Nach den Berechnungen ernsthafter Historiker soll William Shakespeare am
23. April 1564 geboren worden sein. Sie gehen davon aus, dass der
Tauftermin meist ungefähr drei Tage nach dem der Geburt lag, und
zumindest dieser liegt uns beurkundet vor.
Parish register of Holy Trinity Chuch, Stratford-upon-Avon
"Gulielmus filius Johannes Shakspere' - William son of John Shakepeare
Am 26. April 1616, 52 Jahre nach seiner Taufe ist er gestorben. Cervantes
übrigens auch, wenn auch ganz woanders und so wurde der 23. April zum Am 26. April 1616, 52 Jahre nach seiner Taufe ist er gestorben. Cervantes
Tag des Buches.
Die Deutsche Shakespeare Gesellschaft wiederum wird in diesem Jahr 150
Jahre alt und hat ihrem Dichter in Weimar ein Geburtstags- und Todesfest
ausgerichtet. Die DSG ist eine der ältesten literarischen Vereinigungen
Europas und hat ungefähr 2000 Mitglieder, Theaterwissenschaftler,
Anglizisten, Literaturhistoriker, Dramaturgen, Lehrer, noch mehr Lehrer und
glühende Enthusiasten verschiedenster Professionen. Viele ungewöhnlich alt, aber
beileibe nicht alle.
Sie atmen, zitieren, verehren Shakespeare, kennen jedes Stück, jedes
Gedicht, jedes noch so fragwürdige Textfragment. Sie gehen morgens um
4.00 Uhr in den Park um "Venus und Adonis" zu rezitieren, legen in einem
jährlichen Ritual Blumen am Weimarer Shakespeare-Denkmal nieder,
lauschen Vorträgen über die Beziehung von Bob Dylan und Shakespeare
und Shakespeare in Australien. Sie haben, ich übrigens auch, die
Shakespeare App auf ihren Smartphones, damit sie deutsche
Übersetzungen synchron überprüfen können, das tue ich nicht. Sie sind
wunderbar und ein bisschen beängstigend, denn wenn man mit ihnen ins
Gespräch kommt, stellt man fest, dass viele von ihnen fast übersehen, dass
der Kerl für das Theater geschrieben hat und nicht für die Forschung und
auch nicht für den hehren Lesegenuß.
Er muß gesprochen, geflüstert, geschrien werden, geschwitzt und gelaufen.
Mit Bässen und Höhen und Zwischentönen und Zittern und Gewalt und
Scheu. Er ist Theater, nicht die Ansichten darüber.
Der Übersetzer Frank Günther in einem Interview der Südwest Presse:
Shakespeare ist nicht vorhanden, er verschwindet hinter seinen Figuren. Es
wirkt, als hätten diese Texte keinen Autor, als habe die Welt sich selber
abgeschrieben. Ob er an Gott geglaubt, ob er seine Frau geliebt hat? Ich
habe keine Ahnung. Aber das ist gut so, denn mich interessiert nicht der
Autor, sondern das Werk.
Shakespeare Denkmal in Weimar
Bildhauer: Otto Lessing
um die Mittagszeit versuchten wir, mehrere Schauspieler, ein Souffleuse,
eine Assisstentin und ich, auf einer Probebühne in Heilbronn, die
unaufwendigste und wirkungsvollste Art zu finden, mit der wir den Herzog
von Gloucester, Figur im "König Lear", seines Augenlichtes berauben
könnten, eine der ernsthaften Diskussionen, wie es sie zu solchem Thema
nur am Theater und möglicherweise unter professionellen Folterern gibt.
Das Auge mit einer Zigarette ausbrennen? Wie würde das entsprechende
Geräusch klingen? Es mit einem Regenschirm ausstechen? Müßte danach
ein Auge auf der Spitze stecken? Wir haben uns schlußendlich für einfaches
Augen-in-den-Schädel-Hineindrücken entschieden. Knapp, direkt und
unangenehm zu betrachten.
Zwei Stunden später saß ich im Zug in Richtung Weimar mit dreimaligem
Umsteigen in Würzburg, Fulda und Erfurt, berechnet man Hin- und
Rückfahrt also sechs Umstiege! Und? Spannungspause. Und - es hat
geklappt! Tusch! Jeder Anschluß wurde erreicht, die Schaffner waren
freundlich, der Kaffee im Bistro trinkbar und auf dem letzten Abschnitt der
Rückreise haben vier Kinder im Abteil geturnt und niemand hat gemeckert!
So in etwa muß es auch im Paradies sein, oder?