Sonntag, 28. August 2011

Rupert Brooke - Die Vision der Erzengel


  Die Vision der Erzengel
  Langsam auf stille Gipfel, die weisse Grenze der Welt,

  Traten vier Erzengel, klar gegen den unbekümmerten Himmel,

  Tragend, mit ruhigen gleichmäßigen Schritten, die riesigen Flügel eingerollt,

  Einen kleinen schäbigen Sarg, in dem muss ein Kind liegen,

  Es war so winzig. (Doch, Du hattest Dir eingebildet, Gott könnte niemals

  Einem Kind gebieten, sich vom Frühling und vom Sonnenlicht abzuwenden,

  Und es in dieses einsame Gehäuse einschliessen, für immer fallen lassen
  In die Leere und Stille, in die Nacht…)

  Sie werfen dann vom durchsichtigen Gipfel, und sahen ihn fallen,

  Durch unbekannte Düsternis, diesen zerbrechlichen schwarzen Sarg – und darin

  Gottes kleine elende Leiche, abgetragen und dünn,

  Und zusammengerollt wie irgendein zerknittertes, einsames Blütenblatt---
  Bis er nicht mehr sichtbar war, dann kehrten sie wieder um

  Mit betrübten stillen Gesichtern in die Ebene hinunter.
 


  The Vision Of The Arcangels

  Slowly up silent peaks, the white edge of the world,
  Trod four archangels, clear against the unheeding sky,
  Bearing, with quiet even steps, and great wings furled,
  A little dingy coffin; where a child must lie,
  It was so tiny. (Yet, you had fancied, God could never
  Have bidden a child turn from the spring and the sunlight,
  And shut him in that lonely shell, to drop for ever
  Into the emptiness and silence, into the night... )

  They then from the sheer summit cast, and watched it fall,
  Through unknown glooms, that frail black coffin---and therein
  God's little pitiful Body lying, worn and thin,
  And curled up like some crumpled, lonely flower-petal---
  Till it was no more visible; then turned again
  With sorrowful quiet faces downward to the plain. 

  Bild: Die drei Erzengel und Tobias von Francesco Botticini ca. 1470

  Rupert Brooke 1887 - 1915, starb im Ersten Weltkrieg als Soldat in der britischen Armee
  an Sepsis infolge eines Mückenstiches.


1 Kommentar:

  1. Trostloser kann man es kaum sagen, dachte ich, dann, dass Trost auch ist, wo Trostlosigkeit verstanden wird und Wörter findet.

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