Das Westpaket, ein DDR-typisches-Erlebnis, tief in meinem Hirn verankert. assoziiert mit dem den Geruch von Lux-Seife, Sarotti-Schokolade, Fa-Duschgel, Jacobs Krönung und 4711 und, man mag es nicht fassen, Grieß. Meine Westtante dachte, Grieß gäbe es in der DDR nicht. Mein Vater, der nie einkaufen gehen mußte, meine Mutter erledigte das für ihn, dachte dasselbe.
http://www.spiegel.de/einestages/genex-kataloge-der-sonderbare-versandhandel-der-maroden-ddr-a-1125647.html
Der GENEX-Geschenk-Katalog, Fortunas Füllhorn, wenn man wohlhabende Westverwandtschaft hatte. Ein Auto jetzt und sofort, nach Hause geliefert. Der reine Wahnsinn! Viele Jahre Wartezeit schrumpften zu wenigen Tagen durch die unverständliche Macht des anders bedruckten Papieres.
http://www.kraftfuttermischwerk.de/genex/genexkatalog1977.pdf
Der Intershop, gleich links neben meiner Haustür, da wo früher ein Konsum gewesen war, bezahlt wurde in Westgeld, in Valuta. Von 1974 bis 1979 ein heißbegehrtes Geschenk von Westverwandten. Danach ging es nur noch mit Forum-Schecks, der Umtauschkurs war 1,00 DM für 4,00 Mark der DDR, oft musste man aber noch deutlich mehr Mark der DDR für DM zahlen, bis zu einem Kurs von 1:25.
Der Tintenkiller, heißersehntes Objekt der Begierde in meinen Schülerjahren. Man schreibt, wenn man priveligiert ist, mit einem Pelikanfüller und kann Fehler korrigieren, ohne noch einmal von vorn beginnen zu müssen. Bis dahin waren bunte Filzstifte das Ziel allen kindlichen Begehrens.
Wiki sagt: Ein Tintenlöscher oder Tintenlöschstift, ugs. auch Tintenkiller, kurz Killer, oder älter, Tintentod genannt, ist ein Stift zur Vornahme von Korrekturen an mit meist nur blauer Tinte geschriebenen Texten. Regelmäßig besteht ein Tintenlöschstift aus zwei Teilen: Mit dem einen Ende kann die Tinte „unsichtbar“ gemacht, mit dem Filzstift am anderen Ende dann die Korrektur vorgenommen werden.
Mittwoch, 15. März 2017
Dienstag, 14. März 2017
Der Trabant - Ein Auto aus Duroplast und Blech
Der Trabant 602, klein, häßlich, lahm - Kult nichtsdestotrotz
Trabant heißt die ab 1958 in der DDR im VEB Automobilwerk Zwickau, später VEB Sachsenring Automobilwerke Zwickau, in Serie gebaute Pkw-Baureihe. Zur Zeit seiner Einführung galt er als moderner Kleinwagen und ermöglichte die Massenmotorisierung der DDR. Während seiner langen Bauzeit wurde er nur im Detail weiterentwickelt, sodass er in späteren Jahren letztlich die Erstarrung der DDR-Wirtschaft widerspiegelte. Relativ große Stückzahlen erreichte von 1964 bis 1991 insbesondere der Trabant P 601, der 1989/1990 zu einem Symbol der Wiedervereinigung Deutschlands wurde. Ähnlich wie der VW Käfer entwickelte sich der Trabant zu einem Kultfahrzeug mit umfangreichem Freundeskreis. Bis in die 1980er-Jahre war der Trabant auch im internationalen Motorsport erfolgreich.
Wieviele Arbeiter braucht man, um einen Trabi zu bauen?
Zwei: Einer faltet, einer klebt.
Der Trabbi, der verniedlichende Kosename eines sowieso schon äußerst kleinen Automobils aus Plaste. Der Trabbi, Sinnbild von allem, wofür ich die DDR gehaßt habe. Farblos, klein, eng, schwer zu haben, dysfunktional. Ist der Tank leer, gibt es einen versteckten Schalter, der das restliche Benzin freigibt, wenn man denn weiß wo der Schalter ist. Die Türen schließen oft nicht, ein Gummiband über die Sitze zwischen den Türen gespannt, ersetzt dann das Schloß. Mit den Knien direkt neben meinen Ohren mit 100 km/h über die Autobahn, mit Höchstgeschwindigkeit, laut und angestrengt. Das war immer noch ziemlich schnell auf den halbleeren Fernstrassen meiner ddrischen Jugend.
1978, ich besuche die zwölfte Klasse, all meine Freunde leisten ihren "Ehrendienst" bei der NVA ab, was, weil ich viele Kasernen besuchen mußte, zu 50 Fehltagen in meiner Schulakte führte, besuchen ist also wirklich das richtige Wort. Meist war ich Passagier der Deutschen Reichsbahn, aber manchmal fuhr mich ein Freund, Besitzer einer betagten Pappe, von Leipzig nach Weißwasser, nach Torgelow, Eggesin und Pragsdorf. Von Kaserne zu Kaserne. Surreal. Meine meschuggenen, lustigen Freunde verkleidet in häßlicher graugrüner Armtracht, unglücklich und hilflos.
Letztes Jahr in Schwedt fuhr eine Trabant-Stretch-Limousine an mir vorbei. Ich mag das Auto immer noch nicht.
http://www.zeitklicks.de/ddr/zeitklicks/zeit/137/literatur/der-trabant/
Weil Blech teuer und schwer zu beschaffen war, beschloss man, dass die Außenhaut der Karosserie aus Kunststoff bestehen solle. Er wurde über ein Gerüst aus Stahl gezogen. Der Kunststoff namens Duroplast war stabil, wetterfest und leicht verfügbar. Allerdings gab es auch Nachteile. So dauerte die Herstellung wesentlich länger und die Karosserie war an den Blechkanten anfällig für Rost.
Ausgestattet war der Trabant mit einem Zweitaktmotor. Das war 1958 noch zeitgemäß, doch dann verschlief man in der DDR weitere Entwicklungen. Schon in den 1960er Jahren galt er als veraltet. Ungewöhnlich am Trabbi war auch, dass die Lüftung allein über den Fahrtwind erfolgte.
Es gab einen Benzinhahn im Fußraum. Manche Trabant-Modelle besaßen keine Tank- bzw. Reserveanzeige. Machte der Motor Aussetzer, wusste der Fahrer: Es ist Zeit, den Benzinhahn auf "Reserve" zu drehen. Dann wurden noch einmal etwa 5 Liter Benzin verfügbar. Die Lage des Benzinhahns machte die Umstellung während der Fahrt jedoch stets zu einem gefährlichen Unterfangen!
Anfang der 1970er Jahre betrug die durchschnittliche Wartezeit 17 Jahre! Kaufte man einen Neuwagen, musste man diesen bar bezahlen. Ein Kauf auf Raten war nicht vorgesehen. So musste man also auch noch lange sparen, um sich überhaupt ein Auto kaufen zu können.
Nochmals die Volksbühne
Mein Geburtsjahr ist 1958.
Als Theaterkind der 60er & 70er Jahre verbrachte ich viel Zeit im Theater, im Off. Die meiste davon im Berliner Ensemble, da dies der Beschäftigungsort meiner Eltern war. Ich saß in der Garderobe herum, eine nette Ankleiderin kümmerte sich ein bisschen, und ich wartete auf das Vorstellungsende. Und wenn "Die Tage der Commune" lief, gab es Baguette für uns alle hinter der Bühne.
Meine ersten außerhäusigen Theatererlebnisse wurden vom Theater der Freundschaft bereitgestellt und die schönsten davon hat Horst Hawemann inszeniert. Und, natürlich, "Der Drache" am Deutschen Theater, solche nie zuvor gesehene Opulenz (Horst Sagert) und Rolf Ludwigs irrwitziger Drachentreppengang und Eberhard Esches coolster Ritter.
Ich wurde älter und wechselte zuschauend zur Volksbühne. Die Spektakel versuchten wir, durch Einsteigen via Klofenster kostenlos mehrmals zu genießen. Besson, Karge, Langhoff, Marquardt, Gosch - Henry Hübchen ganz jung und ganz schön und ganz toll, Berko Acker, Heide Kipp, Kurt Goldstein, Herrmann Bayer - es war alles unfaßbar neu und wagemutig in den miesen kleinen Grenzen unserer DDR. In den "Räubern" trommelte ein Trupp junger Männer ihren Zorn in die Welt. In "Leonce und Lena", trugen die alten Männer, die regierten, Einkaufsnetze, aber mit Apfelsinen drin, Bückware - heute unvorstellbar, wie solch eine Szene, wie ein aufrührerischer Pfeil in mein Herz schoß. In Marquardts "Bau" hinterließ der republikflüchtige Bauarbeiter ein menschenförmiges Loch in der Hinterwand des Bühnenbildes. Und wenn es auch wie ein Klischee klingen wird, dass hat sich in mein Hirn eingebrannt. Meine Freundin hat ihre Deutsch-Abiturprüfung über Bessons "Hamlet" mit Manfred Karge in der Titelrolle gemacht.
Dann nahm mich Gabriele Gysi mit nach Senftenberg, wo ihr Freund Frank Castorf, den ich bis dato nur als charmant miesepetrigen Hypochonder auf einem Stuhl neben ihrer Wohnzimmerheizung sitzend kannte, seine erste Premiere hatte.
ES GIBT KEINE BILDER. WIE AUSSERGEWÖHNLICH. Theater aus der Zeit vor der allgemeinen Digitalisierung, keine Kränze für niemanden.
1981 bis 1985 brachte mich meine durch diesen Premierenbesuch ausgelöste Begeisterung dazu, in regelmäßigen Abständen nach Anklam zu pilgern, per Zug und per Trabbi, egal, weil dieser Castorf dort Oberspielleiter war. Addieren wir noch Alex Lang und Thomas Langhoff dazu, sind alle Infektionsherde meiner bis heute andauernden Theaterliebe versammelt.
http://www.berliner-zeitung.de/wie-die-stasi-frank-castorfs-inszenierungen-rezensierte-und-fruehe-theaterarbeit-dokumentierte-othello-und-die-selbstschussanlage-16926392
Der Mauerfall kam und die Volksbühne blieb akut. Zuerst in einer schlecht verkauften Vorstellung 1989, wo niemand ins Theater ging, und Ezard Haußmann jeden Zuschauer mit Handschlag begrüßte. Von 2004 an durch Frank, mit den "Räubern" und dem "Trunkenen Schiff" und vielem mehr. Manchmal ging ich oft, manchmal ein paar Jahre nicht, immer wissend, er war da.
Das Haus ist wirklich nicht schön, und ziemlich versifft, es stinkt nach Geschichte. Selbst die Kantine ist noch genauso undesignt wie sie es in meiner Jugend war, ganz im Gegenteil zur BE-Kantine, die heute den Charme einer Flughafenlounge ausstrahlt. Aber immer noch spielen sich Leute auf der Bühne den Schweiß aus den Poren und die Seele aus dem Bauch und sie tun dies mit Intelligenz und Zorn und konkreten Absichten. Oder, wie Rüdiger Schaper sagt: "...mit Inbrunst, mit Können, mit Liebe und Leidensfähigkeit."
Für Sophie Rois würde ich pilgern gehen. Und Wolfram Koch, Hendrik Arnst, immer wieder Henry Hübchen, Hildegard Alex, Olivia Grigolli, Fabian Hinrichs, Annika Meier, Milan Peschel, Valery Tscheplanowa, Martin Wuttke lassen mich auch Überlängen gelassen ertragen.
Ich kenne Herrn Dercon nicht, habe bisher nichts über oder von ihm gelesen, dass mich zwingend dazu verführt hat, ihn kennenlernen zu wollen, aber das ist nicht so wichtig. Schlechte Interviews in feindlicher Landschaft beweisen gar nichts. Aber, ABER er beendet, beabsichtigt oder nicht, meine schräge Liebesbeziehung mit diesem häßlichen herrlichen Haus.
Das Ende einer Liebe
Besser kann man die Geschichte der Volksbühne nicht zusammenfassen:
Die Volksbühne wurde 1913-14 nach dem Entwurf Oskar Kaufmanns in der Mitte Berlins erbaut. DIE KUNST DEM VOLKE war dem Gebäude auf die Stirn geschmiedet. „Volksbühne“ hieß, dass Menschen sich im Verein organisieren und mit ihren Mitgliedsbeiträgen Theaterproduktionen ermöglichen, deren Eintrittskarten ermäßigt an die Mitglieder verkauft werden können. Mit dieser Idee gelang es ab 1890 in Berlin auch der sozialdemokratisch organisierten Arbeiterschaft, die sich Teilhabe an Kultur bislang nicht leisten konnte, Theaterbesuche, einen politisch orientierten Spielplan sowie einen eigenen Theaterbau zu finanzieren. Während der Intendanz Max Reinhardts von 1915-18 spielten Schauspieler wie Paul Wegener, Emil Jannings, Ernst Lubitsch, Eduard von Winterstein, Werner Krauss am damaligen Bülowplatz. 1924 bis 1927 war Erwin Piscator Oberspielleiter an der Volksbühne. Piscator entwickelte mit seinen aufsehenerregenden und umstrittenen Inszenierungen nicht nur den Begriff des „Proletarischen Theaters“, er prägte auch die Formel vom „Epischen Theater“. Piscators Arbeit fand ihren Niederschlag in Brechts Theater-Theorie und seinen Stücken. Hier an der Volksbühne wurden die Grenzen der Kunst erweitert, hier wurden die Genrebegriffe von Theater neu definiert. Und auch das erste multimediale Theater wurde an der Volksbühne entwickelt, Piscators Idee vom „Totaltheater“ wurde hier geboren und steht bis heute als Konzept über dem Ganzen.
Während des Naziregimes war die Volksbühne als „Theater am Horst-Wessel-Platz“ gleichgeschaltet wie die übrigen Bühnen des Landes. Traurigen Ruhm erlangte das Schicksal des Volksbühnenschauspielers und UFA-Stars Joachim Gottschalk. Gottschalk, von Goebbels‘ Propagandaministerium schikaniert und kaltgestellt, beging mit seiner jüdischen Frau und seinem Sohn Selbstmord im Jahr 1941. Kurt Maetzig hat die Tragödie als eine der ersten DEFA-Produktionen 1947 verfilmt.
Zum Ende des Zweiten Weltkriegs fast vollständig zerstört, erfolgte 1950-54 der Wiederaufbau mit stark vereinfachtem äußeren Erscheinungsbild. Als hauptstädtisches Theater in der DDR erwarb die Volksbühne ihr Profil durch einen Spielplan, der forciert Gegenwartsstücke und modernes Regietheater miteinander verflocht. Maßstäbe setzten Stücke von Heiner Müller und Inszenierungen von Benno Besson und Fritz Marquardt. Seit 1992 ist Frank Castorf Intendant der Volksbühne – neben seinen Inszenierungen waren die Arbeiten von Christoph Schlingensief, Johann Kresnik und Christoph Marthaler bestimmend für die 1990er Jahre. Von 2001 bis 2010 prägten auch Arbeiten Dimiter Gotscheffs das Profil des Hauses. Heute sind mit den Arbeiten Castorfs und Marthalers die von Herbert Fritsch und René Pollesch dominierend und international erfolgreich.
Als Theaterkind der 60er & 70er Jahre verbrachte ich viel Zeit im Theater, im Off. Die meiste davon im Berliner Ensemble, da dies der Beschäftigungsort meiner Eltern war. Ich saß in der Garderobe herum, eine nette Ankleiderin kümmerte sich ein bisschen, und ich wartete auf das Vorstellungsende. Und wenn "Die Tage der Commune" lief, gab es Baguette für uns alle hinter der Bühne.
Meine ersten außerhäusigen Theatererlebnisse wurden vom Theater der Freundschaft bereitgestellt und die schönsten davon hat Horst Hawemann inszeniert. Und, natürlich, "Der Drache" am Deutschen Theater, solche nie zuvor gesehene Opulenz (Horst Sagert) und Rolf Ludwigs irrwitziger Drachentreppengang und Eberhard Esches coolster Ritter.
Horst Sagert Entwurf zum "Drachen"
Ich wurde älter und wechselte zuschauend zur Volksbühne. Die Spektakel versuchten wir, durch Einsteigen via Klofenster kostenlos mehrmals zu genießen. Besson, Karge, Langhoff, Marquardt, Gosch - Henry Hübchen ganz jung und ganz schön und ganz toll, Berko Acker, Heide Kipp, Kurt Goldstein, Herrmann Bayer - es war alles unfaßbar neu und wagemutig in den miesen kleinen Grenzen unserer DDR. In den "Räubern" trommelte ein Trupp junger Männer ihren Zorn in die Welt. In "Leonce und Lena", trugen die alten Männer, die regierten, Einkaufsnetze, aber mit Apfelsinen drin, Bückware - heute unvorstellbar, wie solch eine Szene, wie ein aufrührerischer Pfeil in mein Herz schoß. In Marquardts "Bau" hinterließ der republikflüchtige Bauarbeiter ein menschenförmiges Loch in der Hinterwand des Bühnenbildes. Und wenn es auch wie ein Klischee klingen wird, dass hat sich in mein Hirn eingebrannt. Meine Freundin hat ihre Deutsch-Abiturprüfung über Bessons "Hamlet" mit Manfred Karge in der Titelrolle gemacht.
Dann nahm mich Gabriele Gysi mit nach Senftenberg, wo ihr Freund Frank Castorf, den ich bis dato nur als charmant miesepetrigen Hypochonder auf einem Stuhl neben ihrer Wohnzimmerheizung sitzend kannte, seine erste Premiere hatte.
"In der Zeit, als ich anfing, war das Theater
ein Trojanisches Pferd, das man in die Festung des sozialistischen
Realismus einschmuggeln konnte. Dann waren alle überrascht: Mein Gott,
da steht „Othello“ drauf, aber da ist was ganz anderes drin, die völlige
Infragestellung dieser stupiden Gesellschaft. Man riecht das
stinkende, stehende Gewässer und sehnt sich nach dem Amazonas. Also die
Verrätselung war wichtig im Theater. Ein Verbot der Aufführung war dann
ein Ritterschlag."
ES GIBT KEINE BILDER. WIE AUSSERGEWÖHNLICH. Theater aus der Zeit vor der allgemeinen Digitalisierung, keine Kränze für niemanden.
1981 bis 1985 brachte mich meine durch diesen Premierenbesuch ausgelöste Begeisterung dazu, in regelmäßigen Abständen nach Anklam zu pilgern, per Zug und per Trabbi, egal, weil dieser Castorf dort Oberspielleiter war. Addieren wir noch Alex Lang und Thomas Langhoff dazu, sind alle Infektionsherde meiner bis heute andauernden Theaterliebe versammelt.
http://www.berliner-zeitung.de/wie-die-stasi-frank-castorfs-inszenierungen-rezensierte-und-fruehe-theaterarbeit-dokumentierte-othello-und-die-selbstschussanlage-16926392
Der Mauerfall kam und die Volksbühne blieb akut. Zuerst in einer schlecht verkauften Vorstellung 1989, wo niemand ins Theater ging, und Ezard Haußmann jeden Zuschauer mit Handschlag begrüßte. Von 2004 an durch Frank, mit den "Räubern" und dem "Trunkenen Schiff" und vielem mehr. Manchmal ging ich oft, manchmal ein paar Jahre nicht, immer wissend, er war da.
Das Haus ist wirklich nicht schön, und ziemlich versifft, es stinkt nach Geschichte. Selbst die Kantine ist noch genauso undesignt wie sie es in meiner Jugend war, ganz im Gegenteil zur BE-Kantine, die heute den Charme einer Flughafenlounge ausstrahlt. Aber immer noch spielen sich Leute auf der Bühne den Schweiß aus den Poren und die Seele aus dem Bauch und sie tun dies mit Intelligenz und Zorn und konkreten Absichten. Oder, wie Rüdiger Schaper sagt: "...mit Inbrunst, mit Können, mit Liebe und Leidensfähigkeit."
Für Sophie Rois würde ich pilgern gehen. Und Wolfram Koch, Hendrik Arnst, immer wieder Henry Hübchen, Hildegard Alex, Olivia Grigolli, Fabian Hinrichs, Annika Meier, Milan Peschel, Valery Tscheplanowa, Martin Wuttke lassen mich auch Überlängen gelassen ertragen.
Ich kenne Herrn Dercon nicht, habe bisher nichts über oder von ihm gelesen, dass mich zwingend dazu verführt hat, ihn kennenlernen zu wollen, aber das ist nicht so wichtig. Schlechte Interviews in feindlicher Landschaft beweisen gar nichts. Aber, ABER er beendet, beabsichtigt oder nicht, meine schräge Liebesbeziehung mit diesem häßlichen herrlichen Haus.
Das Ende einer Liebe
Besser kann man die Geschichte der Volksbühne nicht zusammenfassen:
Die Volksbühne wurde 1913-14 nach dem Entwurf Oskar Kaufmanns in der Mitte Berlins erbaut. DIE KUNST DEM VOLKE war dem Gebäude auf die Stirn geschmiedet. „Volksbühne“ hieß, dass Menschen sich im Verein organisieren und mit ihren Mitgliedsbeiträgen Theaterproduktionen ermöglichen, deren Eintrittskarten ermäßigt an die Mitglieder verkauft werden können. Mit dieser Idee gelang es ab 1890 in Berlin auch der sozialdemokratisch organisierten Arbeiterschaft, die sich Teilhabe an Kultur bislang nicht leisten konnte, Theaterbesuche, einen politisch orientierten Spielplan sowie einen eigenen Theaterbau zu finanzieren. Während der Intendanz Max Reinhardts von 1915-18 spielten Schauspieler wie Paul Wegener, Emil Jannings, Ernst Lubitsch, Eduard von Winterstein, Werner Krauss am damaligen Bülowplatz. 1924 bis 1927 war Erwin Piscator Oberspielleiter an der Volksbühne. Piscator entwickelte mit seinen aufsehenerregenden und umstrittenen Inszenierungen nicht nur den Begriff des „Proletarischen Theaters“, er prägte auch die Formel vom „Epischen Theater“. Piscators Arbeit fand ihren Niederschlag in Brechts Theater-Theorie und seinen Stücken. Hier an der Volksbühne wurden die Grenzen der Kunst erweitert, hier wurden die Genrebegriffe von Theater neu definiert. Und auch das erste multimediale Theater wurde an der Volksbühne entwickelt, Piscators Idee vom „Totaltheater“ wurde hier geboren und steht bis heute als Konzept über dem Ganzen.
Während des Naziregimes war die Volksbühne als „Theater am Horst-Wessel-Platz“ gleichgeschaltet wie die übrigen Bühnen des Landes. Traurigen Ruhm erlangte das Schicksal des Volksbühnenschauspielers und UFA-Stars Joachim Gottschalk. Gottschalk, von Goebbels‘ Propagandaministerium schikaniert und kaltgestellt, beging mit seiner jüdischen Frau und seinem Sohn Selbstmord im Jahr 1941. Kurt Maetzig hat die Tragödie als eine der ersten DEFA-Produktionen 1947 verfilmt.
Zum Ende des Zweiten Weltkriegs fast vollständig zerstört, erfolgte 1950-54 der Wiederaufbau mit stark vereinfachtem äußeren Erscheinungsbild. Als hauptstädtisches Theater in der DDR erwarb die Volksbühne ihr Profil durch einen Spielplan, der forciert Gegenwartsstücke und modernes Regietheater miteinander verflocht. Maßstäbe setzten Stücke von Heiner Müller und Inszenierungen von Benno Besson und Fritz Marquardt. Seit 1992 ist Frank Castorf Intendant der Volksbühne – neben seinen Inszenierungen waren die Arbeiten von Christoph Schlingensief, Johann Kresnik und Christoph Marthaler bestimmend für die 1990er Jahre. Von 2001 bis 2010 prägten auch Arbeiten Dimiter Gotscheffs das Profil des Hauses. Heute sind mit den Arbeiten Castorfs und Marthalers die von Herbert Fritsch und René Pollesch dominierend und international erfolgreich.
Sonntag, 12. März 2017
Kindheit unter Qualen
Am 12. März im NDR
23:35 Sportclub Story
Kindheit unter Qualen
Missbrauch im DDR-Leistungssport
Dokumentation D 2017
Dann sicher in der NDR-Mediathek
Ich hab ihn schon gesehen - schrecklich und traurig und wütendmachend.
http://www.ndr.de/sport/mehr_sport/DDR-Leistungssport-Kindheit-unter-Qualen,doping436.html
23:35 Sportclub Story
Kindheit unter Qualen
Missbrauch im DDR-Leistungssport
Dokumentation D 2017
Dann sicher in der NDR-Mediathek
Ich hab ihn schon gesehen - schrecklich und traurig und wütendmachend.
http://www.ndr.de/sport/mehr_sport/DDR-Leistungssport-Kindheit-unter-Qualen,doping436.html
Freitag, 10. März 2017
Charme, eine nicht zu unterschätzende Gabe. Der Scharm.
Charme, Scharm
Substantiv [der] ʃarm/
gewinnendes Wesen eines Menschen, Liebenswürdigkeit.
Sie ist bezaubernd. Er verzaubert mich.
Charmant! Ein leichtgewichtiges Kompliment, oft nicht mehr als nett meinend, unterhaltsam, heiter, angenehm. Ein Charmeur ist ein nur Tunichtgut, nicht verlässlich, hohl, höchstwahrscheinlich ein Narzisst.
Mit dem Charme steht es anders. Er ist äußerst schwer zu definieren. Was macht ihn aus? Das, was bei dem einen beleidigend klingt, wird, wenn es ein mit dieser dubiosen Eigenschaft Gesegneter äußert, unverletztend und amüsant. Wenn einer/eine mit Charme eine Anekdote erzählt höre ich zu, bin sogar gegen meinen eigenen Willen amüsiert. Charme wirkt auf mich wie ein zauberischer Magnet.
Charme ersetzt auf Dauer keine Leistung.
Sprichwort
Für Spieler auf der Bühne, im Film ist Charme ein lebenswichtiges Gut. Alle, wirklich alle Hochtalentierten, die ich kenne, haben mehr als gerecht ist davon. Er ist ein Geschenk, aber eines, mit dem sie, liebevoll und kostbar umzugehen, lernen müssen. Die, die billigeren Erfolg ersehnen, verlassen sich auf ihre Gabe und werden vielleicht berühmt, aber nicht großartig. Die anderen, die ihrem Charme mißtrauen, nicht glauben wollen, dass sie ihn haben, stolpern unsicher und hart arbeitend in ihre enorme Wirkung.
Talent, Demut und Zauber. Können, Unsicherheit und Charme.
Charme und Perfektion vertragen sich schlecht miteiander. Charme setzt kleine Fehler voraus, die man verdecken möchte.
Catherine Deneuve
Uncharmante Spieler versuchen oft unbewußt, ihr Manko dadurch auszugleichen, dass sie ihre Figuren widerspruchsloser machen, ihnen nicht auf den vielleicht bösen Grund gehen, sondern lieber die Hülle verschönern. Sie haben Angst unsympathisch zu wirken, nicht zu gefallen. Mit Recht. Gerad heute Abend mußte ich jemandem zusehen, der versuchte, cool zu wirken, ohne im Besitz von Charme & Talent zu sein, mit dem Ergebnis, dass er wie ein plumper Tölpel durch den Abend stapfte. Ich mochte ihn nicht, mochte die Figur nicht. Das Stück geriet ins Ungleichgewicht. Nicht die Not der Figur, sondern ihr schlechtes Benehmen bestimmte den Abend.
Die ernsthaften Glückskinder scheren sich einen Scheiß um Gefälligkeit, treiben Figuren bis an die Grenze des Erträglichen, und ich bin doch gezwungen ihnen zu folgen, ihr Charme ist unwiderstehlich.
In dem Film "Die Nadel" mit Donald Sutherland (Eye of the needle) strotzt Donald in vielen Szenen mit verschiedenen Frauen vor Charme und killt sie in der nächsten Szene auf brutalste Art. Er lockt mich an und haut mir dann brutalst einen in den Magen. Mein Widerstand wird wichtig.
http://www.zeit.de/angebote/partnersuche/magazin/magazin_charme_der_anderen
Charme (Subst. von französisch charmer ‚faszinieren‘, ‚entzücken‘, ‚bezaubern‘; ursprüngl. lateinisch carmen ‚Lied‘, ‚Gedicht‘ oder ‚Gesang‘, auch lateinisch carminare ‚verzaubern‘) wird im deutschen Sprachgebrauch regelmäßig in der Kennzeichnung einer Eigenschaft eines Individuums im Sinne eines bezaubernden, gewinnenden Wesens gebraucht. Seltener, aber auch gebräuchlich ist, den Reiz einer Sache oder Handlung damit zu bezeichnen (etwas „hat Charme“).
Charme im Sinne des Persönlichkeitsmerkmals ist ein sehr weicher und deshalb schwer zu definierender Begriff und bezeichnet in seiner Hauptverwendung eine bestimmte Art der Ausstrahlung eines Menschen. Die meisten deutschen Übersetzungen, wie zum Beispiel Liebreiz, Anmut oder auch Zauber, richten sich ebenfalls auf diese persönliche Eigenschaft, wobei häufig die direkte Verwendung von Charme präziser ist als eine der möglichen Übersetzungen.
Substantiv [der] ʃarm/
gewinnendes Wesen eines Menschen, Liebenswürdigkeit.
Sie ist bezaubernd. Er verzaubert mich.
Charmant! Ein leichtgewichtiges Kompliment, oft nicht mehr als nett meinend, unterhaltsam, heiter, angenehm. Ein Charmeur ist ein nur Tunichtgut, nicht verlässlich, hohl, höchstwahrscheinlich ein Narzisst.
Mit dem Charme steht es anders. Er ist äußerst schwer zu definieren. Was macht ihn aus? Das, was bei dem einen beleidigend klingt, wird, wenn es ein mit dieser dubiosen Eigenschaft Gesegneter äußert, unverletztend und amüsant. Wenn einer/eine mit Charme eine Anekdote erzählt höre ich zu, bin sogar gegen meinen eigenen Willen amüsiert. Charme wirkt auf mich wie ein zauberischer Magnet.
Charme ersetzt auf Dauer keine Leistung.
Sprichwort
Für Spieler auf der Bühne, im Film ist Charme ein lebenswichtiges Gut. Alle, wirklich alle Hochtalentierten, die ich kenne, haben mehr als gerecht ist davon. Er ist ein Geschenk, aber eines, mit dem sie, liebevoll und kostbar umzugehen, lernen müssen. Die, die billigeren Erfolg ersehnen, verlassen sich auf ihre Gabe und werden vielleicht berühmt, aber nicht großartig. Die anderen, die ihrem Charme mißtrauen, nicht glauben wollen, dass sie ihn haben, stolpern unsicher und hart arbeitend in ihre enorme Wirkung.
Talent, Demut und Zauber. Können, Unsicherheit und Charme.
Charme und Perfektion vertragen sich schlecht miteiander. Charme setzt kleine Fehler voraus, die man verdecken möchte.
Catherine Deneuve
Uncharmante Spieler versuchen oft unbewußt, ihr Manko dadurch auszugleichen, dass sie ihre Figuren widerspruchsloser machen, ihnen nicht auf den vielleicht bösen Grund gehen, sondern lieber die Hülle verschönern. Sie haben Angst unsympathisch zu wirken, nicht zu gefallen. Mit Recht. Gerad heute Abend mußte ich jemandem zusehen, der versuchte, cool zu wirken, ohne im Besitz von Charme & Talent zu sein, mit dem Ergebnis, dass er wie ein plumper Tölpel durch den Abend stapfte. Ich mochte ihn nicht, mochte die Figur nicht. Das Stück geriet ins Ungleichgewicht. Nicht die Not der Figur, sondern ihr schlechtes Benehmen bestimmte den Abend.
Die ernsthaften Glückskinder scheren sich einen Scheiß um Gefälligkeit, treiben Figuren bis an die Grenze des Erträglichen, und ich bin doch gezwungen ihnen zu folgen, ihr Charme ist unwiderstehlich.
In dem Film "Die Nadel" mit Donald Sutherland (Eye of the needle) strotzt Donald in vielen Szenen mit verschiedenen Frauen vor Charme und killt sie in der nächsten Szene auf brutalste Art. Er lockt mich an und haut mir dann brutalst einen in den Magen. Mein Widerstand wird wichtig.
http://www.zeit.de/angebote/partnersuche/magazin/magazin_charme_der_anderen
Charme (Subst. von französisch charmer ‚faszinieren‘, ‚entzücken‘, ‚bezaubern‘; ursprüngl. lateinisch carmen ‚Lied‘, ‚Gedicht‘ oder ‚Gesang‘, auch lateinisch carminare ‚verzaubern‘) wird im deutschen Sprachgebrauch regelmäßig in der Kennzeichnung einer Eigenschaft eines Individuums im Sinne eines bezaubernden, gewinnenden Wesens gebraucht. Seltener, aber auch gebräuchlich ist, den Reiz einer Sache oder Handlung damit zu bezeichnen (etwas „hat Charme“).
Charme im Sinne des Persönlichkeitsmerkmals ist ein sehr weicher und deshalb schwer zu definierender Begriff und bezeichnet in seiner Hauptverwendung eine bestimmte Art der Ausstrahlung eines Menschen. Die meisten deutschen Übersetzungen, wie zum Beispiel Liebreiz, Anmut oder auch Zauber, richten sich ebenfalls auf diese persönliche Eigenschaft, wobei häufig die direkte Verwendung von Charme präziser ist als eine der möglichen Übersetzungen.
Mittwoch, 8. März 2017
Für S. - Barockmusik ist nicht blöd
Liebe Silvia, lass mich mit der Barockmusik beginnen. Hochartifiziell, riesige, überwältigende Gefühl strengst in komplizierte Kompositionen gefasst, die Sänger müssen all ihr Können einsetzen, um nicht aus der Form zu fallen. Und diese Anstrengung, der Kampf zwischen Emotion und Form, kann mich sehr tief berühren. Hier ist nichts pur, echt oder realistisch. Die echte Welt ist zu klein, um all das Leiden, Lieben fassen zu können.
Die Periode der Barockmusik in der abendländischen Kunstmusik, auch bezeichnet als Generalbasszeitalter, schließt sich an die Renaissance an und erstreckt sich vom Beginn des 17. bis etwa zur Mitte des 18. Jahrhunderts. Sie zählt heute zur sogenannten Alten Musik. So beschreibt es Wiki.
Meine Eltern hatten eine Menge Schallplatten, Freddie Quinn, Schlagermedleys, The Best of the Seventies, Ernst Busch, Originalaufnahmen von Hitlerreden für den "Arturo Ui" meines Vaters, Blues der frühen Zwanziger und eben Barockmusik. Klassische Musik kam sonst nicht vor. Ich kämpfe darum bis heute. Ein spannender Kampf. Aber Barockmusik, Bach, Purcell, Vivaldi und Händel haben mich überraschend erwischt. Heute denke ich, es war die Anspannung, der hörbare Prozess, wie Leidenschaft in Kunst umgeformt wurde.
Ein paar meiner persönlichen Leckerbissen:
"The Cold Song" von Henry Purcell
Für den Tod im Eis gibt es einen Soundtrack, den wird man nicht mehr los, ist man ihm einmal begegnet, den hört man, wenn man in Radevormwald oder sonst wo des Nachts auf dem Bahnsteig steht, einsam und verlassen von Bahn-Mitarbeitern und im Schneegestöber dem Absterben seiner Füße nachspürt. Und der geht so: Arktische Akkorde marschieren unbarmherzig und bibbernd heran. Kommen immer näher, holen aus, weichen zurück. Eine vor Unterkühlung zitternde, bebende Stimme fängt an zu flehen, verliert sich, bricht, stottert, stirbt. Eine Stimme, so alt wie der Permafrost, die sich aufgegeben hat und fleht - obwohl sie eigentlich gerade von der Liebe erlöst werden soll - darum, in den frostigen Frieden des Todes entlassen zu werden. Weswegen der "Cold Song" aus der Frostszene von Henry Purcells Semi-Oper "King Arthur" eigentlich auch eine Bassarie ist. Nur kann man sich die Stimme, die den Eistod stirbt, seit gut dreißig Jahren nicht mehr recht als Bass und mit langem, weißem Bart vorstellen. Sondern nur als Altus, weiß geschminktes Gesicht, blutrote, fast dreieckige Lippen, nach hinten gegelte Haare, futuristisches Dreiecksgewand, riesige Fliege. Einem Eishauch gleich glitterte Anfang der Achtziger der deutsche New-Wave-Star Klaus Nomi mit eckigen Bewegungen durch die Clubkeller von New York bis Paris. "Cold Song" war seine Trapeznummer. Ein Countertenor, bevor noch jemand in Deutschland das Wort ernsthaft buchstabieren konnte. Die große Zeit der hohen Herrenstimmen hat Klaus Nomi nicht mehr erlebt. Er starb 1983, kaum älter geworden als Purcell - einer der ersten Aidstoten.
Aus einem Artikel in der WELT
Klaus Nomi
https://www.youtube.com/watch?v=wQrqgSK8-XU
Andreas Scholl
https://www.youtube.com/watch?v=O5lRq0IcDzw
Und so singen, wenn es denn welche gäbe, glaube ich, die Engel.
Philippe Jaroussky "Ombra ma fui" von Georg Friedrich Händelhttps://www.youtube.com/watch?v=q5v1PuhZ2zY
Vivaldis Vier Jahreszeiten in zwei von vielen, ungeheuer vielen Versionen, zuerst der von Antonio Vivaldi und Max Richter.
https://www.youtube.com/watch?v=zy-B9MNtkyg
https://www.youtube.com/watch?v=EcsM4HUEwVw
Und jetzt Nigel Kennedy, der Punk der Barockszene
https://www.youtube.com/watch?v=DYvkVqpLX_E
Die Periode der Barockmusik in der abendländischen Kunstmusik, auch bezeichnet als Generalbasszeitalter, schließt sich an die Renaissance an und erstreckt sich vom Beginn des 17. bis etwa zur Mitte des 18. Jahrhunderts. Sie zählt heute zur sogenannten Alten Musik. So beschreibt es Wiki.
Meine Eltern hatten eine Menge Schallplatten, Freddie Quinn, Schlagermedleys, The Best of the Seventies, Ernst Busch, Originalaufnahmen von Hitlerreden für den "Arturo Ui" meines Vaters, Blues der frühen Zwanziger und eben Barockmusik. Klassische Musik kam sonst nicht vor. Ich kämpfe darum bis heute. Ein spannender Kampf. Aber Barockmusik, Bach, Purcell, Vivaldi und Händel haben mich überraschend erwischt. Heute denke ich, es war die Anspannung, der hörbare Prozess, wie Leidenschaft in Kunst umgeformt wurde.
Ein paar meiner persönlichen Leckerbissen:
"The Cold Song" von Henry Purcell
Für den Tod im Eis gibt es einen Soundtrack, den wird man nicht mehr los, ist man ihm einmal begegnet, den hört man, wenn man in Radevormwald oder sonst wo des Nachts auf dem Bahnsteig steht, einsam und verlassen von Bahn-Mitarbeitern und im Schneegestöber dem Absterben seiner Füße nachspürt. Und der geht so: Arktische Akkorde marschieren unbarmherzig und bibbernd heran. Kommen immer näher, holen aus, weichen zurück. Eine vor Unterkühlung zitternde, bebende Stimme fängt an zu flehen, verliert sich, bricht, stottert, stirbt. Eine Stimme, so alt wie der Permafrost, die sich aufgegeben hat und fleht - obwohl sie eigentlich gerade von der Liebe erlöst werden soll - darum, in den frostigen Frieden des Todes entlassen zu werden. Weswegen der "Cold Song" aus der Frostszene von Henry Purcells Semi-Oper "King Arthur" eigentlich auch eine Bassarie ist. Nur kann man sich die Stimme, die den Eistod stirbt, seit gut dreißig Jahren nicht mehr recht als Bass und mit langem, weißem Bart vorstellen. Sondern nur als Altus, weiß geschminktes Gesicht, blutrote, fast dreieckige Lippen, nach hinten gegelte Haare, futuristisches Dreiecksgewand, riesige Fliege. Einem Eishauch gleich glitterte Anfang der Achtziger der deutsche New-Wave-Star Klaus Nomi mit eckigen Bewegungen durch die Clubkeller von New York bis Paris. "Cold Song" war seine Trapeznummer. Ein Countertenor, bevor noch jemand in Deutschland das Wort ernsthaft buchstabieren konnte. Die große Zeit der hohen Herrenstimmen hat Klaus Nomi nicht mehr erlebt. Er starb 1983, kaum älter geworden als Purcell - einer der ersten Aidstoten.
Aus einem Artikel in der WELT
Klaus Nomi
https://www.youtube.com/watch?v=wQrqgSK8-XU
Andreas Scholl
https://www.youtube.com/watch?v=O5lRq0IcDzw
Und so singen, wenn es denn welche gäbe, glaube ich, die Engel.
Philippe Jaroussky "Ombra ma fui" von Georg Friedrich Händelhttps://www.youtube.com/watch?v=q5v1PuhZ2zY
Vivaldis Vier Jahreszeiten in zwei von vielen, ungeheuer vielen Versionen, zuerst der von Antonio Vivaldi und Max Richter.
https://www.youtube.com/watch?v=zy-B9MNtkyg
https://www.youtube.com/watch?v=EcsM4HUEwVw
Und jetzt Nigel Kennedy, der Punk der Barockszene
https://www.youtube.com/watch?v=DYvkVqpLX_E
Manchmal muß man einfach mitten im Film weggehen.
Ich als bekennender und recht wahlloser Filmliebhaber habe innerhalb des letzten Monats zweimal nach nicht einmal dreissig Minuten das Kino verlassen. Unerhört.
Es gibt tolle Filme, gute Filme, öde Filme, schlechte Filme, aber am schlimmsten sind prätentiöse Filme. Erst La-La-Land und heute abend Silence. WtF!
In Folge frühkindlicher Verwöhnung mit hochartifiziellen, wunderbaren Musikfilmen von Top Hat bis Funny Girl, nach inneren Kniefällen vor Gene Kelly und Fred Astaire war mir der angestrengt neckische Charme von La-La-Land im Verein mit den mäßigen Tanz-und Gesangskünsten der Spieler zu blöde, um zu bleiben. Die Choreographien waren auf das für Anfänger machbare Maß zugeschnitten, die Lieder auch. Und um eins klarzustellen, Kitsch ist nicht, was ich verachte, immerhin habe ich Pretty Woman gemocht, nur muß er zugeben, was er ist. Hier wurde mit dem "Wir-können-das-nicht-so-gut" getändelt. Erfolgsorientierte verlogene Harmlosigkeit. Und ich habe auch immer mehr das Gefühl, dass Ryan Gosling in Gefahr ist, zum Darsteller seiner selbst zu versteinern.
Heute Silence von Martin Scorsese mit Andrew Garfield, den ich sonst gern sehe - Vorspann, unterlegte Musik, Musik bricht ab, Stille, der Titel erscheint: Stille.
Wabernde Nebel, viel Feuchtigkeit, fein schmutzig geschminkte Gesichter, angstvolle Augen in riesigen Nahaufnahmen, Lumpen und eine dunkle hauchige Stimme spricht glaubensbebende Sätze aus dem Off. Und wenn ich mal über Rassismus auf der Leinwand reden darf, viele zitternde, demütige, arme, arme Japaner, begrüssen beglückt die Ankunft der zwei opferbereiten Jesuiten, sie sind dazu angehalten zu spielen, als wären sie in der unkomischen katholischen Version vom Pink Panther besetzt.
Herbert Tsangtse "Burt" Kwouk, OBE (pronounced KWOK; Chinese: 郭弼; 18 July 1930 – 24 May 2016) was a British actor, known for his role as Cato in the Pink Panther films.
https://www.youtube.com/watch?v=IA8QrOAghZ0
Und Yoshi Oida ist einer der japanischen Darsteller. Er hat bei Peter Brook gespielt und bei Greenaway im "Pillowbook - Die Bettlektüre", einem meiner Lieblingsfilme!
Martin Scorsese, ein großer Regisseur, gefällt von seinem Kinderglauben, seine Heiligenbildchen treffen auf den American Dream vom einfach strukturierten Kampf zwischen Gut und Böse, was hier das Duell der herzigen Jesuiten gegen die japanischen Bösewichter ist. Die Japse begreifen einfach nicht, wie gut Katholizismus für sie wäre.
1986 hat Roland Joffé "Mission" gedreht mit Rober De Niro, Jeremy Irons und der Filmmusik von Ennio Morricone, falls es euch interessiert, welch heiliger Wahnsinn nötig war, um den Versuch zu unternehmen, ganze Kontinente zu missionieren.
Es gibt tolle Filme, gute Filme, öde Filme, schlechte Filme, aber am schlimmsten sind prätentiöse Filme. Erst La-La-Land und heute abend Silence. WtF!
In Folge frühkindlicher Verwöhnung mit hochartifiziellen, wunderbaren Musikfilmen von Top Hat bis Funny Girl, nach inneren Kniefällen vor Gene Kelly und Fred Astaire war mir der angestrengt neckische Charme von La-La-Land im Verein mit den mäßigen Tanz-und Gesangskünsten der Spieler zu blöde, um zu bleiben. Die Choreographien waren auf das für Anfänger machbare Maß zugeschnitten, die Lieder auch. Und um eins klarzustellen, Kitsch ist nicht, was ich verachte, immerhin habe ich Pretty Woman gemocht, nur muß er zugeben, was er ist. Hier wurde mit dem "Wir-können-das-nicht-so-gut" getändelt. Erfolgsorientierte verlogene Harmlosigkeit. Und ich habe auch immer mehr das Gefühl, dass Ryan Gosling in Gefahr ist, zum Darsteller seiner selbst zu versteinern.
Heute Silence von Martin Scorsese mit Andrew Garfield, den ich sonst gern sehe - Vorspann, unterlegte Musik, Musik bricht ab, Stille, der Titel erscheint: Stille.
Wabernde Nebel, viel Feuchtigkeit, fein schmutzig geschminkte Gesichter, angstvolle Augen in riesigen Nahaufnahmen, Lumpen und eine dunkle hauchige Stimme spricht glaubensbebende Sätze aus dem Off. Und wenn ich mal über Rassismus auf der Leinwand reden darf, viele zitternde, demütige, arme, arme Japaner, begrüssen beglückt die Ankunft der zwei opferbereiten Jesuiten, sie sind dazu angehalten zu spielen, als wären sie in der unkomischen katholischen Version vom Pink Panther besetzt.
Herbert Tsangtse "Burt" Kwouk, OBE (pronounced KWOK; Chinese: 郭弼; 18 July 1930 – 24 May 2016) was a British actor, known for his role as Cato in the Pink Panther films.
https://www.youtube.com/watch?v=IA8QrOAghZ0
Und Yoshi Oida ist einer der japanischen Darsteller. Er hat bei Peter Brook gespielt und bei Greenaway im "Pillowbook - Die Bettlektüre", einem meiner Lieblingsfilme!
Martin Scorsese, ein großer Regisseur, gefällt von seinem Kinderglauben, seine Heiligenbildchen treffen auf den American Dream vom einfach strukturierten Kampf zwischen Gut und Böse, was hier das Duell der herzigen Jesuiten gegen die japanischen Bösewichter ist. Die Japse begreifen einfach nicht, wie gut Katholizismus für sie wäre.
1986 hat Roland Joffé "Mission" gedreht mit Rober De Niro, Jeremy Irons und der Filmmusik von Ennio Morricone, falls es euch interessiert, welch heiliger Wahnsinn nötig war, um den Versuch zu unternehmen, ganze Kontinente zu missionieren.
Jeremy Irons aka Pater Gabriel spielt im südamerikanischen Dschungel die Oboe.
Montag, 6. März 2017
Es geht doch mit dem Quatsch machen - Familie Braun im ZDF
Da muß einem Redakteur unseres staatlich stattlich subventionierten Fernsehens was unterlaufen sein, vielleicht war er kränkelnd, vielleicht besoffen, vielleicht nur unkonzentriert, und da hat er was durchgehen lassen, was abgenickt, das nicht wirklich passt ins Goldene Kamera / Betroffenheits-Tatort / Talkgequatsche, eine kleine Geschichte im Fünfminutentakt erzählt, drei Hauptakteure, zwei davon Nazis, die dritte ein hochbegabtes Kind, und was ich sehe, ist nicht peinlich, nicht allzu moralisierend, nicht nur besserwisserisch, sondern ganz lustig, nein, es ist sogar liebenswürdig.
Nur noch vier Tage in der arte - Mediathek! Ob es das ZDF, das einäugige, in seiner auch hat, weiß ich nicht.
https://www.zdf.de/serien/familie-braun
Das sagt der von mir nicht immer respektierte Herr Henryk M. Broder dazu: Das ZDF überrascht und nimmt die giftige Komödienserie„Familie Braun“ ins Hauptprogramm. Ursprünglich war sie fürs Netz entwickelt worden. Es geht um eine Nazi-WG, die ein schwarzes Kind aufnimmt.
https://www.welt.de/kultur/medien/article152178481/Wo-das-Negerkind-unterm-Hitlerbild-aufwaechst.html
Nur noch vier Tage in der arte - Mediathek! Ob es das ZDF, das einäugige, in seiner auch hat, weiß ich nicht.
https://www.zdf.de/serien/familie-braun
Das sagt der von mir nicht immer respektierte Herr Henryk M. Broder dazu: Das ZDF überrascht und nimmt die giftige Komödienserie„Familie Braun“ ins Hauptprogramm. Ursprünglich war sie fürs Netz entwickelt worden. Es geht um eine Nazi-WG, die ein schwarzes Kind aufnimmt.
https://www.welt.de/kultur/medien/article152178481/Wo-das-Negerkind-unterm-Hitlerbild-aufwaechst.html
Sonntag, 5. März 2017
Nicht alle Schmerzen sind heilbar
Wir werden diese verfluchte Zeit, diese zwölf Jahre währenden tausend Jahre, einfach nicht los. "Der Gnade der späten Geburt" oder des "Es muß genug sein mit dem schlechten Gewissen" und auch allen anderen Vermeidungsstrategien zum Trotz. Vergangenheitsaufarbeitung ist harte, unerträglich harte Arbeit.
Vierzig Jahre Ost-Zone benötigen ungleich viel mehr Jahre erhöhter Aufmerksamkeit für unsere Anfälligkeit für zukunftslügende Ideologien und zwölf Jahre Unmenschlichkeit lassen sich eben nicht einfach mal so weg quatschen. Der Dreck in unseren Köpfen, bzw. der ererbte Dreck aus den Köpfen unserer Eltern und Großeltern, zeigt sein schmutziges Gesicht immer wieder, sobald wir nicht achtsam bleiben. Dresdener Bürger vergessen die Vorgeschichte der schrecklichen Bombardierung ihrer Stadt sehr gern und zeigen wenig Mitgefühl mit den Bewohnern von Coventry oder London. "Es muß doch mal genug sein" ist ein schrecklicher Satz, wenn wir damit 50 Millionen Tote dem Vergessen überantworten wollen. Israelis entschuldigen ihr grausames Verhalten ihren palästinensischen Mitbürgern gegenüber mit ihren eigenen unfaßbaren Opfern nur wenige Jahre vorher und verbitten sich jeden Vergleich. Und wir guten Deutschen denken, wir hätten unsere Opfer doch nun reichlich ausbezahlt.
Wiedergutmachung ist nicht möglich. Tot ist tot. Gemordet bleibt gemordet. Ich hätte eine weitgefächerte Familie und habe sie nicht. Wie gut bin ich davongekommen, nicht allzu zu tief in die Verbrechen meines Jahrhunderts eingebunden zu sein.
Deutsche Biographien, die die Jahre 1933 bis 45 einschließen, sind, wenn nicht furchterregend, ignorant oder verächtlich, oft sehr verzwickt. Ricarda Huch hat eine solche. Bibliothekarin, Lehrerin, Historikerin, Dichterin, Feministin war sie eigenartig geschützt während der bitteren Zeit des Dritten Reiches. Die Italiener verehrten sie für ihre Arbeit über das Risorgimento, sie stand unter der Protektion des nationalsozialistischen Reichsjustizministers, zu ihrem 80. Geburtstag erhält sie persönliche Glückwunschtelegramme von Goebbels und Hitler, obwohl in den Zeitungen
ihr Jahrestag nicht erwähnt wird.
ABER. Aber sie tritt 1933 protestierend aus der Preußischen Akademie der Künste aus, mehrere ihrer Bücher erscheinen nur unter großen Schwierigkeiten oder gar nicht und ihr Haus in Jena ist Treffpunkt kritischer Köpfe während einer Zeit in der ein offenes Gespräch, oft schnell zum Tode führen konnte.
Innere Emigration, was für ein Begriff. Innen bin ich woanders, in der Fremde.
Gewollte Schizophrenie als Überlebensstrategie. Welcher Preis ist dafür zu zahlen?
Nicht alle Schmerzen sind heilbar
Nicht alle Schmerzen sind heilbar, denn manche schleichen
Sich tiefer und tiefer ins Herz hinein,
Und während Tage und Jahre verstreichen,
Werden sie Stein.
Sich tiefer und tiefer ins Herz hinein,
Und während Tage und Jahre verstreichen,
Werden sie Stein.
Du sprichst und lachst, wie wenn nichts wäre,
Sie scheinen zerronnen wie Schaum.
Doch du spürst ihre lastende Schwere
Bis in den Traum.
Der Frühling kommt wieder mit Wärme und Helle,
Die Welt wird ein Blütenmeer.
Aber in meinem Herzen ist eine Stelle,
Da blüht nichts mehr.
Ricarda Huch 1867-1947
https://www.phil-fak.uni-duesseldorf.de/frauenarchiv/ausstellungen/europa/huch/
http://www.berliner-zeitung.de/leidenschaft-und-wohlergehen-sind-zweierlei--die-liebesgeschichte-von-ricarda-und-richard-huch-dem-meister-verse-geigend-16490854
Sie scheinen zerronnen wie Schaum.
Doch du spürst ihre lastende Schwere
Bis in den Traum.
Der Frühling kommt wieder mit Wärme und Helle,
Die Welt wird ein Blütenmeer.
Aber in meinem Herzen ist eine Stelle,
Da blüht nichts mehr.
Ricarda Huch 1867-1947
1944, unmittelbar nach dem mißlungenen Attentat am 20. Juli, als zahlreiche
Freunde und Bekannte von ihr verhaftet und hingerichtet wurden, plant sie ein Buch über den deutschen Widerstand, zu schreiben. Sie entwirft
biographische Skizzen, um jene, die "im Kampf gegen das Böse
fielen", zu ehren. 1947 umfaßt die Arbeit am Buch über die Widerstandskämpfer 40 Biographien; sie muß sich eingestehen, daß sie das Projekt
nicht alleine würde durchführen können und übergibt ihr Material an den Autor Günther Weisenborn, der es 1953 als
"Der lautlose Aufstand" herausgibt. Am 17. November stirbt Ricarda Huch im
Alter von 83 an den Folgen einer Lungenentzündung. (Wiki)
Ricarda Huch & Richard Huch |
Ricarda Huch - Ihr Leben, Lieben, Büßen: eine Geschichte über starke Gefühle
Von
Regula Venske
Im Jahre 1879, Ricarda
ist 15 Jahre alt, heiratet ihre fünf Jahre ältere Schwester Lilly den
29-jährigen Richard Huch, ihrer beider Cousin - eine stürmische
Liebesheirat. "Was so heiß beginnt, hält nicht an", prophezeit eine
skeptische Stimme und soll damit Recht behalten. Spätestens nach der
Geburt des dritten Kindes ist die Leidenschaft ehelichem Alltagstrott
unterlegen. Zur Statthalterin von Richards Leidenschaft avanciert
Schwägerin Ricarda - und wird es jahre-, jahrzehntelang bleiben. ...
Als Ricarda und Richard ins Gerede kommen - sie mehr als er -, ist es bereits zu spät.
Verstoßen aus der
Braunschweiger guten Gesellschaft, bleibt der jungen Ricarda kaum
anderes übrig, als zum Studium nach Zürich zu gehen und so auf den einen
Skandal noch einen zweiten zu setzen.
Dabei lebt sie zwar unbürgerlich, sie fühlt sich aber nicht so. Verlobt
fühlt sie sich und klammert sich hartnäckig an die Hoffnung auf eine
zukünftige Ehe mit Richard. Da die große Liebe komprimiert ist auf
wenige Wochen im Jahr, auf heimliche gemeinsame Reisen, kann Ricarda für
den Rest des Jahres ungehemmt-nüchtern ihre ehrgeizigen Ziele
verfolgen. So hat die Hingabe an die große Unerreichbarkeit durchaus
ihre praktischen Seiten...
Was hat diese kluge, genau wahrnehmende Frau an einer für Außenstehende
doch erkennbar aussichtslosen Liebe so lange und unbeirrbar festhalten
lassen? So unbelehrbar schließlich, dass sie um Richards willen ihren
späteren Mann Ermanno Ceconi, den Vater ihrer Tochter, verließ? Die
späte Ehe mit Richard scheiterte, musste ja scheitern: "Was so heiß
beginnt ..." War auch das Scheitern noch "wesentlich"?
Anne Gabrisch: "In den Abgrund werf ich meine Seele"
Die Liebesgeschichte von Ricarda und Richard Huch
Verlag Nagel & Kimche, Zürich 2000
Aus einem Artikel in DIE ZEIT
Mit 43 Jahren heiratet Ricarda Huch schließlich Richard Huch,
der inzwischen von ihrer Schwester geschieden ist. Sie ziehen nach Braunschweig. Eine "allmähliche
innere Entfremdung" mündet 1910 in die Scheidung. Ihren ersten Mann Ermano Ceconi wiederum verließ sie, weil er ein Verhältnis mit ihrer Nichte einging.
Mittwoch, 1. März 2017
Die Bibel - Was immer du suchst, du findest es.
Dies sind Bemerkungen einer durch und durch heidnischen Dilettantin, nicht religionswissenschaftlich untermauert, noch sonst irgendwie mehr als persönliche, tief beeindruckte Glossen am Rande.
Ich lese zur Zeit für ein Projekt das Buch Genesis des Alten Testamentes und zwar ziemlich gründlich, obwohl zugegeben, bei den langen Generationslisten husche ich flotter drüber, aber sonst...
Und es ist ein großes Buch voller unglaublich dichter Geschichten mit harten Brüchen, krassesten Widersprüchen, die geradezu zum Streit aufreizen und zahllosen verblüffenden, nur allzu leicht zu überlesenden Details.
Es gibt eine Werbung für Überraschungseier, in der Kinder mit einem solchen Ei für fünf Minuten allein gelassen werden und ihnen versprochen wird, dass sie, wenn sie es schaffen bis dahin das Ei nicht zu öffnen oder zu essen, ein zweites geschenkt bekämen.
https://www.youtube.com/watch?v=JhZQNjLBQFQ
Das ist wahrhaft gemein! Und doch nicht viel anders, als das, was Gott, der Herr tut, wenn er Adam sagt, dass er von allen Bäumen des Gartens essen darf, nur vom Baum der Erkenntnis von Gut und Böse nicht. Oder? Du darfst überall hingehen, nur nicht ins dreizehnte Zimmer. Was soll man denn machen? Und wenn Adam & Eva tun, was wir alle tun würden, wird er wütend, belegt sie mit einem harten Fluch und schmeißt sie raus, legt ihn vorher aber noch wärmende Felljacken um.
Er verurteilt alle Lebewesen zum Tode durch Ertrinken, wegen ihrer Gewalttätigkeit, gibt aber ersteinmal genaue Bauanweisungen für das Rettungsboot, wartet die Bauzeit ab und ersäuft dann die ganze Erde mit allem was darauf kreucht und fleucht, die Fische und Wale etc. werden klug nicht erwähnt. Alle verrecken außer Noahs Familie und vorausgewählte Tierpaare und danach hat er die größte vorstellbare Reuekrise. "Nie wieder! Ich schenke euch den Regenbogen."
Edward Hicks, Americaner, 1780 - 1849 – Geboren in Langhorne, Pennsylvania, United States. Gestorben in Newtown, Pennsylvania
Er schließt ständig Bunde und bricht sie, weil die Menschen sind, wie er sie geschaffen hat, ihm ähnlich. Vielleicht zu ähnlich. Das kommt mir bekannt vor.
Ein grandioses Buch. Und man findet Worte für jede Gelegenheit darin:
Er wird unter großen Völkern richten und viele Heiden zurechtweisen in fernen Landen. Sie werden ihre Schwerter zu Pflugscharen und ihre Spieße zu Sicheln machen. Es wird kein Volk wider das andere das Schwert erheben, und sie werden hinfort nicht mehr lernen, Krieg zu führen.
Micha 4.3
Und er wird richten unter den Heiden und zurechtweisen viele Völker. Da werden sie ihre Schwerter zu Pflugscharen und ihre Spieße zu Sicheln machen. Denn es wird kein Volk wider das andere das Schwert erheben, und sie werden hinfort nicht mehr lernen, Krieg zu führen.
Jesaja 2.4
Aber eben auch:
Macht aus euren Pflugscharen Schwerter und aus euren Sicheln Spieße! der Schwache spreche: Ich bin stark!
Joel 4:10
Wunderbar. Ein Gott für alle Fälle.
Liebespoesie im Hohelied, jede Menge Kriegsverbrechen, dysfunktionale Familien aller Arten, starke weibliche Heldinnen und patriachalischer Größenwahn, Völkermorde und Beispiele ungeheurer Liebe, alles da, alles in Hingabe an den einen, einzigen Gott. Ich bin Jahwe, und sonst ist keiner da!
Das muß hart sein, in den vielen Vielgötterreligionen haben die Götter Partner zum Streiten, Reden, Lieben. ER ist ganz allein, hat nur uns Menschen als Gegenüber.
Windhauch, Windhauch, sagte Kohelet, Windhauch, Windhauch, das ist alles Windhauch. Welchen Vorteil hat der Mensch von all seinem Besitz, für den er sich anstrengt unter der Sonne?
Eine Generation geht, eine andere kommt.
Die Erde steht in Ewigkeit.
Die Sonne, die aufging und wieder unterging,
atemlos jagt sie zurück an den Ort, wo sie wieder aufgeht.
Er weht nach Süden, dreht nach Norden, dreht, dreht, weht, der Wind.
Weil er sich immerzu dreht, kehrt er zurück, der Wind.
Alle Flüsse fließen ins Meer,
das Meer wird nicht voll. Zu dem Ort, wo die Flüsse entspringen, / kehren sie zurück, um wieder zu entspringen.
Alle Dinge sind rastlos tätig,
kein Mensch kann alles ausdrücken, nie wird ein Auge satt, wenn es beobachtet,
nie wird ein Ohr vom Hören voll.
Was geschehen ist, wird wieder geschehen,
was man getan hat, wird man wieder tun:
Es gibt nichts Neues unter der Sonne.
Ich lese zur Zeit für ein Projekt das Buch Genesis des Alten Testamentes und zwar ziemlich gründlich, obwohl zugegeben, bei den langen Generationslisten husche ich flotter drüber, aber sonst...
Und es ist ein großes Buch voller unglaublich dichter Geschichten mit harten Brüchen, krassesten Widersprüchen, die geradezu zum Streit aufreizen und zahllosen verblüffenden, nur allzu leicht zu überlesenden Details.
Es gibt eine Werbung für Überraschungseier, in der Kinder mit einem solchen Ei für fünf Minuten allein gelassen werden und ihnen versprochen wird, dass sie, wenn sie es schaffen bis dahin das Ei nicht zu öffnen oder zu essen, ein zweites geschenkt bekämen.
https://www.youtube.com/watch?v=JhZQNjLBQFQ
Das ist wahrhaft gemein! Und doch nicht viel anders, als das, was Gott, der Herr tut, wenn er Adam sagt, dass er von allen Bäumen des Gartens essen darf, nur vom Baum der Erkenntnis von Gut und Böse nicht. Oder? Du darfst überall hingehen, nur nicht ins dreizehnte Zimmer. Was soll man denn machen? Und wenn Adam & Eva tun, was wir alle tun würden, wird er wütend, belegt sie mit einem harten Fluch und schmeißt sie raus, legt ihn vorher aber noch wärmende Felljacken um.
Er verurteilt alle Lebewesen zum Tode durch Ertrinken, wegen ihrer Gewalttätigkeit, gibt aber ersteinmal genaue Bauanweisungen für das Rettungsboot, wartet die Bauzeit ab und ersäuft dann die ganze Erde mit allem was darauf kreucht und fleucht, die Fische und Wale etc. werden klug nicht erwähnt. Alle verrecken außer Noahs Familie und vorausgewählte Tierpaare und danach hat er die größte vorstellbare Reuekrise. "Nie wieder! Ich schenke euch den Regenbogen."
Edward Hicks, Americaner, 1780 - 1849 – Geboren in Langhorne, Pennsylvania, United States. Gestorben in Newtown, Pennsylvania
Er schließt ständig Bunde und bricht sie, weil die Menschen sind, wie er sie geschaffen hat, ihm ähnlich. Vielleicht zu ähnlich. Das kommt mir bekannt vor.
Ein grandioses Buch. Und man findet Worte für jede Gelegenheit darin:
Er wird unter großen Völkern richten und viele Heiden zurechtweisen in fernen Landen. Sie werden ihre Schwerter zu Pflugscharen und ihre Spieße zu Sicheln machen. Es wird kein Volk wider das andere das Schwert erheben, und sie werden hinfort nicht mehr lernen, Krieg zu führen.
Micha 4.3
Und er wird richten unter den Heiden und zurechtweisen viele Völker. Da werden sie ihre Schwerter zu Pflugscharen und ihre Spieße zu Sicheln machen. Denn es wird kein Volk wider das andere das Schwert erheben, und sie werden hinfort nicht mehr lernen, Krieg zu führen.
Jesaja 2.4
Aber eben auch:
Macht aus euren Pflugscharen Schwerter und aus euren Sicheln Spieße! der Schwache spreche: Ich bin stark!
Joel 4:10
Wunderbar. Ein Gott für alle Fälle.
Liebespoesie im Hohelied, jede Menge Kriegsverbrechen, dysfunktionale Familien aller Arten, starke weibliche Heldinnen und patriachalischer Größenwahn, Völkermorde und Beispiele ungeheurer Liebe, alles da, alles in Hingabe an den einen, einzigen Gott. Ich bin Jahwe, und sonst ist keiner da!
Das muß hart sein, in den vielen Vielgötterreligionen haben die Götter Partner zum Streiten, Reden, Lieben. ER ist ganz allein, hat nur uns Menschen als Gegenüber.
Windhauch, Windhauch, sagte Kohelet, Windhauch, Windhauch, das ist alles Windhauch. Welchen Vorteil hat der Mensch von all seinem Besitz, für den er sich anstrengt unter der Sonne?
Eine Generation geht, eine andere kommt.
Die Erde steht in Ewigkeit.
Die Sonne, die aufging und wieder unterging,
atemlos jagt sie zurück an den Ort, wo sie wieder aufgeht.
Er weht nach Süden, dreht nach Norden, dreht, dreht, weht, der Wind.
Weil er sich immerzu dreht, kehrt er zurück, der Wind.
Alle Flüsse fließen ins Meer,
das Meer wird nicht voll. Zu dem Ort, wo die Flüsse entspringen, / kehren sie zurück, um wieder zu entspringen.
Alle Dinge sind rastlos tätig,
kein Mensch kann alles ausdrücken, nie wird ein Auge satt, wenn es beobachtet,
nie wird ein Ohr vom Hören voll.
Was geschehen ist, wird wieder geschehen,
was man getan hat, wird man wieder tun:
Es gibt nichts Neues unter der Sonne.
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