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Montag, 4. Juni 2018

Was ist Sünde?

Was ist Sünde?
Da fragt mich ein alter, geliebter Freund tief in der Nacht:  
Was ist das für Dich, Sünde? 
Sünde?
Ein gewaltiges Wort, dass ich meist nur verniedlicht verwende. Ich sündige, wenn ich einen riesigen Eisbecher esse, zu viel trinke oder rauche. Petitessen.
Sünde?
Ich übersetze es mir mit 'Schaden zufügen', aber Wiki sagt: Der griechische Ausdruck
μαρτία (hamartia) des Neuen Testaments und das hebräische Wort chata’a oder chat'at (חַטָּאָה/חַטָּ֣את) des Tanach bedeuten Verfehlen eines Ziels – konkret und im übertragenen Sinn, also Verfehlung – und werden in deutschen Bibelübersetzungen mit Sünde wiedergegeben.
Es wird also, per definitionem, vorausgesetzt, wir wollen sündenfrei & rein sein und verfehlen unser Ziel, machen uns mancher Verfehlung schuldig. Wir verfehlen das Ziel um Haaresbreite, oder um Kilometer.
Nach der Auslegung des Tanach werden drei Formen der Sünde unterschieden:
Pesha oder Mered: Absichtlich begangene Sünde, in bewusster Auflehnung gegen Gott.
Avon: Emotional begangene Sünde, bewusst, aber nicht in Auflehnung gegen Gott.
Chet: Unbeabsichtigte Sünde
Boah! Ist das eine komplizierte Frage, besonders da ich als radikalisierter Atheist keinen gesicherten theologischen Rahmen für eine Antwort habe. Immer muß ich selber denken.
Ach, wär ich doch ein Huhn. Nee.
Die zehn Gebote helfen mir wenig. Eins bis drei, interessieren mich, da ungläubig, gar nicht. Die Sabbathruhe ist für mich eher eine gewerkschaftliche Frage. Ehre Deinen Vater und eine Mutter kommt auf die jeweiligen Personen an, meine waren ehrenwert. Du sollst nicht morden. Wenn jemand mein Stief-Kind verletzen würde, oder die Lieblingsnichte, fände ich es durchaus rechtens den Schuldigen mittels Gewalt zu strafen. Ehebrechen? Kompliziert. Das eine Mal wo es mir ernst war, habe ich nicht ehebrechen wollen. Nicht stehlen. Wenn die Not groß genug wäre, würde ich alles mitgehen lassen, was nicht niet und nagelfest wäre. Nicht falsch gegen meinen Nächsten aussagen, lügen? Manchmal notwendig, selten entschuldbar. Du sollst nicht nach dem Haus deines Nächsten verlangen. Du sollst nicht nach der Frau deines Nächsten verlangen, nach seinem Sklaven oder seiner Sklavin, seinem Rind oder seinem Esel oder nach irgendetwas, das deinem Nächsten gehört. Eigentumsfragen sind ein sehr kapitalistisches Problem, oder?
Der Mensch ist gar nicht gut
Drum hau ihn auf den Hut.
Hast du ihm auf dem Hut gehaun
Dann wird er vielleicht gut.
Denn für dieses Leben
Ist der Mensch nicht gut genug
Darum haut ihm eben
Ruhig auf den Hut!
b.b.
Sünde?
Ist das ein für mich relevantes Wort? 
Ja. 
Ich sündige, wenn ich unnötig hinter meinen eigenen grundsätzlichen Erwartungen zurückbleibe, weniger tue, als ich könnte, anderen gegenüber unachtsam bin oder mich vor notwendigen Auseinandersetzungen drücke. Wenn ich nicht einschreite, wenn es nötig ist, wenn mir meine Ruhe wichtiger ist, als eine nötige Reaktion, nur weil sie mir unangenehme, für mich unvorteilhafte Folgen hätte. 
Was ist das für Dich, Sünde?  
Das, was ich tue, von dem ich weiß, dass es falsch ist, dass es nicht dem entspricht, was anständig, nützlich, erforderlich wäre, dass ich tue, weil ich zu feig, zu schwach, zu faul, zu uninteressiert, zu gierig bin, um es zu unterlassen.
Ich weiß, was das Richtige ist, aber tue das Andere. 
Meine Ausreden klingen vielleicht überzeugend, sind aber nur Ausreden, Täuschungen, manchmal Selbsttäuschungen.
Wie leicht ich es mir in der Sünde gemütlich machen kann.
Auch etwas zu unterlassen, kann Sünde sein. Die Gründe siehe oben.

Was ist das für Dich, Sünde?
Den Anderen nicht mitbedenken? Ihn mißachten?
Ohne Not, wissentlich jemandem, auch mir selbst, Schaden zufügen?
Freundlichkeit, Verständnis, Hilfe unterlassen?
Nicht zuzuhören, wenn Zuhören Hilfe wäre?
Meine Mama hat mir, Gott sei Dank, wenige weise Sprüche mitgegeben. Aber einen entscheidenden: Was immer zwei, drei oder mehr Menschen miteinander tun, bei dem alle Beteiligten wissend & einverstanden sind, kann nicht Sünde sein.
Ergo: Einverständnis nicht erfragen. 
Wenn Mißbrauch, Folter, Psychose oder Dummheit nicht unsere Sinne abgestumpft haben, ist Sünde oft mit einem diffusen Gefühl von Scham verbunden.

Todsünde ist alles Böse, Schädliche das wir Kindern antun. Und Hochmut ist auch Todsünde. Anmaßung. „Wer zu Grunde gehen soll, der wird zuvor stolz; und Hochmut kommt vor dem Fall.“ (Spr 16,18 EU). Freiheit von Zweifel führt manchesmal zum Hochmut.
Mich selbst lieben, wie meinen Nächsten. Harte Arbeit. 




Freitag, 2. Juni 2017

Prediger oder Kohelet - Das einzige Buch der Bibel, das mich tröstet.

Kohelet - Prediger - Ekklesiastes

Koh; hebräisch קהלת „Versammler, Gemeindeleiter“, Prediger (Salomos) bezeichnet ein Buch des Tanach, das dort zu den Ketuvim „Schriften“ gehört. Es ist eine Sammlung von Weisheitssprüchen, praktischen Lebensratschlägen und Warnungen vor falscher Lebensweise, die es einem anonymen Prediger zuschreibt. Im christlichen Alten Testament (AT) wird es zu den Büchern der Weisheit gezählt. In der Septuaginta heißt es Ekklesiastes, in der Vulgata Liber Ecclesiastes - so sagt Wiki.

Unterwegs im Alten Testament auf der Suche nach glaubwürdiger Hoffnung, ausgesetzt in unserer Welt auf derselben Suche, gerate ich immer wieder unweigerlich an diesen Text. Er ist nicht tröstlich. Ein Happy End wird nicht einmal angedeutet. Er ist hart, klar und wahr. Einige Einschübe späterer Redakteure hängen, bemüht um Verharmlosung, schief zwischen den Zeilen. 

Yuval Noah Harari hat ein nicht sehr dickes Buch geschrieben, das ganz wunderbar dazu passt, gerade mal 506 Seiten lang, die Quellenangaben inbegriffen. Eine Kurze Geschichte der Menschheit, ein Buch, dass ich eifrig gelesen habe. Es ist der Versuch, die Geschichte des Menschen, der Menschheit, zu beschreiben, ohne Hilfe von absichernden, imaginierten Fiktionen, seien es Religionen oder Ideologien oder eine so heilige Kuh, wie es die Menschenrechte sind. Wie schwer es ist, ohne die gewohnten Kategorien von Gut und Böse zu denken. Harari strauchelt hier und da, manche Behauptung bleibt nicht mehr als eine solche. Aber er wagt große und grundsätzliche Gedanken.
Götter, Nationen, Geld, Menschenrechte und Gesetze gibt es gar nicht – sie existieren nur in unserer kollektiven Vorstellungswelt.
UND
Vor gut 70 000 Jahren begannen Organismen der Art Homo sapiens mit dem Aufbau von noch komplexeren Strukturen namens Kulturen. Die Entwicklung dieser Kulturen nennen wir Geschichte. Die Geschichte der menschlichen Kulturen wurde von drei großen Revolutionen geprägt. Die kognitive Revolution vor etwa 70 000 Jahren brachte die Geschichte überhaupt erst in Gang. Die landwirtschaftliche Revolution vor rund 12 000 Jahren beschleunigte sie. Und die wissenschaftliche Revolution, die vor knapp 500 Jahren ihren Anfang nahm, könnte das Ende der Geschichte und der Beginn von etwas völlig Neuem sein. Dieses Buch erzählt, welche Konsequenzen diese drei Revolutionen für den Menschen und seine Mitlebewesen hatten und haben.

Was Harari als Historiker unternimmt, tut das sehr alte Werk Kohelet auf seine eigene poetische Weise. Als Entstehungszeit dieses Buches wird das 4. oder 3. vorchristliche Jahrhundert angenommen.  


KOHELET

Eine Generation geht, eine andere kommt, die Erde steht in Ewigkeit. Die Sonne, die aufging und wieder unterging, atemlos jagt sie zurück an den Ort, wo sie wieder aufgeht. Alle Dinge sind rastlos tätig, kein Mensch kann alles ausdrücken, nie wird ein Auge satt, wenn es beobachtet, nie wird ein Ohr vom Hören voll. Was geschehen ist, wird wieder geschehen, was man getan hat, wird man wieder tun. Es gibt nichts Neues unter der Sonne. Es gibt keine Erinnerung an die Früheren, und auch an die Späteren, die erst kommen werden, auch an sie wird es keine Erinnerung geben bei denen, die noch später kommen werden. Alles ist Windhauch.

Ich habe mein Wissen immerzu vergrößert, so dass ich jetzt darin jeden übertreffe. Doch: Viel Wissen, viel Ärger, wer das Können mehr, mehrt die Sorge. Wissen ist besser als Waffen- aber ein einziger, der falsch entscheidet, kann viele Werte zerstören. Der Gebildete hat Augen im Kopf, der Ungebildete tappt im Dunkeln. Aber beide trifft ein und dasselbe Geschick. Was den Ungebildeten trifft, trifft also auch mich. Warum bin ich dann über alle Maßen gebildet? Wie es ist möglich, dass der Gebildete ebenso sterben muss wie der Ungebildete? Jeder Mensch unterliegt dem Geschick, und auch die Tiere unterliegen dem Geschick. Wie diese sterben, so sterben jene. Beide haben denselben Atem. Einen Vorteil des Menschen gegenüber dem Tier gibt es nicht. Beide sind Windhauch.

Ich hatte mir vorgenommen, das Wissen daraufhin zu untersuchen und zu erforschen, ob nicht alles, was unter dem Himmel getan wurde, ein schlechtes Geschäft war, für das die einzelnen Menschen durch Gottes Auftrag sich abgemüht haben. Ich beobachtete alle Taten, die unter der Sonne getan wurde. Das Ergebnis: Das ist alles Windhauch.



Ich baute mir Häuser, ich pflanzte Weinberge. Ich kaufte Sklaven und Sklavinnen, obwohl ich schon hausgeborene Sklaven besaß. Auch Vieh besaß ich in großer Zahl, Rinder, Schafen, Ziege. Ich musste meinem Herzen keine einzige Freude versagen. Das Geld macht alles möglich. Wer das Geld liebt, bekommt vom Geld nie genug; wer den Luxus liebt, hat nie genug Einnahmen. Aber auch das: Windhauch! Wie der Mensch aus dem Leib seiner Mutter herausgekommen ist – nackt, wie er kam, muss er wieder gehen. Von seinem Besitz darf er überhaupt nichts forttragen, nichts, das er als ihm gehörig mitnehmen könnte. Alles Arbeiten des Menschen ist für den Rachen des Totenreichs, und dessen Schlund wird niemals voll. Welchen Vorteil bringt es ihm, dass er sich anstrengt für den Wind? Mich verdroß mein ganzer Beitz, für den ich mich unter der Sonne anstrenge und den ich dem Menschen lassen muss, der nach mir kommt. Wer weiß, ob er ein Wissender oder Unwissender ist? Jedenfalls wird er über meinen ganzen Besitz verfügen! Auch das ist Windhauch.


Dann wieder habe ich alles beobachtet, was unter der Sonne getan wird, um Menschen auszubeuten. Sieh, die Ausgebeuteten weinen, und niemand tröstet sie; von der Hand ihrer Ausbeuter geht Gewalt aus, und niemand tröstet sie. Da preise ich immer die Toten, die schon gestorben sind, und nicht die Lebenden, die noch leben müssen. Glücklicher aber als beide preise ich den, der noch nicht geworden ist, der noch nicht das schlimme Tun gesehen hat, das unter der Sonne getan wird. Denn: Jede Arbeit und jedes erfolgreiche Tun bedeutet Konkurrenzkampf zwischen den Menschen. Auch das ist Windhauch. Ich habe erkannt: Es gibt kein in allem Tun gründendes Glück, es sei denn jeder freut sich, und so verschafft er sich Glück, während er noch lebt.  


Sentimentalität (von französisch le sentiment = „Gefühl, Stimmung“) ist eine Gemütsverfassung, die durch Rührung gekennzeichnet ist. Sie nimmt ihren äußeren Anlass zum Vorwand, um sich dann in sich selbst hineinzusteigern; also ein Schwelgen in meist wohligen, sehnsüchtigen, romantischen und leidenschaftlichen Gefühlen, aber auch Melancholie. Sentimentalität ist somit eine Form der emotionalen Selbststimulation ohne Handlungsantrieb. Dieser psychische Mechanismus kann zum Beispiel dazu verleiten, bestehende Belastungssituationen passiv zu ertragen oder Konflikte zu ignorieren, statt sie tatsächlich durchdenken oder angehen zu müssen.

http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/islamischer-staat-yuval-harari-spricht-ueber-grausame-hinrichtungen-a-1017427.html 

Dienstag, 9. Mai 2017

Meine momentane Obsession

Vorrausgeschickt: Ich bin Atheist. Gott sei Dank.

Ich habe lange darüber nachgedacht. Ich will ja, wenn es möglich wäre, auch gerettet werden, aber habe leider keinen einleuchtenden Beweis, keinen greifbaren Anlass, keinen verständlichen Grund gefunden, der mir Gott, den einen, höchsten, allmächtigen, glaubwürdig machen konnte. 
Selbst wenn ich mich heftigst bemühe, kann ich mein "gottgeschenktes" Gehirn nicht davon überzeugen, dass es Gott braucht.

Und, und hier schließe ich mich Stephen Fry an, wenn es denn, wider alle Vernunft, einen Gott geben sollte, der auch noch, unwahrscheinlicherweise, der Gott unseres Alten Testaments wäre, würde ich ihn nicht lieben können.

 
Erstens: Warum sollte dieser eine Gott existieren und all die tausenden anderen, von anderen Menschen, zu anderen Zeiten, angebeteten, nicht? Was ist mit Zeus, mit Zaratustra, mit Buddha etc.? Hat dieser eine, wirklich seinen Sohn gezeugt, um ihn am Kreuz, einem schauerlichen Tod zu opfern, damit wir an ihn glauben können?

Zweitens: Gott? So heißt er? Das wäre als hieße ich Mensch. Gott ist kein Eigenname, sondern Oberbegriff für alle übernatürliche Wesen. So als würde ich mein Kind Kind nennen. Er hat keinen Namen. Er okkupiert eine Gattungsbezeichnung. Ich, Frau. Du, Mann. ER, Gott.

Drittens: Würde es irgendetwas ändern, wenn es ihn gäbe? Würden dann weniger Kinder sterben?

Viertens: Ein Schöpfer, der seinen Geschöpfen keinerlei Respekt entgegenbringt, lehne ich ab.

Gegen Stephen Fry wird in Irland gerade wegen Blasphemie ermittelt. 

Vor einiger Zeit erdreistete sich der britische Schauspieler und Autor, Stephen Fry, in aller Öffentlichkeit Gott zu lästern. Menschen übersehen, dass sich Gott nicht spotten lässt. Nicht ungestraft! http://www.bibelpraxis.de/index.php?article.2777

In Irland gilt seit 2009 ein Gesetz, wonach sich schuldig macht, wer "etwas veröffentlicht oder äußert, das extrem ausfallend oder beleidigend gegenüber Dingen ist, die von einer Religion als heilig betrachtet werden". Blasphemische Äußerungen können demnach mit einer Geldstrafe von bis zu 25.000 Euro geahndet werden. (Deutschlandfunk)

In einer Fernsehsendung des öffentlich-rechtlichen irischen Fernsehsenders RTÉ One im Februar 2015 "The Meaning of Life" ("Der Sinn des Lebens") stellte der Moderator Gay Byrne seinem atheistischen Gast Stephen Fry die Frage, was er denn tun würde, falls er nach seinem Tod doch unerwarteterweise vor der Himmelspforte stünde und den Herrgott träfe. Fry antwortete:
"Ich würde sagen: Knochenkrebs bei Kindern? Was soll das denn bitte? Wie kannst du es wagen! Wie kannst du es wagen, eine Welt zu schaffen, in der es so viel Elend gibt, das wir nicht verschuldet haben? Das ist nicht in Ordnung! Das ist durch und durch böse. Warum sollte ich einen launischen, bösartigen, dummen Gott respektieren, der eine Welt erschaffen hat, die voll Ungerechtigkeit und Schmerz ist? Das ist das, was ich sagen würde."
Der sichtlich erschütterte Moderator fragte Fry daraufhin, ob er glaube, dass er auf diese Weise von Gott in den Himmel gelassen würde.
"Nein, aber das würde ich auch gar nicht wollen", erwiderte Fry. "Zu seinen Bedingungen will ich da nicht rein. Sie sind falsch. Wenn ich sterbe and es wären Pluto oder Hades oder die griechischen Götter da oben, dann wäre das schon etwas anderes. Denn die griechischen Götter haben nicht so getan, als wären sie nicht menschlich, was ihre Gelüste, ihre Launen und ihre Unvernunft betraf. Sie taten nicht so, als seien sie allsehend, allwissend, allgütig. Denn der Gott, der dieses Universum geschaffen hat – falls es von einem Gott geschaffen wurde – ist ziemlich eindeutig ein Wahnsinniger. Ein komplett Wahnsinniger. Völlig egoistisch. Wir sollen unser Leben auf den Knien verbringen, um ihm zu danken? Was für ein Gott würde das verlangen? Ja, die Welt ist großartig! Aber es gibt darin auch Insekten, deren gesamter Lebenszyklus darauf basiert, dass sie sich in die Augen von Kindern graben und sie erblinden lassen. Sie fressen sich vom Inneren der Augen nach außen. Warum? Warum hast du uns das gegeben? Du hättest leicht eine Schöpfung machen können, in der sowas nicht existiert. Das ist einfach nicht akzeptabel! Beim Atheismus geht es nicht nur darum, nicht daran zu glauben, dass es einen Gott gibt. Angenommen es gibt einen Gott, was für ein Gott ist er dann? Das liegt doch klar auf der Hand: Er ist ein Monster, ein komplettes Monster, und verdient keinerlei Respekt welcher Art auch immer. In dem Moment, in dem man ihn aus seinem Leben vertreibt, wird das Leben einfacher, echter, reiner und ist es meiner Meinung nach mehr wert, gelebt zu werden."
https://hpd.de/artikel/warum-sollte-ich-einen-launischen-boesartigen-dummen-gott-respektieren-13015

Montag, 3. April 2017

Moses ist auch so ein schwieriger Punkt


Ich finde mich immer noch tief eingebuddelt in die Bibel. Ein immenser Sog geht von diesem Buch auf mich aus. Dies ist meine Mythologie, jede dieser Geschichten wirkt bis in meine Zeit, in mein Leben hinein. Ein hallendes Echo aus Zeiten lange vor mir, ein Schatten der auf mir liegt, der ich doch Atheist bin. Wir alle, Juden, Christen, Muslime & Abtrünnige tragen diese Geschichten in unserem zutiefst verstrittenen Unterbewußtsein. Manche rühren mein Herz, andere lassen es erstarren.
 
Moses von Michelangelo Buonarroti, Grab von Julius II, San Pietro in Vincoli, Rom
 
Ein einsamer Gott schenkt einem Volk, dass er sich unter mehreren möglichen Völkern als sein bevorzugtes ausgesucht hat,  ein ziemlich großes Stück Land. Sie müssen Vieles erleiden, bevor sie das Land erreichen,  Hungersnot, Fronarbeit, Tötung der männlichen Kinder in Ägypten, vierzig Jahre Wanderung durch die Wüste, aber nun sind sie sicher, dass alles gut werden wird. Sie erreichen das versprochene Land, nur leider wohnen dort dummerweise schon andere Völker. Was folgt ist eine Landnahme voll wunderbarster Geschichten und blutiger Attacken, überdeckt von einer dicken Schicht roher Gewalt und selbstgerechter arroganter Fühllosigkeit.
 
(5. Mose 21,18-21)
Wenn jemand einen widerspenstigen und ungehorsamen Sohn hat, der der Stimme seines Vaters und seiner Mutter nicht gehorcht und auch, wenn sie ihn züchtigen, ihnen nicht gehorchen will, so sollen ihn Vater und Mutter ergreifen und zu den Ältesten der Stadt führen und zu dem Tor des Ortes und zu den Ältesten der Stadt sagen: Dieser unser Sohn ist widerspenstig und ungehorsam und gehorcht unserer Stimme nicht und ist ein Prasser und Trunkenbold. So sollen ihn steinigen alle Leute seiner Stadt, dass er sterbe.
 
(4. Mose 31,14-15)
Und Mose wurde zornig über die Hauptleute des Heeres, die Hauptleute über tausend und über hundert, die aus dem Feldzug kamen, und sprach zu ihnen: Warum habt ihr alle Frauen leben lassen?

(4. Mose 31,17-18)
So tötet nun alles, was männlich ist unter den Kindern, und alle Frauen, die nicht mehr Jungfrauen sind; aber alle Mädchen, die unberührt sind, die lasst für euch leben.

(5. Mose 20, 10-18)
Wenn du vor eine Stadt ziehst, um sie anzugreifen, dann sollst du ihr zunächst eine friedliche Einigung vorschlagen. Nimmt sie die friedliche Einigung an und öffnet dir die Tore, dann soll die gesamte Bevölkerung, die du dort vorfindest, zum Frondienst verpflichtet und dir untertan sein. Lehnt sie eine friedliche Einigung mit dir ab und will sich mit dir im Kampf messen, dann darfst du sie belagern. Wenn der Herr, dein Gott, sie in deine Gewalt gibt, sollst du alle männlichen Personen mit scharfem Schwert erschlagen. Die Frauen aber, die Kinder und Greise, das Vieh und alles, was sich sonst in der Stadt befindet, alles, was sich darin plündern lässt, darfst du dir als Beute nehmen. Was du bei deinen Feinden geplündert hast, darfst du verzehren; denn der Herr, dein Gott, hat es dir geschenkt. So sollst du mit allen Städten verfahren, die sehr weit von dir entfernt liegen und nicht zu den Städten dieser Völker hier gehören. Aus den Städten dieser Völker jedoch, die der Herr, dein Gott, dir als Erbbesitz gibt, darfst du nichts, was Atem hat, am Leben lassen. Vielmehr sollst du die Hetiter und Amoriter, Kanaaniter und Perisiter, Hiwiter und Jebusiter der Vernichtung weihen, so wie es der Herr, dein Gott, dir zur Pflicht gemacht hat,damit sie euch nicht lehren, alle Gräuel nachzuahmen, die sie begingen, wenn sie ihren Göttern dienten, und ihr nicht gegen den Herrn, euren Gott, sündigt.

(5. Mose 7, l-3)
Wenn dich der Herr, dein Gott, ins Land bringet, darein du kommen wirst, dasselbe einzunehmen, und ausrottest viele Völker vor dir her, die Hethiter, Girgasiter, Amoriter, Kananiter, Pheresiter, Heviter und Jebusiter, sieben Völker, die größer und stärker sind denn du: Und wenn sie der Herr, dein Gott, vor dir dahingibt, dass du sie schlägst, so sollst du sie verbannen, dass du keinen Bund mit ihnen machest, noch ihnen Gunst erzeigest. Und sollst dich mit ihnen nicht befreunden: eure Töchter sollt ihr nicht geben ihren Söhnen, und ihre Töchter sollt ihr nicht nehmen euren Söhnen.

(5. Mose 32, 42)
Ich will meine Pfeile mit Blut trunken machen, und mein Schwert soll Fleisch fressen, mit dem Blut der Erschlagenen und Gefangenen, von dem entblößten Haupt des Feindes.

(5. Mose 6, 10 -11)
Dann wird er dir geben, große, schöne Städte, die du nicht gebaut hast, und Häuser alles Guten voll, die du nicht gefüllt hast, und gemeißelte Brunnen, die du nicht gehauen hast, und Weinberge und Ölbäume, die du nicht gepflanzt hast; und du wirst essen und satt werden.

(3. Mose 24,16)
Wer des HERRN Namen lästert, der soll des Todes sterben;
die ganze Gemeinde soll ihn steinigen.
Ob Fremdling oder Einheimischer,
wer den Namen lästert, soll sterben.

Dienstag, 21. März 2017

Das Alte Testament ist total spannend.

Ich lese gerade ein Buch, in dem der Autor den sogenannten J-Dichter des Alten Testamentes, den Shakespeare Gottes nennt. Tolle Formulierung. 
Das Buch ist Jesus und Yahweh von Harold Bloom. Was ich für tolles Zeug in die Finger kriege, seitdem ich mich mit unseren ältesten aufgeschriebenen Geschichten beschäftige. 
 
Zur Erklärung, der J-Autor ist derjenige, der um circa 900 vor unserer Zeitenwende die Buchstaben JHWH als den Namen Gottes verwendete, im Unterschied zu E, der ihn Elohim (Götter) nannte und P, der vermutlich der Priesterschaft angehörte.
Schon über die Namen, die Gott gegeben werden, könnte man stundenlang schwadronieren. Der erste erfolgreiche monotheistische Gott, muß viele andere Götter schlucken, verdauen, inkorporieren, er ist sozusagen eine multiple Persönlichkeit. Und dann, wie es Büchner Marion im Danton sagen läßt: Alle Männer wurden zu einem Mann. Oder alle Götter wurden zu einem Gott.

Da gab es Mythenerzähler und Redakteure und Ideologen und Witzbolde und Spaßverderber und depressive Poeten und Kriegstreiber und Verehrer von Frauen und Verachter derselben, Soldaten und Liebhaber und sie alle haben über eine lange Zeit dieses Buch der Bücher erschaffen. Es ist viel mißbraucht worden und dennoch großartig, wenn man schafft, es als überreiche mythologische Literatur zu lesen, und sich nicht Bange machen zu lassen.
Ob wir wollen oder nicht, glauben oder nicht, das Buch, seine Worte, sein Strahlen und seine Verunglimpfung vibriert durch unser Leben. Es wirkt in die Literatur, die Poesie, die Politik (CDU), unsere Moral, selbst in die, die wir ablehnen. Es ist allüberall. Bei Juden, Christen, Muslimen und Atheisten. Es ist  ein Teil unserer DNS geworden. Und es ist genauso widerspruchsvoll, gewalttätig, ungeheuer, zärtlich, unbegreiflich und banal, wie wir es sind.

Da hat einer zwei Frauen, eine, die unfruchtbar ist, liebt er, die andere hat er und sie gebärt ihm Kinder. Er heißt Jakob, die Frauen Rahel und Lea.

Ein Jüngling liebt ein Mädchen,
Die hat einen Andern erwählt;
Der Andre liebt eine Andre,
Und hat sich mit dieser vermählt.

Das Mädchen heiratet aus Ärger
Den ersten besten Mann,
Der ihr in den Weg gelaufen;
Der Jüngling ist übel dran.

Es ist eine alte Geschichte,
Doch bleibt sie immer neu;
Und wem sie just passieret,
Dem bricht das Herz entzwei.


Ein Gebärwettkampf gigantischen Ausmaßes:

Rahel: Und Jakob vollendete die Hochzeitswoche mit dieser. Dann gab man ihm auch mich zur Frau. Und er liebte mich, mehr als Lea.

Lea: Und Gott sah, dass ich gehasst war, da öffnete er meinen Mutterleib.

Rahel: Ich aber war unfruchtbar.

Lea: Und ich wurde schwanger und gebar einen Sohn, und gab ihm den Namen Ruben, denn nun würde mein Mann mich lieben. Und ich gebar einen weiteren Sohn, weil Gott gehört hatte, dass ich gehasst war. Und ich gab ihm den Namen Simeon. Und ich gebar noch einen Sohn, jetzt endlich würde mein Mann an mir hängen, denn ich hatte ihm drei Söhne geboren! Darum gab ich ihm den Namen Levi. Und ich gebar einen vierten Sohn, und gab ihm den Namen Juda.

Rahel: Und ich sah, dass ich dem Jakob nicht gebar, da beneidete ich meine Schwester und sprach zu Jakob: Gib mir Kinder! Und wenn nicht, so sterbe ich. Da entbrannte sein Zorn wider mich, und er sprach: Bin ich an Gottes Stelle, der dir Leibesfrucht vorenthält? Da gab ich ihm meine Magd zum Weibe und sie gebar Jakob zwei Söhne auf meinen Knien, so kam ich durch sie zu Kindern. Und ich gab ihnen die Namen Dan und Naphtali. Gott hatte mir Recht verschafft und auch auf meine Stimme gehört. Gotteskämpfe habe ich mit meiner Schwester gekämpft, und ich hatte mich durchgesetzt!

Lea: Da gab ich meine Magd Jakob zum Weibe und die gebar dem Jakob zwei Söhne. Zum Glück! Und ich gab ihnen die Namen Gad und Aser. Und zu meiner Glückseligkeit, ward auch ich wieder schwanger und gebar dem Jakob einen fünften Sohn. Gott hatte mir meinen Lohn gegeben, dass ich meine Magd meinem Manne gegeben hatte! Und ich gab ihm den Namen Issaschar. Und ich gebar noch einen Sohn, jetzt endlich würde mein Mann bei mir bleiben, denn ich hatte ihm sechs Söhne geboren! Und ich gab ihm den Namen Sebulon. Und danach gebar ich noch eine Tochter und gab ihr den Namen Dina.

Rahel: Und Gott erinnerte sich an mich und ich ward schwanger und gebar einen Sohn; Gott hatte meine Schmach weggenommen! Und ich gab ihm den Namen Joseph.


Lea mit ihren Kindern, G.B.Tiepolo, Patriarchenpalast, Udine 

Freitag, 27. Januar 2017

Haschen nach Wind

 
 Mosaik Pompeii 1. Jahrhundert

Kohelet oder Ekklesiastes oder Prediger Salomo oder ein Teil der Ketuvim, mein liebstes Buch im Alten Testament. Als ich es zum ersten Mal gelesen habe, war ich auf der Suche nach einem schönen Text für den Heiligabend, ein Fest, das in meiner jüdisch-kommunistischen Familie intensiv gefeiert wurde, und mein Vater, protestantischer Herkunft zwar, doch entschlossener Atheist, meinte man müsse doch wissen, was man da feiere und las uns die weihnachtsbezüglichen Stellen mit belehrenden Kommentaren und trockenem Witz nach jeder Bescherung vor. 
Mit etwa 16 ging diese Pflicht auf mich über und ich wollte diese Tradition, natürlich, umschmeißen, revolutionieren. Also neue Texte mußten her.
So kam ich zum Buch Kohelet und einem sehr heftigen Lachanfall. 

Folgende Vision: auf der Suche nach Trost, Erbauung oder Hoffnung schlägt man das Heilige Buch auf und liest Folgendes:  

Denk an deinen Schöpfer in deinen frühen Jahren, ehe die Tage der Krankheit kommen und die Jahre dich erreichen, von denen du sagen wirst: Ich mag sie nicht!, ehe Sonne und Licht und Mond und Sterne erlöschen und auch nach dem Regen wieder Wolken aufziehen: am Tag, da die Wächter des Hauses zittern, die starken Männer sich krümmen, die Müllerinnen ihre Arbeit einstellen, weil sie zu wenige sind, es dunkel wird bei den Frauen, die aus den Fenstern blicken, und das Tor zur Straße verschlossen wird; wenn das Geräusch der Mühle verstummt, steht man auf beim Zwitschern der Vögel, doch die Töne des Lieds verklingen; selbst vor der Anhöhe fürchtet man sich und vor den Schrecken am Weg; der Mandelbaum blüht, die Heuschrecke schleppt sich dahin, die Frucht der Kaper platzt, doch ein Mensch geht zu seinem ewigen Haus und die Klagenden ziehen durch die Straßen - ja, ehe die silberne Schnur zerreißt, die goldene Schale bricht, der Krug an der Quelle zerschmettert wird, das Rad zerbrochen in die Grube fällt, der Staub auf die Erde zurückfällt als das, was er war, und der Atem zu Gott zurückkehrt, der ihn gegeben hat. 

Windhauch, Windhauch, sagte Kohelet, das ist alles Windhauch.
oder im Talmud heißt es:
Hauch und nichtig, sprach Kohelet, das alles ist Hauch.

Wunderschön. Wunderschön, aber nicht wirklich aufmunternd. Ich liebe es. 

Ein lebender Hund ist besser als ein toter Löwe.

Sonntag, 6. September 2015

Ein halber Mantel könnte vielleicht auch genug sein.


Was immer ihr einem Geringsten getan habt, das habt ihr mir getan.

Zwei Flüchtlingsfamilien dürfen in den Vatikan. Zwei. Weil der Vatikan so klein ist. Zwei Pfarrgemeinden, eine Familie pro Gemeinde. Danke.

Papst Franziskus hat Gläubige in ganz Europa aufgerufen, Flüchtlingen Schutz vor Krieg und Hunger zu gewähren. Jede katholische Gemeinde, jede geistliche Gemeinschaft, jedes Kloster und jeder Zufluchtsort solle eine Familie aufnehmen, sagte Franziskus vor Zehntausenden Gläubigen auf dem Petersplatz. Die Bischöfe sollten ihre Diözesen dazu drängen. Nach seinen Angaben werden die beiden Pfarrgemeinden des Vatikan "in den nächsten Tagen" mit gutem Beispiel vorangehen und zwei Flüchtlingsfamilien unterbringen. Der Vatikan hat nur ein winziges Staatsgebiet innerhalb Roms. Hinter seinen Mauern leben auch einige Familien mit Kindern. Zwei Gemeinden finden in dem Kirchenstaat Platz, darunter die des Petersdoms. Jede soll nun eine Familie aufnehmen. 
Wie die Unterbringung der Flüchtlinge genau vonstatten gehen soll, blieb aber zunächst offen.
tagesschau.de

Der Gesamtbesitz an Aktien und anderen Kapitalbeteiligungen des Vatikans wurde 1958 auf etwa 50 Milliarden DM geschätzt. Nach der Recherche des Journalisten Paolo Ojetti im Jahre 1977 gehörte etwa ein Viertel der Grundstücke und Häuser Roms der Kirche bzw. ihren Gemeinschaften.

2007 sprach man von einem Vermögen zwischen 1,2 und zwölf Milliarden Euro, zu dem Goldreserven in der Schweiz und in den USA, Immobilien, Schatzbriefe, Aktien und festverzinsliche Wertpapiere gehören. Das Vermögen der Vatikanbank IOR liegt Schätzungen des Nachrichtenmagazins L’Espresso zufolge bei rund sechs Milliarden Euro.
Wiki


DAS VERMÖGEN DES VATIKAN

Gesamtwert: Mindestens 1,2 Milliarden, höchstens jedoch geschätzte zwölf Milliarden Euro
Barkapital/Schatzbriefe: 750 Milliarden Lire in bar und 1000 Milliarden Lire in Schatzbriefen als Entschädigung für den Verlust des Kirchenstaats durch die Lateranverträge von 1929 (Wert in Dollar damals rund 80 bis 90 Millionen)
Edelmetall: Goldreserven in der Schweiz
Wertpapiere: Aktien (Anteil 25 bis 30 Prozent) und festverzinsliche Wertpapiere (70 bis 75 Prozent)
Anlageregionen: 55 Prozent in Europa (vor allem in Italien, der Schweiz, Großbritannien und Deutschland), 40 Prozent in den USA und Kanada, der Rest in Mexiko, Japan und Südamerika
Branchen: Politisch und moralisch saubere Aktien klassischer Marktführer wie General Motors, IBM, Disney, zudem Investments in Nahrungsmittelfirmen (darunter auch Pleitefirmen wie Parmalat und Cirio). Dazu kommen Dienstleistungs- und Telekommunikationsunternehmen sowie Banken und Versicherungen. Ethisch nicht vertretbare Investments etwa in Rüstungsfirmen oder Pharma-Unternehmen, die Verhütungsmittel produzieren, sind tabu.Hintergrund: Ausgerechnet nach der „Pillen-Enzyklika“ mit dem Verbot künstlicher Empfängnisverhütung durch Papst Paul VI. 1968 musste die Kurie zur Kenntnis nehmen, dass dem Vatikan Teile einer italienischen Pharmafirma gehörten, die die Pille herstellte. Paul VI. ordnete daraufhin eine Bereinigung des Aktienbesitzes an.
Beteiligungen: Mindestens 0,9 Prozent, maximal fünf Prozent des Aktienkapitals der Großbank Intesa, zu der Banca Commerciale, Banco Ambrosiano und Cariplo gehören. Gleicher Anteil an Capitalia, die nach der Fusion von Banco di Roma, Cassa di Risparmio di Roma und Banco Santo Spirito entstand.
Immobilien: So genau wissen das vermutlich nicht mal die Bankiers Gottes. Nur soviel geht aus den vatikanischen Unterlagen hervor, dass der Heilige Stuhl 2003 aus der Vermietung seiner Häuser über 22 Millionen Euro eingenommen hat. 


El Greco St. Martin und der Bettler
1597-99

St. Martin war ein guter Mann
Und ritt auf seinem Pferd heran.
Da stand er nun am großen Tor
Und sah den Bettler, der so fror.

Mit dem Schwert teilte er seinen Mantel entzwei
Und gab dem Bellter einen Teil.
Ihm zu Ehren tragen wir das Laternenlicht,
So vergessen wir den heiligen Martin nicht!

DER GETEILTE MANTEL

Zur Zeit des heiligen Martin galt ein kaiserliches Edikt, wonach die Söhne von Berufssoldaten zum Kriegsdienst gezogen wurden. Dadurch wurde auch Martin, gegen seinen Willen, mit 15 Jahren zum Militärdienst eingezogen. Noch war Martin nicht getauft; aber in allem verhielt er sich nicht, wie sich sonst Soldaten verhielten: Er war gütig zu seinen Kameraden, wunderbar war seine Nächstenliebe. Seine Geduld und Bescheidenheit überstiegen die der anderen bei weitem. Seine Kameraden verehrten ihn und hielten ihn schon damals mehr für einen Mönch als einen Soldaten. Denn, obwohl noch nicht getauft, zeigte er ein Verhalten wie ein Christ: Er stand den Kranken bei, unterstützte die Armen, nährte Hungernde, kleidete Nackte. Von seinem Sold behielt er nur das für sich, was er für das tägliche Leben benötigte.
Eines Tages, als Martin nichts außer Waffen und dem einfachen Soldatenmantel bei sich trug, begegnete er mitten im Winter, der von so außergewöhnlicher Härte war, dass viele erfroren, am Stadttor von Amiens einem nackten Armen. Dieser flehte die Vorbeigehenden um Erbarmen an. Doch alle liefen an dem Elenden vorüber. Da erkannte Martin, von Gott erfüllt, dass der Arme, dem die anderen keine Barmherzigkeit schenkten, für ihn da sei.
Aber was sollte er tun? Außer seinem Soldatenmantel hatte er ja nichts. Also nahm er sein Schwert und teilte den Mantel mitten entzwei. Den einen Teil gab er dem Armen, in den anderen Teil hüllte er sich wieder selbst. Etliche der Umstehenden begannen zu lachen, denn Martin sah mit dem halben Mantel kümmerlich aus. Viele jedoch, die mehr Einsicht hatten, bedauerten sehr, dass sie nicht selbst geholfen hatten, zumal sie viel wohlhabender als Martin waren und den Armen hätten bekleiden können, ohne sich selbst eine Blöße zu geben.
© Prof. Dr.theol. Manfred Becker-Huberti, Köln

Samstag, 15. August 2015

GOTT konnte es, daher machte er es.


Denn Engel kommen nicht zu solchen Betern,
und Nächte werden nicht um solche groß.
Die Sich-Verlierenden läßt alles los,
und die sind preisgegeben von den Vätern
und ausgeschlossen aus der Mütter Schoß.
Rainer Maria Rilke

Maria, jüdische Tochter jüdischer Eltern, wurde am Tage ihrer Empfängnis durch ihre Mutter, in genau diesem Moment, durch den Willen Gottes von der uns allen eigenen Erbsünde befreit, als Gegenleistung für künftige Verdienste und die einkalkulierten Leiden Jesu – sozusagen im Voraus. Ei trifft Sperma, Heiliger Geist schüttet, Gott gibt Freibrief. Eine Bezahlung in Erwartung einer zu erbringenden Leistung. Leihmutterhonorar. WTF?

Zur Ehre der Heiligen und ungeteilten Dreifaltigkeit, zur Zierde und Verherrlichung der jungfräulichen Gottesgebärerin, zur Erhöhung des katholischen Glaubens und zum Wachstum der christlichen Religion, in der Autorität unseres Herrn Jesus Christus, der seligen Apostel Petrus und Paulus und der Unseren erklären, verkünden und bestimmen Wir in Vollmacht unseres Herrn Jesus Christus, der seligen Apostel Petrus und Paulus und in Unserer eigenen: Die Lehre, dass die seligste Jungfrau Maria im ersten Augenblick ihrer Empfängnis durch einzigartiges Gnadengeschenk und Vorrecht des allmächtigen Gottes, im Hinblick auf die Verdienste Christi Jesu, des Erlösers des Menschengeschlechts, von jedem Fehl der Erbsünde rein bewahrt blieb, ist von Gott geoffenbart und deshalb von allen Gläubigen fest und standhaft zu glauben. Wenn sich deshalb jemand, was Gott verhüte, anmaßt, anders zu denken, als es von Uns bestimmt wurde, so soll er klar wissen, dass er durch eigenen Urteilsspruch verurteilt ist, dass er an seinem Glauben Schiffbruch litt und von der Einheit der Kirche abfiel, ferner, dass er sich ohne weiteres die rechtlich festgesetzten Strafen zuzieht, wenn er in Wort oder Schrift oder sonstwie seine Auffassung äußerlich kundzugeben wagt.
Glaubenssatz 325 in: Josef Neuner S.J. und Heinrich Roos S.J.: Der Glaube der Kirche in den Urkunden der Lehrverkündigung.

Katholischer Stalinismus pur. Wir entscheiden was Wahrheit ist und wenn Du uns nicht glaubst, dann... 

Maria, Tochter des Joachim und der Anna, Ehefrau des Josef, Gefäß Gottes und Mutter Jesu, und, wenn ich es richtig lese, auch Mutter einiger anderer Kinder. Ist er nicht des Zimmermanns Sohn? Heißt nicht seine Mutter Maria? Und seine Brüder Jakobus, Josef, Simon und Judas? Matthäus 13
Nie sie selbst, immer Objekt anderer. Gott fragt sie nicht, setzt ihr Einverständnis voraus, ihr Mann verdächtigt sie, aus verständlichen Gründen, der Untreue und wird von einem Engel daran gehindert, sie zu verlassen. (Nebenbei, Juden behaupten, dass sie ein Verhältnis mit einem römischen Söldner namens Panthera hatte.) Später begegnet der Sohn ihr äußerst harsch. Frau, was habe ich mit dir zu schaffen? Johannes 2,4
Manche sagen, sie wäre bei der Kreuzigung Jesu anwesend gewesen, manche, dass sie seiner Auferstehung beigewohnt hätte. Keiner, der offiziell Anerkannten, erwähnt, was sie tat, wie sie lebte, nachdem er gestorben und auferstanden war. Ist sie nach Indien oder mit dem Lieblingsjünger ihres Sohnes Johannes nach Ephesus gewandert oder blieb sie in Jerusalem? 
"Nachdem sie ihren irdischen Lebenslauf vollendet hatte..."

 Caravaggio - Tod Mariä - 1604-06
Der Auftraggeber war Laertino Cherubini, urspr. für den Altar der Kapelle der Karmeliterkirche Santa Maria della Scala in Rom, das Gemälde wurde von Karmelitern als »der Maria unwürdig« zurückgewiesen.


Auch wenn umgangssprachlich im Deutschen der Ausdruck Mariä Himmelfahrt geläufig ist, ist das Festgeheimnis der Aufnahme Mariens in den Himmel von dem der Himmelfahrt Christi zu unterscheiden. In vielen Sprachen werden daher zwei verschiedene Bezeichnungen benutzt, etwa im Lateinischen: Ascensio Domini 'Auffahrt des Herrn', aber Assumptio Mariae 'Aufnahme Mariens'. Wiki

Das einsame Vehikel, die unbefragt gemietete Gebärmutter, stirbt am 15. August, vielleicht im Jahr 48. Und jetzt? Man muß sie irgendwie loswerden. Wenn sie auffährt wie ihr gottgezeugter Sohn, mindert das die Einzigartigkeit seiner Auferstehung. Also muß etwas Neues her. Die Aufnahme. Maria stirbt. Woran? Keiner schreibt darüber. Sie stirbt und ein Engel verkündet ihren Tod. Sie hatte angeblich darum gebeten, dass die Apostel an ihrem Todbett anwesend sein sollten und diese wurden auch prompt von Wolken an ihr Sterbett getragen. Der auferstandene Jesus nimmt sie in seine Arme und hindert die Hohepriester, wahrscheinlich böse Juden, daran den Leichnam zu verbrennen.
In dem schrecklichen, antihumanistischen Film Mel Gibsons über den Leidensweg Jesu gibt es eine einzige gute Szene: der junge Tischler Jesus baut einen Tisch. Maria, die daran gewöhnt ist. ihr Essen am Boden sitzend einzunehmen, betrachtet sein Gesellenstück und bemerkt: "Das wird sich nie durchsetzen!" Wir, die wir an Tischen sitzen, wissen es besser.

Sonntag, 24. Mai 2015

GEHORSAM - Peter Greenaway im Jüdischen Museum


WO IST DIE WELT?

I am Isaac. 
Ich bin Isaak. 
I am Ismael. 
Ich bin Ishmael.

Unvorstellbarer Vorgang. 

Eine Stimme, die Stimme Gottes, verlangt die Tötung des Sohnes durch den Vater, der Sohn, Isaak oder Ishmael, je nachdem welcher Religion man anhängt, soll sein Brandopfer sein. Der Vater, Abraham, antwortet nicht mit dem erwarteten, erhofften, als sicher angenommenen "Nein.", sondern fragt, was er seiner Frau als Ausrede für den plötzlichen Ausflug geben solle. "Sage ihr, du gehst, mit ihm die Schrift zu studieren."
Vater und Sohn. 
Holz wird geschlagen, auf den Bildern, trägt es der ahnungslose Sohn. Der Vater hält Messer und Feuer.
Da sprach Isaak zu seinem Vater Abraham: Mein Vater! Abraham antwortete: Hier bin ich mein Sohn. Und er sprach: Siehe, hier ist Feuer und Holz; wo ist aber das Schaf zum Brandopfer? Abraham antwortete: Mein Sohn, Gott wird sich ersehen ein Schaf zum Brandopfer. Und gingen beide miteinander.
Das Holz wird aufgeschichtet. Der Sohn wird gebunden und auf  den Holzstapel gelegt. Der Vater holt mit dem Messer aus.
Da rief ihm der Engel des Herrn vom Himmel her zu: Abraham, Abraham! Er antwortete: Hier bin ich. Jener sprach: Streck deine Hand nicht gegen den Knaben aus und tu ihm nichts zuleide! Denn jetzt weiß ich, dass du Gott fürchtest; du hast mir deinen einzigen Sohn nicht vorenthalten.


Unvorstellbarer Vorgang. 

 Caravaggio Die Opferung Isaaks


Gehorsam


Eine Installation von Saskia Boddeke & Peter Greenaway im Jüdischen Museum Berlin


In 15 Räumen wird über diesen unvorstellaren Vorgang gedacht. Drei große Religionen tragen diese Geschichte in ihren heiligen Büchern mit sich, mit kleinen Varianten und sich stark unterscheidenden Auslegungen. Aber in Torah, Bibel und Koran finden wir die Erzählung vom Vater, der seinen Sohn töten würde, um Gott seine Furcht, seinen Gehorsam zu beweisen.
Mir bleibt da nur Schrecken.

Im letzten Raum zwischen Messern und Opferlämmern aus Pappmaché an einer Wand drei Videoschirme auf denen in unendlicher Folge, zwischen Aufnahmen eines strengen Tanzes, Kinder im Krieg, Kinder in Angst, Kinder als Soldaten, verletzte, getötete, verängstigte Kinder zu sehen sind. 
Ein Junge von vielleicht fünf, Bewohner eines der Krisengebiete unserer Welt, fragt: "Wo ist die Welt?"

https://www.youtube.com/watch?v=sYq5qBPIoeE 

https://www.youtube.com/watch?v=g2H9s5Cylb0

http://www.berliner-zeitung.de/kultur/interview-zum-alten-testament-kein-abraham--kein-moses--kein-exodus-und-keine-zehn-gebote,10809150,30646868.html

Montag, 11. Mai 2015

Moses und Aron an der Komischen Oper Berlin


Vorrede auf dem Theater:

Estragon: 
Wir finden doch immer was, um uns einzureden, dass wir existieren, nicht wahr, Didi? 
Wladimir: 
Ja, ja. Wir sind Zauberer.
 Samuel Beckett "Warten auf Godot"


Arnold Schönberg
Moses und Aron 
Oper in drei Akten
1923 – 1937

Vorausgeschickt: obwohl ich wenig von moderner klassischer Musik verstehe, ihr sogar eher ängstlich begegne, habe ich heute in der Komischen Oper fast zwei Stunden fasziniert zugehört und -gesehen. Das hatte ich nicht erwartet und macht mich ziemlich froh. Es war anstrengend, weil meine Aufmerksamkeit zwischen Textmitlesen und dem Bühnengeschehen zu folgen, hin und her springen mußte. Aber es war aufregend. Nicht, dass ich mit allen assoziativen Bildern glücklich war, aber ich hatte immerzu interessante Reibungspunkte. 
Mit mir waren fünf Studenten, vier Kanadier und eine Türkin, und wir haben im Anschluß fast zwei Stunden gestritten und haben dabei sogar unsere sehr unterschiedlichen Eindrücke einander verständlich mache können. Selten und großartig. 
Und der Chor ist unglaublich! Einhundert Sänger die, während sie diese komplizierte Musik singen, in jedem Augenblick die Spannung halten und offensichtlich immer genau wissen, was sie gerade denken, welche Haltung sie warum einnehmen. Intelligent choreographiert und intensiv gespielt. Bis zur ersten Stückprobe hatten sie bereits 100 musikalische Proben! 100!

Der Riß zwischen der Idee und ihrer Realisation, der Einbruch der Propaganda in die Utopie, der unüberbrückbare Graben zwischen dem Gedanken und seiner Wirklichwerdung - die Geschichte des letzten Jahrhunderts, und des jetzigen, als Fundus des Schreckens. 
Die Tödlichkeit der Ismusse. Faschismus, Stalinismus, Fundamentalismus - ein Reigen des Tötens.

MOSES 
Unvorstellbarer Gott! Unaussprechlicher, vieldeutiger Gedanke! Lässt du diese Auslegung zu? Darf Aron, mein Mund, dieses Bild machen? So habe ich mir ein Bild gemacht, falsch, wie ein Bild nur sein kann! So bin ich geschlagen! So war alles Wahnsinn, was ich gedacht habe, und kann und darf nicht gesagt werden! O Wort, du Wort, das mir fehlt!

Die letzten Worte die Moses in der Aufführung singspricht. 

Schönberg hat die Oper in Berlin geschrieben. Es ist ein Berlinstück, obwohl er ein jüdischer Österreicher durch und durch war. Er hat den letzten Takt von "Moses und Aron" in Berlin komponiert, kurz danach ging er 1933 ins Exil. Er hat die Oper im hereinbrechenden Schatten des Dritten Reichs geschrieben.
Barrie Kosky

Schönberg am 20. April 1923 in einem Brief an Kandinsky:

Was ich im letzten Jahr zu lernen erzwungen wurde, habe ich nun endlich kapiert, und werde es nicht wieder vergessen. Dass ich nämlich kein Deutscher, kein Europäer, ja vielleicht kaum ein Mensch bin (wenigsten ziehen die Europäer die schlechtesten ihrer Rasse mir vor), sondern, dass ich Jude bin. Ich habe gehört, dass auch ein Kandinsky in den Handlungen der Juden nur Schlechtes und in ihren schlechten Handlungen nur das Jüdische sieht, und da gebe ich die Hoffnung auf Verständigung auf. Es war ein Traum. Wir sind zweierlei Menschen. Definitiv!"
Zwei Wochen später schrieb er abermals an Kandinsky:  


"Und da tun Sie mit und lehnen mich als Juden ab. Habe ich mich Ihnen denn angetragen ... Wie kann ein Kandinsky ... es unterlassen eine Weltanschauung zu bekämpfen, deren Ziel Bartholomäusnächte sind!" 
http://www.zeit.de/1964/44/die-erde-ist-kein-vergnuegungslokal 

Kurze Zusammenfassung der in der Oper zitierten biblischen Moses & Aaron Geschichte:
Nachdem Mose von Gott am brennenden Dornbusch zum Führer und Befreier Israels berufen worden war, kehrt er nach Ägypten zurück und trifft dort auf seinen Bruder. Gott macht Aaron zu Moses Sprecher und gemeinsam treten die Brüder vor den Pharao, um von ihm die Freiheit der Hebräer zu fordern. Anfangs wirkt er durch seinen Stab einige Wunder : Als er den Stab zu Boden wirft, wird dieser zur Schlange und verschlingt die Stab-Schlangen der ägyptischen Magier, er macht durch den Stab das Wasser des Nils zu Blut und läst die Frosch- und Stechmückenplage aus. Später ist nur noch berichtet, dass Moses so einen Stab hat, mit dem er Wunder vollbringt. Verglichen mit seinem dynamischen Bruder ist Aaron keine Führerpersönlichkeit. Nur an einer Stelle wird sein Name zuerst genannt, obwohl er der ältere Sohn ist, und nur zweimal spricht Gott direkt zu ihm. Zwar handelt Aaron zweimal auch unabhängig von Mose - doch beide Male geht es gründlich schief: Als Mose sehr lange auf dem Berg Sinai bleibt, wo er die 10 Gebote erhält, gibt Aaron dem Drängen des Volkes nach und errichtet ein goldenes Stierbild, das von den Hebräern als Götze angebetet wird. Von seinem Bruder zur Rede gestellt, schiebt Aaron alle Schuld dem Volk zu ....
Aus: In 18 Monaten durch die Bibel
http://www.its-gospel-time.de/index.php?option=com_glossary&func=view&Itemid=433&catid=124&term=Aaron 

Interview mit dem Intendanten der Komischen Oper Barrie Kosky.
http://www.zeit.de/2014/40/komische-oper-berlin-barrie-kosky 

Moses und Aron Chorprobe:
https://www.youtube.com/watch?v=cFYvIYkDECE