Freitag, 30. September 2016

Jacques Brel - Le Moribond - Seasons In The Sun - Adieu Emile

Jacques Brel - Le Moribond

LE MORIBOND - DER DEM TODE NAHE 

Die deutsche Übersetzung von Klaus Hoffmann ist nicht gut, aber immerhin um Einiges besser, als die sehr erfolgreiche Englische von Terry Jacks, die das kleine, feine, böse Lied in ein weinerliches Abschiedsständchen verrührte. Gut und mit genügend wilder Verweiflung gesungen, hat es mich heute Abend zum Weinen gebracht. Ich will sehr alt werden. Wenn mein Hirn mitspielt.

Ne Me Quitte Pas - Verlass Mich Nicht

Ein Abend mit Chansons von Jacques Brel
Schauspielhaus-Foyerbühne
Musik: Steffan Claußner & Tom Bitterlich
Gesang: Grégoire Gros & Susanne Stein

DER STERBENDE

Adieu Emilè, ich liebte Dich
Adieu Emilè, ich liebte dich, Du weißt
wir saßen beide bei dem gleichen Wein
wir saßen bei denselben Mädchen
wir sangen mit der gleichen Pein.

Adieu Emile, ich sterbe nun
es ist schwer wenn man im Frühling stirbt, Du weißt
ich geh'mit Frieden in der Seele
weil du so rein wie weißes Brot
weiß ich mein Weib hat keine Not.

Ich will Gesang will Spiel und Tanz
will daß man sich wie toll vergnügt
Ich will Gesang will Spiel und Tanz
wenn man mich unter'n Rasen pflügt.


Adieu Curie, ich liebte Dich
Adieu Curie ich liebte Dich Du weißt
wir waren nicht vom gleichen Holz
wir hatten nicht den selben Weg
wir suchten nur den gleichen Ort

Adieu Curie, ich sterbe nun
es ist schwer wenn man im Frühling stirbt, Du weißt
ich geh'mit Frieden in der Seele
ich weiß man Weib hat keine Not
ihr war't vertraut vor meinem Tod.

Ich will Gesang will Spiel und Tanz
will daß man sich wie toll vergnügt
Ich will Gesang will Spiel und Tanz
wenn man mich unter'n Rasen pflügt.

Adieu Antoine, ich lieb' dich nicht
Adieu Antoine, ich lieb' dich nicht, Du weißt
es bringt mich zum Sterben heut
weil du lebst weiter und nicht schlecht mein Freund 
weil dich mein Tod doch sicher freut

Adieu Antoine ich sterbe nun
es ist schwer wenn man im Frühling stirbt, Du weißt
ich geh'mit Frieden in der Seele
weil du ihr Hausfreund warst du Chanot
weiß ich mein Weib hat keine Not 

Ich will Gesang will Spiel und Tanz
will daß man sich wie toll vergnügt
Ich will Gesang will Spiel und Tanz
wenn man mich unter'n Rasen pflügt.

Adieu mein Weib ich liebte dich
Adieu mein Weib ich liebt dich, Du weißt
ich nehm den Zug zum lieben Gott
den Zug der noch vor deinem geht
man nimmt grad' den der eben kommt.

Adieu mein Weib ich sterbe nun
es ist schwer wenn man im Frühling stirbt du weißt
ich drück'die Augen fester zu
dann weiß ich, du liest Messen
für meiner Seele Ruh

Ich will Gesang will Spiel und Tanz
will daß man sich wie toll vergnügt
Ich will Gesang will Spiel und Tanz
wenn man mich unter'n Rasen pflügt.

La di lai da la

Donnerstag, 29. September 2016

Und wäret Ihr verbannt wohin ginget Ihr? - Shakespeare

Ein Monolog aus "Sir Thomas Morus"
Nach dem Stand neuester Forschungen wird dieser Text Shakespeare zugeschrieben. 

Sir Thomas More ist ein elisabethanisches Theaterstück, das Sir Thomas More zum Gegenstand hat und die Frage nach Befolgung von Gesetzen und Gehorsam gegenüber der Obrigkeit und dem König. Es stammt ursprünglich von Anthony Munday (und Henry Chettle) aus der Zeit von 1596 bis 1601, erhielt aber keine Aufführungserlaubnis durch den Zensor Edmund Tillney und wurde durch mehrere Autoren überarbeitet, darunter wahrscheinlich auch William Shakespeare sowie Thomas Heywood und Thomas Dekker.
Wiki

Zu Shakespeares Zeiten waren es die hugenottischen Flüchtlinge aus Flandern und Frankreich, die nach England flohen und sich dreist benahmen, woraufhin die Londoner ihnen die Häuser anzündeten. Shakespeare schrieb dem Humanisten Thomas Morus einen Monolog, in dem er die Londoner wegen ihres Verhaltens zusammenstaucht und sie fragt: „Wie würdet ihr euch fühlen, wenn ihr mit euren Kindern an fremden Küsten . . .?“
Frank Günther

Unvollständiger deutsche Text in der Übersetzung von Frank Günther
Gesetzt, sie gehn, gesetzt, dass euer Lärm
Ganz Englands Recht und Würde niederschrie. 
Dann stellt euch vor, ihr seht die Fremden, elend, 
Mit Lumpenbündeln, Kinder auf dem Rücken,
Wie sie zu Küsten und zu Häfen trotten, 
Und ihr sitzt da, als König eurer Wünsche, 
Die Staatsmacht starr verstummt vor eurer Wut, 
Und ihr gespreizt im Protzornat des Dünkels: 
Was habt ihr dann?
Ich sag's euch: ihr habt nur
Gelehrt, wie Frechheit und Gewalt obsiegt.

Ihr wollt die Fremden niedermachen,
Sie töten, ihnen ihre Häuser nehmen
Und das Gesetz an eine Leine legen,
damit ihr ihm, wie einem Hund, entkommt!
Weh euch! Weh euch! Stellt euch doch einmal vor,
Der König liesse Milde walten und
verbannte euch: wo suchtet ihr dann Zuflucht?
Bei welchem Volk, das sich verhält wie ihr,
bekamt ihr Schutz? Geht hin nach Frankreich, Flandern,
in deutsche Lande, Spanien, Portugal,
ja, irgendwohin, wo nicht England ist –
ihr wäret Fremde. Wie gefiels euch dann,
ein Volk zu finden, das, wie ihr Barbaren,
in furchtbare Gewalt ausbricht und euch
den Aufenthalt verwehrt, ja, euch stattdessen
das Messer wütend an die Kehle setzt
und euch wie Hunde fortjagt, so als ob
ihr nicht von Gott gemacht wärt und als fehlte
bei euch was, das nur sie alleine haben?
Was hieltet ihr von solcher Art Behandlung?
So ist das Los der Fremden hier bei uns,
und so ist euer Berg von Inhumanität!

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Grant them removed, and grant that this your noise
Hath chid down all the majesty of England;
Imagine that you see the wretched strangers,
Their babies at their backs and their poor luggage,
Plodding to the ports and coasts for transportation,
And that you sit as kings in your desires,
Authority quite silent by your brawl,
And you in ruff of your opinions clothed;
What had you got? I’ll tell you: you had taught
How insolence and strong hand should prevail,
How order should be quelled; and by this pattern
Not one of you should live an aged man,
For other ruffians, as their fancies wrought,
With self same hand, self reasons, and self right,
Would shark on you, and men like ravenous fishes
Would feed on one another….
Say now the king
Should so much come too short of your great trespass
As but to banish you, whether would you go?
What country, by the nature of your error,
Should give you harbour? go you to France or Flanders,
To any German province, to Spain or Portugal,
Nay, any where that not adheres to England,
Why, you must needs be strangers: would you be pleased
To find a nation of such barbarous temper,
That, breaking out in hideous violence,
Would not afford you an abode on earth,
Whet their detested knives against your throats,
Spurn you like dogs, and like as if that God
Owed not nor made not you, nor that the claimants
Were not all appropriate to your comforts,
But chartered unto them, what would you think
To be thus used? this is the strangers case;
And this your mountainish inhumanity.


Facsimile of a page of writing by "Hand D" from the Elizabethan play Sir Thomas More, 
believed by some scholars to be William Shakespeare's handwriting.

Frank Günther zu dem Text

Mittwoch, 28. September 2016

Besuch der Alten Dame - Schlamm, Schleim, Matsch

Ein Ensemble. Wie schön das klingt.

Ensemble von frz. ensemble‚ zusammen, miteinander, zugleich, insgesamt; das Ganze, die Gesamtheit... (Wiki)

Das Theater von Chemnitz in Sachsen, in dessen Schauspielsparte sich einundzwanzig Spieler & Spielerinnen den Arsch abarbeiten, um gemeinsam gutes Theater zu produzieren.

Heute abend: "Der Besuch der Alten Dame" von Friedrich Dürrenmatt, einem Stückeschreiber, den ich eigentlich fürchte, weil er seine grandiosen Grundeinfälle, in der zweiten Stückhälfte meist zielsicher durch pädagogisch gutgemeinte, aufklärerische Entsinnlichung tötet. Er ersinnt einen wirklich überraschenden, spannenden Konflikt und exerziert ihn dann in die unerträgliche, öde Erklärbarkeit. Aufklärung um jeden Preis. In meiner Sprache ist das Propaganda.

https://de.wikipedia.org/wiki/Der_Besuch_der_alten_Dame 

Aber heute abend wurde aus Dürrenmatts Schwäche seine Stärke. Obwohl, nein, gerade weil ich lange im Voraus wußte, wie der endgültige Ausgang aussehen würde, wurde mir, absichtsvoll überdehnt und schwer erträglich verzerrt, die Verwirklichung der Katastrophe serviert, ohne dass ich je das Gefühl hatte, die Macher würden nicht ebenso darunter leiden wie ich. Denn sie spielten im Schlamm, im Matsch, in glitschigem, klebrigem Schleim. Er bedeckte den Bühnenboden, verschmutzte sie, gefährdete sie, behinderte sie. Er schmatzte durch den Abend, war Backgroundmusik, Störung und reale leibliche Gefährdung. 
Das Stück spielt in Güllen - in der Gülle?
Mittendrin, zentral, Claire Zachanassian, entschuldigungslos zornig. Sie verlangt Gerechtigkeit um jeden Preis. Ihr Preis wird gezahlt werden. Arm zu sein ist edel, aber Geld zu haben, ist genüsslich. Wir ersehnen, was wir nicht wollen sollten. 
Das Bühnenzeichen sind ebenso klar. Die Farbe Gelb im Kostüm ist Zeichen für Geld, das man nicht hat, aber, in uneingestandener Hoffnung auf baldigen Gewinn, schon mal ausgibt. Investition in künftige noch uneingestandene, aber bald begangene Verbrechen. Scheinbar einfach, dennoch unerträglich. Wir wollen nicht so erkannt werden.

Wozu sind wir imstande, um das zu bekommen, was wir uns nicht eingestehen können, es haben zu wollen?

Wann erfinden wir einsehbare Begründungen für unsere Verbrechen, damit wir sie guten Gewissens begehen können?

 Die goldene Geldkugel mühselig im Griff gehalten im Morast
© Dieter Wuschanski

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Malte Kreutzfeldt (* 1969 in Lübeck) ist ein deutscher Regisseur.
Er studierte von 1993 bis 1998 Regie an der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch in Berlin. Von 1999 bis 2003 war er Oberspielleiter des Schauspiels am Theater Quedlinburg/Halberstadt. Seit 2003 ist er freischaffend tätig und inszenierte seither unter anderem an den Staatstheatern in Darmstadt, Nürnberg, Mainz und Oldenburg, der Oper und dem Schauspielhaus in Kiel sowie in Stuttgart, Ulm, Würzburg und am Theater Chemnitz.

Sonntag, 25. September 2016

PTBS in Senftenberg

Ich habe in vieler Hinsicht ein ungewöhnlich beschütztes Leben geführt, und, entscheidender Punkt, ich, Bürgerin der DDR, durfte ungehindert seit meinem 16. Lebensjahr ins nichtsozialistische Ausland reisen, ohne Rentner zu sein und lange bevor die Mauer endlich fiel. Eine, durch keine Leistung meinerseits verdiente, also privilegierte, Ausnahmesituation. 

Und trotzdem habe ich, als ich zufällig im Fernsehen den Film "Bornholmer Strasse" gesehen habe, allein auf meinem Sofa, heftig und unerwartet geweint. 

Heute, in Senftenberg, einer deutschen Kleinstadt, die sich 1989, von einem blühenden Zentrum ostdeutscher Braunkohleförderung in eine arbeitsplatzlose Ödnis mit neuerdings hoffnungsvollen Zukunftsplänen als Naturparklandschaft, verwandelte. Kein Kuss verzauberte den Frosch zum Prinzen, nein, er machte den selbstbewußten Grundausstatter östlicher Ernergieerzeugung zum akuten sozialen Notfall. 
Senftenberg, keine wirkliche Stadt, eine Hauptstrasse mit dem üblichen irischen Pub, REWE ist bis 24 Uhr geöffnet, zwei Dönerläden gibt es, im "Sahneschnittchen" serviert man Kuchen bis 18 Uhr, zwei oder drei andere Cafes lungern, sonst praktisch nichts. Doch. Ein Theater. Die neue Bühne.

Auf der Bühne eben dieses Senftenberger Theaters, später "Theater der Bergarbeiter" genannt, heute die "Neue Bühne Senftenberg", die in diesem Jahr ihre 70. Spielzeit, sozusagen ihren 70. Geburtstag feiert, hatte gestern, die Bühnenfassung der "Bornholmer Strasse" Premiere.


Grenzübergang Bornholmer Strasse 9. November 1989,
 Unscharfes Photo aus Zeiten bevor man Handys mit Kameras hatte.
Ein guter, intelligenter, ernsthafter Theaterabend. Und ich weine wieder.  Warum? 
Weil geliebten Menschen Lebenszeit, Unschuld, Vertrauen geraubt wurde. Weil dieser Staat ein verkommenes Monstrumskind großer Hoffnungen war, das seine Kinder in Angst und Demütigung verkrüppelte.

Wiedereinmal formuliert Wiki die Ausgangsdefinition: Kommunismus (lat. communis „gemeinsam“) ist ein um 1840 in Frankreich entstandener politisch-ideologischer Begriff in mehreren Bedeutungen: Er bezeichnet .... gesellschaftstheoretische Utopien, beruhend auf Ideen sozialer Gleichheit und Freiheit aller Gesellschaftsmitglieder, auf der Basis von Gemeineigentum und kollektiver Problemlösung.

Wtf!!!!! 

U-topie, nach Christa Wolf, Kein-Ort-Nirgends, ist beseeligte, notwendige Hoffnung auf Nichterreichbares. Hoffnung, wenn sie ihre Wurzeln in der Seele, das Hirn geschlagen hat, ist eine Kraft. Hoffnung, als sichere Bank vorgegaukelt, als hehres Gefühl verkauft, als moralische Zwangsjacke mißbraucht, ist tödlich. Zynisch enttäuschte Hoffnung - manchmal denke ich, dass die mir monströs erscheinenden Auswüchse ostdeutschen Politikgebarens hier ihren Ursprung haben.

Was ist eine Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS)?

Die Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) tritt als eine verzögerte psychische Reaktion auf ein extrem belastendes Ereignis, eine Situation außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigen Ausmaßes auf. Die Erlebnisse (Traumata) können von längerer oder kürzerer Dauer sein, ... wobei die Betroffenen dabei Gefühle wie Angst und Schutzlosigkeit erleben und in Ermangelung ihrer subjektiven Bewältigungsmöglichkeiten Hilflosigkeit und Kontrollverlust empfinden. 


http://www.neurologen-und-psychiater-im-netz.org/psychiatrie-psychosomatik-psychotherapie/erkrankungen/posttraumatische-belastungsstoerung-ptbs/was-ist-eine-posttraumatische-belastungsstoerung-ptbs/


Harald Jäger (* 27. April 1943) war bis 1990 stellvertretender Leiter der DDR-Grenzübergangsstelle Bornholmer Straße (GÜSt Bornholmer Straße) in Ost-Berlin im Dienstgrad eines Oberstleutnants der Passkontrolleinheit (PKE), die dem Ministerium für Staatssicherheit (MfS) unterstellt war. Am 9. November 1989 ließ er als diensthabender Leiter am Grenzübergang Bornholmer Straße befehlswidrig die Kontrollen einstellen. Er gilt daher als der Mann, welcher faktisch die Berliner Mauer öffnete.

Könnt ihr euch noch erinnern, dass wir einstmals unentwegt in idiotischen Abkürzungen geredet haben?

Freitag, 23. September 2016

Terror der gewöhnlichen Art - Häusliche Gewalt - 08000 116 016

Seit drei Wochen wohne ich im ersten Stock eines dreistöckigen Chemnitzer Neubaus. Es ist ein Haus ohne besondere Eigenschaften und ohne eigenem Geruch. Es ist weißlich verputzt, hat Fenster und Türen und einen Extraeingang mit abschließbaren Mülltonnen. Die Wände sind sehr dünn.

Einen Stock über mir wohnt eine Familie mit fernklingendem Namen. Die Frau trägt Schwarz, ein Kopftuch, aber hautenge Kleidung. Mit ihr eine andere Frau, vermutlich ihre Mutter. Zwei zarte blasse Kinder, vielleicht drei Jahre alt, Mädchen, gehören dazu. Ich habe die vier nur einmal vor der Haustür gesehen. 

Aber ich höre sie jede Nacht. 

Trampeln, Schritte, Möbelrutschen, Hämmern, ein Mann, den ich nur als Kopf im Fenster kenne, sagt etwas, ihm wird aufgeregt geantwortet, er schreit in unerwarteteten Abständen, die Frau kreischt plötzlich schrill. Schläge, Geheul, noch mehr Schläge. Kinder weinen bitterlich. Lauteres Schluchzen begleitet einen Fluchtversuch in den Hausflur, wieder barsche Schlaggeräusche, die Flucht wird unterbunden. Es ist plötzlich stiill. Und dann wieder laut. Der Rhythmus ist nicht vorhersehbar. 
Vorgestern klang es, als würde der Mann die Frau totschlagen. Ich habe die Polizei gerufen und nach einer halben Stunde kamen zwei Beamte ohne Eile. Sie gingen hinauf und waren nach etwa drei Minuten wieder weg.  Sie, die Frau, hat offensichtlich keine Anzeige ertstattet. 
Die zuständige Frau beim Jugendamt war heute nicht erreichbar. 
Ich bin zu feige, um selber die Teppe hochzusteigen und zu klingeln und Fragen zu stellen.
Mein Hirn produziert unablässig Horrorszenarien.
Ein Vormieter, den ich zufällig traf, dies ist eine Theaterwohnung, er ist auch Regisseur, beschreibt ähnliche Erlebnisse und Reaktionen ohne Ergebnis. Er fand Blut auf der Treppe und vermutet, verschiedene Männer gingen in die Wohnung, eine Crackhöhle.

Ich weiß nicht, was ich tun soll. Die beiden kleinen Kinder weinen jede Nacht!

WELT 24
... in Deutschland ist das Phänomen weit verbreitet. Jede vierte Frau hat nach Angaben des Bundesfamilienministeriums schon mindestens einmal in ihrem Leben Gewalt von Seiten des Partners erfahren. Nur jede vierte bis siebte Frau holt sich Hilfe.

Das Hilfetelefon Gewalt gegen Frauen
365 Tage im Jahr, rund um die Uhr erreichbar: Das Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ ist das erste bundesweite Beratungsangebot für Frauen, die von Gewalt betroffen sind. Unter der Nummer 08000 116 016 und via Online-Beratung können sich Betroffene, aber auch Angehörige, Freunde sowie Fachkräfte anonym und kostenfrei beraten lassen. Qualifizierte Beraterinnen stehen den Anrufenden vertraulich zur Seite und vermitteln sie auf Wunsch an Unterstützungsangebote vor Ort. Bei Bedarf werden Dolmetscherinnen in 15 Sprachen zum Gespräch hinzugeschaltet.



https://de.wikipedia.org/wiki/Gewaltschutzgesetz

Donnerstag, 22. September 2016

Penthesilea 6 - Krieg & Grammatik

Seit Tagen grüble ich über die ver-rückte Grammatik des Herrn Kleist. Warum reden sich Figuren beim größten deutschen Sprachkünstler immer wieder in die völlige Unverständlichkeit? Viele freundliche Menschen haben versucht Antworten zu finden. Kleistsche Eklipsen, der possessive Dativ, die Weiterentwicklung der deutschen Grammatik in den letzten 200 Jahren. Alles hilfreich, nichts klärend. 

Es bleiben, wie irritierende Nußstücken in Zahnlücken, unter anderem, Dative, die keinen Sinn machen, bzw. die Zuordnung von Freund und Feind dem Zuhörenden unmöglich machen. 

Was für ein Haß den Priamiden längst
Entbrannt sei in der Griechen Brust...


Jetzt hat die Freundin einer Freundin mir in wenigen Worten klargemacht, dass mein grammatikalisches Problem, genau das zentrale Problem des Stückes trifft.
Der Krieg "infiziert" alles, auch die Sprache. Wer wessen Feind ist zweitrangig, Herr Kleist verwirrt die Possesivbeziehungen absichtsvoll, weil Tötungswut sich alles und jedes aneignet, um es zu vernichten.
"Die Sprache ein Schlachtfeld und daraus folgt die Auflösung des Possesiven."


In Abwandlung eines Gedichtes von Gertrude Stein: Der Feind ist ein Feind ist ein Feind ist der Feind.
Wenn Hass und Liebe ununterscheidbar werden, muß auch die Grammatik dem erliegen. Was brüllen, bläken, schreien, hecheln, kreischen wir, wenn wir gänzlich außer uns sind? 


Sprache, unsere so sehr verletzliche Ortung in der Zivilisation.


http://videos.huffingtonpost.de/politik/in-heidenau-du-fotze-nazi-goere-poebelt-gegen-merkel_id_4909778.html 

Allein die Tonhöhe ist unfaßbar!

 
Dich, Mars, dich ruf ich jetzt, dich Schrecklichen,
Dich, meines Hauses hohen Gründer, an!
Oh! – – deinen erznen Wagen mir herab:
Wo du der Städte Mauern auch und Thore
Zermalmst, Vertilgergott, gekeilt in Straßen,
Der Menschen Reihen jetzt auch niedertrittst;
Oh! – – deinen erznen Wagen mir herab:
Daß ich den Fuß in seine Muschel setze,
Die Zügel greife, durch die Felder rolle,
Und wie ein Donnerkeil aus Wetterwolken,
Auf dieses Griechen Scheitel niederfalle!
Du ganzer Schreckenspomp des Kriegs, dich ruf' ich,
Vernichtender, entsetzlicher, herbei!


 
Henriette Vogel
an Heinrich von Kleist


Berlin, November 1811
Mein Heinrich, mein Süßtönender, mein Hyazinthenbeet, mein Wonnemeer, mein Morgen- und Abendrot, meine Äolsharfe, mein Tau, mein Friedensbogen, mein Schoßkindchen, mein liebstes Herz, meine Freude im Leid, meine Wiedergeburt, meine Freiheit, meine Fessel, mein Sabbath, mein Goldkelch, meine Luft, meine Wärme, mein Gedanke, mein teurer Sünder, mein Gewünschtes hier und jenseit, mein Augentrost, meine süßeste Sorge, meine schönste Tugend, mein Stolz, mein Beschützer, mein Gewissen, mein Wald, meine Herrlichkeit, mein Schwert und Helm, meine Großmut, meine rechte Hand, mein Paradies, meine Träne, meine Himmelsleiter, mein Johannes, mein Tasso, mein Ritter, mein Graf Wetter, mein zarter Page, mein Erzdichter, mein Kristall, mein Lebensquell, meine Rast, meine Trauerweide, mein Herr Schutz und Schirm, mein Hoffen und Harren, meine Träume, mein liebstes Sternbild, mein Schmeichelkätzchen, meine sichre Burg, mein Glück, mein Tod, mein Herzensnarrchen, meine Einsamkeit, mein Schiff, mein schönes Tal, meine Belohnung, mein Werther, meine Lethe, meine Wiege, mein Weihrauch und Myrrhen, meine Stimme, mein Richter, mein Heiliger, mein lieblicher Träumer, meine Sehnsucht, meine Seele, meine Nerven, mein goldner Spiegel, mein Rubin, meine Syringsflöte, meine Dornenkrone, mein tausend Wunderwerke, mein Lehrer und mein Schüler, wie über alles Gedachte und zu Erdenkende lieb ich dich.

Meine Seele sollst du haben.
 

Mittwoch, 21. September 2016

Auch Eleanor Rigby wurde nicht gerettet.

Bis auf "The Long and Winding Road" vielleicht das traurigste der Beatles-Lieder, nur hier wird der Melodie nicht erlaubt, die müde Resignation zu unterstützen, nein, sie klingt munter, abgehackt, uneins mit sich selbst.
Eine Putzfrau auf einer Hochzeit nachdem die Gäste längst gegangen sind, ein nächtens seine Strümpfe stopfender Pfarrer. Die beiden werden einander schließlich treffen, aber zu spät. 
Was hab ich für ein Glück - jemanden schert es, ob es mir gut geht.
  
 
ELEANOR RIGBY


Ah look at all the lonely people
Ah look at all the lonely people

Ach schau dir all die einsamen Leute an
Ach schau dir all die einsamen Leute an

Eleanor Rigby, picks up the rice
In the church where a wedding has been
Lives in a dream
Waits at the window, wearing the face
That she keeps in a jar by the door
Who is it for?

Eleanor Rigby, hebt den Reis auf
In der Kirche wo eine Hochzeit stattgefunden hat
Lebt in einem Traum
Wartet am Fenster, mit dem Gesicht
Dass sie in einem Glas an der Tür aufbewahrt
Für wen?

All the lonely people
Where do they all come from?
All the lonely people
Where do they all belong?
 
All die einsamen Leute
Wo kommen die alle her?
All die einsamen Leute
Wohin gehören die alle?

Father McKenzie, writing the words
Of a sermon that no one will hear
No one comes near
Look at him working, darning his socks
In the night when there's nobody there
What does he care?
 
Vater McKenzie, schreibt die Wörter
Einer Predigt, die niemand hören wird
Keiner kommt 
Schau wie er arbeitet, stopft seine Socken
In der Nacht wenn da niemand da ist
Warum kümmert es ihn?
 
All the lonely people
Where do they all come from?
All the lonely people
Where do they all belong?

All die einsamen Leute
Wo kommen die alle her?
All die einsamen Leute
Wohin gehören die alle?

Ah look at all the lonely people
Ah look at all the lonely people

Ach schau dir all die einsamen Leute an
Ach schau dir all die einsamen Leute an

Eleanor Rigby, died in the church
And was buried along with her name
Nobody came
Father McKenzie, wiping the dirt
From his hands as he walks from the grave
No one was saved.
 
Eleanor Rigby, starb in der Kirche
Und wurde mitsamt ihres Namens begraben
Niemand kam
Vater McKenzie, wischt den Dreck
Von seinen Händen während er vom Grab weggeht
Niemand wurde gerettet.
 
All the lonely people
Where do they all come from?
All the lonely people
Where do they all belong?
 
All die einsamen Leute
Wo kommen die alle her?
All die einsamen Leute
Wo gehören die alle hin?

Lennon/McCartney 1966 LP "Revolver"
Wobei McCartney wohl die Hauptarbeit geleistet hat.

"Den Namen Rigby habe ich von einem Laden in Bristol. Ich lief eines Tages in Bristol herum und sah einen Laden namens Rigby. Ich glaube, Eleanor geht auf die Schauspielerin Eleanor Bron zurück, mit der wir im Spielfilm Help! zusammen gearbeitet hatten. Ich suchte einen Namen, der natürlich klang. Eleanor Rigby klang natürlich."
Paul McCartney, Playboy, 1984






 
Oder anders gesagt,
von Rainer Maria Rilke aus dem Buch der Bilder:

Die Einsamkeit ist wie ein Regen.
Sie steigt vom Meer den Abenden entgegen;
von Ebenen, die fern sind und entlegen,
geht sie zum Himmel, der sie immer hat.
Und erst vom Himmel fällt sie auf die Stadt.

Regnet hernieder in den Zwitterstunden,
wenn sich nach Morgen wenden alle Gassen
und wenn die Leiber, welche nichts gefunden,
enttäuscht und traurig von einander lassen;
und wenn die Menschen, die einander hassen,
in einem Bett zusammen schlafen müssen:
dann geht die Einsamkeit mit den Flüssen ...

Dienstag, 20. September 2016

Penthesilea 5 - Verse

Penthesileaeine Tragödie in Blankversen, d.h. ungereimten fünffüßigen Jamben. Der Urfaust des postpubertären Goethe ist teilweise in Blankvers geschrieben und doch so ganz anders. Kleist ufert aus. Sätze strecken sich über halbe Seiten, Satzstellungen sind scheinbar irrwitzig versetzt, Satzzeichen dienen als Hilfszeichen, Silbengewichte verschieben den Sinn. Gradliniges Sprechen ist so rar, dass es geradezu irritiert. Unter enormem Druck stehende Menschen versuchen verzweifelt ihrer sich widersprechenden Gedanken/Gefühle Herr zu werden und ihre Sprache spiegelt ihre innere Verwirrung. Ihre Bemühung um Klarheit, Entschiedenheit zerbirst an der Unfassbarkeit ihrer Gefühle. Ambivalenz als Sicherheitsrisiko. Die politische Realität erlaubt keinen Zweifel. Die Sprache stolpert, stürzt im Kampf um die reine poetische Schönheit in die Katastrophe. Jeder Gedankenstrich, ein Versuch der Rettung.


Penthesilea.
Wie ist mir?



Prothoe.

                        Wohl denk' ich – nicht?

Penthesilea.

                                                                        Zum Entzücken!

O sagt mir! – Bin ich in Elisium?


Prothoe.
Nicht, meine beste Königinn, nicht, nicht.
Es ist die Welt noch, die gebrechliche,
Auf die nur fern die Götter niederschaun.

Vers m. ‘rhythmisch gegliederte, oft mit Reim versehene Zeile einer Dichtung, Bibelstelle’, ahd. fers (9. Jh.), mhd. vers, entlehnt aus lat. versus ‘Linie, Strich, Reihe, Zeile, Verszeile’, mlat. ‘(gesungener) Abschnitt eines Psalms’, eigentl. ‘das Umwenden der Erde durch den Pflug und die dadurch entstandene Furche’, zu lat. vertere (versum) ‘kehren, wenden, drehen’. Im allgemeinen Sprachgebrauch steht Vers vielfach im Sinne von Strophe.
Digitales Wörterbuch der Deutschen Sprache 

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Ein Jambischer Gesang reimet sich besser zu frölichen als zu trawrigen Sachen.
Enoch Hanmann 1645

Der Jambus ist zu ernst-haften liedern und gedichten mehr 
als zu schertz- und lustspielen brauchbar,  
des mänlichen Ganges wegen.
Philipp von Zesen 1641

Der Jambus ist das einzige, wahre, echte, natürliche, heroische Metrum unserer Sprache.
Bürger: An einen Freund über seine teutsche Ilias. In: Der Teutsche Merkur 1776

Der Jambus (griechisch ἴαμβος, ïambos; lateinisch iambus; Plural Jamben) ist in der quantitierenden (silbenmessenden) antiken Verslehre ein aus zwei Verselementen bestehender Versfuß, bei dem einem Breve (kurz/leicht) ein Longum (lang/schwer) folgt, notiert als ◡—. Sein metrisches Gegenstück ist der Trochäus (—◡).

Wikipedia - Über den Jambus 

Heine über Verse 

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Der fünffüssige Jambus - idealerweise zehn Silben - leicht und schwer, kurz und lang - dann der Zeilensprung am Satzende, nach einem Komma, Doppelpunkt oder Semikolon. Oder als Enjambement stutzend den vorherigen Satzteil konternd, umlenkend oder verstärkend. Eine wundervolle Welt von Möglichkeiten. Bei guten Versen erübrigt sich das Betonen von Einzelworten, weil sich Sinn durch Rhytmus, Hebung / Senkung, Zeilensprung und Satzzeichen wie von allein ergibt.

Man sollte wirklich alles, was sich über das Gemeine erheben muss, in Versen wenigstens anfänglich konzipieren, denn das Platte kommt nirgends so ins Licht, als wenn es in gebundener Schreibart ausgesprochen wird.
Friedrich Schiller: Brief an Goethe vom 24. November 1797

Enjambement von französisch enjamber ‚überschreiten‘, ‚überspringen‘, ein Zeilensprung oder Verssprung tritt in einer Folge von Versen dann auf, wenn eine Satz- oder Sinneinheit über das Ende eines Verses hinaus auf den folgenden Vers übergreift.


Wikipedia.- Über das Enjambement 

Kleist (hat) in seiner Penthesilea das Thema der Gewalt noch einmal gesteigert: sowohl materiell, weil hier ein Kannibalismus aus Liebe den Endpunkt bildet, als auch formal, weil er sich in das Korsett des Blankverses begibt, des ungereimten fünfhebigen Jambus. Aber sehen wir, was er aus diesem Formzwang macht: Er nutzt ihn als Mittel der Kompression, so, wie ein Motor das Treibstoffgemisch verdichtet, um es zur Explosion zu bringen. 
Ulrich Greiner in Der Zeit
 
http://www.zeit.de/2011/02/Kleist-Greiner/seite-2

Was mir die Göttliche begehrt, das weiß ich:
Brautwerber schickt sie mir, gefederte,
Genug in Lüften zu, die ihre Wünsche
Mit Todgeflüster in das Ohr mir raunen.
Im Leben keiner Schönen war ich spröd;
Seid mir der Bart gekeimt, ihr lieben Freunde,
Ihr wißt's, zu Willen jeder war ich gern:
Und wenn ich dieser mich gesperrt bis heute,
Beim Zevs, des Donners Gott, geschah's, weil ich
Das Plätzchen unter Büschen noch nicht fand,
Sie ungestört, ganz wie ihr Herz es wünscht,
Auf Küßen heiß von Erz im Arm zu nehmen.
Kurz, geht: ins Griechenlager folg' ich euch;
Die Schäferstunde bleibt nicht lang mehr aus:
Doch müßt ich auch durch ganze Monden noch,
Und Jahre, um sie frein: den Wagen dort
Nicht ehr zu meinen Freunden will ich lenken,
Ich schwör's, und Pergamos nicht wiedersehn,
Als bis ich sie zu meiner Braut gemacht,
Und sie, die Stirn bekränzt mit Todeswunden,
Kann durch die Straßen häuptlings mit mir schleifen.


Meine gestrige Frage genauer wiederholt:

Was für ein Haß den Priamiden längst
Entbrannt sei in der Griechen Brust...


Die Zeilen meinen, dass den Griechen ein Hass gegen die Priamiden in der Brust entbrannt ist. Ein Hass auf/gegen, aber ohne die richtende Präposition. Anstattdessen ein für unser heutiges Ohr verwirrender Dativ.
 

Gibt es dafür eine grammatikalische Erklärung?

Sonntag, 18. September 2016

Chemitz - Der Nischel von Karl Marx

"Proletarier aller Länder entschuldigt mich!"

Wie ein getauftes jüdisches Kind aus Trier als monströse Bronzeplastik in einer mitteldeutschen Stadt endet.

Stadt mit Köpfchen
Bis 2007 Wahlspruch der Stadt Chemnitz, von 1953 bis 1990 unter dem Namen Karl-Marx-Stadt verzeichnet


 Die zweitgrößte Portraitbüste der Welt, geschaffen von
Lew Kerbel, hergestellt in Leningrad, zusammengestzt in der DDR.

"Kein Mensch bekämpft die Freiheit; er bekämpft höchstens die Freiheit der anderen." 
Debatten über Pressefreiheit und Publikation der Landständischen Verhandlungen.

 Gewicht 40 Tonnen

"Der Koran und die auf ihm fußende muselmanische Gesetzgebung reduzieren Geographie und Ethnographie der verschiedenen Völker auf die einfache und bequeme Zweiteilung in Gläubige und Ungläubige. Der Ungläubige ist 'harby', d.h. der Feind. Der Islam ächtet die Nation der Ungläubigen und schafft einen Zustand permanenter Feindschaft zwischen Muselmanen und Ungläubigen." 
Die Kriegserklärung - Zur Geschichte der orientalischen Frage, Marx-Engels-Werke.

Höhe 7,10 Meter (mit Sockel über 13 Meter)

Wiki sagt: Nischel ist der lokale Spitzname für das Denkmal und leitet sich aus der mitteldeutschen Bezeichnung für Kopf bzw. Schädel ab. Das Areal mit dem Monument wurde darum im Volksmund auch „Schädelstätte“ genannt.

5. Mai 1818: Karl Marx wird als drittes von neun Kindern des Rechtsanwalts Heinrich Marx aka Hirsch Mordechai und dessen Frau Henriette geb. Pressburg in Trier geboren. Sowohl väterlicher wie auch mütterlicherseits stammt die Familie Marx von Rabbinerfamilien ab. Kurz vor Karls Geburt ist sein Vater zum Protestantismus übergetreten, um seinen Beruf als Rechtsanwalt weiter ausüben zu können. 
 
Wiki schreibt: Studenten der Universität für künstlerische und industrielle Gestaltung Linz (Österreich) und des Fachbereiches Angewandte Kunst Schneeberg der Westsächsischen Hochschule Zwickau planten am Originalstandort in Zusammenarbeit mit der Neuen Sächsischen Galerie Chemnitz eine temporäre Einhausung des Monuments und Begehbarmachung des Kopfes von innen. Das Kunstprojekt unter dem Titel „Temporary Museum of Modern Marx" wurde am 17. Juni 2008 – eine Anspielung auf die Ereignisse vom 17. Juni 1953 – gestartet und war bis zum 31. August 2008 – eine Anspielung auf den 31. August 1990 als Datum der Unterzeichnung des deutsch-deutschen Einigungsvertrags – zugänglich.

Bertolt Brecht Das Manifest der Kommunistischen Partei
Versfassung 

...
Riesige Krisen, in zyklischer Wiederkehr, gleichend enormen / Unsichtbar tappenden Händen, ergreifen den Handel und drosseln / Schüttelnd in schweigender Wut Produktionsstätten, Märkte und Heime. / [...] Wenn das Erzeugnis jedoch nur gebraucht und nicht auch gekauft wird / Weil das Verdienst des Erzeugers zu klein ist – und macht man ihn größer / Lohnt es sich nicht mehr, das Zeug zu erzeugen – wozu dann noch Hände / Mieten? [...] nur: wo dann hin mit der Ware? Und also / [...] Alles ins Feuer geopfert, den Gott des Profits zu erweichen! / [...] Aber ihr Gott des Profits ist mit Blindheit geschlagen. Die Opfer / Kann er nicht sehn. Er ist unwissend. Ratend den Gläubigen, murmelt / Unverständliches er. Die Gesetze der Wirtschaft enthüllen sich / Wie der Schwerkraft Gesetze, wenn über den Köpfen das Haus uns / Krachend zusammenfällt.
...

(GA 5, Das Manifest, 126-28)

Penthesilea 4 - English is a very nice language, but...

Ich liebe die deutsche Sprache. Liebe, liebe, liebe sie.
Sie ist manchmal ungelenk, umständlich, sie eignet sich nicht wirklich gut zum Reimen und nur in Meisterhand für loses Witzeln und das, was die Engländer "puns" nenen.
ABER sie kann vibrieren, flattern, fließen, stolpern und marschieren, ermöglicht plötzliche unerwartete Wendungen durch großen Abstand zwischen Hilfsverb und Verb. Beginnt mit "Wir haben...", es folgen alle nur möglichen Schrecklichkeiten, und endet mit dem harmlosen Verb "durchwandert". Die Spannung, das Suspense, das "in Unsicherheit schweben" hängt dann an dieser Konstruktion des zerrissenen Verbes. 
Sie kann mit nationalistischen Ehrgeiz daherstampfen und gänzlich irden, irdisch klingen. Jiddische, französische, lateinische Wörter sind bei ihr eingezogen und manchmal nicht mehr als Migranten erkennbar.
Sie ist im Besitz von merkwürdigen Wörtern, Wörtern, die ihre Partner verloren haben (unwirsch), Wörtern, die sich verbandelt haben (Wahnsinn), Wörter, die so klingen, wie das, was sie meinen (Matsch).
Sie erlaubt Pathos und Kühle, Doppeldeutigkeit und Rotzfrechheit.

Spricht man sich SCHAF - KUH - ZIEGE vor, erschaffen Laut und Lippenstellung die Tiere. Oder RISS. 

Und sie kann auch sowas: Donaudampfschiffahrtskapitänspatent.

Mark Twain über "Die schreckliche deutsche Sprache"

http://www.viaggio-in-germania.de/twain-schreckliche-dt-sprache.pdf


Und eine Frage!!!!

Bei Kleist stoßen ich öfter auf Satzkonstruktionen folgender Art:

Erbittert hat es, Göttern mich und Menschen
In unbegriff'ner Leidenschaft empört.


oder

Ich jetzt, wie wir Argiver hoch erfreut,
Auf eine Feindinn des Dardanervolks zu stoßen;
Was für ein Haß den Priamiden längst
Entbrannt sei in der Griechen Brust,
wie nützlich,
So ihr, wie uns, ein Bündniß würde sein;
Und was der Augenblick noch sonst mir beut:

oder

Sich muß, wem sie die Freundin sei, erklären;

oder

Was geht dem Volke der Pelide an?

Ist das ein possessiver Dativ, oder was ist es? Das heißt, eine Wortgruppe oder Wort im Dativ, die/das den Besitz/die Zugehörigkeit anzeigt. Wir würden heute doch ´gegen´mit folgendem Akkusativ verwenden, oder in anderen Fällen den Genitiv?