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Donnerstag, 12. Juli 2018

FLEISCH im Alten Museum

Ich liebe Fleisch. Rindersteak möglichst blutig. Die Kuh muß nur langsam durch einen warmen Raum laufen. 
Aber ich liebe auch Schabefleisch, Leberwurst, Speck, Leber, Bierschinken, Blutwurst, Schweinebraten, Lammnierchen, Rouladen, Salami, Schnitzel. Ein kläglicher Versuch mich zum Vegetarier umzuformen, endete wegen purer Fleischeslust nach nur zwei Wochen. Meine Schwäche, meine Schande. Ich versuche, um mein Gewissen zu beruhigen, nur ökologisch abgesegnetes Fleisch zu kaufen. Aber mein Körper verlangt nach dem Verzehr von Fleisch.
Mein Körper ist (zu Teilen) auch Fleisch, er isst es und ist es. 

Das Alte Museum, das eigentlich das Neue ist, hat einen Raum einer kleinen, etwas zufälligen und dennoch feinen Sammlung zum Thema Fleisch gewidmet.


 
Priaposstatuette mit hahnartigem Kopf
Tintinabulum / Kopie

Jeder hat seine Last zu tragen.

Büste eines toten Mannes
Johann Christoph Ludwig Lücke
1732

Opfer für Konfuzius im Frühjahr & Herbst
China 1929-34

Fröhlich vom Fleisch zu essen, das saftige Lendenstück
Und mit dem Roggenbrot, dem ausgebackenen, duftenden
Den Käse vom großen Laib und aus dem Krug
Das kalte Bier zu trinken, das wird
Niedrig gescholten, aber ich meine, in die Grube gelegt werden
Ohne einen Mundvoll guten Fleisches genossen zu haben
Ist unmenschlich, und das sage ich, der ich
Ein schlechter Esser bin.
b.b.

Freitag, 6. April 2018

Der Raub der Prosperina - Marmornes Fleisch

Eine männliche Hand greift um die Taille und in den Schenkel einer Frau. Scheinbar nur ein Detail. 

 
Bedenken wir, das ist Stein, Marmor, von einem Zwanzigjährigen behauen, bearbeitet oder befreite er das, was der steinerne Block bis dahin verbarg? 
Hartes und Weichestes in einem unauflösbaren Widerspruch. Der metamorphe Stein, beziehungsweise die Haut und das Fleisch der überwältigten Frau empfinden den Druck der zupackenden, großen, doch wohlgepflegten Hand, sie weichen zurück, seitwärts.
Wiki sagt: Die Haut (gr. derma; lat. cutis) ist funktionell das vielseitigste Organ des menschlichen oder tierischen Organismus. Die Haut dient der Abgrenzung von Innen und Außen (Hüllorgan), dem Schutz vor Umwelteinflüssen, der Repräsentation, Kommunikation und Wahrung des inneren Gleichgewichts. Außerdem übernimmt die Haut wichtige Funktionen im Bereich des Stoffwechsels und der Immunologie und verfügt über vielfältige Anpassungsmechanismen.
Aber auch wenn der Titel der Skulptur: "Der Raub oder die Vergewaltigung der Prosperina", eindeutig Gewalt suggeriert, ist auch Zärtlichkeit und Sehnsucht sichtbar und zu spüren. Die Hände sind nicht in den Körper gekrampft, scheinen nicht, unnötigen Schmerz zufügen zu wollen. Er trägt sie von dannen. 
Ganz unten spiegelt Cerberus, der Höllenhund, den Gewaltakt und seine Ambivalenz sogar dreifach.
Im Mythos hören wir mehr über die Trauer ihrer Mutter Ceres, als über ihre eigene Not. Demeter & Persephone wären die griechischen Entsprechungen dieser Geschichte. 
Später wird diese Prosperina, durch den Einsatz ihrer Mutter, der Göttin der Fruchtbarkeit, ein halbes Jahr in der versteckten Unterwelt und das andere auf der Erde zubringen. Eine große Weile ist die Welt kalt, grau, unfruchtbar, aber dann ...
In der Gesamtansicht wirkt ihre Abwehr merkwürdig theatralisch. Hat sie sich nur für die Mutter gewehrt? Persephone wird im alten Griechenland sowohl als Frühlings- und Fruchtbarkeitsgöttin wie auch als Göttin der Unterwelt verehrt.
Will sie etwas, das sie nicht will? Mit Pluto sein und die Liebe der Mutter nicht verlieren? Luft, laue Winde und sprießende Pflanzen UND die harsche Kargheit der blütenlosen Kälte?  
Und so hängen wir wohl alle zwischen einander ausschließenden Wünschen, begehren das Eine und auch das ihm Widersprechende.

 
Persephone

Die Abgründige kam,
stieg aus der Erde,
aufgleißend im Mondlicht.
Sie trug die alte Scherbe im Haar,
die Hüfte an die Nacht gelehnt.

Kein Opferrauch, das Universum
zog in den Duft der Rose ein.
 
Peter Huchel

Ein tiefflutender See ist Hennas Mauren benachbart,
Pergus mit Namen genannt. Nicht häufiger höret Kaystros
Schwanengesäng', als dieser, in sanft hingleitenden Wassern.
Ringsher kränzen die Flut Umwaldungen, welche beständig,
Wie mit laubigem Teppich, die Glut abwehren des Phöbus.
Kühlung streut das Gezweig', und die Au' hellschimmernde Blumen.
Frühling ist ewig im Hain. Als hier Proserpina weiland
Spielete, sanfte Violen und silberne Lilien brechend;
Als sie mit kindlicher aLust sich die Körb' und den Schoß des Gewandes
Anfüllt', und zu besiegen die Freundinnen eifert' im Sammeln,
Wurde zugleich sie gesehn und geliebt und geraubet von Pluto.
Also durchstürmt ihn die Flamme! Sie rief, die erschrockene Göttin,
Mutter und Freundinnen an, doch häufiger rief sie die Mutter,
Bang'; und indem das Gewand sie zerriß am obersten Rande,
Sanken aus gleitenden Rocke hinab die gesammelten Blumen:
Und, so lauter noch war die jugendlich heitere Unschuld!
Auch der Blumen Verlust erregete Kummer dem Mägdlein.
Pluto beflügelt die Fahrt, und jeglichen rufend mit Namen,
Treibt er die Rosse zum Lauf, und über die mähnigen Hälse
Schüttelt er dunkele Zügel, mit Eisenschwärze gefärbet.
Über des Sees Abgrund' enteilet er, ...


Ovid "Metamorphosen"


http://syndrome-de-stendhal.blogspot.de/2016/05/gottliche-gewalt-gianlorenzos-berninis.html

Samstag, 24. Februar 2018

Unvergleichlich: Kunst aus Afrika im Bode-Museum

Unvergleichlich: Kunst aus Afrika im Bode-Museum

Im Bode-Museum

Die Ausstellung "Unvergleichlich" wird herausragende Kunstwerke Afrikas aus dem Ethnologischen Museum in der einzigartigen europäischen Skulpturensammlung im Bode-Museum zeigen. Durch die beiden Hauptetagen werden punktuell Plastiken beider Kontinente gegenübergestellt. Thematische Vertiefungen werden in einem Sonderausstellungsraum gezeigt.



Die europäische Moderne hat diese Werke offensichtlich aufgesaugt. Kubismus, Expressionismus, Abstraktes. Beschützende Kraftfiguren von wilden Tieren und Müttern aus Holz mt eisernen Nägeln bespickt und umwickelt mit Pflanzen in denen alles hängt, was der Wald hergibt. 
Altarskulpturen. Konzentration auf das Wesentliche, Brüste, Hände, Geschlecht, kräftige Beine, dicke Bäuche mit gigantischem Bauchnabel. Oft schräggestellte schmale Schlitzaugen, die merkwürdig asiatisch anmuten. Wundervolle hochangesetzte Hintern. Ganz und gar unterschiedliche Stile verschiedenster Künstler. 
 Wie sind diese Skulpturen in unseren Besitz gekommen? Was für Kulturen wurden dort zerstört? Gestohlen, geraubt, für Pfennige gekauft? Die Nachfahren der Kolonialherren, der Eroberer, Unterdrücker und Räuber zeigen ihr Diebesgut. Oder? 
Was bleibt? Dass wir nichts wissen über die Geschichte dieser Länder und der ganze Kontinent unter den Begriffen arm, zerrissen von Kriegen, verwüstet von Korruption, aber teilweise geeignet für Tourismus in unseren Hirnen abgespeichert ist.
Das Humboldt Forum hat da eine schwer zu tragende Verantwortung mit der Übernahme der Dahlemer Ethnologischen Sammlung übernommen.


 Ein König - stark, autoritär




Schön

Mama mit Kind

Ein afrikanischer Don Quichotte



 Herr Keuner

Eine Schutz - Kraftfigur für Zwillingsgeburten

 All that Jazz

 Eine Königin, ihre Zähne sind silbern.



Und weil sie so schön ist in ihrem orangen Kleid eine europäische Maria bei der Verkündigung. Ein christliches Top-Model.

 

Dienstag, 21. November 2017

Ägypten 6 - Gesichter

Die meisten der Tempel, die wir besucht haben, waren über und über bedeckt mit Reliefs von Personen ohne Gesicht, denn das war in penibler Kleinarbeit weggekratzt worden. Frühe Christen, neu zur Macht gekommen und später Muslime, sahen es als ihre Pflicht an, die Züge ihrer heidnischen Vorfahren auszumerzen. Die Gründlichkeit mit der sie dabei vorgingen ist bedrückend.


Die Religion des alten Ägyptens, ist eine Religion der geschriebenen Sprache und des Bildes. Sie wirkt auf mich geradezu geschwätzig. Hieroglyphen in Masse, Cartouchen mit dem Namen des jeweiligen Pharaos im Dutzend, Statuen in vielzähliger Wiederholung. Wenn ein Name, ein Abbild oft genug angesehen oder ausgesprochen wird, wird man sich seiner erinnern. Und trotz der Verwüstungen durch Zeit und religiöse Ignoranz, haben sie es geschafft. Wir kennen ihre Namen. Ramses, Amenhotep, Amenophis etc..


Kairos Strassen und die von Luxor und Assuan sind bevölkert von diesen Gesichtern. Da geht Nofretete, dicht verschleiert mit vier Kindern, da läuft ein Schreiber, der jetzt Souveniers verkauft, da fährt ein Pharao Taxi.





Hathor, Göttin der Liebe, ihre Ohren sind besonders wunderbar.









Ein Lächeln ohne Zeit. Sie weiß etwas, was ich nicht weiß.



Ein dicker Gott. Selten und erfreulich.



Dies alles war einmal bunt. Zinserling hat uns die edle, weiße Antke ins Gehirn gepflanzt, Aber das ist Quatsch. Und auch in Ägypten wurde kräftig coloriert.






Ein Kind, erkennbar an der Locke und dem fragenden Finger am Mund




Der Schönste zum Schluß: ECHNATON



Viele myseriöse Geschichten ranken sich um seinen Namen. Der bedeutet in etwa: der, dem Aton nützlich ist. Eigentlich hieß er Amenhotep, der vierte dieses Namens. Er war wie alle Pharaonen vor ihm. Und dann war er es nicht mehr. Nur EINEN Gott sollte es nunmehr geben, eine neue Hauptstadt wurde gebaut, Achetaton nahe Amarna. Nofretete war seine Ehefrau.



Oh alleiniger Gott,
von dessen Art es keinen anderen gibt!
Du erschaffst die Erde nach deinem Wunsch,
und zwar ganz allein, mit allen Menschen,
mit allem Vieh und Wild,
die auf der Erde sind und auf Beinen laufen
oder sich erheben und mit ihren Flügeln fliegen.




Eigenartig modern diese Überhöhung, Übertreibung. Langes Gesicht, dicke Lippen, Mandelaugen. Ein perfektes männliches Model für heutige Laufstege. Aber dann dieser birnenförmige Bauch? ( Siehe: http://johannaschall.blogspot.de/2017/11/agypten-1-kairo.html )




Echnaton war der erste radikale Ausradierer. Er entschied sich für den EINEN Gott und sandte Gefolgsleute aus, die Namen seiner nun ungläubigen Vorgänger auszukratzen.
EinGott-Religionen haben dafür wohl eine Schwäche.




Eine höchst geheimnisvolle Episode der ägyptischen Frühgeschichte. Vieles werden wir nie erfahren, weil halt auch seine Nachfolger, die zum alten Glauben zurückkehrten, hervorragende Ausradierer wurden.

Mittwoch, 15. November 2017

Ägypten 4 - Beine

Wir sind viel gelaufen in diesem Urlaub. Haben viel gesehen. Nicht alles verstanden. Und mein Kopf ist zum Bersten gefüllt mit Bildern & Fragen & Schönheit, aber auch mit Zorn, der mir als schwerer Klumpen im Magen liegt und sich nicht verflüchtigen will.

Wie soll ich meinen Zorn erklären? 

Mit der erdrückenden Allgegenwärtigkeit von Religion? Gesungen, gerufen, geschrien, plakatiert, gedruckt, vor sich her getragen in Kostüm, Haltung und Umgang? Es gibt aus dieser Totalbeschallung kein Entkommen. Auch auf unserem Boot mitten auf dem Nil dröhnen die Stimmen der lautsprecherverstärkten Muezzine in meine unwilligen Ohren. Viele tiefreligiöse muslimische Männer haben schwarze Stellen auf der Stirn, die sogenannte Rosine. Als Beweis für die Intensität ihres Glaubens pressen sie ihre Stirn besonders fest auf den Gebetsteppich. Manche dieser Flecken sind vereitert und verschorft. Mir wurde erzählt, dass in einem Wettbewerb der sichtbaren Gläubigkeit, die wunde Stelle absichtlich aufgerieben wird.


Mit der mich bestürzenden Allgegenwart von unangefochtener Männerherrschaft? Überall sitzen & stehen Männer herum und quatschen und rauchen Shisha oder Zigaretten und tun sonst scheinbar nicht viel. Verheiratete Frauen, verhängt, zugehängt, geschwärzt hasten durch die Gegend mit vielen Kindern im Schlepptau. Junge Mädchen sind lustig und supersexy geschminkt, aber auch sie tragen artig bei um die dreissig Grad zwei Kopftücher, ihre Zukunft scheint unvermeidbar. Kleine Mädchen, hinreißende Prinzessinen, dürfen noch unbemützt laufen. Ihr Kopf ist noch frei. Wiki sagt, dass noch 1970 die meisten Frauen ihr Haar nicht bedeckten. Jetzt erwische ich mich dabei, wie ich jedem weiblichen Wesen mit sichtbarem Haar verschwörerisch zulächle, sei sie Koptin, Touristin oder widerständlerisch.


Mit der Apathie dem unglaublichen Dreck gegenüber, der fast jede Ecke zu füllen scheint? Leere Plastikflaschen werden aufgesammelt, sie bringen Geld, alles andere bleibt liegen, wo es hingeschmissen wird. Das nubische Dorf, das wir heute besucht haben, sah aus wie eine riesige Müllkippe und darin saßen wunderschöne Frauen mit wunderhübschen Kindern und ein großgewachsener alter Mann mit strahlendweißem langen Hemd führte uns durch diese traurige Gegend und schien, den Schmutz nicht einmal zu bemerken.


Mit der Art, wie Tiere behandelt werden? Hunde gelten als "schmutzig", Katzen bleiben unbeachtet, Esel werden mit dem Stock geschlagen, halbverhungerte Pferde auf der Weide, so festgebunden, dass sie nicht an das etwas entferntere sattere Gras herankommen. Nebenbei, Eselsschreie klingen wie verzweifelter Protest.


 Mit dem Wissen, das in dieser Landschaft schon vor 5000 Jahren großartige Kunstwerke entstanden & eine hochorganisierte Kultur existierte, als in meiner heimatlichen Gegend noch Holzkeulen gegen Wildschweine geschwungen wurden? Aber auch in den Zeiten der Pharaonen haben die Vielen für die selbstherrlich Herrschenden geschuftet und sind durch Gewalt und komplizierteste Glaubenskonstruktionen im gehorsamen Zaum gehalten worden.


Mit der sichtbaren Herrschaft des Militärs über jeden Aspekt des hiesigen Alltags? Kontrollen vor jedem staatlichen Gebäude, in jeder U-Bahn, jedem Museum, jedem Tempel, jeder Kirche. Die Armee bietet eine der wenigen Aufstiegschancen für junge Männer ohne finanzstarke Verwandtschaft und dann stehen sie mit Maschinenpistolen und schicken schwarzen Uniformen an jeder zweiten Ecke und schützen uns vor genau was? 
Das Militär ist hier auch Großgrundbesitzer, ist der Eigentümer von Hotels & Fabriken.


Mit meiner Hilflosigkeit dem Elend gegenüber? Mit meinem schlechten Gewissen, weil es mir so sehr viel besser geht, als den meisten hier?

Sonntag, 12. Juli 2015

Friedhöfe in Berlin - Liesenstrasse - Berlin Mitte


Die Friedhöfe an der Liesenstraße entstanden in den 1830er und 1840er Jahren, zu einem Zeitpunkt, als das Gelände am nördlichen Stadtrand Berlins lag. Als ältester Friedhof wurde ab 1830 der Domfriedhof I der Oberpfarr- und Domkirche genutzt. 1834 folgte der alte Domfriedhof der St.-Hedwigs-Gemeinde und ein Jahr später wurde der Friedhof der Französisch-Reformierten Gemeinde eingeweiht. Diese drei Friedhöfe liegen nebeneinander an der Südseite der Liesenstraße im Bezirk Mitte. WIKI

Ich bin in Berlin-Mitte aufgewachsen und habe nichts von diesem Ort gewusst. 
Man geht die Chausseestrasse Richtung Schwartzkopfstrasse entlang am monströsen BND Gelände vorbei, in die Wöhlertstrasse rechts abbiegen und durch einen balkonbehangenen Wohnblock mit Gartenanlagen gelangt man zum Hintereingang des Geländes - der ist nach 16.00 Uhr verschlossen, weil die Anwohner angeblich nächtens Parties zwischen den Gräbern gefeiert haben.

Drei Friedhöfe, ein evangelischer, ein katholischer und einer für Hugenotten, ineinander übergehend, auf einem riesigen parkähnlichen Gelände, durch das 1961 schnell und hart ein Teil der Mauer gebaut wurde, auf alten Gräbern, neue Gräber schaffend. Zwischen Mauerbau und Mauerfall kein neues Grab, der Friedhof durfte, da Grenzgebiet, nur mit Passierschein besucht werden.

Grabkarte für Angehörige zum Besuch vo Gräbern auf Friedhöfen im Grenzgebiet
Dieses Dokument wurde nur für Bewohner der DDR ausgestellt, die Verstorbene auf einem entsprechenden Friedhof hatten. Der Besuch eines Friedhofs im sowjetsektoralen Grenzgebiet (Ostberlin), aus touristischen, historischen oder sonstigen Gründen war untersagt.
 
Berlin im Jahre 1962 an der Berliner Mauer im Wedding
Friedhof Liesenstraße, auch er wurde einfach mit Planierraupen
platt gemacht. Neben dem Lichtmast ist die Hundelaufanlage. Dort wurden Hunde zum Überwachen angebunden. Sie konnten dann 150 Meter weit laufen.
 ©  Gerd Henschel  

Eine blassrote Stoffrose in der Hand, ein gläsernes Herz an der Brust, 
Kopf und Flügel aufgerissen, das Kleid grünspanfarben 
könnte Dali sie da hingestellt haben.


Viele französische Namen natürlich, auf dem katholischen Teil der Friedhofsanlage schlesische, russische (niederschlesische wie Barthel oder Hahnel und oberschlesische wie Grzeszkiewicz, Wosnik oder Kolodziejski) und hier und da ein einsamer Italiener. Der Domfriedhof bietet viele Krauses, und auch Anna Bier, ein schöner Name. 

 Fontanes Grab - ich wusste gar nicht, dass der Hugenotte war.

Theodor Fontane 

Prolog zur Feier des zweihundertjährigen Bestehens der Französischen Kolonie
 
Zweihundert Jahre, daß wir hier zu Land
Ein Obdach fanden, Freistatt für den Glauben,
Und Zuflucht vor Bedrängnis der Gewissen.
Ein hochmuther Fürst, so frei wie fromm,
Empfing uns hier, und wie der Fürst des Landes
Empfing uns auch sein Volk. Kein Neid ward wach,
Nicht Eifersucht, - man öffnete die Thür
Und hieß als Glaubensbrüder uns willkommen.
Land-Fremde waren wir, nicht Herzens-Fremde.
So ward die Freistatt bald zur Heimathstätte,
Drin schlugen Wurzel wir und was seitdem
Durch Gottes Rathschluß dieses Land erfahren,
Wir lebten's mit, sein Leid war unser Leid
Und was es freute war auch unsre Freude.
Wohl pflegten wir das Eigne, der Gemeinde
Gedeihn und Wachsthum blieb uns Herzenssache,
Doch nie vergaßen wir der Pflicht und Sorge,
Daß, was nur Theil war auch dem Ganzen diene.
Mit fleiß'ger Hand, in Allem wohlerfahren,
Was älterer Kultur und wärmrer Sonne
Daheim entsproß und einem reichren Lande -
So wirken wir. Und Gottes Segen krönte
Der Hugenotten redlich Mühn, daß reich
Und glücklich manch Geschlecht dahier erblühte
Als eine Zierde unsrer neuen Heimath.
Sy, Godet, Humbert, Mathieu, Bourgignon,
Roux, Jordan, Erman, Rousset, Michelet,
Sarre, Révir, Reclam, Naudé, Cabanis,
d'Heureuse, Plantier, Charton, Lancizolle -
Und hundert Andre, die ich nennen könnte
Gleich guten Klanges, ja berühmtere noch.
Verschieden all, in Einem aber einig:
Von Herzen treu dem Land, dem Fürstenhause,
Das, treu des Ahnherrn edelstem Vermächtnis,
Von Fürst zu Fürst uns gnädiglich beschütze -
Dem hocherhabenen Haus der Hohenzollern.
Doch nicht zu rühmen ist, was heut uns ziehmt,
Heut ziemt uns nur zu huldigen, zu danken,
Und dieser Dank, was lieh' ihm größ're Kraft
Und Inbrunst, als ein Rückblick auf das Leid, 
das unsre Väter aus der Heimath trieb. -
Erklinge denn Musik und führ' herauf,
Im Widerspiel zu dieser Stunde Glück,
Uns Bilder aus der Zeit der Hugenotten.


Spiegelartikel zum Thema Preussen und seine Hugenotten
Unsere lieben Hugenotten

 Der Kurt von Paris

Die Adlons

Die Familie Hacks