AN DEUTSCHLAND
Germanien, alle Völker hassen
Dich jetzt und hetzen gegen dich.
Ich aber will dich nie verlassen.
Verraten gar – wie könnte ich?
Nie war dies meine Überzeugung,
Dies: Aug’ um Auge, Zahn um Zahn,
Germanien, meine tiefste Neigung,
Germanien, ach, mein edler Wahn!
Ich halte nicht zu deinen Schergen,
mein arg gehetztes Vaterland,
Wo immer noch der Königsberger
Spaziert: der schmalgesicht'ge Kant,
Und Goethe wandelt durch Alleen
– sein Städtchen ist kaum mehr bekannt –
Er sinnt, lässt seinen Faust entstehen,
Hält den Spazierstock in der Hand.
Wie könnte ich mich von dir wenden,
Germanien, mein lichter Stern,
Denn meine Liebe nicht verschwenden,
halb Lieben hab ich nicht gelernt!
Erfüllt von deinen ew’gen Liedern,
Hab ich für Sporenklirrn kein Ohr,
Mein Heil'ger sticht den Drachen nieder
In Freiburg an dem Schwabenthor.
Nie werde ich von Hass erbeben,
Weil Wilhelms Schnurrbart aufwärts zackt.
Verliebt in dich, solang ich lebe,
Schwör ich dir ew’gen Treuepakt.
Nein, weiser, magischer und tiefer
Ist keins, du reich beschenktes Land,
Wo Loreley von hohem Schiefer
Die Schiffer schlägt in ihren Bann.
1. Dezember 1914
Marina Zwetajewa
Aus dem Russischen übertragen von Gert Hans Wengel
Gedenktafel am Haus Trautenaustraße 9 in Berlin-Wilmersdorf
Wie ist sie gestorben, im KZ? Das wäre schlimm, denn dann hätte Germanien ihre Liebe schlecht vergolten.
AntwortenLöschenDanke für das Gedicht und liebe Grüße Lore
1941 wurden Zwetajewa und ihr Sohn nach Jelabuga evakuiert, in die Tatarische autonome Republik. Sie hatten keinerlei Mittel zum Unterhalt. Georgi bedrängte seine Mutter in ihrer Armut und flehte sie an, den Ort zu verlassen; sie hatte keine Möglichkeit, seinen Forderungen nachzukommen, bemühte sich jedoch noch um eine Genehmigung, nach Tschistopol umzuziehen. Am 31. August 1941 erhängte sich Marina Zwetajewa. Die genaue Lage ihres Grabes ist bis heute unbekannt. Sagt WIKI.
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