Sonntag, 2. Februar 2014

Stillleben - Zurbaran



StillLeben

Francisco de Zurbarán

1633

1636

Stilleben

Wenn alles abgeblättert daliegt
Gedanken, Stimmungen, Duette
abgeschilfert – hautlos daliegt,
kein Stanniol- und das Abgehäutete
− alle Felle fortgeschwommen −
blutiger Bindehaut ins Stumme äugt −:
was ist das?


Die Frage der Fragen! Aber kein
Besinnlicher
fragt sie mehr −
Renaissancereminiszenzen,
Barocküberladungen,
Schloßmuseen −


nur keine weiteren Bohrungen,
doch kein Grundwasser,
die Brunnen dunkel,
die Stile erschöpft −


die Zeit hat etwas Stilles bekommen,
die Stunde atmet,
über einem Krug,
es ist spät, die Schläge verteilt
noch ein wenig Clinch und Halten,
Gong – ich verschenke die Welt
wem sie genügt, soll sich erfreun:


der Spieler soll nicht ernst werden
der Trinker nicht in die Gobi gehn,
auch eine Dame mit Augenglas
erhebt Anspruch auf ihr Glück:
sie soll es haben −


still ruht der See,
vergißmeinnichtumsäumt,
und die Ottern lachen.


Gottfried Benn

1640
 

Post-Premieren-Rausch


„Wir hatten kein Konzept und wollten nichts beweisen, sondern etwas herausbekommen." 
Hanns Eisler


Seit März des letzten Jahres saßen meine leise, unerbittliche Kollaborateurin und ich an unserer Version der Shakespearschen Königsdramen. Jetzt sind sie auf der Bühne. Jucheh! 
Macht und Recht, einander unablässig verlangend, bekämpfend, ausschließend und bedingend. Harter Tobak, keine romantische Liebe weit und breit. Man war das spannend.

Vorgestern, Donnerstag, die Premiere in Bremen. Aufregend, schön, kontrovers, bejubelt, die Premierenfeier dementsprechend. Das war eine gute Arbeit mit tollen Leuten! Und alle Spieler haben mir Whisky geschenkt. Da werde ich gute Gedanken haben, wenn ich von fern auf sie anstoße.
Wie schön, dass dieses Mal, weil Bremen so günstig liegt, auch einige meiner Freunde da sein konnten. Wie schade, dass andere wegen Krankheit nicht kommen konnten. Gute Besserung! Gute Besserung!

Am nächsten Tag, Freitag, Post-Premieren-Frühstück und sechs Stundenl Zugfahrt nach Augsburg. Im Zug mir gegenüber ein fülliger Mann mit drei Zähnen und auch die bräunlich und schief. Nach dem Ausstieg finde ich ein Kontaktangebot in meinem Reisebuch. Die Deutsche Bahn bietet ungeahnte Möglichkeiten!
Am Abend, als Eröffnung des hiesigen Brecht-Festivals, liest Burghart Klaußner im Augsburger Theater aus den Gesprächen von Hanns Eisler mit Hans Bunge, ganz klug und leicht und witzig. Zwischendurch, elegant gesetzt, singt er Lieder Eislers mit einem zartem Herrentenor. Wunderbar.

Wolf Biermann über Eisler: „Seltene Gelegenheit eines runden Menschen! / Gespalten nicht seine Zunge, noch sein Gehirn. / Auch geht kein Riß zwischen Oben und Unten ihm. / Da, wo bei andern die furchtbar berüchtigte Stelle / Da, wo den andern so leicht das Kreuz brach / Wölbet sich mächtig sein fröhlicher Bauch / Schwingt auf und ab in wildem Gelächter / Über die Dummheit in der Musik nicht allein."

 
Heute, am Samstag, dann acht Stunden Probe für das "Badener Lehrstück vom Einverständnis" mit Chor und Orchester und Sängern und Schauspielern. Anstrengend, intensiv und zu guter Letzt produktiv. Dann zum Konzert von Bonaparte, laut und trashig und lustig.

Habe ich es gut, oder was? Sicher, manchmal träume ich von meinem Bett in Berlin, einem Leben mit konstanten Orten, nah wohnenden Freunden und zeitweiliger Regelmäßigkeit. Aber, wie heißt es in dem Stück, dass wir hier, in Augsburg, zeigen werden: "Alles können Sie nicht haben, Herr Schmidt."

http://www.musicsection.de/pages/content/PortraitSpecialBonaparte
http://www.zeit.de/kultur/musik/2012-08/bonaparte-interview-tobias-jundt


Freitag, 31. Januar 2014

Agnus Dei - Das Lamm Gottes



DAS LAMM GOTTES
Seht, das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt hinwegnimmt. 
Johannes-Evangelium

 Die Kreuzigung Jesu fand nach dem Johannesevangelium zu der Zeit statt, als die Pessach-Lämmer geschlachtet wurden. Nach dem Bericht der drei synoptischen Evangelien fand das Abendmahl Jesu Christi in der Nacht des Pessachfestes statt, woher die enge Verbindung zwischen der Eucharistie und der Symbolik des Lammes herrührt.
Wiki

Laßt uns freuen und fröhlich sein und ihm die Ehre geben; denn die Hochzeit des Lammes ist gekommen, und seine Braut hat sich bereitet. Und es wurde ihr gegeben, sich anzutun mit schönem reinem Leinen. Das Leinen aber ist die Gerechtigkeit der Heiligen. Und er sprach zu mir: Schreibe: Selig sind, die zum Hochzeitsmahl des Lammes berufen sind. Und er sprach zu mir: Dies sind wahrhaftige Worte Gottes.
Offenbarung 19,7-9

Unter Papst Sergius I. (687-701) ist laut Papstbuch das Agnus Dei als gemeinsamer Begleitgesang von Klerus und Laien zur Brechung in die römische Liturgie eingeführt worden
www.uni-muenster.de 


Der Ursprung des „Agnus Dei“ findet sich im 7. Jahrhundert. Das langwierige Brechen des eucharistischen Brotes wurde mit litaneiartigen Rufen musikalisch ausgedeutet, die solange fortgesetzt wurden, bis das Brechen der Brote abgeschlossen war. 
Im Mittelalter wurde die Messe weniger als gemeinsame Feier der versammelten Gläubigen verstanden. ... Eingeführt wurden anstelle des Brotes kleine Hostien, zeichenhaft gebrochen wurde nur noch die Priesterhostie. Die Agnus Dei-Anrufungen wurden mit der abschließenden Bitte um den Frieden auf drei reduziert.
www.kirchen.net/kirchenmusik

Lamm Gottes, du nimmst hinweg die Sünde der Welt, erbarme dich unser.
Lamm Gottes, du nimmst hinweg die Sünde der Welt, erbarme dich unser.
Lamm Gottes, du nimmst hinweg die Sünde der Welt, gib uns deinen Frieden.
Deutscher Text in der Heiligen Messe


1636-1640 Francisco de Zurbaran

DAS LAMM
  
Kleines Lamm, wer schuf dich,
      Kennst du den, der schuf dich?
Gab dir Leben, Futter auch
Durch die Au'n an Baches Lauf;
Gab dir Kleidung voller Freud,
Wollig-weich ein helles Kleid;
Gab dir'n Stimmchen zart und klar,
Dass die Täler jubeln gar,
      Kleines Lamm, wer schuf dich,
      Kennst du den, der schuf dich?

      Kleines Lamm, ich sag dir's;
      Kleines Lamm, ich sag dir's:
Man ruft Ihn an mit deinem Nam',
Denn Er nennt selber sich ein Lamm;
Er ist so sanft, Er ist so lind,
Er wurde selbst ein kleines Kind.
Mich als Kind und dich als Lamm
Ruft man an in Seinem Nam',
      Kleines Lamm, Gott schütz dich!
      Kleines Lamm, Gott schütz dich!

William Blake 

Gedenke nicht unsrer vorigen Missetaten; erbarme dich unser bald, denn wir sind sehr dünn geworden. 
Psalm 79 Martin Luther
 
REDE HEINRICH VI.

Wollt, ich wär tot, wenn’s Gottes Wille wär!
Denn was nur bringt die Welt als Leiden und Beschwer?
O Gott! Mir ist, als wär es ein beglücktes Leben,
Nichts bessres als ein biedrer Hirt zu sein;
Auf Hügeln hinzusitzen wie jetzt ich,
Mir Sonnenuhrn zu schnitzen, Span um Span,
Dran die Minuten sehn, wie sie verrinnen -
Wieviel davon die Stunde voll wohl machen,
Wie viele Stunden einen Tag vollenden,
Wie viele Tage wohl ein Jahr beschließen,
Wie viele Jahr ein Mensch wohl leben mag.
Wenn das geklärt ist, dann die Zeit sich ordnen -
So viele Stunden muss ich Herden hüten;
So viele Tage warn die Schafe trächtig;
So viele Wochen, bis die Närrchen lammen;
So viele Jahre, bis ich Wolle schere:
Minuten, Stunden, Tage, Wochen, Jahre.
Ach, welch ein Leben wär’s! Wie süß! Wie lieblich!

William Shakespeare

Donnerstag, 30. Januar 2014

Die Könige des Herrn Shakespeare morgen an der bremer shakespeare company


Morgen ist Premiere & ich kann eh nicht schlafen, deshalb hier das:

RICHARD II. bis RICHARD III. 
Mit Umwegen über HEINRICH IV. & HEINRICH V. & HEINRICH VI. & EDWARD IV.


König Eduard III. von England hat sieben Söhne. sein Erstgeborener, der schwarze Prinz, auch ein Eduard, fällt in der Schlacht und so wird dessen Sohn, Richard, sein Nachfolger auf dem Thron. Dieser Richard Nº II. will Irland unterwerfen. Dafür braucht er dringend Geld, also enteignet er kurzerhand einen Cousin, mit Namen Heinrich, der darüber nicht erfreut, erst nur sein Eigentum zurück verlangt, aber damit nicht genug, dann den König verhaften, absetzten und sich selber zum König krönen lässt und endlich, sicherheitshalber, den Befehl gibt, dass, der nun ehemalige, König umgebracht werden soll.
Nunmehr ist er, als Heinrich IV. König und will einen Kreuzzug nach Jerusalem unternehmen, aber kommt irgendwie nicht dazu. sein schlechtes Gewissen macht ihn misstrauisch und böse, Geld ist, wie immer, ein Problem und er hat auch noch einen wilden Sohn, der ebenfalls Heinrich heißt. Als dieser Heinrich IV. endlich eines nicht glücklichen, aber immerhin natürlichen Todes stirbt, trägt sein Sohn schon ‚probehalber’ die Krone.
Heinrich V. wird der genannt und führt erfolgreich Krieg mit Frankreich. Endlich einer, der weiß, wie man einen König darstellt. Er stirbt erschöpft vom vielen Kämpfen in einem Wald an Durchfall und sein Sohn Heinrich, der VI. dieses Namens, ist eine Enttäuschung. Er spielt und betet lieber, als zu regieren, da tun es halt andere für ihn.
Der Krieg mit Frankreich dauert einhundert Jahre und in England töten sich Familien um die Farbe einer Rose. Eduard IV. erobert den Thron für die weiße Rose, doch er wird von seinem Bruder Richard, dem mit Buckel und lahmem Bein, überlebt. Dieser Richard III., liefert das Satyrspiel, dem sich die lange Geschichte der Tudors anschließt, deren Dichter Shakespeare ist.




Shakespeare gilt mit diesen Stücken als einer der Begründer von Geschichtsschreibung, wie wir sie heute verstehen. seine historischen Ungenauigkeiten interessieren nicht so sehr, wohl aber seine Art der Auswahl, Parteinahme und seine Eingebundenheit in die Regierungszeit der Tudor-Königin Elisabeth. Er zeichnet eine faszinierende, furchteinflößende und immer poetische Landschaft von Machtkampf, Machtmissbrauch und der geradezu erotischen Verführung, die von Macht ausgeht.



Von der Selbstgewissheit des Richard II, König von Gottes Gnaden, dessen durch Infragestellung ausgelöste Krise wie ein Herbstgewitter alle bis dahin bestehende Sicherheit über den Haufen wirft, über Heinrich IV, der noch im alten Denken verhaftet, seinen eigenen wagemutigen Umsturz nicht verkraftet und in zunehmender Paranoia, allen Umstehenden die eigenen Selbstzweifel unterstellt, bis zu Heinrich V., dem Mann, der sein Ich abstreifen kann, wie einen Mantel und ein anderes anlegt und den perfekten König spielt. Ja, und dann folgt, wie immer, die Dekadenz von Heinrich VI, mit Bürgerkrieg und Familienhass, wieder in Ordnung gezwungen von Edward IV, bis dann Richard III uns zum Komplizen macht im ultimativen Zynikerspektakel. 







I'm A King Bee
Slim Harpo

(James Isaac Moore)

Well, I'm a king bee
Buzzin' around yo' hive
Well, I'm a king bee
Buzzin' around yo' hive
Well, I can make honey, baby
Let me come inside

I'm young and able
To buzz all night long
I'm young and able
To buzz all night long
Well, when you hear me buzzin', baby
Some stingin' is going on

Well, I'm a king bee
Want you to be my queen
Well, I'm a king bee
Want you to be my queen
Together we can make honey
The world ever, never, seen.
 
Well, I'm a king bee
Can buzz all night long
Well, I'm a king bee
Can buzz all night long
Well, I can buzz better, baby
When yo' man is gone.




Alle Photos © Marianne Menke

Dienstag, 28. Januar 2014

Marianne Brün ist gestorben


MARIANNE BRÜN

"Nein, die heutigen Verhältnisse können nicht ermutigen. Also muß Ermutigung woanders herkommen, zum Beispiel vom Wollen, vom Begehren her." M.B.

7. Januar 2014. Eine gute Frau ist gestorben. Eine ernsthafte Frau mit einem Kinderlachen und verstehenden Augen. Eine schlaue Frau, die einem nix durchgehen ließ. Wir haben uns nicht oft gesehen, aber ich werde sie vermissen, besonders zur jüdischen Weihnacht.
Gute Reise.

"Ob es einen Gott gibt oder nicht, ist mir bis heute egal. Mich interessieren die Dinge hier auf Erden, mit denen ich mich auseinandersetzen - und die ich vielleicht auch ändern kann." M.B.

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Ein Artikel aus der FAZ vom 2.3.2009

Im Gespräch: Marianne Brün 

Ich hatte neunundfünfzig Adressen 

Die „ungeduldige Gesellschaftskritikerin“ Marianne Brün wohnt heute in Berlin und den Vereinigten Staaten. Mit der F.A.Z. sprach sie über ihr Leben als Tochter Fritz Kortners und in der Emigration. Deutliche Worte findet sie, die sich gegen die Kriege in Vietnam und im Irak engagierte, für den Gaza-Konflikt. 
Die „ungeduldige Gesellschaftskritikerin“ Marianne Brün wohnt in Berlin und den Vereinigten Staaten. Sie hat sich gegen den Krieg in Vietnam wie im Irak engagiert. Hier erzählt sie über ihr Leben als Tochter Fritz Kortners und in der Emigration.
Frau Brün, Sie werden in diesem Jahr achtzig Jahre alt, aber der Computer flößt Ihnen keine Angst ein. Sie pflegen einen regen E-Mail-Verkehr. Macht Ihnen das Spaß? 
Mit bald achtzig bin ja noch nicht senil. Außerdem habe ich meine Kinder in den Vereinigten Staaten, Freunde und Bekannte sind in der ganzen Welt verstreut, wie soll ich da ohne E-Mail auskommen? Mit Briefen geht das bei mir nicht. Deshalb ist es mir in früheren Zeiten nie gelungen, mit Freunden in Verbindung bleiben. Seit meine Eltern im Jahr 1933 erst nach England, dann in die Vereinigten Staaten emigriert sind, habe ich mich überall wohl gefühlt, hatte und habe aber nirgends das Gefühl hinzugehören, zu Hause zu sein. Das ist aber keineswegs unangenehm. So geht es heute ja vielen Menschen. Natürlich gibt es tausend Funktionen, die ich am Computer nicht beherrsche, aber das, was ich brauche, schon: Texte und E-Mails schreiben, Informationen besorgen.
Sie wirken überhaupt so aktiv und munter - wie machen Sie das?
Mit einer sehr guten Ärztin, fünf Pillen und zwei Sprays täglich!
Obwohl Ihr Vater Fritz Kortner ein berühmter Regisseur und Schauspieler, Ihre Mutter Johanna Hofer eine berühmte Schauspielerin war, sagten Sie einmal, dass in Ihrer Kindheit daheim nur wenig über Theater, aber viel über Politik gesprochen wurde. Hat Sie das geprägt?
Ganz bestimmt. Als Immigrant ist man wohl empfindlicher gegenüber jeglicher Unterdrückung. Meinen Vater hat zum Beispiel die Situation der Schwarzen in den Vereinigten Staaten nicht weniger berührt als die der Juden in Deutschland. Unterdrückung ist immer Unterdrückung! Ich war schon als junges Mädchen politisch aktiv, und seit 1968 bin ich Mitglied der Internationalen Frauenliga für Frieden und Freiheit.
Sie haben nicht nur gegen den Irak-Krieg demonstriert, sondern bereits gegen den in Vietnamkrieg - und Sie haben Wehrdienstverweigerer in den Vereinigten Staaten beraten. Was für Erfahrungen haben Sie dabei gemacht?
Besonders interessant war damals zu beobachten, wie viele Mütter uns wegen dieser Beratungen angegriffen und beschimpft haben: "Sie können sich nicht vorstellen, was meine Nachbarn sagen, wenn mein Sohn nicht nach Vietnam geht!" Das Urteil der Nachbarn war wichtiger als das Leben des eigenen Kindes. Das hat mich zutiefst schockiert. Eine Frau hat mich sogar körperlich angegriffen. Die Väter waren toleranter, da bin ich weder physisch noch verbal attackiert worden. Sie haben meist herumgestanden und so getan, als würden sie nicht zuhören.
Hatten Sie keine Angst, in dieser politisch überreizten Zeit selbst Schwierigkeiten zu bekommen?
Angst nicht: Mir war es sowieso wegen des Vietnam- Krieges nicht geheuer, dass wir nicht weggingen. Es war immer eine Diskussion zwischen meinem Mann und mir: Wann kommt der Moment, in dem man emigrieren muss, auch wenn man nicht selbst betroffen ist?
Ihr Mann, der Komponist, Musiktheoretiker und Kybernetiker Herbert Brün, der im Jahr 2000 verstorben ist, emigrierte 1936 nach Palästina und wurde nach Stationen in Frankreich sowie Deutschland an die University of Illinois berufen.
Er ist aus Israel auch wegen der Art weggegangen, wie sich die Israelis schon damals gegenüber den Palästinensern verhalten haben. Immer wieder wird auf den Holocaust gepocht - und wegen des Holocausts trauen sich viele nicht, Israel zu kritisieren. Als Martin Walser im Jahr 1998 seine Friedenspreis-Reise gehalten hatte, hoffte ich auf eine Normalisierung dieser Debatten in Deutschland - leider habe ich das vergebens gehofft. In den Vereinigten Staaten ist das noch schwieriger. Wenigstens in einem ARD-Kommentar hat sich ein Korrespondent zu sagen getraut, dass Israel derzeit im Begriff ist, aus dem Gazastreifen ein zweites Somalia zu machen.
Ist es denn nicht das erklärte Ziel der Hamas, Israel zu vernichten?
Der Gazastreifen misst knapp vierhundert Quadratkilometer, das ist weniger als das Bundesland Bremen. Darin sind anderthalb Millionen Palästinenser eingesperrt. Es kommen kaum die nötigsten Materialien durch, sie kriegen nicht genug zu essen, haben zu wenig Strom und nicht genug Wasser - klar, dass sie irgendwann gegen ihre Unterdrücker aggressiv werden. Man will seine Unterdrücker natürlich vernichten.
Sind Sie mehr das Kind Ihrer Mutter oder Ihres Vaters?
Ich glaube, ich bin wirklich eine Mischung aus beiden Elternteilen. Meine Mutter Johanna Hofer war vom Wesen her keineswegs so politisch, wie ich es bin. Oder wenigstens nicht so direkt. Sie hat unter bestimmten Sachen auch sehr gelitten, aber sie war nie aktiv. Das kommt bei mir eher von meinem Vater, der immer Stellung bezogen hat. Von meiner Mutter wiederum habe ich gewisse mildere Wege gelernt, um mich zu behaupten, darin war sie viel geschickter als mein Vater. Kortner hat einmal gesagt, er sei ein "tobender Pantoffelheld"! Meine Mutter hat sich immer durchgesetzt, obwohl es nie so aussah.
Sie kamen im Jahr 1948 nach Europa zurück und haben an die zwei Jahre am Berliner Ensemble auch bei Bertolt Brecht assistiert. Wollten Sie Regisseurin werden?
Mir scheint, ich wusste gar nicht genau, was ich wollte. Aber ich entschied mich schon bald gegen den Beruf der Regisseurin - in Deutschland ging es wegen meines berühmten Vaters nicht und in den Vereinigten Staaten wegen des nicht wirklich vorhandenen Theaters. Ich habe danach als Bildmischerin beim Bayerischen Rundfunk gearbeitet, der gerade sein Fernsehprogramm begann.
Gehen Sie denn in Deutschland manchmal ins Theater?
Früher ging ich leidenschaftlich gerne. Seit geraumer Weile aber mache ich das kaum noch, weil mich ganz selten etwas interessiert. Lange Zeit fand ich alles grässlich. Ich hatte das Gefühl, dass die Regisseure keine Liebe zu den Stücken hatten, die sie inszenierten. Und ich konnte nicht verstehen, warum sie es trotzdem taten. Natürlich muss man den Theatertext jedes Mal auf das überprüfen, was heute wichtig ist. Aber man kann sich nicht bloß lustig machen über ein Werk oder sich gegen den Autor wenden. Dann sollte man doch lieber selbst ein Stück schreiben. Ich erinnere mich, dass ich einmal in der Berliner Volksbühne saß und ein Schauspieler auf der Bühne zum dritten oder vierten Mal die Hose herunterließ. Daraufhin muss ich einen solchen Seufzer der Langeweile ausgestoßen haben, dass alle um mich herum zu lachen anfingen.
Tochtersein ist kein Beruf, haben Sie einmal gesagt.
Nein, das interessiert mich nicht. Ich habe meinen Vater ungeheuer geliebt, aber jetzt ist er tot. Für mich war er kein Forschungsobjekt, ich habe kein Buch über ihn geschrieben, ich habe ihn nicht studiert. Die Erinnerungen, die ich an ihn habe, sind wirklich lediglich die einer Tochter. Und die sind äußerst angenehm, weil ich sehr verwöhnt wurde.
Sie haben einmal von sich gesagt, an mindestens neunundfünfzig Adressen in sieben Ländern gelebt zu haben, dreiundzwanzig Schulen besucht, achtzehn bezahlte - darunter von 1971 bis 1988 als Dozentin für Gesellschaftsveränderung an der University of Illinois -, sowie unzählige unbezahlte Stellungen gehabt zu haben. Wie erlernt man so viel Offenheit und Wandlungsfähigkeit?
Wahrscheinlich durch diese vielen Wechsel. Außerdem hatte ich eine ziemlich unkonventionelle Erziehung. Über manche Sachen wurde ich einfach nicht aufgeklärt, zum Beispiel darüber, dass es heute noch Religionen gibt. Ich dachte, das sei ein Überbleibsel aus vergangenen Jahrhunderten.
Im Ernst?
Mit zehn Jahren habe ich meinen Vater erschüttert gefragt: "Wusstest du, dass Leute heute noch an Gott glauben?" Und er antwortete: "Ich weiß es, aber ich kann nichts dafür." Wir haben zwar Weihnachten und Ostern gefeiert, aber völlig ohne Gott. Als ich sehr klein war und nur noch ein paar Worte Deutsch konnte - wir lebten schon in England -, hielt ich Weihnachten für die Nacht, in der man Wein hat. Es war tatsächlich die einzige Nacht, in der ich einen Schluck Wein trinken durfte. Das erklärte die Angelegenheit für mich vollkommen. Ob es einen Gott gibt oder nicht, ist mir bis heute egal. Mich interessieren die Dinge hier auf Erden, mit denen ich mich auseinandersetzen - und die ich vielleicht auch ändern kann.

Die Fragen stellte Irene Bazinger.

"Ich hatte neunundfünfzig Adressen."

UND:
Ein Artikel aus der Welt vom 28.8.2010

"Tochter von Beruf war ich nie."

UND:
Noch ein Artikel

"Ermutigung muß von Begehren kommen."


Montag, 27. Januar 2014

La Boheme im Theater Bremen


LA BOHEME

Oper in vier Akten von Giacomo Puccini
Text von Giuseppe Giacosa und Luigi Illica
nach Henri Murgers Scènes de la vie de bohème
 
Ja. Man nennt mich Mimì,
doch mein Name ist Lucia.
Meine Geschichte ist kurz.
Auf Leinen oder auf Seide
sticke ich daheim und auswärts.
Ich bin ruhig und heiter
und am liebsten sticke ich
Lilien und Rosen.
Mich freuen diese Dinge,
die solchen süßen Zauber besitzen,
die von der Liebe sprechen und vom Frühling;
die mir von Träumen sprechen und von Chimären,
diese Dinge, die Poesie heißen.
Sie verstehen mich?

Vier Männer spielen Kunst. Ein Schriftsteller, der seinen Roman verbrennt, weil er so mehr Hitze erzeugt, ein Maler, der Farben haßt. 
Naß macht dies Rote Meer
Und steif des Malers Hand.
Wie herbstkalter Regen
Fällt aufs tote Land.

Ein Komponist ohne Noten und ein Philosoph mit zu wenig Worten. Sie phantasieren Werke, sie versaufen & verfressen ihre Träume, selbst ihre Lieben sind nur imaginiert und verhalten sich dementsprechend gefällig. Mimi und Musette, die Heilige Hure und die Heilige Femme Fatale singen fast ausschließlich im Off, nurmehr zu Stimmen entkörpert.

"vier Männer..., die eine Idee von Liebe erfinden und sie damit zugleich vermeiden." 
(Aus den Inszenierungsnotizen) 

Ich weiß nicht genau, ob mir die Inszenierung gefallen hat, aber die Kargheit des Bühnengeschehens, vier Männer, ein Tisch, Stühle und viele rosa Kleider und Farbspritzflaschen, die spielerische Zurückhaltung, haben mir freien Raum gelassen, zuzuhören. Und wie das Orchester und die Sänger und Sängerinnen leis sein konnten mit nur ganz wenigen Ausbrüchen ins Massive, Pathetische, dass war wunderbar. So als seien wilde Leidenschaften ein Luxus, den man sich fast nicht mehr leisten kann. Und wenn es denn doch passierte, wurde es mit Farbmatschschlachten schnell weggedrückt. (Ein bisschen weniger Farbspritzen wäre auch noch genug gewesen.)
Ein merkwürdiger Abend. Und irgendwie habe ich die Geschichte zum ersten Mal wirklich verfolgen können, obwohl oder weil sie auf die minimalste Größe zusammengeschrumpft worden war.  

Wie eiskalt ist dies Händchen!
Lassen Sie, ich wärme es.
Was nutzt das Suchen?
Zum Finden ist's zu dunkel,
bis erst der Vollmond am Himmel emporsteigt
und überstrahlet der Sterne Gefunkel.
Erlauben Sie, mein Fräulein,
daß ich kurz Bericht Euch gebe,
wer ich wohl bin, was ich treibe,
und wie ich hier lebe!
Erlauben Sie's?
(Mimi schweigt.)
Wer ich bin? So hören Sie.
Bin nur ein Dichter.
Und was ich tue? Schreiben!
Und wie ich lebe? Nun, ich lebe!
In diesen armen Räumen
streu' ich als Krösus Verse
und manch' Liedchen umher.
Und leb' in gold'nen Träumen
und bau'mir Luftschlösser,
fühl' mich im Geist als Millionär,
aus meiner Truhe stehlen
oft die schönsten Juwelen
ein Diebespaar: zwei Äuglein!
Mit Ihnen sind diese Diebe
wieder hereingekommen,
haben alle Gedanken
plötzlich mir weggenommen!
Doch bin ich drob nicht böse.
Denn oh! Hoffnung ist
in die Seele mir eingezogen...
So, mich kennen Sie jetzt. Sagen Sie
mir nun, wie darf ich Sie nennen?


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Theater Bremen

Rodolfo Luis Olivares Sandoval
Marcello Martin Kronthaler
Schaunard Patrick Zielke
Colline Christoph Heinrich
 
Mimì Nadine Lehner, Patricia Andress
Musetta Marysol Schalit, Alexandra Scherrmann
 
Parpignol Zoltan Stefko, Sangmin Jeon
 
Musikalische Leitung Markus Poschner
Regie Benedikt von Peter
Bühne Katrin Wittig
Kostüme Geraldine Arnold
Chor Daniel Mayr
Licht Christopher Moos
Dramaturgie Sylvia Roth

Samstag, 25. Januar 2014

DEUTSCHES ESSEN - GRÜNKOHL UND PINKEL


Grünkohl & Pinkel & Bregenwurst & Gestreifter Speck & Kassler & Kartoffeln, das alles mit scharfem Senf & starkem Kümmelschnaps

In Bremen zum Grünkohl und Pinkel Essen eingeladen zu werden, ist keine Geste harmloser sozialer Interaktion, sondern eher ein Akt der Einweihung in ein kompliziertes norddeutsches bürgerliches Ritual der fremdartigen, herzlichen und äußerst nahrhaften Art. Zum Überleben dieses grandiosen Erlebnisses ist ein gußeiserner Magen von Nöten und mittlere Alkoholverträglichkeit. 
Vorher wird gelaufen, zwei bis drei Stunden, den Teil habe ich wegen vertraglichen Arbeitsverpflichtungen überspringen dürfen, während dieses Spazierganges wird gewürfelt und wenn eine Sechs erscheint, getrunken, der Würfel hat allerdings nur Sechsen. Dann wird gegessen, unglaublich viel, sehr schmackhaft, sehr schwer, sehr lecker und möglichst lange. Wer am längsten ißt, gewinnt den Preis des besten Pinkelessers. Manche Familien entscheiden dieses Ergebnis auch durch zweimaliges Wiegen der Teilnehmer, vorher und nachher. Heute habe ich gewonnen, aber natürlich nur weil ich der zu initierende Gast war. Ich habe deshalb einen sehr schönen Zinnlöffel geschenkt bekommen, aus dem wird der traditionelle und überlebenswichtige Kümmel getrunken, früher aß man mit diesem Löffel dann auch. Und die Redewendung vom Löffel, der abgegeben wird, könnte sehr gut, von einem Pinkelesser im Verdauungskoma erfunden worden sein.


Diese irrwitzigen Eßgewohnheiten, die wir frühkindlich annehmen und nur unter großer Anstrengung und mit ideologisch geschärftem Willen vermeiden können. 
Gebt mir Fleisch, gebt mir Fett, gebt mir stark gewürzte Speisen, gebt mir dicke Saucen und Zutaten, die ich zusammenmanschen kann - und - ich bin glücklich. Kalbfleisch-Schnitzel ist edel, aber Schweineschnitzel ist des Berliners Droge, und zwar unbedingt dickpaniert und nicht dünngeklopft. Buletten, Blutwurst, Klopse, Eisbein, Kassler, Schweinebraten und Rouladen, im Geiste bin ich Vegetarier, aber mein Magen schreit lauthals nach Fleisch. Salat ist wunderbar, Gemüse al dente herrlich, aber fette Eintöpfe mit Fleischbeilage bleiben mein inneres Traumbild an kalten Wintertagen - Kohl mit Kassler, grüne Bohnen mit Hammelfleisch, Teltower Rübchen mit Rinderfleisch, nichts davon gesund, alles Kindheit.
Senf ist auch so ein Ding. Als Kind im Strandbad hatte ich die Wahl zwischen einer Bockwurst für eine Mark und zehn Stullen mit Senf für den gleichen Preis, keine Frage, wie ich mich entschieden habe. Im Ferienlager an der Ostsee mußten "unartige" Kinder beim Neptunfest Essig trinken oder Senf essen, Teufelspädagogik a la DDR, aber ich liebte beides, Essig und Senf, da triumphierte das böse Kind!
Vielleicht sterben mit meiner Generation die letzten uneinsichtigen Fresser von 
ungesunden, aber wundervoll wohlschmeckenden Schädlichkeiten aus. Vielleicht ist das gut so. Aber trotzdem ist es schade drum. 
Dies alles gilt natürlich nur für den wohlversorgten, guternährten Teil der Welt, in dem ich glücklicher- und zufälligerweise lebe.


TRINKSPRUCH NACH DEM PINKELESSEN:

Gastgeber:Ik seh di!
Ich sehe dich!
Gast:
Dat freit mi!
Das freut mich!
Gastgeber:
Ik sup di to!
Ich trinke dir zu!
Gast:
Dat do!
Das tu!
Gastgeber:
Prost!
Gastgeber:
Ik heb di tosapen!
Ich habe dir zugetrunken!
Gast:
Hest’n Rechten drapen!
Hast den Richtigen getroffen!


 
Wiki sagt dazu:

DEN LÖFFEL ABGEBEN:
Die unverzichtbare Tätigkeit des Essens steht bei dieser Redewendung Pate, mitsamt der Tatsache, dass im Mittelalter und früher Neuzeit das Armeleuteessen üblicherweise ein Brei in einer Schüssel für alle inmitten des Tischs war, wofür ein jeder seinen eigenen Löffel parat hatte. Diesen höchsteigenen, nicht selten selbstgeschnitzten, Löffel wegzulegen, ist dabei gleichbedeutend mit dem Ende des Lebens. Im Schwarzwald gab es früher die Tradition, dass ein Löffel im persönlichen Besitz war und nach dem Tod nicht weitergegeben, sondern an die Wand des Bauernhauses gehängt wurde. Den Knechten dagegen wurde nicht selten vom Bauern ein Löffel zur Verfügung gestellt, den sie abgeben mussten, wenn sie weiterzogen oder der weiterverwendet wurde, wenn sie starben.
 
PINKEL:
Es gibt verschiedene Namensdeutungen, die die Bezeichnung allerdings weder mit „pinkeln“ (für urinieren) noch mit dem „feinen Pinkel“ (für einen eitlen Menschen) in Verbindung bringen. Der Ausdruck Pinkel (auch Püngel oder Pünkel) bedeutete vielmehr zusammengedrängte Masse oder kurzer, dicker Gegenstand und hat möglicherweise seine Weiterentwicklung zu Bündel gefunden. Ähnlich ist die Deutung, die sich von Pinker für den Mastdarm (hier: Rindermastdarm) ableitet, der traditionell bis heute als Wursthülle verwendet wird.

BREGENWURST:
oder Brägenwurst ist eine rohe oder leicht geräucherte Mettwurst aus magerem Schweinefleisch, Schweinebauch, Zwiebeln, Salz und Pfeffer. Sie ist eine Spezialität in Niedersachsen und Sachsen-Anhalt und wird meist zu Grünkohl gegessen, der regional als Braunkohl bezeichnet wird; dazu lässt man sie eine Weile zusammen mit dem Kohl garen. Ihren Namen hat die Bregenwurst vom früher zugegebenen Schweinehirn: Plattdeutsch steht Bregen oder Brägen für Hirn, heute darf Hirn nicht mehr verarbeitet werden.

Donnerstag, 23. Januar 2014

Houdon - Köpfe & Körper


Jean-Antoine Houdon

Louise Brongniart 1777

Louise & ihr Bruder Alexandre Brongniart


Winter, Das Frierende Mädchen, Die Fröstelnde, Frileuse 1783

Fast versteckt hinter ihren Beinen, der zerbrochene Krug, das Zeichen für die verlorene Jungfräulichkeit, in der späteren Bronzeversion fehlt der Krug.

 Die tote Drossel

...
O wie stille ein Gang den blauen Fluss hinab
Vergessenes sinnend, da im gruenen Geaest
Die Drossel ein Fremdes in den Untergang rief.
...
Georg Trakl - Sebastian im Traum
 
 

Montag, 20. Januar 2014

FRIKASSEE



   Ich liebe es, zu essen. Chinesisch, japanisch, vietnamesisch, indisch,
   französisch und und und... Ich bin fast immer hungrig, sehr neugierig, 
   sehr verfressen und stets in Gefahr, zu dick zu werden. Aber wenn ich über  
   meine mögliche Henkersmahlzeit nachdenke, erscheinen vor meinem 
   visuellen Magen ganz heimatliche Bilder: Schnitzel, natürlich dick paniert, 
   mit Kartoffeln, grünen Bohnen und brauner Butter oder Frikassee mit Reis. 
   Frikassee ist Kinderessen, breiig, matschig, dicklich, fett, füllend - schmeckt.
   Hühnchen, Sahne, Blumenkohl und Kapern, mhmmmm! 
   Muß man mit dem großen Löffel essen! Schaufeln. Schmatzen erwünscht.


   Hühnerfrikassee
   (Wie es meine Mutter kocht)
   Frikassee (französisch fricassée, „Sammelsurium“) ist ein Ragout
   aus hellem Fleisch in heller Sauce.

   Circa sechs Hühnerkeulen & ein Bund Suppengrün zusammen abkochen.
   Das Fleisch ohne Haut von den Knochen lösen und beiseite stellen.
   Einen Blumenkohl al dente kochen, in Röschen zerteilen, beiseite stellen.
   In die Brühe eine kleine halbe Flasche Weißwein geben, aufkochen.
   ½ l Sauce hollandaise hineingeben (auch Fertig-Soße, am besten von
   Lukullus) & mit der Suppe verrühren.
   Hühnerfleisch und Blumenkohl dazugeben.
   Noch einmal aufkochen lassen und mit Zucker, Salz, Pfeffer, Maggi
   abschmecken.
   Reichlich Kapern hineingeben!

BLUMENKOHL


 HÜHNERKEULE


 DER SÜSSE BREI

 Es war einmal ein armes, frommes Mädchen, das lebte mit seiner Mutter 
 allein, und sie hatten nichts mehr zu essen. Da ging das Kind hinaus in 
den Wald, und begegnete ihm da eine alte Frau, die wusste seinen Jammer schon und schenkte ihm ein Töpfchen, zu dem sollt es sagen: "Töpfchen, koche," so kochte es guten, süssen Hirsebrei, und wenn es sagte: 
 "Töpfchen, steh," so hörte es wieder auf zu kochen.
Das Mädchen brachte den Topf seiner Mutter heim, und nun waren sie 
ihrer Armut und ihres Hungers ledig und assen süssen Brei, sooft sie wollten.
Auf eine Zeit war das Mädchen ausgegangen, da sprach die Mutter: 
"Töpfchen, koche," da kocht es, und sie isst sich satt; nun will sie, dass das Töpfchen wieder aufhören soll, aber sie weiss das Wort nicht. Also kocht es 
fort, und der Brei steigt über den Rand hinaus und kocht immerzu, die Küche und das ganze Haus voll und das zweite Haus und dann die Strasse, als 
wollt's die ganze Welt satt machen, und ist die grösste Not, und kein 
Mensch weiss sich da zu helfen. Endlich, wie nur noch ein einziges Haus 
übrig ist, da kommt das Kind heim und spricht nur: "Töpfchen, steh," da 
steht es und hört auf zu kochen, und wer wieder in die Stadt wollte, der 
musste sich durchessen.

 Märchen der Gebrüder Grimm

 KAPERN


 SAHNE