Montag, 15. Dezember 2014

Warten auf Godot am Deutschen Theater



Warten auf Godot Schillertheater 1975
Foto: pa/dpa

ESTRAGON:
Charming spot. Inspiring prospects. Let's go.
VLADIMIR:
We can't.
ESTRAGON:
Why not?
VLADIMIR:
We're waiting for Godot.
ESTRAGON:
(despairingly). Ah! (Pause.)

1978, Silvester, aus nicht erinnerbaren Gründen wollte ich unbedingt nach Potsdam zu einer Party. Der Sputnik ist ziemlich leer. Zu Weihnachten hatte mir ein Freund ein Westbuch geschenkt: Warten auf Godot von Samuel Beckett. Leute reagieren merkwürdig, wenn man beim Lesen dauernd laut lacht!

Don't expect this column to explain Samuel Beckett's "Waiting for Godot,"... it is a mystery wrapped in an enigma.  
Brooks Atkinson
 
Samuel Finzi & Wolfram Koch spielen Estragon & Wladimir - auch als Verbeugung vor dem großen Dimiter Gotscheff. Das Stück stimmt, die Spieler stimmen und trotzdem stimmt der Abend nicht. Warum? Warum? Viel Rennen, viel schweres Atmen, wohl wegen des Rennens, viele Etüden, manchmal wunderbare Minuten, dann wieder Auflösung, Ausweichen, Rudern. Wenig Magie, zu wenig Mysterium, aber auch nicht wirklich clownesk. Unentschieden.
Halb. Schade. 
Aber wie wäre dieses Stück heute, überhaupt zu inszenieren, der absurde Postdramatiker in den Zeiten des post-allesmöglichen-Theaters? Keine Ahnung. Aber es ist ein wunderbares, unendliches, herzzerreißendes Stück Theater.
Warten auf Godot 1975 am Schillertheater
Bild: Deutsches Theatermuseum

VLADIMIR:
We can still part, if you think it would be better.
ESTRAGON:
It's not worthwhile now.
Silence.
VLADIMIR:
No, it's not worthwhile now.
Silence.
ESTRAGON:
Well, shall we go?
VLADIMIR:
Yes, let's go.
They do not move.

Sonntag, 14. Dezember 2014

Der Hobbit - meine Leidenschaft für Phantasy - Filme


We were all orcs in the Great War
Im Großen Krieg (Weltkrieg Nr.1) waren wir alle Orcs. 
J.R.R. Tolkien

Wiki sagt: Das Wort Ork (engl. orc, ork) bezeichnet eine fiktive Art nichtmenschlicher Wesen und leitet sich vermutlich von dem lateinischen Orcus (Unterwelt) her. Im 20. Jahrhundert wurde der Begriff durch J. R. R. Tolkien wiederbelebt. Orks bevölkern seine Phantasywelt Mittelerde und dienen dort den Mächten des Bösen als willige Vollstrecker.

Heute habe ich "The Battle of the Five Armies" gesehen. 


Peter Jacksons Arbeit der letzten 15 Jahre:

An Unexpected Journey 2012
The Desolation of Smaug 2013
The Battle of the Five Armies 2014
The Fellowship of the Ring 2001
The Two Towers 2002
The Return of the King 2003

11 Jahre Kino, sechs Filme mit Überlänge, sechs gigantische, gigantomanische, giganteske Phantasieabenteuer und jetzt, nach fast 15 Jahren sind wir durch, oder? Eigentlich müßten wir, da Bilbo Baggins nun wieder zu Hause im Auenland angekommen ist, aber sich einen winzigen, nur ganz klitzekleinen Blick auf DEN RING nicht verkneifen kann, mit der "Herr der Ringe" Trilogie wieder von vorne anfangen. 
Meine zur Zeit schwer gehbehinderte Mutter hat den Weg ins Kino gewagt und es nicht bereut.
Es war aufregend und begeisternd Peter Jackson über die Jahre dabei zuzugucken, wie er lernte, wie er zunehmend unverschämter wurde, wie er sich von der Beeindruckung durch die Möglichkeiten der digitalen Technik emanzipierte, nicht die Technik hat ihn im Griff, sondern er spielt mit ihr. Drachen sind zutiefst bestürzt, wenn sie sterben, Armeen haben ganz und gar individuelle Bewegungsabläufe, übermenschliche Kräfte werden zu menschlich nachvollziehbaren Anstrengungen. 

Im Netz werden momentan die politischen Überzeugungen, die Herr Tolkien seinen Werken, wahrscheinlich ganz unbewußt, unterlegte, heftigst diskutiert. Und ich bin sicher, er war ein zustimmender, stolzer Bürger des Britischen Empires zur Zeit seiner höchsten Macht, was mich, sofern es die implizierten feudal-hierarchischen Strukturen und selbstsicheren rassistischen Klassifikationen der Völker betrifft, schon beim Lesen der Bücher heftig irritiert hatte. Aber, ja, wieder ein aber, erstens hat Jackson hier einiges getan, um solchen reaktionären Elementen entgegenzusteuern und zweitens trifft für Tolkien zu, was für viele große Talente stimmt, ihre Werke sind schlauer, als ihre persönlichen Ideologien.

Dieser Film hatte warhaft grandiose Momente: den Tod des Drachen, die Choreographie der sehr unterschiedlichen Armeen, den Fluglauf von Legolas über die einstürzende Brücke. Augenschmaus. Und bei Jackson und Tolkien gewinnen immer und immer wieder überraschend, die scheinbar Harmlosen, die Feiglinge aus Lebenslust, die die trotz ihrer Angst, einfach nicht anders können. Der Kasper, der Dumme August wird zum Held. Was macht glücklicher?   

Ich habe Phantasy-, Märchen-, Science Fiction-Filme schon als Kind geliebt, vielleicht gerade weil ich persönlich eher zu langweiligem aber heftigem Realismus neige. Diese Genres reizen Realität und Realismus bis zu ihrer extremsten Möglichkeit aus, und geben mir damit die Chance, Auswege zu suchen oder mir zumindest die schrecklichste Variante vorzustellen, was immer noch besser ist, als visionslos und somit hilflos der Zukunft ausgeliefert zu sein.

Eine wirre und doch ehrliche Liste meiner liebsten Filme dieses Genres:

Georges Méliès drehte Die Reise zum Mond (Originaltitel: Le Voyage dans la Lune) einen frühen Science-Fiction-Film im Jahr 1902.

Metropolis von Fritz Lang, grandioses Kino, gesehen habe ich ihn ursprünglich nur, weil meine Großmutter, eine deutsche Schauspielerin, die durch die Machtübernahme der Nazis zur sprachlosen Emigrantin wurde, darin eine winzige stumme Rolle spielt.

Flash Gordon von 1936 im Kino Camera, damals in der Ruine des "Hauses der Technik" in der Oranienburger Strasse, das später, das jetzt auch nicht mehr existierende Tacheless wurde, mit Live-Synchronisation von Herrn Korbjuhn, im Zweitberuf Fahrlehrer und Oberschenkeltatscher. Er synchronisierte jeden Angstschrei, jede Äußerung von Wut mit seiner monotonen, völlig ausdruckslosen Stimme. AAAAH! KABOOM! BRRRRA! Sein Englisch war außerdem stark eingeschränkt, was Wunder in einem Land, wo fast niemand reisen durfte. In "My Darling Clementine" von John Ford wurden die Bergarbeiter (Miners) dann halt mal schnell zu Minören.

Fahrenheit 451 Truffaut & Oskar Werner - Bücher brennen, Bücher.

Die Reise in die Urzeit ist ein tschechoslowakischer Film aus dem Jahr 1955 und ich habe ihn mit 12 im Tschechoslowakischen (mitlerweile ein archaisches Wort) Kulturzentrum am Bahnhof Friedrichstrasse gesehen.

Das singende, klingende Bäumchen von 1957, der wahrscheinlich schönste DDR-Kinderfilm.


Nahezu alle russische Märchenfilme und manche der damals neueren tschechischen, wie Drei Haselnüsse für Aschenbrödel

Staub der Sterne, mein eigener Vater als irrer Tyrann, Barbarella läßt grüßen.


Soylent Green, Charlton Heston, der auch im Original der "Planet der Affen" Filme die Hauptrolle spielte, mit Edward G. Robinson, hier als alter Mann, früher der beste Mafiosi aller Mafiosis.

Die ersten drei Filme der Starwars-Serie.

Die Klapperschlange - Rattlesnake Bliskin, Kurt Russell at his best.


Bladerunner, der beste, der ultimative, der traurigste, natürlich nur der Directors Cut.

Matrix, nur der erste Teil, aber den dafür sehr.

Schöne Neue Welt, 1984, Gattaca, Minority Report und all die anderen notwendigen Dystopien.

Planet of the apes - Prevolution!!!
 

Freitag, 12. Dezember 2014

BLU - GRAFFITTI - CURVYBRACHE - SCHWARZBILD



GRAFFITTIS VON BLU - ÜBERMALT

Die Bilder hat er geschaffen.
Die Übermalung geschah, so hört man,
auf seinen Wunsch hin.


Noch vorgestern auf der Curvybrache in Kreuzberg

 Noch ist unklar, ob der Investor Artur Süsskind etwas mit dieser Aktion zu tun hatte, der im Herbst Hütten und Zelte auf der Brache für ein Neubauprojekt räumen lies, oder Blu selbst. Nach Augenzeugen der Aktion möchte Blu durch die Übermalung seines Graffities verhindern, dass seine Kunst als Kulisse oder verkaufswertesteigernde Deko für Süsskinds Bauprojekt fungiert. Auf einer Internet-Plattform wird diese Vermutung bestätigt.
Blu hat die zwei maskierten Figuren im Jahr 2008 geschaffen. Noch im Oktober 2014 unterzeichneten mehr als 5000 Menschen eine Petition zur Erhaltung des Wandbildes, welches von dem geplanten Bauprojekt bedroht war. Süsskind möchte an der Cuvrybrache im Jahr 2015 neue Wohnungen, eine Kita und einen Supermarkt bauen.

Berliner Zeitung vom 12.12.1914


Foto: Kai-Uwe Heinrich

Das Folgende, nicht wirklich passend, aber es ist mir halt eingefallen.

Aus den Svendborger Gedichten - zwischen 1926 & 1934 geschrieben.
DIE UNBEIEGBARE INSCHRIFT

Zur Zeit des Weltkriegs
In einer Zelle des italienischen Gefängnisses San Carlo
Voll von verhafteten Soldaten, Betrunkenen und Dieben
Kratzte ein sozialistischer Soldat mit Kopierstift in die Wand:
Hoch Lenin!

Ganz oben, in der halbdunklen Zelle, kaum sichtbar, aber
Mit ungeheuren Buchstaben geschrieben.
Als die Wärter es sahen, schickten sie einen Maler mit einem Eimer Kalk.
Und mit einem langstieligen Pinsel übertünchte er die drohende Inschrift.
Da er aber mit seinem Kalk nur die Schriftzüge nachfuhr
Stand oben in der Zelle nun in Kalk:
Hoch Lenin!

Erst ein zweiter Maler überstrich das Ganze mit breitem Pinsel
So daß es für Stunden weg war, aber gegen Morgen
Als der Kalk trocknete, trat darunter die Inschrift wieder hervor:
Hoch Lenin!

Da schickten die Wärter einen Maurer mit einem Messer gegen die Inschrift vor.
Und er kratzte Buchstabe für Buchstabe aus, eine Stunde lang.
Und als er fertig war, stand oben in der Zelle, jetzt farblos
Aber tief in die Mauer geritzt, die unbesiegliche Inschrift:
Hoch Lenin!
Jetzt entfernt die Mauer! sagte der Soldat.


b.b.


Leider konnte ich die Namen der Photographen der drei oberen Bilder nicht finden. 
Aber Dank an die Ungenannten für die verwendeten Bilder.

Vor 99 Jahren wurde Frank Sinatra geboren



Cock your hat - angles are attitudes.
Setz Deinen Hut schief auf - 
Winkel sind Attitüden.


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Im Amerikanischen hat attitude, außer den Bedeutungen 
in Kunst, Ballett und als Bezeichnung für eine Körper- oder Geisteshaltung, 
noch einen Slanggebrauch, den wir vielleicht grob annähernd als 
"Was guckst Du!?" kennen. 
Frech wie Oskar wäre eine verniedlichende Variante. Rotzfrech? 
Attitude hat man, oder nicht. So wie man cool ist, oder nicht. 
Und cool ist auch nicht kühl.
  
Urban Slang schreibt:
- Eine Haltung des Körpers oder die Art, wie man sich aufführt.
- Ein Geisteszustand oder ein Gefühl; Einstellung: positive Haltung zur Arbeit
- Eine arrogante oder feindselige Geisteshaltung oder Einstellung.
A position of the body or manner of carrying oneself:
A state of mind or a feeling; disposition: positive attitude about work.
An arrogant or hostile state of mind or disposition. 

Wenn einer den Raum betritt, als wenn er ihm gehörte, wenn 

Sammy Davis Jr., ein Freund von Sinatra, singt Mr. Bojangles bekleidet mit einem hautengen, kackbraunen 70er-jahre Einteiler und einem Hut. Man hat der Typ attitude!



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FRECH WIE OSKAR nach Wiki

Eine Ableitung vom Namen des frechen Kritikers Oscar Blumenthal (1852–1917; Duden) ist durch das folgende Zitat belegbar. 1897 veröffentlichte Erwin Heinrich Bauer zum dritten Male seine satirischen Feilchenfeld-Briefe auch als Buch. In seinem Brief aus "Wannsee, mitten aus der Erholung in der Saison", S. 175-185, beschreibt er u.a. die "Herrscher" im literarischen und politischen Berlin, hier Wolffs Telegraphisches Bureau: " ... dies Bureau gehört uns ... Du bist stolz, Teiteles, und es schwellt Dir die Brust und Du hebst empor die Nase frech, wie Oscar, der Blumenthal, und blickst um Dich wie‘n Pascha, der hat sieben Roßschweife und ‘nen Harem mit dreißig Weibern ..."

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The best revenge is massive success.
Die beste Rache ist riesiger Erfolg.

Dienstag, 9. Dezember 2014

Kindermörderaugen


KINDERÖRDERAUGEN

Was soll das sein? Nun, Augen, aus derem Blick man alles lesen kann, eisigste Kälte und hitzigen Sex, mißtrauische Bösartigkeit und weiche Zuneigung, psychopathische Mordlust und kindliche Vertraulichkeit. Schauspieler mit solchen Augen können, wenn sie gut sind, alles mögliche spielen und haben dabei immer den Bonus einer zweiten Ebene, eben der, die ihre Augen versprechen, die alles, was sie tun, anrüchig, zweideutig, doppelbödig wirken läßt. Auch ein mittleres, sogar manches öde Drehbuch gewinnt durch solche Augen eine momentane unverdiente Tiefe.
Und wenn sich Stoff, Regie und Darsteller auf "Augenhöhe" treffen, dann, ja dann, kann ganz und gar Ungewöhnliches entstehen. Sei es Kubricks "Shining" oder die "Gefährlichen Liebschaften" von Stephen Frears. 
Ich kann mir bei solchen Augen meines Urteils nie sicher sein, meine Erwartungen bleiben in der Schwebe und daraus entsteht Spannung, Kitzel, Nervosität. Ich mag das. Die Engländer nennen es "suspense", wir sagen Spannung, was es nicht ganz trifft, denn "suspense" meint eher so etwas wie
"in Unsicherheit schweben", nicht verkrampft, unter Anspannung dem Ende entgegenfiebern. Das Schweben geht uns etwas ab, uns deutschen Menschen, denke ich. Zwischen mehreren Möglichkeiten zu hängen, Ambiguität, Mehrdeutigkeit, erotische Verunsicherung, empfinden wir eher als feindseligen Akt und weniger als vibrierendes Vorspiel eines ungewissen, aber sicher spannenden Endes.




Standphoto aus "The Shining"

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 Standphoto aus "Gefährliche Liebschaften"

Aus dem gleichen Film, während einer Drehpause.

Montag, 8. Dezember 2014

DIE SCHWIERIGKEITEN MIT DER VOLKSKUNST


DIE SCHWIERIGKEITEN MIT DER VOLKSKUNST
 
Zwischem Blauen Bock und Blaudruck, den Wildecker Herzbuben und "Kommt ein Vogel geflogen", zwischen zart bemalten Bauernmöbeln und Sticken nach Zahlen, zwischen dem Gutenachtlied fürs unruhige Kind und Helene Fischer, zwischen Flohmarktglücksfund und retrogestaltetem Korkenzieher, irgendwo dazwischen liegt die Volkskunst, die aus der Tradition, dem Handwerk, der tiefen Sehnsucht nach Schönheit geschaffen wird. Dem Praktischen wird überflüssigerweise und doch notwendig Ornament, Dekor, Zierrat zugesetzt. Dann liegt der schmale Grat der Unterscheidung zwischen Handwerk und Kunst oft nur in der ängstlichen, geschmäcklerischen oder gar elitären Definition des verunsicherten Betrachters.


Singen ist gesund, „Atemlos“ macht malad

Interview mit Erich Schmeckenbecher
Warum können Sie „Atemlos“ nicht einfach als modernes Volkslied sehen?

Weil es keine Wurzeln, keine gewachsene Geschichte hat. Es ist nur eine pragmatische, künstliche Marktware, wie so vieles heutzutage. Der Profit steht im Vordergrund. Dagegen stehen Volkslieder mit ihren romantischen Traditionen, die neben den rein ästhetischen Werten immer auch eine historische Komponente aufweisen. Sie wollen aufwecken, nicht ablenken. Sie stehen in einem geschichtlich wie sozialen Zusammenhang. Popschlager tun das nicht. Die sind nur gefühlig, oft kitschig.
 
http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.interview-mit-volksliedexperte-zu-helene-fischer-singen-ist-gesund-atemlos-macht-malad.77ceff2f-8afb-440c-bcc3-7bb4a00e1c68.html

Und das wirklich durchdachte Praktische, Nützliche hat immer eine ihm immanente Schönheit. Man schaue sich nur die Möbel der nordamerikanischen Shakergemeinschaften an. Nicht ein Kringel zu viel und jedes Detail ist notwendig zum besten Gebrauch.

 
Die Volkskunst, z. T. auch Heimatkunst genannt, bezeichnet das bildnerische und kreative Schaffen jenseits der klassischen bzw. modernen Künste, meist eingebunden in traditionelle handwerkliche oder häusliche Produktion, sagt Wiki.

Im Zeitalter der Aufklärung bezeichnete das Adjektiv volkstümlich meist die Kulturleistungen ungebildeter Deutscher sowie das Populäre. Die „Volksdichtung“ wurde damit von „gehobener“ Literatur, von der Kultur der Gebildeten unterschieden und teils elitär abgewertet, teils idealisiert, sagt Wiki auch.

„Das Volk ist nicht tümlich.“ Bertolt Brecht
  
Das Volk, das die Dichter, einige davon, als seine Sprachwerkzeuge benutzt, verlangt, daß ihm aufs Maul geschaut wird, aber nicht, daß ihm nach dem Maul gesprochen wird. ...Dem Volk aufs Maul schauen ist etwas ganz anderes als dem Volk nach dem Mund reden.
Der Begriff volkstümlich selber nicht allzu volkstümlich und eine ganze Reihe von Tümlichkeiten müssen mit Vorsicht betrachtet werden.

Aus Volkstümlichkeit und Realismus

Wenn wir vor den Unteren bestehen wollen
Dürfen wir freilich nicht volkstümlich schreiben.
Das Volk 
Ist nicht tümlich

Aus Da das Instrument verstimmt ist
Beide Texte: Bertolt Brecht 1938

Und dann gibt es die Überschneidungen, von "Künstlern" geschaffene Werke, die ihre Erschaffer hinter sich lassen, ihn vergessen lassen und in den großen Bauch des Volkes aufgenommen werden. Robert Wolfgang Schnell schrieb dazu folgende wundervolle Petitesse:

Volkskunst

Mein Freund Kurt, dessen Augen durch seine starken Brillengläser immer
scharf, brennend und etwas teuflich aussehen, sagte: "Du weißt nicht,
was Kunst ist? Dann will ich dir ein Gedicht von mir vortragen. Höre:

         Über allen Gipfeln
         Ist Ruh,
         In allen Wipfeln
         Spürest du
         Kaum einen Hauch,
         Die Vögelein schweigen im Walde,
         Warte nur, balde
         Ruhest du auch."

Ich war zuerst stumm. Dann böse. Dann lachte ich. Dann war ich entrüstet. "Gestern", sprach er ruhig weiter, "stand ich an meinem Fenster in
der Nacht. Die Stadt lag unter mir, und ich erblickte die vollkommene
Ruhe. Es war windstill, und die Kinder atmeten in ihren Betten. Da wuchs
mir dieses Gedicht entgegen, an welches ich jahrelang nicht mehr gedacht
hatte. Jetzt ist es von mir, obwohl es früher einmal Goethe geschrieben
hat." Kurt wohnt auf der Höhe. Spät abends ging ich ins Tal hinunter nach
Hause über den baumbewachsenen Abhang. Durch meinen Kopf ging: "Über
allen Gipfeln..." So bekannt. Als ob ich es selbst geschrieben hätte.


MUZES FLÖTE Luchterhand 1966
S.137


Sonntag, 7. Dezember 2014

Macbeth inszeniert von Ariane Mnouchkine in der Cartoucherie in Paris


PARIS UND DIE METRO

Ersteinmal zum erfreulichen Teil meines Wochenendausflugs:
selbst für schwerst Richtungsfindungsbehinderte wie mich, die ich außerdem, nach verlorenem Kampf mit den fünfzehn unterschiedlichen Nasalen des Französischen, dieser schönen Sprache überhaupt nicht mächtig bin, also selbst für solche Härtefälle, ist das Nahverkehrssystem von Paris so wunderbar klar und verständlich ausgeschildert, dass ich durch die betonhäßlichen Labyrinthe der Metro sicher und schnell ans gewünschte Ziel kam. Von Orly ins Zentrum und dann in ein winziges, verstecktes Hotel in den Gebäuden einer alten Schule, ganz ohne Problem, ohne Panik. Das ist für mich so erstaunlich, wie für andere die Durchwanderung des Himalaya ohne Kompass.  

PARIS UND DAS ESSEN

Ach. Mhmmmm. Ach. Wirklich guter Kaffee allüberall, ohne dass ein Starbucks betreten wurde. Frisches Baguette! Kohleintopf mit
Andouillette, grob und wärmend und schmackhaft. Auch bevor man bei Madame Mnouchkine Theater guckt, kriegt man Suppe - diesmal dicke Hühnersuppe und danach Honiggebäck. 
Die meisten Restaurants sind winzig, sechs Tische und wahrscheinlich ist die Küche so klein wie ein mittlerer Kleiderschrank. Am Flughafen bin ich eingeknickt und habe Gänseleber-Pâté gekauft. Schändlich, ich weiß. Aber es schmeckt so verflucht gut und ungesund. 

PARIS UND DAS STEHKLO

Sowas habe ich zuletzt in Bulgarien benutzt und die Männer in den Nachbarkabuffs bewundert, die mit in den Knien eingeknickter, halbhockender Haltung stoisch ihre Zeitung lasen.

PARIS UND DE SADE

Im Museum d'Orsay läuft gerade eine große de Sade Ausstellung unter dem Titel "Die Sonne angreifen". Habe ich leider nicht geschafft.
Schade. Die Ausstellungsankündigung endet mit einem besonders netten Satz:
"Der gewalttätige Aspekt bestimmter Werke und Dokumente kann das Feingefühl von empfindlichen Besuchern verletzen."  
Wohl für die Besucher, die beim Besuch einer de Sade Ausstellung pinkfarbene Kuscheltiere und Photos süßer Babies in Kohlköpfen erwarten. 



PARIS UND DIE POLITIK 

Vor wenigen Tagen wurde ein junges Paar in seiner Pariser Wohnung überfallen und ausgeraubt, die Frau wurde vergewaltigt. Die Täter bedrohten das die Opfer mit Waffen und sagten: "Ihr seid Juden, also habt ihr Geld". Im letzten Jahr sollen 5000 französische Juden, aus Angst vor dem wachsenden Antisemitismus im Land, nach Israel ausgewandert sein.

Der Bürgermeister von Marseille versteht nicht, warum es Proteste gibt, wenn die Obdachlosen in seiner Stadt gelbe Dreiecke tragen sollen, um sie als Clochards sichtbar zu machen.

PARIS UND DIE CARTOUCHERIE


Wieder eine leichte und gut geführte Fahrt mit verschiedenen U-Bahnen, dann ein Shuttle-Service zum Ort des Geschehens, zur Cartoucherie, einer ehemaligen Munitionsfabrik. Hier lebt und arbeitet die Firma Mnouchkine oder, wie es offiziell genannt wird, das Théâtre du Soleil. Etwa 40 Spieler und unzählige Mitarbeiter proben sechs Monate an einem Stück, alle, so wird es behauptet, verdienen dabei das gleiche Geld, dann wird ein Jahr lang sechs Mal in der Woche gespielt und dann circa zwei Jahre getourt. So weit, so großartig. Die Chefin reißt zu jeder Vorstellung selbsthändig die Karten ab. Die Schauspieler schminken sich selbst und können dabei durch einen sanft wehenden Gazevorhang beobachtet werden, alles macht einen gemeinschaftlichen, exzellent organisierten und freundlichen Eindruck. 
Und dann beginnt die Vorstellung. Und dauert volle vier Stunden.
Ich muß vorher noch sagen, dass ich vor zwei Jahren großes Vergnügen an Les Naufragés du Fol Espoir hatte, einer wilden theatralischen Vision über die Stummfilmproduktion eines Jules Verne Romans, und ich mochte auch ihren Moliere-Film sehr. Und nach der Betrachtung der Bildbände, wünschte ich, ich hätte ihre Atriden-Abende gesehen und ihre Version von Klaus Manns Mephisto.



Aber diesmal gab es Macbeth, das dunkle schottische Machtmysterium. Vierzig Darsteller rennen, bauen um, reagieren, fegen, schauspielern, gestalten, rennen wieder, bauen in einem fort neue immer aufwendigere fernsehtaugliche Bühnenbilderchen in perfekt choreographierter Eleganz auf, es wird chargiert, gedröhnt, gestikuliert, immer und immer wieder gerannt, aber all diese immense Dynamik kreist um ein großes - NICHTS. 
Sicher, der Pförtner ist witzig, Lady Macbeth von kühler Intelligenz und die Hexen haben einen herrlich liederlichen Tanz - aber warum das alles? 
Ein Mensch wird böse und die Anderen, die Guten leiden? Und auch wenn sie das Ganze in die Zeit eines halbwegs heutigen Krieges legen, bleibt der moralisierende Ton doch seltsam altbacken. Warum vier Fernseher auf die Bühne hieven, wenn nicht damit gespielt wird? Warum moderne Kostüme, wenn dann lange Monologe gefühlsintensiv und gedankenleer gesungen werden? 
Am Ende wird Macbeth besiegt und die glaubhaft erschöpften Spieler bzw. die Widerstandskämpfer verneigen sich im vollgenebelten, halbdunklen Bühnenraum. Kitsch und Quatsch. Schade. 
Und doch liebe ich diese gelebte Idee von kreativem Miteinander, das muß auch mal schief gehen dürfen, oder?
Aber sowas Ödes, wie den Schlußmonolog von Malcolm, einem zierlichen Schauspieler ohne irgendeine ihn empfehlende Qualität außer seiner Baritonstimme mit dickem Bibber, habe ich schon lange nicht mehr gehört oder gesehen.

 

Donnerstag, 4. Dezember 2014

William Mortensen - Horrorphotographien in schwarz, weiß, sepia & grau


William Mortensen. 
1897 bis 1965

Mortensen wurde als Sohn dänischer Einwanderer in Utah geboren und arbeitete den Großteil seines Lebens in Hollywood. Seine Schwester war übrigens Fay Wray, die Dame,
die sich im ersten Kong Kong Film schreiend in der Pranke des Riesenaffen rekelt.
Er portraitierte Stars und solche, die es werden wollten und er inszenierte romantisierende, seltsam starre und doch irgendwie erotische Bilder zu Hexerei & Mythologie & Traum. Diese absichtsvolle, sichtbar unnatürliche Art der Bildkomposition, für uns heute nur zu gewohnt, brachte ihm die Anfeindungen seiner gradlinigeren Berufskollegen ein. Ansel Adams, Großmeister der puristischen amerikanischen Landschaftsphotographie, nannte ihn den "Teufel", den "Anti-Christ". Mortensen hat Goyas Schwarze Bilder gründlich studiert, das kann man deutlich sehen. Nicht der Schrecken wird dargestellt, eher die Idee, die Konstruktion des Albtraumes.

  L’Amour 1935

 Der Incubus 1926

Phantasiereise … Auf in den Sabbat 1927

Photographen starren schon lange Zeit mit hypnotischer Konzentration auf dieses mechanisch-optischen Wunder, die Kamera. Laßt sie aufschauen und betrachten, was vor der Kamera ist. Dort wartet das Modell - Mona Lisa in der Person von Mary Jones (Emma Müller). Was werden sie mit ihr anstellen? Es wäre gut, wenn Photographen eine Zeit lang die teure Kamera und ihr wundervolles Innenleben und die eindrucksvolle Ansammlung von Chemikalien unter der Treppe vergessen würden, und sich ausschließlich und definitiv auf das Modell konzentrieren würden. Denn es ist durch das Modell - ob es eine Ziege ist oder eine Herzogin - dass sich Leben in der toten Substanz des Bildes regt.

Photographers have for a long time been gazing with hypnotic absorption at this mechanical-optical marvel, the camera. Let them lift their eyes and consider that which is in front of the camera. There awaits the model - Mona Lisa in the person of Mary Jones. What are they going to do with her? It would be well if photographers could forget for awhile the expensive camera and it's marvelous insides and the impressive array of chemicals in the closet under the stairs, and concentrate solely and definitely on the model. For it is through the model - whether it be a goat or a duchess - that life is made to stir in the dead substance of the picture. -  

William Mortensen - The Model - A Book On The Problems Of Posing 1937 p19.

 Gefesselte Frau mit Mönch


MACBETH Hexenszene 
Karl Kraus 
1922-1930

Alle drei
Schön ist häßlich, häßlich schön.
Wir weichen wie Wolken und Windeswehn.

Erste Hexe
Schwester, sag an, was hast du vollbracht?

Zweite
Hab Säue gewürgt bis in sinkende Nacht.

Dritte
Schwester, was du?

Erste
War auch nicht faul.
Ein Schifferweib hatte Pflaumen im Maul
Und fraß und fraß und wurde nicht satt.
»Will fressen«, sprach ich, »an deiner Statt«
»Pack dich, du Hexe!« die Vettel schreit.
Ihr Mann ist nach Aleppo heut.
Da schwimm ich nach in einemfort
Und geh als Ratte dann an Bord
Ihn plagen, plagen, plagen!

Zweite
Ein gutes Werk!

Dritte
Ein Werk des Heils!

 Nackte Frau mit Dämon


 Ohne Titel 1926
Der übergestreckte Mann ist vielleicht der Photograph selbst.

Mittwoch, 3. Dezember 2014

Marina Zwetajewa liebt Deutschland 1914


AN DEUTSCHLAND



Germanien, alle Völker hassen
Dich jetzt und hetzen gegen dich.
Ich aber will dich nie verlassen.
Verraten gar – wie könnte ich?

Nie war dies meine Überzeugung,
Dies: Aug’ um Auge, Zahn um Zahn,
Germanien, meine tiefste Neigung,
Germanien, ach, mein edler Wahn!

Ich halte nicht zu deinen Schergen,
mein arg gehetztes Vaterland,
Wo immer noch der Königsberger
Spaziert: der schmalgesicht'ge Kant,

Und Goethe wandelt durch Alleen
– sein Städtchen ist kaum mehr bekannt –
Er sinnt, lässt seinen Faust entstehen,
Hält den Spazierstock in der Hand.

Wie könnte ich mich von dir wenden,
Germanien, mein lichter Stern,
Denn meine Liebe nicht verschwenden,
halb Lieben hab ich nicht gelernt!

Erfüllt von deinen ew’gen Liedern,
Hab ich für Sporenklirrn kein Ohr,
Mein Heil'ger sticht den Drachen nieder
In Freiburg an dem Schwabenthor.

Nie werde ich von Hass erbeben,
Weil Wilhelms Schnurrbart aufwärts zackt.
Verliebt in dich, solang ich lebe,
Schwör ich dir ew’gen Treuepakt.

Nein, weiser, magischer und tiefer
Ist keins, du reich beschenktes Land,
Wo Loreley von hohem Schiefer
Die Schiffer schlägt in ihren Bann.

1. Dezember 1914
Marina Zwetajewa

Aus dem Russischen übertragen von Gert Hans Wengel



Gedenktafel am Haus Trautenaustraße 9 in Berlin-Wilmersdorf

Dienstag, 2. Dezember 2014

Kuddelmuddel, Kladderadatsch & Krimskrams


Ich war heute Abend im Theater.

Unsere Sprache hat so viele schöne Wörter für das, was nicht zu Ende gedacht wurde und darum schiefgegangen ist, oder viel wollte und nicht genug konnte oder einfach mittendrin aufgehört hat oder von der Bahn abgekommen ist und die Ziellinie verpasst hat oder einfach nicht lange genug eingekocht, bedacht wurde. All diese Pläne, Lebenssituationen, Theaterabende, Gespräche, Beziehungen, die in bester Absicht begonnen, hoffnungslos durcheinander geraten, ihre Mitte verlieren und fast schon nicht mehr erkennbar, als wildes Gemisch von gut, soso und schlecht; schön, öde und häßlich; zerrissen, zerrupft und zermatscht in der Welt stehen und nicht wissen, wie sie so geworden sind. 

Gut die Hälfte meines eigenen Lebens fühlt sich an wie: 

Kuddelmuddel zum Beispiel stammt aus dem Niederdeutschen oder aus Pommern, woher auch immer, wurden zwei sich reimende Begriffe  vermengt, und zwar koddeln, d.h. sich schlecht waschen und der Modder, der das schlecht gewaschene nochmal mit Schmutz bewirft.

In dem grünen Kuddelmuddel
Sitzt ein Aas mit einer Buddel
Grünem Schnaps. Grünem Schnaps.
Sitzt ein Aas mit einer Buddel und Herzklaps.
Und Herzklaps.

Bertolt Brecht Über den Schnapsgenuß

Kladderadatsch ist ein lautmalerisches Wort aus "Klatschen", "Ratschen", "Krachen", "Klirren". Für seine Verbreitung sorgte der Name eines 1848 gegründeten satirischen deutschen Wochenblattes.

 „Damenwahl am 19. Januar“
Am 19. Januar 1919 konnten Frauen in Deutschland 
erstmals auf nationaler Ebene ihr Wahlrecht nutzen.

Gematsche Gemansche & Gepansche sind selbsterklärend für jeden, der mal im Matsch gemanscht & gepanscht hat.

Tohuwabohu ist ein hebräisches Lehnwort aus der Bibel, Buch Moses 1.1. Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde. & 2. Und die Erde war wüst und leer , das heißt in hebräisch tohu vavohu. Manche übersetzen es auch mit Irrsal und Wirrsal, was mir noch besser gefällt.

Quatsch mit Soße ist wahrscheinlich ein guter Verhörer von Quatsch nicht krause oder red keinen Blödsinn.

Mischmasch. Das Wort ist eine Reduplikation, Ablautdoppelung des Wortstamms von mischen aus dem 16./17. Jahrhundert. (Wiktionary) Noch früher sagte man Mischmesche.

Glaubt nicht, daß ich fasele, daß ich dichte;
Seht hin und findet mir andre Gestalt!
Es ist die ganze Kirchengeschichte
Mischmasch von Irrtum und von Gewalt.

Johann Wolfgang von Goethe Sag, was enthält die Kirchengeschichte?


Wirrwarr kommt laut Pauls Deutschem Wörterbuch in allen drei Geschlechtern vor. Merkwürdigerweise ist man/frau/es oft verwirrt, aber nicht wirrt, genauso wie wir manchmal unwirsch aber nie wirsch sein können.

Sammelsurium. Der Duden beschreibt die Etymologie dieses Wortes so: mit lateinischer Endung scherzhaft gebildet zu niederdeutsch sammelsūr = sauer angemachtes Gericht aus gesammelten Speiseresten, 2. Bestandteil Substantivierung von niederdeutsch sūr = sauer und eigentlich = das Saure