CLEMENTE SUSINI & Werkstatt
Anatomische Venus 1782
© Saulo Bambi
Man beachte das winzige Embryo!
Clemente Susinis "Anatomische Venus" wurde um das Jahr 1790 herum erschaffen. Sie war für den Gebrauch im Anatomieunterricht gedacht, den Studierenden das Blut, Fleisch und andrer Flüssigfeste einer realen Sektion ersparend und etwaige moralische Einwände gegen solchen Gebrauch eines menschlichen Körpers umgehend und sie war, ohne zu verwesen, wieder und wieder gebrauchbar.
Heute liegt sie mit Glasaugen, Schmuck und Naturhaarperrücke in elegischer, hingebungvoller Pose in ihrem originalen Behältnis aus Rosenholz und venezianischem Glas im Museum für Zoologie & Naturgeschichte La Specola in Florenz.
Es gibt solche "Auseinandernehmbaren Venusse" natürlich auch in anderen europäischen Museen.
http://morbidanatomy.blogspot.de/2013/01/ode-to-anatomical-venus-womens-studies.html
Leider habe ich keine Informationen zu diesem Kopf gefunden, aber ist so schön,
dass ich ihn denoch nicht weglassen wollte.
Orpheus. Eurydike. Hermes
...
Sie aber ging an jenes Gottes Hand,
den Schritt beschränkt von langen Leichenbändern,
unsicher, sanft und ohne Ungeduld.
Sie war in sich, wie Eine hoher Hoffnung,
und dachte nicht des Mannes, der voranging,
und nicht des Weges, der ins Leben aufstieg.
Sie war in sich. Und ihr Gestorbensein
erfüllte sie wie Fülle.
Wie eine Frucht von Süßigkeit und Dunkel,
so war sie voll von ihrem großen Tode,
der also neu war, daß sie nichts begriff.
Sie war in einem neuen Mädchentum
und unberührbar; ihr Geschlecht war zu
wie eine junge Blume gegen Abend,
und ihre Hände waren der Vermählung
so sehr entwöhnt, daß selbst des leichten Gottes
unendlich leise, leitende Berührung
sie kränkte wie zu sehr Vertraulichkeit.
Sie war schon nicht mehr diese blonde Frau,
die in des Dichters Liedern manchmal anklang,
nicht mehr des breiten Bettes Duft und Eiland
und jenes Mannes Eigentum nicht mehr.
Sie war schon aufgelöst wie langes Haar
und hingegeben wie gefallner Regen
und ausgeteilt wie hundertfacher Vorrat.
Sie war schon Wurzel.
Und als plötzlich jäh
der Gott sie anhielt und mit Schmerz im Ausruf
die Worte sprach: Er hat sich umgewendet -,
begriff sie nichts und sagte leise: Wer?
Fern aber, dunkel vor dem klaren Ausgang,
stand irgend jemand, dessen Angesicht
nicht zu erkennen war. Er stand und sah,
wie auf dem Streifen eines Wiesenpfades
mit trauervollem Blick der Gott der Botschaft
sich schweigend wandte, der Gestalt zu folgen,
die schon zurückging dieses selben Weges,
den Schritt beschränkt von langen Leichenbändern,
unsicher, sanft und ohne Ungeduld.
Rainer Maria Rilke
Neue Gedichte 1907
"Die Zerschnittene oder Zerfetzte Schönheit"
wahrscheinlich auch aus der Wrkstatt des C. Susini
"... anatomischen Darstellungen von der Renaissance bis ins 19. Jahrhundert... waren
nicht nur Lehrvorlagen für Ärzte, sondern Aussagen über die Natur des
von Gott erschaffenen Menschen innerhalb der gesamten Schöpfung... Sie
sprechen über die Natur von Leben und Tod..."
Martin Kemp and Marina Wallace,
Spectacular Bodies