, 24. November 2012

Theater ist nichts Sicheres - Ein herrliches Herrliches Herbstfest


Die gewöhnliche vergnügliche Feier ist in meinem Umkreis eine vom Aussterben bedrohte Form des unerzwungenen Zusammentreffens von Menschen. Man trifft sich heutzutage eher im Cafe, im Restaurant, in der Bar, man lädt zum Essen ein, man geht gemeinsam ins Theater, Kino oder Museum. Aber gemeinsames Feiern, außerhalb von Premieren-, Drehende- oder Preisvergabeparties, ist rarer als ein deutscher Fernsehabend ohne Ch. Neugebauer.
Merkwürdig.
Man geht auch nicht mehr einfach so mal bei jemandem vorbei, auf'n Kaffee. Man verabredet sich. Am besten schon Wochen vorher. Kalenderabgestimmte Spontaneität. Haben wir so viel mehr zu tun? Ersetzt uns Facebook das ungeplante Hängenbleiben in der Kantine? Halten unsere älter gewordenen Herzen, Lebern und Knochen Überraschungs-treffen nicht mehr aus?

Vor zwei Jahren hatte Pierre Besson die großartige Idee allen ihm bekannten, verstreuten, freischaffenden, herumstreunenden darstellenden Künstlern, die Gelegenheit zu geben, gemeinsam zu feiern. Ohne genauer bestimmten Anlaß, als den, dass es Frühling oder Herbst ist. Ich gehe gern zu diesen Festen, im Handgepäck zwei nichtselbstgebackene Kuchen (Hier ein herzlicher Dank an meine Mutter!) und die Vorfreude auf lauter Leute, die ich außerhalb dieser Feste nie, fast nie oder nur in den unkörperlichen Gefilden von Facebook treffe, die ich aber irgendwie mag. Unanstrengend ist es. Auch unverbindlich, aber das muß ja nicht immer etwas Schlechtes sein.

Wir alle hasten berufshalber durch die Gegend, schließen kurzzeitige innige Bündnisse
und verlassen sie wieder, wenn das jeweilige Projekt beendet ist. Hin und wieder, "once in a blue moon" *, entsteht etwas Dauerndes, eine Freundschaft, eine professionelle Partnerschaft, eine Innigkeit, aber das ist eher die Ausnahme als die Regel. Die alten Ensembles mit der ihnen eigenen familienähnlichen Struktur, verschworen und dysfunktional in einem, sind am Aussterben, der an- und abreisende Wanderspieler/-regisseur ist das Modell des Tages, ich schreibe dies ohne jede Sentimentalität. Aber es tut gut, zweimal im Jahr die anderen, die leben wie du, zu treffen. Die, die auch nicht wissen, was übernächstes Jahr sein wird, und die ängstlich aber stolz sind ob dieser Ungewissheit.

Der Dramatiker und Kritiker Eric Bentley definierte Schauspiel als: „A verkörpert B, während C zuschaut“.
 Wanderschauspieler in eine Scheune probierend. Aus den Arbeiten von WIlliam Hogarth (Jones, 1833).

* Wiki sagt: Ein Blue Moon (engl. „blauer Mond“) ist im englischen Sprachraum landläufig die Bezeichnung für einen zweiten Vollmond innerhalb eines Monats. In älterer astronomischer Definition wird damit der dritte Vollmond innerhalb einer Jahreszeit mit vier Vollmonden bezeichnet. In der Umgangssprache meint man mit dem Spruch once in a blue moon dementsprechend etwas sehr Seltenes.

Freitag, 23. November 2012

Internationale Kekse


  Es ist November und meine Mutter bäckt Weihnachtsstollen und Kekse. Die Stollen 
  verreisen per Post durch die halbe Welt, es gibt "normale" und koschere und welche 
  ohne Rosinen. Die Kekse bleiben zu Hause. Die Rezepte sind aus allen Ländern 
  durch die die Familie meiner Mutter einst widerwillig gewandert ist. Ich habe ein Bild in 
  meinem Kopf: eine Familie, Vater, Mutter und zwei Kinder, sehr wenig Gepäck, alle 
  paar Jahre ein neues Land, eine neue Sprache, aber gegessen werden mußte immer.
  Und es gab in all den Ländern immer Frauen, die ihre "geheimen" Zusammen-
  stellungen von Zucker und Mehl und Salz und Vanille verrieten. Und dieser kleine 
  Verrat wurde bewahrt, ins nächste Land mitgeschleppt und  liegt jetzt in 
  kitschigen Blechdosen in der Speisekammer meiner Mutter und wird demnächst von
  mir und anderen gegessen werden. Das ist wahrer Multikulturalismus.

                          Brune Kager  - Braune Kekse                     
 (dänisch)

250 g Butter
200 g Zucker
125 g Ahornsirup
  75 g  abgezogene gehackte Mandeln
  75 g gehacktes Zitronat
½ TL   gemahlene Gewürznelken
½ TL   gemahlener Zimt
   7 g   Pottasche (kann man überall jetzt schon kaufen)
gemahlener Ingwer

Butter mit Zucker und Sirup zum Kochen bringen, vom Herd nehmen, wenn es noch heiß  ist, die Pottasche zugeben, dann die Mandeln, Zitronat, Gewürze zugeben, das Mehl über die abgekühlte Sirup-Masse geben und unterrühren, aus der Masse 2 Rollen formen,

 in Folie einwickeln und 24 Stunden im Kühlschrank ruhen lassen, herausnehmen, in dünne Scheibchen schneiden und ausbacken


 
 
Gingerbread - Ingwerschnitten
(amerikanisch)

1 Tüte kandierten Ingwer (200 – 250g)
150 g Butter
100 g Zucker
1 Ei
1 Prise Salz
1/2 TL Ingwerpulver
300 g Mehl
1 Eigelb

Eine Hälfte des Ingwers sehr fein hacken, die andere in kleine Würfel schneiden, die Butter mit dem Zucker, dem Ei, Salz, Ingwerpulver und den klein gehackten Ingwerstücken verkneten, alles mit dem Mehl bedecken und zu einem Teig vermengen, zu einer Kugel formen und in einer Folie 2 Stunden im Kühlschrank ruhen lassen, herausnehmen, in 3 Stücke teilen, ca. 1/2 cm dick ausrollen und davon ca. 4 x 6 cm große Stücke schneiden,

auf ein Backblech legen. Das Eigelb mit etwas Wasser verquirlen, Plätzchen damit bestreichen, mit den Ingwerwürfelchen bestreuen und ca. 15 Minuten backen.

"Der neue Riese" 
 Teil eines Gedichts Von Emma Lazarus, dass ursprünglich helfen sollte, Geld für die Errichtung der Freiheirsstatue zu sammeln. 

„Behaltet, o alte Lande, euren sagenumwobenen Prunk“, ruft sie
Mit stummen Lippen. „Gebt mir eure Müden, eure Armen,
Eure geknechteten Massen, die frei zu atmen begehren,

Den elenden Unrat eurer gedrängten Küsten;
Schickt sie mir, die Heimatlosen, vom Sturme Getriebenen,
Hoch halt' ich mein Licht am gold’nen Tore!“ 

Was für ein wunderbarer Gedanke! 



Donnerstag, 22. November 2012

Beam me up, Scotty!


Ich bin heute 1100 Kilometer gefahren, um einer Bauprobe, die nicht mehr als 60 Minuten dauerte, beizuwohnen. Die Bauprobe lief prima. Aber es waren halt doch mehr als eintausend Kilometer hand-, augen- und fußgefahren. Ach, wenn man doch wählen könnte zwischen, heute ganz langsam von A nach B, auf dass man alles, aber auch alles betrachten, riechen, anfassen, bequatschen kann und morgen, ein Griff an das metallene Gerät an der Brusttasche und man wird in Lichtgeschwindigkeitseile von hier nach da teleportiert. Star treck oder verdeutscht Raumschiff Enterprise hat mir diese Vision in den Kopf gepflanzt. Wer erinnert sich nicht?

"Der Weltraum. Unendliche Weiten. Wir schreiben das Jahr 2200. Dies sind die Abenteuer des Raumschiffs Enterprise, das mit seiner 400 Mann starken Besatzung fünf Jahre lang unterwegs ist, um neue Welten zu erforschen, neues Leben und neue Zivilisationen. Viele Lichtjahre von der Erde entfernt dringt die Enterprise in Galaxien vor, die nie ein Mensch zuvor gesehen hat."


Männer in nicht wirklich kleidsamen hautengen Overalls fliegen durch unbekannte Galaxien und treffen dabei, natürlich, auf fremde Zivilisationen, die oft aus 70er-Jahre gemäßen supersexy Amazonen mit blauem Lidschatten und angsteinflößenden Oberweiten bestehen. Aber, und das Aber ist wichtig, das naive, manchmal fast lächerliche Bestreben nach Amusement ist gepaart, gleichwertig gepaart, mit einem ebenso naiven, aber nichtsdestotrotz erstaunlichen Humanismus. Rassismus ist nichtexistent, ignoranter Patriotismus ebenso. Schwarz und Weiß küssen sich zum ersten Mal im amerikanischen Fernsehen, ehemals verhasste Japaner und Russen arbeiten in leitenden Positionen auf dem Raumschiff und verstandgesteuerte Vulcanier haben oft Recht. Kapitän Kirk, alias William Shatner, unentwegt gegen das Kostüm mit seinem Gewicht kämpfend, war der weiße, aber angreifbare Mittelpunkt der Geschichten.


Die Besatzung: Schwarz, Japanisch, Russisch, Vulkanisch, Amerikanisch und alle in den gleichen unkleidsamen Uniformen

Gene Roddenberry war ein Visionär, nur halt einer, der 1964 versucht hat mit Hilfe einer Science Fiction Serie im amerikanischen Fernsehen, den einfachen und doch scheinbar unverständlichen Gedanken, zu vermitteln: “We hold these truths to be self-evident, that all men are created equal that they are endowed by their Creator with certain unalienable Rights, that among these are Life, Liberty and the pursuit of Happiness." oder verdeutscht: "Wir halten diese Wahrheiten für selbstverständlich, dass alle Menschen gleich erschaffen wurden, daß sie von ihrem Schöpfer mit gewissen unveräußerlichen Rechten begabt wurden, worunter sind Leben, Freiheit und das Streben nach Glück."

Zitat: Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten von Amerika



Mister Mitt Romney & Freunde, mögen Sie es hören und verstehen.

"Wenn Spock so etwas hat, wie eine Seele, bin ich für sie verantwortlich, wie für meine eigene." Kaptain Kirk

Dienstag, 20. November 2012

Mal eine kleine Frage: Was ist Kunst?



Heute im Hamburger Bahnhof - so viel Verschiedenes - ein düsterer beängstigender Kreuzgang von Bruce Nauman, ein beiges Kind vor einem Tisch mit beiger Tischdecke von Martin Honert, ein ganzer Saal vollgebaut von einem Vater/Sohn Gespann namens Roth mit verspieltem Zeugs und Müll und Überraschungen, man möchte gern drin spielen, aber darf es natürlich nicht. "Abstand halten!" -  mit den Worten bin ich heute mehrmals zurechtgewiesen und einmal sogar angebellt worden. 
Dann die Sammlung Marx und da im hintersten Raum drei Stücke von Anselm Kiefer, ein Flugzeug, eine verbrannte Wand und Lilith am Roten Meer - gigantisch, beidseitig eingerollt, wie eine Thorarolle, eine Felsmauer mit fliegenden Kleidern, Mädchenkleidern, Bändern und einem schweren Mantel mit schwarzer Haarsträhne. Ganz warm wurde es mir da. Auch, wenn ich wieder nicht berühren durfte. Abstand halten! 


 Anselm Kiefer Lilith am Roten Meer

Detail

Aber in vielen Sälen (Sääle wäre schöner, finde ich.) mußte ich nicht aufgefordert werden, Abstand zu halten, da wollte ich ihn eher noch vergrößern. Was war das? Was soll das? Wozu ist das? Wen interessiert das? Völliges Unverständnis, manchmal Verärgerung und eine tiefes Gefühl von Hilflosigkeit und definitiv kein Gefühl provoziert zu werden oder konfrontiert, höchstens irritiert. Da stand dann in einer der Hallen ein gewöhnlicher weißer Plastikschreibtisch. Und vielleicht beschreibt es meinen Verwirrungszustand zur Frage: Was ist Kunst?, am genauesten, wenn ich zugebe, dass ich einen Moment lang ängstlich geschaut habe, ob ein hinweisendes Schild, mir auch diesen Tisch als Kunst ausweisen würde. 

Über Geschmack läßt sich streiten, was dem einen sein Uhl..., blablabla. Aber gibt es nicht irgendeinen irgendwiegearteten Maßstab, nein, Maßstab ist ein blödes Wort, also gibt es erkennbare Hinweise, Indizien, die mir helfen würden Kunst von prätentiösem Mist zu unterscheiden? Bei moderner bildender Kunst mangelt es bei mir an den ordnenden Koordinaten, dem Feuilleton traue ich nicht und nur auf meinen Bauch zu hören, scheint mir gefährlich. Der ist an andere Kost gewöhnt und meckert vielleicht nur, weil er es nicht kennt. unter dem Motto: was der Bauer nicht kennt, isst er nicht. Wer weiß Hilfe?

Gut, Kunst ist Kunst, nicht wahr? Doch, andererseits, Wasser ist Wasser. Und Osten ist Osten und Westen Westen, und wenn du Heidelbeeren nimmst und sie mit Apfelmus kochst, schmecken sie mehr nach Pflaumen, als es Rhabarbar tut. Jetzt sage mir was du weißt.
Groucho Marx



Und zum Nachtisch ins Guggenheim zum alte Bekannte anschauen, und ein paar neue zu finden und zwei-, dreimal verliebt Bilder anzugrinsen.
 
Wo beginnt die Tapete, wo endet die Frau? 


Pierre Bonnard 1934–35
Grande salle à manger sur le jardin - Speisezimmer mit Garten