Samstag, 30. Juni 2012

Pergamon


„… Es existiert vom Schwert nur noch der Stoß der Rest ist Lücke, Zwischenraum, Fragment …“
Gerhard Falkner Pergamon Gedichte

129 v.Chr., 4 Jahre nach dem Tod Attalos III. von Pergamon und nach der Niederschlagung des Aufstandes seines unehelichen Sohnes, fiel Pergamon 129 v. Chr. endgültig an Rom, dessen Verbündeter es bisher gewesen war. Die Stadt wurde zur freien Stadt erklärt und ihr ehemaliges Herrschaftsgebiet zur römischen Provinz Asia.
Yadegar Asisi, deutsch-persischer Maler und Architekt ist Panoramen-Maler oder, wie er es nennt Erschaffer von Panometern, das heißt er baut gasometerähnliche Gebäude und füllt sie mt Panoramen. In Dresden sieht das eher klassizistisch aus, hier in Berlin wie ein Emaille-Kochtopf. 
Und dann bezahlt man 13 Euro und steigt drei Treppen hoch und blickt auf, ja auf was? Ein 360°- Panorama der Stadt Pergamon kurz vor dem Beginn einer Theatervorstellung, denn man sieht Unmassen von Pergamonesen Richtung Amphitheater strömen. Das ist sicher gut gemalt, aber die Menschen! Photos von Statisten in farbenfrohen Togen bei alltäglichen Verrichtungen vernichten jeden möglichen Eindruck von Realität. Erstens sehen sie alle aus, als kämen sie aus Sachsen Anhalt und zweitens müssen die Kostüme wohl aus einem Holywood-Fundus stammen, der als Endlager zweitklassiger Schwert- und Sandalenfilme der sechziger Jahre dient. Man ist das häßlich! Und dazu Wabermusik von Eric Babak aufgefüllt mit Hundegebell, Zikadengesang und Murmeln.
Manchmal wirds dunkel, dann ist Nacht in Pergamon und die Bewohner stehen im Dunkeln auf Plätzen vor Tempeln mit buntbemalten Reliefs (Pergamonaltar!). Und dann wird es wieder hell.
Kitsch und Klitterung von Historie. Lustig ist das Leben in der Antike!!!


Artemis 
Nie wieder ist ein Körper so ans Licht getreten wie der,
den Artemis, von rechts ins Kampfgetümmel steigend aus sich herausholt.
Er entspringt, er bejubelt sich und seinen Schwung.
Das Kleid ist außer sich vor Falten.
Der Wulst, mit dem es unter ihrer Brust gehalten,
macht den Marmor weich und lässt ihn fließen,
kein Blutvergießen, nur der Sieg,
es geht um alles.
Ihr Knie berührt den Hund, der um sie kämpft, in delikater Weise.
Ein Knie, das jedes Knie der Welt in den Schatten stellt.
Ein Knie das sich vollendet fortsetzt, in der Wade.
Alles wie gemeißelt.
Die Sandale, mit der sie ihren Fuß
auf einen überwundenen Gegner setzt,
ihn niedertritt,
Kill Bill, gespielt von Himmlischen,
Götterkino.
Die Torsi torkeln vor der Wucht des Schönen
und jeder Lücke stockt der Atmen.
Wie Schönheit so und Schock sich hier versöhnen!

Gerhard Falkner Pergamon Gedichte



Donnerstag, 28. Juni 2012

Wien - Sag' zum Abschied leise Servus



Wiener Kaffee und Mehlspeisen! Ach, wenn mein Rücken doch auch noch Bauch wäre! Bowiddeldatschgern, Marillenknödel, Pallatschinken... Schon die Namen machen dick. Herrlich! Meine Oma kam aus Wien und ich glaube zum Teil hatte sie mich deshalb so gern, weil ich in jungen Jahren bis zu 12 (in Worten: zwölf) faustgroße Marillenknödel mit zerlaufener Butter - Semmelbrösel - Zimt & Zucker - Sauce essen konnte, ohne auch nur ein bisschen Bauchschmerzen zu bekommen. Und das war nur die Nachspeise!

„Die zahlreichen Mehlspeisen, die heute mit der Wiener Küche verbunden werden, verdanken ihre Entstehung den rigorosen Fastengeboten der katholischen Kirche. An rund 150 Tagen im Jahr durften die Gläubigen kein Fleisch essen. Da Fisch oft sehr teuer war, entwickelten sich zahlreiche Gemüse-, Eier- und Mehlspeisgerichte …“.
Ingrid Haslinger: Die Wiener Mehlspeisküche



A Mehlspeis', so ein Kaiserschmarrn,
ist das schönste weit und breit,
er kitzelt so beim Runterfahr‘n,
das ist doch die einzige, übriggebliebene, letzte Wiener Freud’?
A Mehlspeis'! Ach, mir fehl'n die Worte,
ist die beste Medizin.
Palatschinken oder Zwetschgenknödel
Germknödel oder gar a Sachertorte,
das gibt's halt nur in Wien.

Ralph Benatzky


KAISERSCHMARREN

Etymologie:
Das Wort „Schmarren“ ist seit dem 16. Jahrhundert gebräuchlich. Herkunft von hochdeutsch bzw. oberdeutsch „Schmer“ = Schmalz, rohes Schweine-Fett, bzw. „schmieren“. Im Wiener Dialekt bezeichnet Schmarren etwas Minderwertiges oder Unsinn: "An Schmarrn!" = nicht im geringsten, so nicht!", "Red kan Schmarrn" = Sprich keinen Unsinn.

Es gibt auch noch die Kaisersemmel, das Kaiserfleisch, das Kaiserschöberl, das Kaisergerstl, den Kaisergsprizten, das Kaisergulasch und die Kaisermelange.

Obwohl im Fall des Kaiserschmarren vermutet wird, dass es sich um eine phonetische Verzerrung des italienischen "a la casa" handeln könnte, da der Schmarren ursprünglich eine Arme-Leute-Speise war.

Für vier Portionen

Zutaten für den Schmarren:

250 ml Milch
6 Eiklar
6 Eidotter
130 g Mehl (glatt)
2 EL Kristallzucker
Schuss Rum
1 EL Vanillezucker
etwas Zitronensaft
2 EL Rosinen
Prise Salz
Kristallzucker (zum Bestreuen)
Staubzucker (zum Bestreuen)
Butter (zum Backen)
Zubereitung des Schmarren:

In einer Schüssel Eiklar mit Kristallzucker zu Schnee schlagen. In einer anderen Schüssel Milch, Mehl, Eidotter, Zitronensaft, Rum, Vanillezucker und eine Prise Salz glatt rühren. Schnee unter den Teig heben. In einer großen feuerfesten Pfanne etwas Butter erhitzen und den Teig eingießen. Zuerst am Herd anbacken, wenden und dann beidseitig im vorgeheizten Backrohr bei 180 °C braun backen. Pfanne aus dem Rohr nehmen und Teig mit zwei Gabeln in kleine Stücke reißen. Rosinen einmengen, mit Kristallzucker bestreuen und nochmals kurz im Rohr karamellisieren. Mit Staubzucker bestreuen und auftragen.
Zutaten für den Zwetschkenröster:
500 g Zwetschken (Pflaumen) (klein und nicht zu weich)
100 g Zucker
100 ml Rotwein
Prise Zimt
1/2 Orange (Schale, in größere Streifen geschnitten)
1 Zitrone (Saft)

Zubereitung:

Die Zwetschken halbieren und entkernen. Den Zucker hell karamellisieren, mit Rotwein ablöschen und auf die Hälfte einkochen lassen. Zwetschken, Prise Zimt, Orangenschalenstücke zugeben und ca. 8-10 Minuten köcheln lassen. Mit Zitronensaft abschmecken und Orangenschale wieder entfernen. Kalt stellen.

EGON 1910

  
EGON SCHIELE   


 1910     

 

EIN SELBSTBILD


Ich bin für mich und die, denen
Die durstige Trunksucht nach
Freisein bei mir alles schenkt,
und auch für alle, weil alle
ich auch Liebe, - Liebe.

Ich bin von vornehmsten
Der Vornehmste
Und von Rückgebern
Der Rückgebigste

Ich bin Mensch, ich liebe
Den Tod und Liebe
Das Leben.

 

1910


 
Selbstbildnis 1910 

Selbstbildnis 1910

Aber auch dies:

Selbstbildnis 1910

Mittwoch, 27. Juni 2012

Wien - Kuss und Kuss


BILD UND GEGENBILD

Der Mentor und Förderer: Gustav Klimt

Gustav Klimt 46 Jahre alt, gestorben 1918 in Wien an Lungenentzündung geschwächt durch die spanische Grippe. Das Bild: Der Kuss - die goldene Perfektion. Das arme Ding von Bild, tausendfach kopiert, gedruckt, verramscht, veralbert, fast verdorben.

1907/08


Der Geförderte: Egon Schiele

Egon Schiele 22 Jahre alt, gestorben 1918 in Wien an der spanischen Grippe, drei Tage nach dem Tod seiner schwangeren Frau an der nämlichen Seuche. Das Bild: Die Nonne und der Kardinal oder Die Liebkosung, die kräftigen Beine als Kreuzbalken, der ängstliche Blick der Nonne zum Betrachter, die Gier des Kardinals, die betenden Hände.


1912

Die Freunde: Klimt und Schiele

Die Eremiten 1912

Montag, 25. Juni 2012

Jandl - Wien Heldenplatz


Katholikentag: Veranstaltung am 4. Oktober 1933 am Wiener Heldenplatz

Wien Heldenplatz

Heldder glanze heldenplatz zirka
versaggerte in maschenhaftem männchenmeere
drunter auch frauen die ans maskelknie
zu heften heftig sich versuchten, hoffensdick
und brüllzten wesentlich.

verwogener stirnscheitelunterschwang
nach nöten nördlich, kechelte
mit zu-nummernder aufs bluten feilzer, stimme
hinsensend sämmertliche eigenwäscher.

pirsch!
döppelte der gottelbock von Sa-Atz zu Sa-Atz
mit hünig sprenkem stimmstummel
balzerig würmelte es im männchensee
und den weibern: ward so pfingstig ums heil
zumahn: wenn ein knie-ender sie hirschelte.

Mit freundlicher Genehmigung des Luchterhand-Verlags
(Aus: Ernst Jandl, Gesammelte Werke in drei Bänden,
München 1985, 1990, Bd. 1, S. 126)


Samstag, 23. Juni 2012

Berlin ist auch Theater


Heute Abend in Berlin. 
Nach dem Kino, "Snow White and the Huntsman" (für Trash-Liebhaber unbedingt zu empfehlen), nochmal zum Araber von gestern, weil es so lecker war, der Besitzer ist übrigens berlinernder Syrer. Mehr als satt setze ich mich draußen für eine Zigarette auf eine Bank, zu meinen Füssen ein ein Quadratmeter umfassender, liebevoll gepflegter Kleingarten, sorgsam eingezäunt. Aus dem französischen Restaurant nebenan stürzt ein weinendes Mädchen, eine Minute später kommt gesetzten Schrittes ein hochroter Mann aus derselben Tür und geht, ohne sich nach ihr umzublicken, in die entgegengesetzte Richtung davon. Eine hungersüchtige Japanerin in bärchengemustertem Supermini-Kleidchen und pinkem Blumenjäckchen stöckelt mit einem Sechserpack unterm dünnen Arm vorbei, derweil turteln an der Laterne nebenan ein schmaler hellbrauner und ein großer weißer Mann in tiefstem Sächsisch. Die erschöpften Reste der CSD-Parade wanken, schlendern und kichern die Torstrasse entlang: eine blondgelockte Pharaonin mit riesiger blauer Pharaonenkrone aus Pappe in Begleitung zweier lacklederner Flugbegleiterinnen, vermutlich eine Dame und ein Herr, es folgen drei sehr coole dickliche Mädchen aus der Provinz bauchfrei in Shorts, mit Stofftieren im Gürtel und LOVE auf dem Oberschenkel, zwei noch viel dickere Mädchen mit bunten riesigen Eisbechern stampfen schwatzend hinterher. Ein Motorradfahrer hat sein fahrbares Phallussymbol rührend per Hand ganz und gar in Leopard angemalt und als er an den drei hübschen Halbkindern vorbeifährt fährt er das Gas hoch.
Kurz noch zum Hauptbahnhof, Rückfahrkarte für Wien kaufen, Reisende en masse, noch mehr Paradereste und die bahnhofsübliche Mischung von Trinkern und Junkies. Auf der riesigen Videoleinwand der Metaxa-Strandbar gegenüber singen schwarze französische Fussballer mit ehernen Gesichtern die Marseillaise. Auf dem Heimweg sehe ich, dass im Hamburger Bahnhof eine Ausstellung Cy Twombly & The School of Fontainebleau läuft und begegne noch einmal dem gefleckten Motorrad, der Fahrer wohl immer noch auf der Suche nach einer ansprechbaren Leopardin.
Ich liebe diese Stadt.

YAROK - hmmmm!


    YAROK

    Klein, unaufwendig, frisch, freundlich, schnell, nicht teuer und schmeckt,  
    schmeckt, schmeckt!


   Falafel Takeaway und Schnellrestaurant

   Torstraße 193, 10115 Berlin


   Falafel - arabisch ‏فلافل‎, sind frittierte Bällchen aus pürierten Kichererbsen, Kräutern und
   Gewürzen.

   Hummus - arabisch ‏,حمص‎ ist eine orientalische Spezialität, die aus pürierten  
   Kichererbsen, Tahina, Olivenöl, Zitronensaft, Salz, Knoblauch, Petersilie, Chili, 
   Kreuzkümmel hergestellt wird.

   Baba Ganoush - Auberginenmus

   Schawarma - ein schönerer Name für Döner, in verschiedenen Fleischsorten im Angebot

   Tahini - Eine arabische Mayonnaise

   2 Bund Petersilie; 1 Tasse Sesamöl; 1 Tasse frischer Zitronensaft; 1Teelöffel Salz; 3 
   Knoblauchzehen; 1/2 Tasse Wasser

   Knoblauch mit Salz zerdrücken und mit etwas Zitronensaft zu einer sämigen Paste 
   zerdrücken. Das Sesamöl, den restlichen Zitronensaft und das Wasser cremig 
   rühren/schlagen. Gehackte Petersilie dazu. Knoblauch mit Salz zerdrücken und mit 
   etwas Zitronensaft zu einer sämigen Paste verrühren.


Tahini mit Hummus

Freitag, 22. Juni 2012

Diane Arbus - Selbstportaits 1945


Diane Arbus

1945 - Geburt der ersten Tochter Doon

 Selbstportrait 1945 © Diane Arbus

Diane Arbus, Selbstportrait im Spiegel 1945. 
Courtesy The Audrey and Sydney Irmas Collection


Mit ihrer Tochter Doon 1945 © Diane Arbus 

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Diane Arbus - Ausstellung
Martin Gropius Bau
22. Juni 2012 - 23. September 2012

Veranstalter: Berliner Festspiele. 
Eine Ausstellung des Jeu de Paume, Paris. In Zusammenarbeit mit dem Estate of Diane Arbus LLC, New York und mit Beteiligung von Martin-Gropius-Bau Berlin, Fotomuseum Winterthur und Foam_Fotografiemuseum Amsterdam

Der Zahnwurm

DER ZAHNWURM
Verursacher der Zahnschmerzen

Der Zahnwurm würgt einen Menschen, auf der Rückseite Seelen im Höllenfeuer
Anonymer französischer Künstler 18. Jahrhundert , geschnitztes elfenbeinernes Bild eines menschlichen Zahnes. Deutsches Medizinhistorisches Museum, Ingolstadt, Germany.

Lange Zeit glaubten die Menschen, dass der Zahnschmerz durch den Zahnwurm entstünde, der ein Zwischending zwschen echtem Wurm und Dämon war und durch gräßliche Schmerzen die Seele der Befallenen zerrüttete.
Die Wurmtheorie, existierte bereits in der ersten Hälfte des zweiten vorchristlichen Jahrtausends und kann als Erfindung der mesopotamischen Heilkunde gelten. Erst im 18. Jahrhundert machten sich mehr und mehr Zweifel an der Existenz des Zahnwurmes breit.
 
Nachdem Anu den Himmel geschaffen hatte,
Der Himmel hatte die Erde geschaffen,
Die erde hatte die Flüsse geschaffen,
Und die Flüsse hatten die Sümpfe geschaffen,
Und die Sümpfe hatten den Wurm geschaffen---
Der Wurm ging, weinend vor Shamash,
Seine Tränen fließend vor Ea:
"Was wirst du mir zu Essen geben?
Was wirst du mir geben daran zu saugen?"
"Ich werde dir die reife Feige und die Aprikose geben."
"Was bringt mir die reife Feige und die Aprikose?
Hebe mich hoch und übergebe mir die Zähne und Gaumen!
Ich werde das Blut aus den Zähnen,
Und ich werde ihre Wurzeln am Gaumen benagen!" 
Weil Du dies gesagt hast, O Wurm,
Soll Ea dich mit der Macht ihrer Faust schlagen!

After Anu had created heaven,
Heaven had created the earth,
The earth had created the rivers,
The rivers had created the marsh,
And the marsh had created the worm
---
The worm went, weeping, before Shamash,
His tears flowing before Ea:
"What will you give me for food?
What will you give me to suck on?"
"I will give you the ripe fig and the apricot."
"What good is the ripe fig and the apricot?
Lift me up, and assign me to the teeth and the gums!
I will suck the blood of the tooth,
and I will gnaw its roots at the gum!"

Because you have said this, O worm,
May Ea strike you with the might of his hand!

Translated by E. A. Speiser, Ancient Near Eastern Texts Related to the Old Testament, edited by J. B. Pritchard (Princeton: Princeton University Press, 1969), 100-101.

Das chinesische Wort für einen kariösen Zahn ist „Chung Choo“, das heisst Wurmzahn. 

Mitunter sitzt die ganze Seele
In eines Zahnes dunkler Höhle.
Wilhelm Busch