Mittwoch, 1. Februar 2012

Nofretete ein Artikel aus "Der Welt" - für Ö.

Das zweite geheime Gesicht der Nofretete
Welt online

Die über 3300 Jahre alte bunte Büste der Nofretete ist die größte Attraktion des Ägyptischen Museums in Berlin. Wissenschaftler des Imaging Science Centers an der Charité wollten wissen, in welchem Zustand sich die Skulptur befindet und schoben sie in eine Röntgenröhre. Dabei gewannen sie überraschend neue Erkenntnisse: Hinter der aus Gips modellierten Büste befindet sich ein zweites, nicht weniger fein gezeichnetes Gesicht aus Kalkstein.
Neue Entdeckung
Foto: dpa
Auch dieses bildet Nofretete ab, allerdings mit nicht ganz so grader Nase und Falten an den Mundwinkeln. „Als wir den Scan machten, war unbekannt, wie dick der Stuck im Gesicht ist und ob da überhaupt ein zweites Gesicht darunter ist“, sagt Alexander Huppertz, der als Direktor des Centers für den Computer-Tomographie-Scan verantwortlich ist. Man habe zwar gewusst, dass ein Rohling hinter dem aus Stuck geformten Gesicht sei. Aber dass das innere Steingesicht so detailliert und dem äußeren Gesicht so ähnlich sei, sei eine große Überraschung gewesen.

„Das Klischee ist, dass immer alles schöner gemacht wird“, sagt Huppertz. Das sei in diesem Fall aber nicht so. Im Vergleich der beiden Gesichter zeige sich, dass – aus heutiger Sicht – Veränderungen sowohl in positiver als auch in negativer Richtung gemacht worden seien. So seien am äußeren Gesicht an den Mundwinken Falten wegretuschiert, die Nase „begradigt oder geglättet“ worden, dafür aber am Auge Falten hinzugefügt worden. „Es wurde also personalisiert, aber nicht idealisiert."

Für zwei Minuten in der Röhre

Die Entstehung des altägyptischen Meisterwerks, dessen Wert von einer Versicherung auf 390 Millionen Dollar geschätzt wurde, müsse man sich folgendermaßen vorstellen, erzählt Huppertz: Nofretete saß beim königlichen Bildhauer Modell, der ihr Abbild in einen Stein meißelte. Dann hätten entweder die Königin selbst oder ihr Mann Echnathon das Kunstwerk inspiziert und Anweisungen für die ein oder andere Änderung erteilt. Das Ergebnis sei die über den Stein modellierte berühmte Nofretete-Büste.



Huppertz und sein Team schoben die 47 Zentimeter hohe Büste bereits im Jahr 2006 in eine Röhre, in der sonst Menschen geröntgt werden. „Wir haben ein spezielles Podest gebaut, wo sie sicher drauflag, und dann läuft sie einfach durch den Scanner durch. Das dauert maximal zwei Minuten“, sagt Huppertz. Danach habe man anderthalb Stunden mit der 3-D-Nachverarbeitung der Bildrechner zugebracht. „Da muss man sichergehen, dass der Datensatz perfekt ist.“ Die Forschung an den Datensätzen dauerte dann zwei Jahre.

British Museum begrüßt Forschungsansatz

Auch international erhält Huppertz Beifall für seine Arbeit. „Dieser neue Forschungsansatz ist sehr wichtig, weil er Informationen über den Entstehungsprozess und den Zustand im Inneren der Büste gibt, sagt John Taylor, Kurator der ägyptischen Abteilung im Londoner British Museum. Das sei wichtig, weil sie durch diese Erkenntnisse noch lange in gutem Zustand erhalten werden könne.

„Die Schöne vom Nil“ wurde bereits 1992 einmal geröntgt. Die Technologie von damals sei jedoch mit der modernen CT-Technik und ihrer extrem hohen Auflösung von heute überhaupt nicht vergleichbar, meint Huppertz. Damals habe man eine Schichtdicke von etwa 5 Millimetern benötigt, im CT seien es Bildpunkte mit Kantenlängen von 0,4 Millimetern in allen Ebenen. Nur dadurch habe man die Nachverarbeitungsmöglichkeiten, könne man die Bilder auch drehen.

Eine zerstörungsfreie Bestandsaufnahme

Der große Vorteil der CT sei, dass sie eine zerstörungsfreie Bestandsaufnahme ermögliche, sagt Huppertz, der auch als „normaler“ Radiologe arbeitet und Menschen röntgt. Die Bilder vom Inneren der Büste lösten aber nicht nur Begeisterung aus: „Wir waren erschrocken, wie schlecht die Anbindung der einzelnen Materialien ist, wie anfällig das Objekt ist“, sagt Huppertz. Saniert werden könne Nofretete nicht. Deswegen müsse man sie „extrem vorsichtig anfassen“. Dadurch, dass sie „sehr inhomogen ist, ist sie vibrations- und berührungsempfindlich“.

Diese Analyse dürfte der Bundesregierung im Streit mit Ägypten über ein Leihgeschäft in die Hand spielen. Zur für 2012 geplanten Eröffnung des neuen Ägyptischen Museums in Gizeh würden die Ägypter die Büste, die 1912 vom deutschen Archäologen Ludwig Borchardt in der Wüste von Amarna entdeckt und ein Jahr später nach Deutschland gebracht wurde, allzu gerne ausleihen. Die Bitte stieß im Bundestag bislang auf Ablehnung – mit Hinweis, aus konservatorischen Gründen müsse der Umgang mit der Kalksteinbüste äußerst sorgsam sein.

Derzeit ist Nofretete im Alten Museum auf der Museumsinsel zu sehen. Bald steht ihr jedoch ein Umzug bevor. Zur Eröffnung des nur rund 100 Meter entfernten Neuen Museums soll sie ab 16. Oktober hier für Glanz sorgen.

Ob die Forschungsergebnisse über das verborgene Gesicht dann auch präsentiert werden, ist noch offen. Für die Ausstellung werde derzeit noch das Konzept erstellt, sagt Huppertz. Aber Erkenntnise aus dem CT würden auf jeden Fall miteinfließen. Es werde auch diskutiert, anhand der CT-Bilder eine zweite Büste nachzumachen, die das verborgene, innere Gesicht darstellt.

1 Kommentar:

  1. Dass wir immer die dreizehnte Tür aufmachen müssen. Dass wir in den verbotenen Apfel beißen müssen. Dass wir Geheimnisse nicht aushalten können.
    Dass wir wissen wollen, ob die Frau mit der schönsten Kinnlinie auch eine Menschenfrau war. Schade. Gut.
    Sie hatte Segelohren, einen kleinen Bauch, bekam Falten, hat geboren. Wir können sie mögen.

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