Warnung: heute mit Pathos!
ALFRED EISENSTAEDT
Der Time-Life Reporter David Friend betitelte ein Essay über
den Photographen: "Eisenstaedts Ode an die Freude".
Die Freude ist eine Beglückung, eine helle oder heitere Stimmung,
ein Frohgefühl, sagt Wiki. Und Graham Greene wiederum schrieb im
"Ende einer Affaire": Das Gefühl unglücklich zu sein, läßt sich so viel
leichter mitteilen, als das des Glücks. Im Leid scheinen wir uns
unserer Existenz bewusst zu sein, auch wenn es in der Form eines
monströsen Egoismus ist: Dieser Schmerz ist meiner, dieser Nerv,
der zuckt, gehört zu mir und niemandem sonst. Aber Glücklichsein
löscht uns aus: wir verlieren unsere Identität."
Vielleicht stimmt das. Glücklich sind wir in Konzentration auf einen
anderen, auf etwas anderes. In der Liebe, in der Großzügigkeit, im
Augenblick der Entstehung von etwas Neuem oder Überraschendem,
beim Anblick von Schönheit, sei es der eines Baumes, eines Himmels,
eines Regens oder eines dieser verblüffend großartigen Kinder, die
man manchmal trifft.
Auslöschen klingt mir zu angstvoll und absichtlich, nennen wir es,
wir vergessen uns für einen Moment. Selbstvergessen, auch so ein
Wort, dass mir selten unterkommt.
Die Amerikaner haben einen unerwarteten Satz in
ihrer Unabhängigkeitserklärung: "Wir halten diese Wahrheiten
für offensichtlich, dass alle Menschen gleich geschaffen sind, dass
der Schöpfer ihnen bestimmte unveräußerliche Rechte verliehen hat,
zu denen Leben, Freiheit und das Streben nach Glück gehören."
Das Recht auf das Streben nach Glück! Man kann es, leider, auch
mit Jagd nach dem Glück oder Verfolgung des Glücks übersetzen.
Erschafft Sprache dann Realität? Das Streben nach dem Glück ist aktiv,
das Glücklichsein aber kann es nicht sein. Dem Glück liefern wir uns aus.
We hold these truths to be self-evident, that all men are created equal,
that they are endowed by their Creator with certain unalienable Rights,
that among these are Life, Liberty and the pursuit of Happiness.
Wem der große Wurf gelungen,
Eines Freundes Freund zu sein;
Wer ein holdes Weib errungen,
Mische seinen Jubel ein!
Ja - wer auch nur eine Seele
Sein nennt auf dem Erdenrund!
Und wer's nie gekonnt, der stehle
Weinend sich aus diesem Bund!
30. Oktober 1950, im Life Magazin. Tambourmajor und sieben Kinder
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