Hm. Vorweg, ich habe den Roman nicht gelesen und teile die Einwände mancher nicht, dass man dann dem Abend nicht folgen könnte. Im Gegenteil, ich wünschte, ich wäre mehr verwirrt, irritiert, verstört worden.
Nachdem Peter Kurth, als alter Max Aue, (er wird später noch wunderbar Klarinette spielen.) aus dem ersten Rang, den Prolog, gespickt mit schweren Pausen, beendet hatte, wusste ich, für meinen Geschmack, bereits zu viel. Vereinfacht: auch in mir steckt die Möglichkeit des Unmenschen, des Mörders, des Monsters. Ja. Schrecklich. Mit diesem schwer erträglichen Gedanken mußte ich mich bereits vor Jahren unwillig, doch intensiv beschäftigen und werde mit der Auseinandersetzung damit wohl auch nie zu einem Ende kommen. Aber ich habe an diesem Abend wenig Neues erfahren, nur fühlte ich mich gelegentlich schwerfällig belehrt. Ganz ungewöhnlich für Armin Petras, dessen Arbeiten mich oft auf den Rand des Sitzes treiben und mich dann tagelang beschäftigen.
Was folgt, ist ein hybrides, abgebremstes Gemisch aus chorischem Sprechen und Bewegen und manchmal fast simpler Individualisierung, Statisch, streng geformt, aber doch irgendwie behauptet privat und manchmal eigenartig illustrierend.
Die Bühne, ein riesiger, den Zuschauerraum und damit das Publikum widerspiegelnder Spiegel, wird im Lauf des Abends immer mehr schräg geneigt, ein toller Effekt, der aber nach 10 Minuten an Wirkung verliert und seltsam wenig bespielt wird. Ein einzelnes Cello (natürlich) begleitet lange Passagen. Wie immer am MGT sind großartige Schauspieler auf der Bühne, auch wenn ich sie alle schon glücklicher gesehen habe.
Ist diesem Thema mit Theater heute überhaupt noch nahe zu kommen? Lassen wir uns noch erschrecken? Ist Katharsis noch erreichbar? Und überhaupt wünschenswert? Oder, wie kann die intellektuelle und emotionale Auseinandersetzung theatralisch gereizt werden? Ich weiß es nicht.
Vielleicht liegt es hier daran, dass die Sprache nicht dicht war, und dass auch die Bühne mehr Behauptung war als Raum für Entdeckung.
AntwortenLöschenWenn Rilke über den Herbst schreibt, erfahre ich nach Fakten auch nichts Neues, aber der Text schärft meine Sinne.
In Heiner Müllers Germania wurde ich nicht historisch belehrt und bin doch wissender geworden, weil er mir Bekanntes in kluger klarer Sprache konturiert und in überraschende Zusammenhänge bringt.