Freitag, 6. April 2012

Rainer Maria Rilke - Karfeitag



"Mein Vater, ist es möglich, so gehe dieser Kelch an mir vorüber; doch nicht, wie ich will, sondern wie du willst." Matth.26


Vincent van Gogh 1889 Der Olivengarten

DER ÖLBAUMGARTEN

Er ging hinauf unter dem grauen Laub
ganz grau und aufgelöst im Ölgelände
und legte seine Stirne voller Staub
tief in das Staubigsein der heißen Hände.

Nach allem dies. Und dieses war der Schluss.
Jetzt soll ich gehen, während ich erblinde,
und warum willst Du, dass ich sagen muss
Du seist, wenn ich Dich selber nicht mehr finde.

Ich finde Dich nicht mehr. Nicht in mir, nein.
Nicht in den andern. Nicht in diesem Stein.
Ich finde Dich nicht mehr. Ich bin allein.

Ich bin allein mit aller Menschen Gram,
den ich durch Dich zu lindern unternahm,
der Du nicht bist. O namenlose Scham...

Später erzählte man: ein Engel kam -.

Warum ein Engel? Ach es kam die Nacht
und blätterte gleichgültig in den Bäumen.
Die Jünger rührten sich in ihren Träumen.
Warum ein Engel? Ach es kam die Nacht.

Die Nacht, die kam, war keine ungemeine;
so gehen hunderte vorbei.
Da schlafen Hunde und da liegen Steine.
Ach eine traurige, ach irgendeine,
die wartet, bis es wieder Morgen sei.

Denn Engel kommen nicht zu solchen Betern,
und Nächte werden nicht um solche groß.
Die Sich-Verlierenden lässt alles los,
und sie sind preisgegeben von den Vätern
und ausgeschlossen aus der Mütter Schoß..

Rainer Maria Rilke
Aus: Neue Gedichte (1907) 

Todesangst in Gethsemane Andrea Mantegna um 1460 


Donnerstag, 5. April 2012

BEIGE ?


Wiki sagt:
Die Farbe Beige umfasst eine Folge von unbestimmt warmen, weißlichen Brauntönen.

Wenn man die Etymologie nachschlägt, findet man nur: das Wort stammt aus dem Französischen, bezeichnet ungefärbte Baumwolle und ist halt beige - beige ist beige, irgendwie nicht weiss, nicht gelb, nicht braun. Es sei ein Synonym für naturfarben. Aber was soll das sein? Natur in beige? Sand. Staub. Stein. Hm. Alle drei setzen sich aus vielen Farben zusammen, die nur in der Vermischung, Zusammenstellung und bei bestimmtem Licht scheinbar verblassen. 

Der Staub auf Olivenbäumen. Der ist gräulich. Beige waren die Windjacken der "unauffälligen" Männer in der DDR. Und dort war Beige auch eine häufig verwendete Farbe, um Häuser zu verputzen. Alte Computer sind beige. Bei beigen Wänden fällt der Schmutz nicht so auf, also waren Krankenhauszimmer früher oft so gestrichen.
 
Werbespot DDR - Trabant 601 

Das Englische hat für nicht-ganz-weißes Weiß das schöne Wort "off-white", bei uns heißt das cremefarben, ist also auch nicht beige. 

WAS IST BEIGE? Eine Fast-Farbe. Erbleichtes Braun, vergilbtes Weiß, gebräuntes Gelb. Bräunlich, gelblich, weißlich. Zögerlich. Feig. Auf halbem Weg. Aber als Kontrastfarbe zu gebrauchen.

 Die Atacama Wüste in Chile
Beige?

Cosmic latte ist der Name, den Astronomen der Johns Hopkins Universität in Baltimore/Maryland, der durchschnittlichen Farbe des Universums gegeben haben. Nach ihren Untersuchungen ergibt die Summe des Lichtes im Universum ein leicht beiges Weiß.
 Der Name entstand, als einer der Wissenschaftler nachdenklich in seinen Starbuck's Kaffee starrte.


Mittwoch, 4. April 2012

e.e. cummings - morning


als du fortgingst war es morgen

als du fortgingst war es morgen
(das ist,große pferde;licht befingert
strassen;füße nehmen schuhe (wohin?) ein welpe
hastig buckelnd über abfall;ein benachbarter

karren eindrucksvoll leer;kichernde
ladentüren aufgeschlossen von weiß-maden
gesichtern) klamotten in delikatem tumult

standest du an irgendetwas denkend,

vielleicht die welt....Aber ich habe mich seitdem gefragt
ist es nicht wirklich merkwürdig von dir
wie eine elegante angenehme blume zwischen meinen

amüsierten beinen zu liegen
                                           küssend mit kleinen dellen

von april, die obszön schüchternen brüste
kitzeln machend,lachend wenn ich welke und zucke

   Schatten der Vergangenheit © Lyubomir Bukov

when you went away it was morning 
when you went away it was morning
(that is,big horses;light feeling up
streets;heels taking derbies (where?) a pup
hurriedly hunched over swill;one butting

trolley imposingly empty;snickering
shop doors unlocked by white-grub
faces) clothes in delicate hubbub

as you stood thinking of anything,

maybe the world….But i have wondered since
isn’t it odd of you really to lie
a sharp agreeable flower between my

amused legs
                kissing with little dints

of april,making the obscene shy
breasts tickle,laughing when i wilt and wince
 
e.e. cummings 
From & [AND] | 1925 
 

Dienstag, 3. April 2012

P183 - Graffitti


"Was ich tue, ist bedeutsamer, als wer ich bin, die Menschen sollen meine Arbeiten kennen, nicht mein Gesicht." P183

P183 ist der Künstlername eines russischen, genauer Moskauer Strassen Künstlers. Er arbeitet anonym, heisst vielleicht Pawel, seinen Kopf und das Gesicht bedeckt er mit einer Bankräubermütze und er mag keine Vergleiche mit Banksy, "Ich respektiere Banksys Arbeit, aber sie ist keine Inspiration für mich." Parallelen zu sehen, läßt sich aber doch nicht ganz vermeiden. Wahrscheinlich ist es der Realität Russlands zu schulden, dass seine Arbeiten, schwerer, unheiterer wirken, als die des englischen Graffitti-Malers.



Brücken-Brandstifter
"Es ist all jenen gewidmet, die Brücken anzünden, über die sie gehen könnten. Es ist für alle, die bewusst auf etwas Großes verzichten, um etwas Bedeutenderes zu bewahren" P183




"Anti-Putin Proteste sind das Beste was Russland in den vergangenen Jahren passiert ist. Die, die auf die Strassen gehen, Haben keine Angst. Es ist die Geburt einer Bürger-Gesellschaft in Russland." P183
"Anti-Putin protests are the best thing that has happened to Russia in recent years, those who take to the streets are not afraid of anything. It’s the birth of a civil society in Russia. "


Quellen: Spiegel online Benjamin Bidder "Der Russe mit der Hasskappe"

Montag, 2. April 2012

GRAU




Jede Farbe ist mir recht. Hauptsache sie ist grau.
Bertolt Brecht


Die Grauzone graut. Im Morgengrauen esse ich mein Graubrot. Ich bin in Ehren ergraut,
Die Grauen Panther, in grauer Vorzeit, die graue Eminenz.  
Es wird ein gräulicher Tag,
Grau. 
Aber auch: "Heinrich, mit graut vor Dir", du bist grausam, ich graule mich vor Dir, das alltägliche Grauen.
Es wird ein gräulicher Tag.
 Das Grauen. 

Grauen - Im Deutschen ist das sowohl, obgleich das Erstere nicht mehr so gebräuchlich ist, das Grauwerden von etwas, als auch das Grauen, das man vor etwas empfindet. Man könnte also durch Grauen grauen. Und gräulich schreibt man jetzt auch, nicht mehr greuliche Greuel, sondern gräuliche Gräuel.  
Diese Doppelbedeutung von grau, der Farbe und dem 'grau' aus grausam,verändert mein inneres Bild der Farbe. Ich mag Grau, aber graue Tage sind gräulich und Grauenerweckendes möchte ich vermeiden.


Wiki sagt: Als Grau wird ein Farbreiz bezeichnet, der dunkler als Weiß und heller als Schwarz ist, aber keinen farbigen Eindruck erzeugt. Grau besitzt keine Buntheit, es ist eine unbunte Farbe. Alle Abstufungen zwischen reinem Weiß und reinem Schwarz werden als Graustufen bezeichnet.


Grey Daisy painting
Graues Gänseblümchen

Marilyn Manson: "Jemand sagte, "Warum malst Du nicht mal was Nettes, sowas wie eine Blume?"  Da habe ich eine gemalt, aber letztendich habe ich nur das schmutzige Wasser von einem anderen Bild benutzt. Wäre ich nicht ich, würde ich dieses haben wollen."
"Someone said, 'Why don't you ever paint something nice, like a flower?' So I painted one, but I ended up using only the dirty water from another painting. If I wasn't me, I would probably want this one." 

Grau, Liass & Mats 2011


DIE STADT

Am grauen Strand, am grauen Meer
Und seitab liegt die Stadt;
Der Nebel drückt die Dächer schwer,
   aUnd durch die Stille braust das Meer
Eintönig um die Stadt.

Es rauscht kein Wald, es schlägt im Mai
Kein Vogel ohn' Unterlass;
Die Wandergans mit hartem Schrei
Nur fliegt in Herbstesnacht vorbei,
Am Strande weht das Gras.

Doch hängt mein ganzes Herz an dir,
Du graue Stadt am Meer;
Der Jugend Zauber für und für
Ruht lächelnd doch auf dir, auf dir,
Du graue Stadt am Meer.

Theodor Storm

Die Anapher (von griechisch ἀναφορά: anaphorá: das Zurückführen, die Rückbeziehung; ist eine rhetorische Wortfigur; sie bezeichnet die (einmalige oder mehrfache) Wiederholung eines Wortes (oder einer Wortgruppe) am Anfang aufeinander folgender Verse,Strophen, Sätze oder Satzteile. So dient sie der Strukturierung und Rhythmisierung von Texten.

Andrea Quaratesi, 1532, Michelangelos Lieblingsschüler


Himmel grau und wochentäglich

Himmel grau und wochentäglich!
Auch die Stadt ist noch dieselbe!
Und noch immer blöd und kläglich
Spiegelt sie sich in der Elbe.

Lange Nasen, noch langweilig

Werden sie wie sonst geschneuzet,
Und das duckt sich noch scheinheilig,
Oder bläht sich, stolz gespreizet.

Schöner Süden! wie verehr ich

Deinen Himmel, deine Götter,
Seit ich diesen Menschenkehricht
Wiederseh, und dieses Wetter!

Heinrich Heine





Samstag, 31. März 2012

BUNT


EIN BUNTES TREIBEN

Bunt, bunt, bunt sind alle meine Kleider,
Bunt, bunt, bunt ist alles, was ich hab.
Darum lieb ich alles, was so bunt ist,
Weil mein Schatz ein Maler, Maler ist.

Indische Pigmente © Dan Brady

Wiki sagt:
BUNT: bezeugt im Mittelhochdeutschen bunt „(vom Pelzwerk) schwarz-weiß (gefleckt)“, welches ab dem 13. Jahrhundert das ältere mittelhochdeutsche Wort vēh „vielfarbig“ ablöst, und zunächst ein reines Klosterwort war, welches eine schwarze Stickerei auf weißem Grund bezeichnete. Die weitere Herkunft des Wortes bleibt unklar.


Entgegen dem allgemeinen Sprachgebrauch werden in der Farblehre Weiß und Schwarz zu den „Farben“ gezählt. Für die Unterscheidung zwischen Weiß/Grau/Schwarz einerseits und den restliche Farben andererseits gibt es in der Fachsprache das Wort „bunt“. Es bezeichnet das, was die Alltagssprache „farbig“ nennt. „Bunt“ oder „Buntheit“ ist in der Farbtheorie die Reinheit, die bei Spektralfarben maximal ist, die also einen maximalen Farbsättigungsgrad haben. Mit dem Wort „unbunt“ werden dagegen Farben bezeichnet die keinerlei „Farb“eindruck hinterlassen.

Das Auge eines Studenten während Holi, in Chandigarh, in Indien 10.März 2009 © Reuters/Ajay Verma

Holi, das Fest der Farben, ist ein indisches Frühlingsfest am Vollmondtag des Monats Phalguna (Februar/März). Dieses „Fest der Farben“ dauert mindestens zwei, in einigen Gegenden Indiens auch bis zu zehn Tagen. Es wird der Frühling begrüßt und der Sieg des Guten über das Böse gefeiert.  

Der kindliche Prinz Prahlada sollte von seinem Vater überredet werden, ihm alle göttliche Ehre zu erweisen, der Junge jedoch verehrte weiterhin nur Vishnu. Mit verschiedenen Mitteln versuchte nun der König seinen Sohn zu töten, jedes mal jedoch griff Vishnu selbst ein und rettete das Kind. Schließlich griff der König zu einer List: Seine Schwester Holika, eine Dämonin, die durch besondere Kräfte vor dem Feuer geschützt war, sollte mit Prahlada auf dem Schoß ins Feuer springen und ihn so verbrennen. Aber die Flammen verschonten das Kind und von Holika blieb nur ein Häufchen Asche. Danach feiern die Menschen als Erinnerung an die Vernichtung der Dämonin das Fest Holi.

Für die Dauer der Feierlichkeiten, so sagt man, sind die strengen Kasten-, Klassen- und Geschlechterschranken aufgehoben. Die Menschen bewerfen einander mit duftendem Farbpuder und Parfumen, dann wird mit riesigen Feuern, die Verbrennung der Holika zelebriert. 

Die traditionellen natürlichen Farbpigmente waren gleichzeitig medizinische Kräuter, die ayurvedische Heiler zur Behandlung der üblichen Frühlingskrankheiten, wie Heuschnupfen und Erkältungen, verwendeten.



DAS WIRD MIR ZU BUNT!

Freitag, 30. März 2012

Marie Curie - Adrienne Rich


 Marie Curie

Macht

Lebend   in den Erd- Ablagerungen   unserer Vergangenheit

hat HEUTE ein Grabenbagger   aus einer zerbröckelnden Fläche Erde
eine Flasche   bernsteinfarben   perfekt   einhundert Jahre alt   enthüllt
Heilmittel für Fieber  oder Melancholie  ein Tonic
um auf dieser Erde zu überleben   in den Wintern dieses Klimas

HEUTE habe ich über Marie Curie gelesen:
sie muß gewußt haben, dass sie    an Strahlenkrankheit litt
ihr Körper jahrelang bombardiert von dem Element
das sie läuterte
es scheint als hätte sie bis zum Ende 
die Ursache der Katarakte in ihren Augen geleugnet
die aufgesprungene und eiternde Haut   ihrer Fingerspitzen
bis sie kein   Reagenzglas und keinen   Bleistift mehr halten konnte

Sie starb als berühmte Frau   ihre Wunden
verleugnend
verleugnend
dass ihre Wunden   wie ihre Macht   aus der gleichen Quelle   stammten  

Adrienne Rich
Adrienne Rich starb am 27. März 2012 82-jährig in Kalifornien. 

Nobel Preisträgerin Marie Curie besucht Canonsburg

Power

Living   in the earth-deposits   of our history

Today a backhoe divulged   out of a crumbling flank of earth
one bottle   amber   perfect   a hundred-year-old
cure for fever   or melancholy   a tonic
for living on this earth   in the winters of this climate

Today I was reading about Marie Curie:
she must have known she suffered   from radiation sickness
her body bombarded for years   by the element
she had purified
It seems she denied to the end
the source of the cataracts on her eyes
the cracked and eiing skin   of her finger-ends
till she could no longer hold   a test-tube or a pencil

She died a famous woman   denying
her wounds
denying
her wounds   came   from the same source as her power

Adrienne Rich
The Fact of a Doorframe: Poems Selected and New 1950-1984. New York: Norton, 1984.

  Marie Curie mit ihren Kindern

Donnerstag, 29. März 2012

Lola Montez - Teil 1


"Was Lola will, kriegt Lola auch." 
"Whatever Lola wants, Lola gets." 

Elizabeth Rosanna Gilbert begehrt, berühmt und berüchtigt unter dem Namen Lola Montez - viele Einzelheiten ihres Lebens blieben jahrelang umstritten und auch sie selbst hat die eigene Geschichte ausgeschmückt, repariert und zurechtgezupft.
Noch immer ziehen viele den Mythos der wahren Geschichte vor, und dabei ist diese doch schon phantastisch genug.

 Lola Montez, 1847, gemalt von Joseph Karl Stieler für Ludwig I.

1821 in Grange, County Sligo, Irland, als Kind eines Offiziers und der Tochter eines Richters und ehemaligen Parlamentsmitgliedes geboren. Die Gerüchte über ihre Unehelichkeit sind nachweisbar falsch. Aufgewachsen in Indien, der Vater stirbt bald, das "wilde" Kind wird vom Stiefvater nach England in die Schule geschickt, früh und ohne Zustimmung der Eltern verheiratet sie sich mit einem Leutnant James, die beiden gehen nach Kalkutta und trennen sich 5 Jahre später.

Die Kleine soll ungewöhnlich hübsch, frech, eigensinnig und schnell erzürnt gewesen sein und hat gern Leuten Streiche gespielt. So weit, so gut.

Aber jetzt: 1843 tritt sie in London unter ihrem Künstlernamen "Lola Montez, die spanische Tänzerin" auf, wird aber als Mrs. James erkannt, es kommt zum Skandal, sie verläßt England und bereist ihren berühmten "Tarantulatanz" tanzend den Kontinent. Affairen mit Franz Liszt und Alexander Dumas, dem Älteren und wahrscheinlich einigen anderen Wohltätern folgen. Sie lebt eine Weile in Paris, nachdem ihr dortiger Liebhaber im Duell stirbt, geht sie 1846 nach München unter dem noch blumigeren Namen Señora Maria de los Dolores Porris y Montez und wird nahezu sofort die Geliebte des sechzigjährigen Bayernkönigs Ludwig I., der sie bald darauf zur Gräfin von Landsfeld ernennt. Er schreibt an einen Freund: "„Eßlust und Schlaf verlor ich zum Teil, fiebrig heiß wallte mein Blut, in des Himmels Höhen hob es mich, meine Gedanken wurden reiner, ich wurde besser.“ Ihr Ersuchen um die bayrische Staatsbürgerschaft erzürnt das Kabinett, alle Minister ersuchen aus Protest um ihre Entlassung und - werden von Ludwig entlassen, ein neues Kabinett wird gebildet. Lola erhält Unsummen vom König und wird in sein Testament aufgenommen, sollte sie zum Zeitpunkt seines Ablebens unverheiratet und nicht Witwe sein. Sie nutzt ihren Einfluß aber auch für eine Liberalisierung Bayerns und gegen den Einfluss der Jesuiten.

Lola ???
Wiki sagt: Lola Montez war bei der Münchner Bevölkerung sehr unbeliebt. Sie löste einen Skandal nach dem anderen aus, wenn sie mit ihrer Dogge Turk Zigarre rauchend durch München zog. Lola, der der Gedanke einer studentischen Leibgarde gefiel, gelang es, den Senior und weitere Corpsburschen des Corps Palatia München dazu zu bringen, sich ihr unter dem neuen Corps-Namen Alemannia anzuschließen. Zum Corps-Studenten Peissner nahm sie bald ein sexuelles Verhältnis auf. Ihr Verhalten verursachte einigen Ärger in der Studentenschaft, so dass schließlich alle anderen Münchener Corps (Suevia, Palatia, Bavaria, Isaria) die Alemannia anfeindeten. Professoren und hohe Beamte wurden entlassen. Als sie schließlich von einer aufgebrachten Menge auf dem Theatinerplatz erkannt wurde, kam es zu Handgreiflichkeiten, und sie flüchtete sich in die Theatinerkirche. Daraufhin verordnete Ludwig I. am 9. Februar 1848 die sofortige Schließung der Universität bis zum Wintersemester 1848/49 und befahl allen Studenten, die Stadt binnen drei Tagen zu verlassen. Am 10. Februar 1848 zogen Studenten und andere Bürger vor die Residenz, und es kam zu Unruhen in der Stadt.
Nach heftigem Protest der Geschäftsleute, Vermieter und Bürger wurde die Universität einen Tag später wieder geöffnet und es erging der Befehl, dass Gräfin Landsfeld die Stadt binnen einer Stunde zu verlassen habe.
 
 Eduard Fuchs “Ein vormärzliches Tanzidyll"
 
Grandioses Drama! Herrlich. Sie raucht in der Öffentlichkeit Zigarre (Streng verboten natürlich!), schlägt aufdringliche Männer mit einer Peitsche, die sie stets bei sich hat, ins Gesicht, ist für ihre Wutausbrüche und ihren sexuellen Appetit bekannt. Liszt soll sie so erschöpft haben, dass er heinlich nachts aus dem gemeinsamen Hotel floh und an der Rezeption Geld für die Möbel, die sie erwartungsgemäß zertrümmern würde, hinterließ.
 
Duelle, Kabinette gestürzt, Universitätsbetrieb eingestellt und Ludwig I. muß zurücktreten (sicher nicht nur wegen Lola) und schreibt Gedichte! 
 
Nach einem Aufenthalt in der Schweiz, wo sie auf Wiedervereinigung mit dem König wartet und in Briefen um Geld bettelt, zieht sie 1848 wieder nach London und erst nachdem sie dort wieder geheiratet hatte, beendet Ludwig endgültig die Beziehung.


Mittwoch, 28. März 2012

Olympe De Gouges - Erklärung der Rechte der Frau und Bürgerin

Olympe De Gouges, geborene Marie Gouze

September 1791

Auszug aus der Erklärung der Rechte der Frau und Bürgerin

Ihre ,Déclaration des droits de la femme et de la citoyenne’ schickt Olympe an die Nationalversammlung. Der Rechtsentwurf wurde ignoriert.

„Das an Schönheit wie an Mut, die Beschwernisse der Mutterschaft betreffend, überlegene Geschlecht … erklärt die folgenden Rechte der Frau und Bürgerin:

Art. I: Die Frau wird frei geboren und bleibt dem Mann an Rechten gleich [...]
Art. II: Das Ziel jeder politischen Vereinigung ist die Bewahrung der natürlichen und unverjährbaren Rechte von Frau und Mann: diese Rechte sind Freiheit, Eigentum, Sicherheit und vor allem Widerstand gegen Unterdrückung.
Art. III: Die Grundlage jeder Staatsgewalt ruht ihrem Wesen nach in der Nation, die nichts anderes ist als die Wiedervereinigung von Frau und Mann [...]
Art. IV: Freiheit und Gerechtigkeit bestehen darin, alles zurückzugeben, was einem anderen gehört. So hat die Ausübung der natürlichen Rechte der Frau keine Grenzen ausser denen, die die ständige Tyrannei des Mannes ihr entgegensetzt. Diese Grenzen müssen durch die Gesetze der Natur und der Vernunft reformiert werden.
Art. V: Die Gesetze der Natur und der Vernunft verbieten alle Handlungen, die der Gesellschaft schädlich sein können. Alles, was nicht durch diese weisen und göttlichen Gesetze verboten ist, kann nicht verhindert werden [...]
Art. VI: Das Gesetz muss Ausdruck des Gesamtwillens sein; alle Bürgerinnen und Bürger müssen persönlich oder durch einen Stellvertreter zu seiner Entstehung beitragen: alle Bürgerinnen und Bürger, die ja in seinen Augen gleich sein, müssen gleichermassen zu allen Würden, Stellungen und öffentlichen Ämtern zugelassen sein [...]
Art. VII: Keine Frau ist ausgenommen; sie wird in den vom Gesetz bestimmten Fällen angeklagt, festgenommen und gefangengehalten. Die Frauen sind wie die Männer diesem unerbittlichen Gesetz unterworfen.
Art. VIII: Das Gesetz darf nur Strafen festsetzen, die unbedingt und offensichtlich notwendig sind [...]
Art. IX: Auf jede für schuldig befundene Frau wird die ganze Strenge des Gesetzes angewandt.
Art. X: Niemand darf wegen seiner Überzeugungen, auch wenn sie grundsätzlicher Art sind, belangt werden. Die Frau hat das Recht das Schafott zu besteigen; sie muss gleichermassen das Recht haben, die Tribüne zu besteigen [...]
Art. XI: Die freie Gedanken- und Meinungsäusserung ist eines der kostbarsten Rechte der Frau, da diese Freiheit die Legitimität der Väter gegenüber den Kindern sichert. Jede Bürgerin kann deshalb frei sagen: „Ich bin Mutter eines Kindes, das Euch gehört“, ohne dass ein barbarisches Vorurteil sie zwängt, die Wahrheit zu verbergen [...]
Art. XII: Die Garantie der Rechte der Frau und der Bürgerin muss einem höheren Nutzen verpflichtet sein. Diese Garantie muss dem Vorteil aller gegründet sein und nicht auf dem besonderen Nutzen derer, denen sie gewährt wird.
Art. XIII: Für den Unterhalt der Staatsmacht und für die Ausgaben der Verwaltung sind die Beiträge von Frau und Mann gleich. Sie ist beteiligt an allen Frondiensten und mühseligen Arbeiten; sie muss deshalb gleichermassen beteiligt sein an der Verteilung der Posten, der Anstellungen, der Aufträge, der Würden und der Gewerbe.
Art. XIV: Die Bürgerinnen und Bürger haben das Recht, selbst oder durch ihre Stellvertreter die Notwendigkeit der öffentlichen Steuer Festzustellen. Die Bürgerinnen können dem nur zustimmen, wenn eine gleichmäßige Teilung zugelassen wird, und zwar nicht nur beim Vermögen, sondern auch bei den öffentlichen Ämtern, und sie die Höhe, die Veranlagung, die Eintreibung und die Dauer der Besteuerung mitbestimmen.
Art. XV: Die Masse der Frauen, die durch die Steuerleistung mit der der Männer vereinigt ist, hat das Recht, von jedem öffentlichen Beamten Rechenschaft über seine Verwaltung zu verlangen.
Art. XVI: Jede Gesellschaft, in der die Garantie der Rechte nicht gesichert und die Trennung der Gewalten nicht festgesetzt ist, hat gar keine Verfassung. Die Verfassung ist null und nichtig, wenn nicht die Mehrheit der Individuen, die die Nation bilden, an ihrer Ausarbeitung mitgewirkt hat.
Art. XVII: Eigentum kommt allen Geschlechtern zu, gemeinsam oder getrennt [...] niemand kann seiner als eines wahren Erbteils der Natur beraubt werden [...]

Alexander Kucharsky Porträt der Olympe de Gouges 
"Um die öffentliche Stimme, die meine patriotischen Schriften mir eingetragen haben, ins Schwanken zu bringen, verbreiten unbesonnene Menschen überall, dass ich Liebhaber gehabt habe; gewiss, diese Bemerkung ist neu und ganz besonders wesentlich."

Ihr Todesurteil wurde am 3. November 1793 auf der Place de la Concorde durch die Guillotine vollstreckt.