Dienstag, 20. Dezember 2011

Monty Python - Das Leben des Brian


Zuhörer bei der Bergpredigt: - "Lauter!!!"

"Monty Python's life of Brian" - die Geschichte des Brian Cohen, des unehelichen Sohnes der Mandy Cohen, geboren in Bethlehem im Nachbarstall, in der selben heiligen Nacht, aber ohne Stern und ohne Engel und auch die drei Heiligen Könige nehmen ihre Geschenke wieder mit, als sie die Verwechslung bemerken. 

Ein Film über den Wahnsinn von Fundamentalismus, den Irrsinn von organisierter Religion und die grundsätzliche Schwierigkeit, sich zu verständigen. Die grandioseste Komödie, die ich kenne! Mit Ausnahme von Pasolinis Verfilmung des Matthäus Evangeliums, ist dies der einzige "Jesus"-Film, den ich gelten lasse, auch wenn es ja eigentlich kein Jesus-Film ist, sondern einer über Brian. 
Ups, jetzt hätte ich fast "Jesus Christ Superstar" vergessen! 
Natürlich kann man sich natürlich auch Mel Gibsons Machwerk in Aramäisch anschauen, wenn man mal zynisch lachen will.  

Die Tiger Lillies haben das sehr fröhliche Lied eines römischen Soldaten, der Jesus ans Kreuz nagelt und dabei viel Spaß hat, geschrieben: "Banging in the nails" = "Die Nägel reinhauen"

In Norwegen und Irland war der 1979 gedrehte Film, wegen Blasphemie, eine ganze Zeit lang verboten, was zu schwedischen Werbeplakaten mit dem Slogan, "So komisch, dass er in Norwegen verboten ist!", führte. 
Die walisische Stadt Aberystwyth hat erst dieses Jahr, 30 Jahre nach der Premiere, die erste öffentliche Vorführung des Filmes gestattet. Die jetzige Bürgermeisterin hat das organisiert, sie hat im Film Brian's Freundin Judith Iscariot gespielt.

-Zenturio (genüsslich): "KREUZIGUNG ist grausam."
-Der Alte: "Ja, aber wenigstens ist man dabei an der frischen Luft!"

Verrückterweise ist die Darstellung des historischen Judäa im Film realistischer als in den üblichen Bibelverfilmungen, Monty Python waren für ihre gründliche und genaue Vorbereitung bekannt.

"Der Nächste! Zur Kreuzigung?" - "Nein, Freispruch." - "Was?" - "Sie haben mich freigesprochen. Sie sagten, ich hätte nichts getan, also könnte ich frei ausgehen und irgendwo auf einer Insel leben." - "Oh, das ist aber nett für Dich. Dann aber nichts wie ab." - "Nein, nein, ich hab' Sie verulkt. In Wirklichkeit ist es Kreuzigung." - "Oh, ich verstehe, sehr gut, sehr gut. Nun, zur Tür hinaus ..." - "... ja, ich weiß Bescheid. Zur Tür raus, linke Reihe, jeder nur ein Kreuz."

Ursprünglich gab es noch einen Handlungsstrang mit einer fundamentalistischen zionistischen Gruppe mit ihrem Anführer Otto, der ein kleines Hitlerbärtchen trug und mit deutschem Akzent sprach. Terry Gilliam schrieb dazu: "Wir haben die Christen verärgert, jetzt ran an die Juden." ("Listen, we've alienated the Christians, let's get the Jews now.") es ist nicht ganz klar, ob diese Szenen rausgeschnitten wurden, weil sie die Geschichte verlangsamten, oder weil Selbstzensur stattfand.


-Zenturio: "Was haben wir denn da? ´Romanes Eunt Domus´? Irgendwelche Leute namens Romanes gehen das Haus?"
-Brian: "Das heißt: ´Römer, geht nach Hause.´"
-Zenturio: "Nein, das heißt es nicht. Sondern wie lautet das lateinische Wort für Römer? ... Los ... los ..."
-Brian: "Romanus!"
-Zenturio: "Geht wie?"
-Brian: "Äh ... annus."
-Zenturio: "Der Vokativ Plural von annus lautet ..."
-Brian: "Anni."
-Zenturio: "Romani ... "Eunt"? Was heißt "Eunt"?"
-Brian: "Geht ... Äh ..."
-Zenturio: "Konjugiere das Verbum "gehen"."
-Brian: "Ire ... eo ... is ... it ... imus ... itis ... eunt ..."
-Zenturio: "Somit ist eunt ...?"
-Brian: "Dritte Person Plural Indikativ Präsens... Sie gehen."
-Zenturio: "Aber "Römer, geht nach Hause" ist ein Befehl... also brauchst du..."
-Brian: "Den Imperativ!"
-Zenturio: "Und der wäre...?"
-Brian: "Aah ... i ..."
-Zenturio: "Wie viele Römer?"
-Brian: "Plural! Plural! Ite!! Ite!!"
-Zenturio: "Ite ... Domus ... was ist domus?"
-Brian: "Äh ..."
-Zenturio: "Römer, geht nach Hause. Das ist doch eine hinführende Bewegung, nicht wahr, mein Junge?"
-Brian: "Dativ?!......Brian Nein, nicht Dativ..."
-Zenturio: "... Was dann?"
-Brian: "Äh ... Akkusativ ... äh ... domum ... ad domum."
-Zenturio: "Nur gibt es eben von domus auch den ...?"
-Brian: "... Oh, den Lativ!"
-Zenturio: "Der da lautet ..."
-Brian: "Domum?"
-Zenturio: "Also ergibt das ... Romani, ite domum. Hast du das begriffen?"
-Brian: "Jawohl."
-Zenturio: "Und jetzt schreibst du das hundertmal!"
-Brian: "Jawohl. Ave Cäsar."
-Zenturio: "Ave Cäsar."
-Brian: "Jawohl."
-Zenturio: "Und wenn du bis Sonnenaufgang nicht damit fertig bist, schneid ich dir die Eier ab."

"Always look on the bright side of life", die letzte Szene des Filmes mit einem der aufmunternsten Lieder aller Zeiten:




Sonntag, 18. Dezember 2011

Süßigkeiten



Warnung: Aufgrund ihres hohen Zuckergehaltes können 
Süßwaren mitverantwortlich für Übergewicht sein. 
Sie gefährden auch die Zahngesundheit durch 
die Förderung der Entstehung von Karies. 
Aber sie schmecken!

Lutschbonbons, edel und zahnschmerzverursachend, 
Zuckerwatte in rosa und weiß, kandierte Früchte 
oder auch manchmal getrocknete, gebratene Äpfel 
oder Banane mit Honig, nur kein Frischobst. Marzipan, 
(in der DDR aus Mandelmangel durch Persipan ersetzt), 
Baiser (alias Merengue), Lutscher, 
besonders die langen gemusterten Zuckerstangen, 
Kaugummi zum Blasen blasen und unter Tische kleben. 
Fondant, Toffee, Karamel, Pudding heiß oder kalt, 
flüssig oder fest, Creme, süße Sahne, Kuchen, 
Weihnachtsstollen, Pfannkuchen, Eierschecke, 
Plundergebäck, Nussecken, Negerküsse 
(die echten und die aus Schokolade), Zuckerschnecken 
(auch hier die echten und die aus Zuckerteig), 
Rosinenbrötchen, Tarts, Muffins, Arme Ritter, 
Ahornsirup über fast alles, Torte, Kekse, 
Plätzchen, Waffeln, Vanillesauce, Lakritze, 
Gummibärchen, Marshmallows, Türkischer Honig. 
Quarkkeulchen auf dem Weihnachtsmarkt. 
Crepes auf der Strasse in Paris. 
Maronen in Zürich. Halva in Jerusalem. 
Selbsteingekochte Marmelade in Buckow 
oder auch Konfitüre, Gelee. 
Orangenmarmelade in London oder Lemon Curd.
Schokolade. Vollmilch. Zartbitter. Herb. Mit Nüssen. 
Mit Füllung. Als Tafel, als Riegel, als Riesentobleronepackung. 
Als Überzug für Nüsse, Mandeln oder Kaffeebohnen. 
Mit Ingwer. Oder Orange. Als Heiße Schokolade, 
wie sie die Franzosen kochen, mit aufgelöster 
Bitterschokolade, Zucker, Milch, etwas Kaffee und 
einer Prise Salz. Nougat! Schokotrüffel! 
Besonders die Tagestrüffel von Sprüngli. 
Die halten nur zwei Tage und müssen aufgegessen werden. 
Eiscreme, Vanille, Schoko, Erdbeer, Jogurth, Sahne, 
mit Schokoladensauce, mit Eierlikör, mit heißen Feigen, 
mit frischen Erdbeeren. Am Hölzchen, in der Waffel, 
im Glas, vorm Kino als Eiskonfekt oder nachts 
vor dem Kühlschrank aus der Literpackung.
Speichelbildung? Visionen? Leichtes Zittern? 
Nichts dabei? Gar nichts? 
Oh! Schon tot und noch nichts bemerkt? 
Oder bevorzugen Sie etwa, wie meine Nichte, Oliven 
und anderes salziges Zeugs? Oder nehmen Sie nie ein 
Gramm zu und denken keine Sekunde über das, was sie 
essen nach? Dann ist das hier nichts für Sie.
Dies ist für alle, die, wie ich, Süßigkeiten lieben 
und dieser Liebe nur unter strenger Selbstkontrolle 
folgen dürfen, die, hin und wieder, nicht von Sex, 
sondern von einer Schokotorte träumen, 
oder noch besser von beidem zusammen? 
Die, die sich ihre süßen Gelüste einteilen müssen, 
was für ein hartes Regime. 
Und Stevia, Canderell und der ganze Mist können 
mir gestohlen bleiben, das ist was für Schwächlinge. 
(Ich entschuldige mich im Voraus bei allen Diabetikern, 
ihr seid natürlich nicht gemeint.) 
Ich will Zucker, vom Rohr oder der Rübe, Honig geht auch. 
Zucker, oder C12H22O11, erstaunliches Zeug, 
gehört nicht zu den Grundnahrungsmitteln, 
man kann ein Leben lang ohne ihn auskommen, 
aber was ist das für ein Leben.
Einmal im Jahr ein dreifaches Hoch für die ungesunden Genüsse!
Hoch! Hoch! Hoch!

Samstag, 17. Dezember 2011

Die etwas andere Weihnachtsplatte

"A Christmas Gift for You from Phil Spector" hieß ursprünglich "A Christmas Gift for You from Philles Records", der Plattenfirma von Phil Spector und Lester Sill, der aber schon ein Jahr nach der Gründung seine Anteile an Spektor verkaufte. Somit wurde Phil Spektor 1962 mit 21 Jahren der zu jener Zeit jüngste Chef einer Musikproduktionsfirma. Unter diesem Label wurden vier Langspielplatten (ein nahezu archaisches Wort) und circa 39 Singles veröffentlicht. Ike und Tina Turner, The Crystals und The Righteous Brothers waren einige der Künstler unter Vertrag bei Philles.

Wer Phil Spektor nicht kennt: er hat später mit den Beatles deren Album "Let it be" produziert, viel mit Ike und Tina Turner, John Lennon, Yoko Ono, Leonard Cohen, George Harrison und den Ramones gearbeitet. Als Komponist ist wohl "You've lost that loving feeling" für die Righteous Brothers sein berühmtester Song. 2003 hat er seine Frau erschossen und sitzt deshalb momentan im Gefängnis.



A Christmas Gift for You from Phil Spector gehört zu den 500 besten Alben aller Zeiten von Rolling Stone. 13 klassische Weihnachtslieder produziert im Spektor-Sound und gesungen mit Spaß und Können von coolen Sängern. Falls man Weihnachten, zwar mit nostalgischen Gefühlen, aber auch mit Heiterkeit und tanzend verbringen möchte, oder wenigstens das Plätzchenbacken oder Geschenkeeinpacken, ist es die perfekte Wahl. 

Sonny Bono von Sonny und Cher spielt übrigens Percussion.

Joachim Ringelnatz - Vorfreude auf Weihnachten


Vorfreude auf Weihnachten

Ein Kind - von einem Schiefertafel-Schwämmchen
Umhüpft - rennt froh durch mein Gemüt.

Bald ist es Weihnacht! - Wenn der Christbaum blüht,
Dann blüht er Flämmchen.
Und Flämmchen heizen. Und die Wärme stimmt
Uns mild. - Es werden Lieder, Düfte fächeln. –
Wer nicht mehr Flämmchen hat, wem nur noch Fünkchen glimmt,
Wird dann doch gütig lächeln.

Wenn wir im Traume eines ewigen Traumes
Alle unfeindlich sind - einmal im Jahr! -
Uns alle Kinder fühlen eines Baumes.

Wie es sein soll, wie’s allen einmal war.

Joachim Ringelnatz


Freitag, 16. Dezember 2011

Der Weihnachtsmann und die Mode













2011 - ganz egoistisch gesehen


2011. Ein Jahr. Viel erlebt. (Klingt wie erlegt.) Viel gelebt.



Der Jahresbeginn in Berlin mit „Den Zofen“, ein merkwürdig halbes Erlebnis. Drei Studenten mit sehr verschiedenen Erwartungen und unvereinbarer Risikobereitschaft und ein Choreograph mit Talent und heftigen Egoproblemen.



Dann, ohne Erwartung, nach Ingolstadt für „Meister und Margerita“. Und dort traf ich auf eins der tollsten Ensembles, die ich je erlebt habe. Neugierig, lustig und risikofreudig. Was für ein Glück!



Dann: 4 Monate, in Worten: vier Monate frei. Ein Erlebnis der dritten Art. Mein Kopf befreit, nach 30 Jahren Theater ohne Pause.

Mein Herz und mein Bauch in offener Bereitschaft. Freunde, Familie, Nelly, Museen, Bücher, Schreiben! Leben! Leben ohne Theater! Es geht! Ich amüsiere mich wie Bolle! Jetzt muss ich nur noch genug Geld verdienen, um mir das öfter leisten zu können! Ups, stimmt, nebenbei, dreht die Welt, oder die Ökonomie völlig durch, nichts ist mehr sicher. Aber trotzdem, ich bin froh, erlebt zu haben, dass ich solche Freude am Leben haben kann, auch wenn ich nicht Morgens und Abends am Probieren bin.



Dann, ein Schock, ich verliere einen Freund. Um genau zu sein, ich habe nicht viele Freunde, weil ich Freundschaft, vielleicht übermäßig, ernst nehme. Ich bin selten so verletzt worden. Hat euch schon mal, jemand dem ihr sehr vertraut habt, mitten ins Gesicht gespuckt? So in etwa! His loss! Meine Trauer! Aber ich bestehe auf mein Recht, mein Herz zu verschenken!



Und trotzdem waren die vier theaterfreien Monate ein Glück.

Ich finde eine alte Freundin wieder, die mir „meine Stadt“, Berlin, mit anderen Augen zeigt und mit großer Strenge und genauer Zuneigung wieder mitten in mein Leben gerät. Meine liebe Judith, sitzt und lehrt in Sofia und wird vom Schicksal heftig geschüttelt. Und neue vorsichtige Bande werden geknüpft.



Der Herbst. Magdeburg und „Die Schneekönigin“, ein Spaß! Jetzt sitze ich hier, in Heilbronn und wühle mich mit meinen Mitstreitern durch den „Goldenen Drachen“ und bin häufig verblüfft und noch öfter zutiefst amüsiert.

Donnerstag, 15. Dezember 2011

Der Weihnachtsstern


Ein Leitstern, dieser Stern von Bethlehem, astronomischer Navigator dreier (früher waren es vier, einer ist der heiligen Zahl drei wegen abhanden gekommen) Magier oder Priester oder Sternendeuter, die dann später, weil es eindrucksvoller klang, zu Königen wurden. 
Caspar, Melchior und Balthasar (möglicherweise Perser, aber als Symbole für Europa, Asien und Afrika verlieren sie ihre Nationalität und Caspar, der Afrikaner wird schwarz) sehen einen Stern am Abendhimmel. Er führt sie, mit Umweg über Jerusalem und König Herodes, nach Bethlehem in einen Stall. Sie bringen Geschenke - Gold, Weihrauch und Myrrhe, knien vor einem Kind nieder und ziehen, nach himmlischer Warnung, ohne Rückmeldung bei Herodes, wieder nach Hause zurück. Circa 1600 Kilometer hin und dann wieder zurück. (Der Kindermord der herodianischen Soldaten findet trotzdem statt.) Was aus den Dreien wird erzählt die Bibel nicht.

Ein schöner Gedanke, so viel Vertrauen in eine Hoffnung zu setzen. Nicht zu fragen, "Lohnt sich das?" oder "Ist das vernünftig?", sondern loszulaufen, etwas zu wagen, ohne Absicherung durch tausend Beweise, auf eine Ahnung hin, ein Gefühl, eine Hoffnung eben. In einen Stern, in einen Menschen, in einen Traum solche Hoffnung zu setzen, was für eine Leistung!
In Barcelona, an der Stelle, wo Columbus und seine Mannschaft nach "Indien" aufgebrochen sind, habe ich mir versucht vorzustellen, wie das wäre, in einem kleinen Holzschiff einfach loszufahren, Goldgier hin oder her, was für ein Mut! 


"Drei Könige" antikes Mosaik, Ravenna um 565. Die Könige in altpersische Tracht

Noch einmal mein Lieblingsweihnachtsgedicht von T.S.Elliot

Die Reise der Magier

Wohl einen kalten Anweh hatten wir,
War grad die schlimmste Zeit im Jahr
Für eine Reise, eine so lange Reise:
Die Wege tief, das Wetter harsch,
Mitten im ärgsten Winter.“
Und die Kamele fußkrank, wundgelaufen, mürrisch,
Legten sich in den Schnee, der ringsum schmolz.
Es gab Zeiten, da uns die Sommerpalais reuten
In den Berglehnen, die Terrassen, und der Sorbet,
Kredenzt von seidnen Mädchen.
Dann die Kameltreiber, fluchend und schimpfend,
Die uns durchbrannten, sie wollten was zu trinken sehn und Weiber;
Und die Nacht-Feuer, die ausgingen, und fast nie ein Obdach,
Und die Städte feindselig, die Flecken unfreundlich,
Die Dörfer verschmutzt und überteuert:
Wohl kam uns die Zeit schwer an.
Zum Schluß reisten wir lieber übernacht,
Nur ab und an schlafend,
Mit den Stimmen, die uns im Ohr sangen,
Daß all dies Unsinn sei.
Dann, im Morgengrauen, stiegen wir in ein Tal ab,
Taufeucht unter der Schneezone; es grunelte,
Und war ein flinker Bach da und ein Mühlrad, das Dunkel stampfend,
Am Himmelsrand drei Bäume,
Und ein alter weißer Gaul stob im Galopp über die Wiese.
Dann kamen wir an eine Schenke mit Weinlaub überm Türsturz,
Sechs Hände an der offnen Tür, würfelnd um Silberlinge,
Und leere Weinschläuche, Fußtritte fangend.
Doch es gab keine Auskunft, und wir zogen weiter
Und trafen am Abend ein, fanden den Ort,
Kamen noch grad zurecht; und es ging (darf man sagen) gut ab.

All das liegt weit zurück, ich erinnere mich.
Und würd es wieder tun, doch schreibt
Dies schreibt nieder
Dies: Wurden wir den weiten Weg geführt
Zu Tod oder Geburt? Sicher, da war eine Geburt,
Wir hatten die Gewähr und waren frei von Zweifel.
Mir war Geburt und Tod vertraut,
Doch hatte ich sie für Verschiednes gehalten; diese Geburt war uns
Ein harter, bittrer Heimgang, so wie ein Tod, wie unser Tod.
Wir kehrten wiederum an unsern Ort, in diese Königreiche,
Doch nimmermehr getrost hier in dem Alten Bund,

Über ein fremdes Volk, das seinen Göttern anhängt.
Ich wäre froh um einen neuen Tod.


Kleine Auswahl möglicher passender Himmelserscheinungen um das Jahr Jesu Geburt (Es gibt noch weit mehr!):

12-11 v. Chr.Halleyscher Komet
7 v. Chr.dreifache Konjunktion von Saturn und Jupiter im Sternbild Fische
6 v. Chr.komplexe Konstellation mit Sonne, Jupiter, Venus und Mond im Sternbild Widder
5 v. Chr.Komet bzw. Chinesische Quelle
4 v. Chr.Komet bzw. Koreanische Quelle
3 v. Chr.Konjunktion von Venus und Jupiter im Sternbild des Löwen
2 v. Chr.Konjunktion von Venus und Jupiter
Falls jemand noch ein Weihnachtsgeschenk sucht: unter der nachfolgenden Adresse kann man zwar keinen Stern kaufen, aber man kann einem Stern den Namen eines oder einer Lieben geben.
Die Herrenhuther Brüdergemeinde aus der Oberlausitz, ein Internat für die Kinder von evangelischen Missionaren bastelte zur Feier des Festes der Drei Heiligen Könige 1821 einen Stern mit 110 Zacken, als Herrenhuther Adventsstern gehört er heute zur Basisausstattung deutscher Weihnachtsdekoration. Es gibt wirklich sehr schöne! Rhombenkuboktaeder mit aufgesetzten Pyramiden ist die mathematische Beschreibung dieser Dinger! Tolles Wort, oder?

Der Stern wird zerlegt erworben. Der Herrnhuter Advents- und Weihnachtsstern besteht aus einem (kleinen) Rhombenkuboktaeder mit 26 Flächen, 17 viereckigen und 8 dreieckigen Zacken. In der Packung befinden sich außerdem Montageklammern, ein Aufhängesteg und zwei Reservezacken. 

Matthäusevangelium: Da Jesus geboren war zu Bethlehem im jüdischen Lande, zur Zeit des Königs Herodes, siehe, da kamen die Weisen vom Morgenland (Sterndeuter aus dem Osten) nach Jerusalem und sprachen: Wo ist der neugeborene König der Juden? Wir haben seinen Stern gesehen im Morgenland und sind gekommen, ihn anzubeten...
Da berief Herodes die Weisen heimlich und erlernte mit Fleiß von ihnen, wann der Stern erschienen wäre, und wies sie gen Bethlehem und sprach: Ziehet hin und forschet fleißig nach dem Kindlein; wenn ihr's findet, so sagt mir's wieder, daß ich auch komme und es anbete. Als sie nun den König gehört hatten, zogen sie hin. Und siehe, der Stern, den sie im Morgenland gesehen hatten, ging vor ihnen hin, bis daß er kam und stand oben über, da das Kindlein war. Da sie den Stern sahen, wurden sie hoch erfreut und gingen in das Haus und fanden das Kindlein mit Maria, seiner Mutter, und fielen nieder und beteten es an und taten ihre Schätze auf und schenkten ihm Gold, Weihrauch und Myrrhe. Und Gott befahl ihnen im Traum, daß sie sich nicht sollten wieder zu Herodes lenken; und sie zogen durch einen anderen Weg wieder in ihr Land.


Mittwoch, 14. Dezember 2011

O.Henry - Das Geschenk der Weisen


Das Geschenk der Weisen
von O.Henry

Ein Dollar und siebenundachtzig Cent. Das war alles. Und sechzig Cent davon ja Pennies. Stück für Stück ersparte Pennies, wenn man hin und wieder den Kaufmann, Gemüsemann oder Fleischer beschwatzt hatte, bis einem die Wangen brannten im stillen Vorwurf der Knauserei, die solch ein Herumfeilschen mit sich brachte. Dreimal zählte Della nach. Ein Dollar und siebenundachtzig Cent. Und morgen war Weihnachten. Da blieb einem nichts anderes, als sich auf die schäbige kleine Chaise zu werfen und zu heulen. Das tat Della. Was zu der moralischen Betrachtung reizt, das Leben bestehe aus Schluchzen, Schniefen und Lächeln, vor allem aus Schniefen.

Während die Dame des Hauses allmählich von dem ersten Zustand in den zweiten übergeht, werfen wir einen Blick auf das Heim. Eine möblierte Wohnung für acht Dollar die Woche. Sie war nicht gerade bettelhaft zu nennen; höchstens für jene Polizisten, die speziell auf Bettler gehetzt wurden. Unten im Hausflur war ein Briefkasten, in den nie ein Brief fiel, und ein Klingelknopf, dem keines Sterblichen Finger je ein Klingelzeichen entlocken konnte. Dazu gehörte auch eine Karte, die den Namen "Mr. James Dillingham jr." trug. Das "Dillingham" war in einer früheren Zeit der Wohlhabenheit, als der Eigentümer dreissig Dollar die Woche verdiente, hingepfeffert worden. Jetzt, da das Einkommen auf zwanzig Dollar zusammengeschrumpft war, wirkten die Buchstaben des "Dillingham" verschwommen, als trügen sie sich allen Ernstes mit dem Gedanken, sich zu einem bescheidenen und anspruchslosen D zusammenzuziehen. Aber wenn Mr. James Dillingham jr. nach Hause und oben in seine Wohnung kam, wurde er "Jim" gerufen und von Mrs. James Dillingham jr., die bereits als Della vorgestellt wurde, herzlich umarmt. Was alles sehr schön ist.

Della hörte auf zu weinen und fuhr mit der Puderquaste über ihre Wangen. Sie stand am Fenster und blickte trübselig hinaus auf eine graue Katze, die auf einem grauen Zaun in einem grauen Hinterhof spazierte. Morgen war Weihnachten, und sie hatte nur einen Dollar siebenundachtzig, um für Jim ein Geschenk zu kaufen. Monatelang hatte sie jeden Penny gespart, wo sie nur konnte, und dies war das Resultat. Zwanzig Dollar die Woche reichte nicht weit. Die Ausgaben waren größer gewesen, als sie gerechnet hatte. Das ist immer so. Nur einen Dollar siebenundachtzig, um für Jim ein Geschenk zu kaufen. Für ihren Jim. So manche glückliche Stunde hatte sie damit verbracht, sich etwas Hübsches für ihn auszudenken. Etwas Schönes, Seltenes, Gediegenes - etwas, was annähernd der Ehre würdig war, Jim zu gehören. Zwischen den Fenstern stand ein Trumeau. Vielleicht haben Sie schon einmal einen Trumeau in einer möblierten Wohnung zu acht Dollar gesehen. Ein sehr dünner und beweglicher Mensch kann, indem er sein Spiegelbild in einer raschen Folge von Längsstreifen betrachtet, eine ziemlich genaue Vorstellung von seinem Aussehen erhalten. Della war eine schlanke Person und beherrschte diese Kunst.

Plötzlich wirbelte sie von dem Fenster fort und stand vor dem Spiegel. Ihre Augen glänzten und funkelten, aber ihr Gesicht hatte in zwanzig Sekunden die Farbe verloren. Flink löste sie ihr Haar und ließ es in voller Länge herabfallen. Zwei Dinge besaßen die James Dillinghams jr., auf die sie beide unheimlich stolz waren. Das eine war Jims goldene Uhr, die seinem Vater und davor seinem Großvater gehört hatte. Das andere war Dellas Haar. Hätte die Königin von Saba in der Wohnung jenseits des Luftschachts gelebt, dann hätte Della eines Tages ihr Haar zum Trocknen aus dem Fenster gehängt, um Ihrer Majestät Juwelen und Vorzüge im Wert herabzusetzen. Wäre König Salomo der Portier gewesen und hätte all seine Schätze im Erdgeschoss aufgehäuft, Jim hätte jedesmal seine Uhr gezückt, wenn er vorbeigegangen wäre, bloß um zu sehen, wie sich der andere vor Neid den Bart raufte. Jetzt floss also Dellas Haar wellig und glänzend an ihr herab wie ein brauner Wasserfall. Es reichte bis unter die Kniekehlen und umhüllte sie wie ein Gewand. Nervös und hastig steckte sie es wieder auf. Einen Augenblick taumelte sie und stand ganz still, während ein paar Tränen auf den abgetretenen Teppich fielen.

Die alte braune Jacke angezogen, den alten braunen Hut aufgesetzt, und mit wehenden Röcken und immer noch das helle Funkeln in den Augen, schoss sie zur Tür hinaus und lief die Treppe hinab auf die Straße. Wo sie stehenblieb, lautete das Firmenschild Mme. Sofronie. Alle Sorten Haarersatz. Della rannte die Treppe hinauf und versuchte atemschöpfend, sich zu sammeln.
Madame, groß, zu weiß und frostig, sah kaum nach "Sofronie" aus.
"Wollen Sie mein Haar kaufen?" fragte Della.
"Ich kaufe Haar", sagte Madame. "Nehmen Sie den Hut ab, damit wir es einmal ansehen können."
Der braune Wasserfall stürzte in Wellen herab.
"Zwanzig Dollar", sagte Madame, mit kundiger Hand die Masse anhebend.
"Geben Sie nur schnell her", sagte Della.
Oh, und die nächsten beiden Stunden trippelten auf rosigen Schwingen. Nehmen Sie es nicht so genau mit der zerhackten Metapher. Sie durchwühlte die Läden nach dem Geschenk für Jim. Schließlich fand sie es. Bestimmt war es für Jim und für niemand sonst gemacht. Keins gab es in den Läden, das diesem glich, und sie hatte in allen das Oberste zuunterst gekehrt. Es war eine Uhrkette aus Platin, einfach und edel im Dessin, die ihren Wert auf angemessene Weise durch das Material und nicht durch eine auf den Schein berechnete Verzierung offenbarte - wie es bei allen guten Dingen sein sollte. Sie war sogar der Uhr würdig. Kaum hatte sie die Kette erblickt, als sie auch schon wusste, dass sie Jim gehören müsse. Sie war wie er. Überlegene Ruhe und Wert - das passte auf beide. Einundzwanzig Dollar nahm man ihr dafür ab, und mit den siebenundachtzig Cent eilte sie nach Hause. Mit dieser Kette an der Uhr konnte Jim wirklich in jeder Gesellschaft um die Zeit besorgt sein. So großartig die Uhr war, manchmal blickte er wegen des alten Lederriemchens, das er an Stelle einer Kette benutzte, nur verstohlen nach ihr.

Als Della zu Hause angelangt war, wich ihr Rausch ein wenig der Vorsicht und der Vernunft. Sie holte ihre Brennschere heraus, zündete das Gas an und machte sich ans Werk, die Verheerungen auszubessern, die von Freigebigkeit in Verein mit Liebe angerichtet worden waren. Was stets eine gewaltige Aufgabe ist, liebe Freunde - eine Mammutaufgabe. Nach vierzig Minuten war ihr Kopf dicht mit kleinen Löckchen bedeckt, mit denen sie wundervoll aussah, wie ein schwänzender Schuljunge. Lange, sorgfältig und kritisch betrachtete sie ihr Spiegelbild.
"Wenn mich Jim nicht umbringt, bevor er mich ein zweites Mal ansieht, wird er sagen, ich sehe aus wie ein Chormädel von Coney Island", meinte sie bei sich. "Aber was - oh, was hätte ich denn mit einem Dollar siebenundachtzig anfangen sollen?"
Um sieben war der Kaffee gekocht, und die Bratpfanne stand hinten auf der Kochmaschine, heiss und bereit, die Kotelette zu braten.
Jim verspätete sich nie. Della ließ die Uhrkette in ihrer Hand verschwinden und setzte sich auf die Tischkante nahe der Tür, durch die er immer eintrat. Dann hörte sie seinen Schritt auf der Treppe, unten, auf den ersten Stufen, und wurde einen Augenblick blass. Sie hatte sich angewöhnt, wegen der einfachsten Alltäglichkeit stille kleine Gebete zu murmeln, und jetzt flüsterte sie "Bitte, lieber Gott, mach, dass er mich noch hübsch findet."
Paolo Ucello 1435 Die Anbetung der Drei Heiligen Könige (Weisen)
 
Die Tür öffnete sich, Jim trat ein und schloss sie. Er sah mager und sehr feierlich aus. Armer Junge, er war erst zweiundzwanzig - und schon mit Familie belastet! Er brauchte einen neuen Mantel und hatte auch keine Handschuhe. Jim blieb an der Tür stehen, reglos wie ein Vorstehhund, der eine Wachtel ausgemacht hat Seine Augen waren auf Della geheftet, und ein Ausdruck lag in ihnen, den sie nicht zu deuten vermochte und der sie erschreckte. Es war weder Ärger noch Verwunderung, weder Missbilligung noch Abneigung, noch überhaupt eins der Gefühle, auf die sie sich gefasst gemacht hatte. Er starrte sie nur unverwandt an mit diesem eigentümlichen Gesichtsausdruck.
Della rutschte langsam vom Tisch und ging zu ihm.
"Jim, Liebster", rief sie, "sieh mich nicht so an. Ich hab' mein Haar abschneiden lassen und verkauft, weil ich Weihnachten ohne ein Geschenk für dich nicht üherlebt hätte. Es wird wieder wachsen - du nimmst es nicht tragisch, nicht wahr? Ich musste es einfach tun. Mein Haar wächst unheimlich schnell. Sag mir fröhliche Weihnachten, Jim, und lass uns glücklich sein. Du ahnst nicht, was für ein hübsches, was für ein schönes, wunderschönes Geschenk ich für dich bekommen habe."

"Du hast dein Haar abgeschnitten?" fragte Jim mühsam, als könne er selhst nach schwerster geistiger Arbeit nicht an den Punkt gelangen, diese offenkundige Tatsache zu begreifen.
"Abgeschnitten und verkauft", sagte Della. "Hast du mich jetzt nicht noch ebenso lieb? Ich bin auch ohne mein Haar noch dieselbe, nicht wahr?"
Jim blickte neugierig im Zimmer umher.
"Du sagst, dein Haar ist weg?" bemerkte er mit nahezu idiotischem Gesichtsausdruck.
"Du brauchst nicht danach zu suchen", sagte Della. "Ich sag' dir doch, es ist verkauft - verkauft und weg. Heute ist Heiligabend, Jungchen. Sei nett zu mir, denn es ist ja für dich weg. Vielleicht waren die Haare auf meinem Kopf gezählt", fuhr sie mit einer jähen, feierlichen Zärtlichkeit fort, "aber nie könnte jemand meine Liebe zu dir zählen. Soll ich die Kotelette aufsetzen, Jim?"

Jim schien im Nu aus seiner Starrheit zu erwachen. Er umarmte seine Della. Wir wollen inzwischen mit diskreten Forscherblicken zehn Sekunden lang eine an sich unwichtige Sache in anderer Richtung betrachten. Acht Dollar die Woche oder eine Million im Jahr - was ist der Unterschied? Ein Mathematiker oder ein Witzbold würden uns eine falsche Antwort geben. Die Weisen brachten wertvolle Geschenke, aber dies war nicht darunter. Diese dunkle Behauptung soll später erläutert werden. Jim zog ein Päckchen aus der Manteltasche und warf es auf den Tisch.

"Täusch dich nicht über mich, Dell", sagte er. "Du darfst nicht glauben, dass es etwas wie Haare schneiden oder stutzen oder waschen mich dahin bringen könnte, mein Mädchen weniger liebzuhaben. Aber wenn du das Päckchen auspackst, wirst du sehen, warum du mich zuerst eine Weile aus der Fassung gebracht hast."

Weiße Finger rissen hurtig an der Strippe und am Papier. Und dann ein verzückter Freudenschrei, und dann - ach! - ein schnelles weibliches Hinüberwechseln zu hysterischen Tränen und Klagen, die dem Herrn des Hauses den umgehenden Einsatz aller Trostmöglichkeiten abforderten.
Denn da lagen die Kämme - die Garnitur Kämme, die Della seit langem in einem Broadway-Schaufenster angeschmachtet hatte. Wunderschöne Kämme, echt Schildpatt mit juwelenverzierten Rändern - gerade in der Schattierung, die zu dem schönen, verschwundenen Haar gepasst hätte. Es waren teure Kämme, das wusste sie, und ihr Herz hatte nach ihnen gebettelt und gebarmt, ohne die leiseste Hoffnung, sie je zu besitzen. Und nun waren sie ihr eigen; aber die Flechten, die der ersehnte Schmuck hätte zieren sollen, waren fort. Doch sie presste sie zärtlich an die Brust und war schließlich so weit, dass sie mit schwimmenden Augen und einem Lächeln aufblicken und sagen konnte:
"Mein Haar wächst so schnell, Jim!"
Und dann sprang Della auf wie ein gebranntes Kätzchen und rief: "Oh, oh!"
Jim hatte ja noch nicht sein schönes Geschenk gesehen. Ungestüm hielt sie es ihm auf der geöffneten Hand entgegen. Das leblose, kostbare Metall schien im Abglanz ihres strahlenden, brennenden Eifers zu blitzen.
"Ist die nicht toll, Jim? Die ganze Stadt hab' ich danach abgejagt. Jetzt musst du hundertmal am Tag nachsehen, wie spät es ist. Gib mir die Uhr. Ich möchte sehen, wie sich die Kette dazu macht."

Statt zu gehorchen, ließ er sich auf die Chaiselongue fallen, legte die Hände im Nacken zusammen und lächelte.
"Dell", sagte er, "wir wollen unsere Weihnachtsgeschenke beiseite legen und eine Weile aufheben. Sie sind zu hübsch, um sie jetzt schon in Gebrauch zu nehmen. Ich habe die Uhr verkauft, um das Geld für die Kämme zu haben. Wie wäre es, wenn du die Kotelette braten würdest?"

Die Weisen waren, wie ihr wisst, weise Männer - wunderbar weise Männer -, die dem Kind in der Krippe Geschenke brachten. Sie haben die Kunst erfunden, Weihnachtsgeschenke zu machen. Da sie weise waren, waren natürlich auch ihre Geschenke weise und hatten vielleicht den Vorzug, umgetauscht werden zu können, falls es Dubletten gab. Und hier habe ich euch nun schlecht und recht die ereignislose Geschichte von zwei törichten Kindern in einer möblierten Wohnung erzählt, die höchst unweise die größten Schätze ihres Hauses füreinander opferten. Doch mit einem letzten Wort sei den heutigen Weisen gesagt, dass diese beiden die weisesten aller Schenkenden waren. Von allen, die Geschenke geben und empfangen, sind sie die weisesten. Überall sind sie die weisesten. Sie sind die wahren Weisen.


James Krüss - Die Weihnachtsmaus



 Manchmal erfreut mich der Gedanke, dass meine Mitmenschen ihre Zeit, außer mit Arbeit, Studium, Krieg, Sex, Liebe, Essen, Schlafen, Feiern, auch noch mit anderen, weniger augenfällig notwendigen Dingen verbringen, zum Beispiel damit, Mäusen kleine Weihnachtsmannmützchen aufzusetzten. 

Ein alter Bekannter hat viel Mühe und Zeit darauf verwendet,
Tauben zu fangen und ihnen Papierhüte aufzukleben, nur weil
ihn der Gedanke begeisterte, dass ein völlig Unbekannter,
am nächsten Morgen, verschlafen aus dem Fenster schauend,
sich für Augenblicke als Bewohner einer anderen, zauberischen,
Welt wähnen würde. Er hat allerdings auch einem, na nennen
wir es, naiven Kollegen, auf dessen Frage hin, wie denn der Knochen, der den Penis versteift, funktioniert, ein eigens produziertes Röntgenbild eines männlichen Geschlechtsteiles
in Doppelbelichtung mit einem Mittelfingerknochen vorgelegt und
ihm dann einen fast 20-minütigen Vortrag über den Ziehharmonikaknochen, auch Akkordeonknochen genannt, gehalten.
Zum untenstehenden Gedicht: meine Nichte mußte Strophen 11
und 12 auswendig lernen, ohne Auskunft über den Rest des Werkes machen zu wollen, mein Vater wurde, gelegentlich "Mausi" genannt und James Krüss Buch "der Leuchtturm auf den Hummerklippen",
in dem alle Tauben aussehen, als würden sie Emma heißen, war
die Quelle des Namens meiner Katze Emma, einer großartigen Persönlichkeit und gnadenlosen Mäusefängerin.


 DIE WEIHNACHTSMAUS

Die Weihnachtsmaus ist sonderbar
sogar für die Gelehrten,
Denn einmal nur im ganzen Jahr
Entdeckt man ihre Fährten

Mit Fallen oder Rattengift
Kann man die Maus nicht fangen,
Sie ist , was diesen Punkt betrifft,
Noch nie ins Garn gegangen.

Das ganze Jahr macht diese Maus
Den Menschen keine Plage,
Doch plötzlich aus dem Loch heraus
Kriecht sie am Weihnachtstage

Zum Beispiel war vom Festgebäck,
Das Mutter gut verborgen,
Mit einem Mal das Beste weg
Am ersten Weihnachtsmorgen.

Da sagte jeder rundheraus:
Ich habe nichts genommen,
Es war bestimmt die Weihnachtsmaus,
Die über Nacht gekommen.

Ein andres Mal verschwand sogar
Das Marzipan vom Peter,
Was seltsam und erstaunlich war,
Denn niemand fand es später.

Der Christian rief rundheraus:
Ich hab es nicht genommen,
Es war bestimmt die Weihnachtsmaus,
Die über Nacht gekommen.

Ein drittes Mal verschwand vom Baum
An dem die Kugeln hingen,
Ein Weihnachtsmann aus Eierschaum,
Nebst andren leckren Dingen.

Die Nelly sagte rundheraus:
Ich habe nichts genommen,
Es war bestimmt die Weihnachtsmaus,
Die über Nacht gekommen.

Und Ernst und Hans und der Papa,
Die riefen: Welche Plage!
Die böse Maus ist wieder da,
Und just am Feiertage!

Nur Mutter sprach kein Klagewort,
Sie sagte unumwunden:
Sind erst die Süßigkeiten fort,
Ist auch die Maus verschwunden.

Und wirklich wahr: Die Maus blieb weg
Sobald der Baum geleert war,
Sobald das letzte Festgebäck
Gegessen und verzehrt war.

Sagt jemand nun, bei Ihm zu Haus -
Bei Fränzchen oder Lieschen -
Da gäb’ es keine Weihnachtsmaus
Dann zweifle ich ein bisschen!

Doch sag’ ich nichts, was jemand kränkt!
Das könnte Euch so passen!
Was man von Weihnachtsmäusen denkt,
Bleibt jedem überlassen!

James Krüss


Dienstag, 13. Dezember 2011

Stuttgart - Nichts Schöneres von Oliver Bukowski

Ein wenig Bühne, einige wenige Lichtwechsel, ein paar "Mucken" (Musikeinspielungen, in der Formulierung der Schauspielerin), Kostüme aus der Geschmacklosigkeits-Hölle des nichtnaturalistischen Realismus und ein blondes Haarteil - das wär's schon mit den äußerlichen Zutaten. 
Ein Regisseur, Hasko Weber, und eine Schauspielerin, und was für eine, Rahel Ohm, treffen auf einen Text und 70 Minuten später, habe ich das erste Mal seit langem wieder im Theater geweint, sehr gelacht und mich auch an einigen Stellen über die rabiate Ehrlichkeit mit der hier gearbeitet wird, erschrocken. Ich weiß, daß Ehrlichkeit auf der Bühne ein mindestens zwie-, wenn nicht driespältiger Begriff ist, aber wie soll ich es nennen? 

Die Geschichte der Mechthild Huschke, einer Frau undefinierten Alters, Mörderin ihres prügelnden Ehemannes, kinderlose Mutter mit Gebärmutterkrebs, ungefickte Liebende, sprachlose Wortakrobatin, ist so prall vor Sehnsucht, so voll von zerstörten Möglichkeiten, so weit weg von meinem eigenen Leben und so nah an meiner eigenen Not, dass, wenn sie so zärtlich und unerbittlich erzählt wird wie hier, für Augenblicke ein klarer Blick auf mich selbst möglich wird. Mitleidlos, aber nicht lieblos.

Rahel Ohm als Mechthild Huschke