Tja. Eine Glosse.
Heute im Deutschen Theater "Shakespeare - Spiele für Mörder, Opfer und Sonstige"
in der Regie von Dimiter Gotscheff, mit einigen großartigen Spielern -
Wolfram Koch, Margit Bendokat, Anita Vulesica, Peter Jordan und anderen,
und außerdem war den ganzen Abend lang noch ein Gorilla auf der Bühne,
beeindruckend lebensecht, einsam, mit sich beschäftigt und manchmal sehr ablenkend. Das Bühnenbild in etwa wie bei Krankenzimmer Nr. 9 oder war es 13, dem Tschechowabend. Das Ganze ähnelte fatal einem Vorsprechen für ältere Semester,
ein oder zwei schöne Monologe für jeden mit der Vorgabe, dass es Shakespeare sein mußte, und Tod und Krone vorkommen müssen - Deutsches Theater sucht
den Super-Monolog-Spieler oder The best of William S..
Manches war toll, gelegentlich war's langweilig, aber dann war ja da immer noch der Affe.
ABER DANN: Wolfram Koch stirbt zum wiederholten Male, in der ersten Reihe sitzend,
den Kopf nach hinten gebeugt, hörbar rasselnd atmend, Finzi monologisiert,
dann Frau Vulesica und zwei Reihen vor mir, ich saß in der siebenten,
kommt Unruhe auf, Eine Frau verläßt aufgeregt leise den Saal und
wie ich genauer hinschaue, sitzt dort ein älterer Herr in genau der Haltung,
die wenige Minuten vorher noch Herr Koch eingenommen hatte
und atmete ebenfalls laut hörbar und unregelmäßig. Oben wird weitergespielt,
der bewußtlose Mann wird auf den Fußboden gelegt, das Publikum sitzt erstarrt.
In mir wurde die Krankenschwester wach: "Hat jemand einen Arzt gerufen?",
höre ich mich laut sagen und verlasse den Saal. Der Arzt kam und dem Mann geht es wieder besser, Gott sei Dank, die Vorstellung wurde abgebrochen.
Aber der ganze Abend war ein anderer geworden.
Theater und Leben vertragen sich nicht.
Kommentar einer Bekannten: "Ach, da haben sich die Schauspieler den ganzen Abend
so angestrengt und jetzt haben sie gar keinen Applaus bekommen."
Arnold Böcklin 1872 Selbstbildnis mit fiedelndem Tod
Richard II. 3. Akt 4. Szene
Richard:
Von Gräbern laßt uns reden, von Würmern und Grabschriften; laßt uns
den Staub zu unserm Papier machen, und mit regnenden Augen
unsern Jammer auf den Busen der Erde schreiben. Laßt uns von Testamenten reden,
und unsre Ausrichter erwählen - - doch nein - - Was können wir vermachen, als unsre abgelegte Leiber der Erde? Unsre Länder, unser Leben, alles ist Bolingbroks, und wir können nichts unser nennen als den Tod, und dieses Bißchen Erde, das unsre Gebeine deken wird. Ums Himmels willen! laßt uns hier auf den Boden niedersizen, und einander melancholische Geschichten vom Tod der Könige erzählen; wie einige entsezt, andre im Krieg erschlagen worden; andre von den Geistern derjenigen verfolgt, so sie
aus dem Wege geräumt hatten; andre von ihren Weibern vergiftet, andre im Schlaf umgebracht, alle ermordet! - - denn in der holen Crone, die eines Königs
sterbliche Schläfe umfaßt, hält der Tod seinen Hof; da sizt das groteske Ungeheuer und spottet mit grinsendem Lächeln seines Pomps, erlaubt ihm einen Athem-Zug, eine kleine Scene lang zu herrschen, gefürchtet zu werden, und mit Bliken zu tödten, lispelt ihm eitle schwülstige Gedanken ein, als ob das Fleisch, worinn sein Leben eingeschlossen ist, unzerstörbares Metall sey; und wann er ihn so bethört hat, kommt er zulezt, durchbort mit einer kleinen Steknadel seine Schläfe, und gute Nacht König! - - Bedekt eure Häupter,
und verspottet nicht Fleisch und Blut mit feyrlicher Ehrerbietung; werfet Ehrfurcht, Titel, Ceremoniel, und alle diese Zeichen der Unterwürfigkeit weg; ihr habt mich
diese ganze Zeit her mißkannt. Ich lebe von Athem wie ihr, ich habe Bedürfnisse wie ihr, fühle Schmerzen, habe Freunde vonnöthen, wie ihr; so abhängig, wie ich also bin,
wie könnt ihr mir sagen: ich sey ein König?
verdeutscht von Christoph Martin Wieland
Humorlos
Die Jungen
werfen
zum Spass
mit Steinen
nach Fröschen
Die Frösche
sterben
im Ernst
Erich Fried