Dienstag, 26. Dezember 2023

Johanna kauft sich einen WASCHTROCKNER

LUXUSPROBLEM, Mitleid ist also nicht notwendig.

Ich, Johanna, 65 und eigentlich ziemlich entspannt, lasse meine Wohnung renovieren und will diesen Vorgang dafür nutzen, einige Änderungen vorzunehmen. Eine davon war, meine ererbte Waschmaschine (ca. 20 Jahre alt) und den dazugeordneten Trockner (gleichen Alters), gegen eine modernere Maschine, die beides in sich vereint, auszutauschen. Der Beginn eines abenteuerlichen Weges.

SATURN, mein erster Kontakt, bietet professionelle Beratung, aber die empfohlenen Geräte sind leider nicht vorrätig. Mein nächster Anlaufpunkt ist SAMSUNG und die Bestellung gelingt, 5 bis 8 Werktage bis zur Lieferung, das ist großartig, meine in die Jahre gekommene Waschmaschine wird verschenkt. 

SAMSUNG hält sich bezüglich der Lieferung bedeckt. Sie ist noch nicht auf Lager. Sie ist in Zustellung, was aber nicht heißt, dass sie in Zustellung ist. Vier Wochen vergehen. 

Ich trotte mit meiner schmutzigen Wäsche durch Berlin, besuche Freunde und Familie, um Wäsche zu waschen. Feuchte gewaschene Wäsche ist übrigens erheblich schwerer als ungewaschene.

Die Maschine erreicht, nach mehreren Anrufen HERMES, oder HES, deren Zustellservice für Maschinen. Service? Eine Woche Stillstand, dann ein Liefertermin, dann ...

Dann ... wird mir nach zweieinhalbstündiger Wartezeit mitgeteilt, dass ich angeblich die Annahme verweigert habe. Die Frau am Hilfetelefon bescheinigt mir scharf, dass ich lüge und ihre Fahrer zuverlässig und ehrlich sind. Ich schwitze und errege mich, was mir prompt zum Vorwurf gemacht wird. Samsung lehnt jede Verantwortung ab, die läge jetzt bei Hermes, dem Lieferservice, den sie angemietet haben. 

Hallo Johanna Schall, Dein Anliegen ist abgeschlossen. Auf deiner persönlichen Statusseite findest du den Bearbeitungsstand deiner Anfrage und kannst, wenn nötig, noch etwas hinzufügen.

Mein nächste Liefertermin liegt eine Woche später. Die Lieblingsnichte übernimmt. Einen ganzen Stock hoch muss das Ding getragen werden, uff. Der Anschluss ist angeblich nicht bezahlt, die Maschine wird eingepackt abgestellt.

Der Klempner, der den Waschtrockner nun anschließen soll, erkrankt und der beste Hausmeister aller Hausmeister, Herr Herrmann, übernimmt, entsorgt die Verpackung und schließt die Maschine an.

Alles in allem lagen zwischen dem Kauf am 9.11. und dem ersten Waschgang am 23.12. viel, viel mehr Arbeitstage als die angegebenen 5-8.. Beschwerde? Sicher. Aber was wird die bringen? Mehr Ausreden?

Ich wasche. Das Trocknen funktioniert nicht so toll, aber das kriege ich auch noch hin. Ich wasche!

 

Ich weiß, dass es einsehbare Gründe für Lieferverzögerungen gibt, und dass Lieferservices enorm viel zu tun haben. Aber warum diese Unfähigkeit zu kommunizieren? Warum die Unhöflichkeit? Warum die Verachtung gegenüber dem Kunden?

Servicewüste Deutschland? Oder ist es überall so? 

Außer bei dem weithin verhassten Amazon. Mit denen hatte ich noch nie Schwierigkeiten. Tut mir leid, aber die machen ihren Job gut, Retouren ohne Diskussion, fast immer pünktliche Lieferung. Zugegeben, die Orts- und Sprachkenntnisse der Boten sind ein Problem ich hatte öfter einen weinenden Menschen am Telefon, der meinen Hauseingang nicht fand, was aber auch wirklich nicht so leicht ist.



 

 


Mittwoch, 22. November 2023

Nicht schreiben können

Der 7. Oktober war ein Progrom. Wie immer und immer wieder, seit Jahrhunderten, entschied eine Gruppe Menschen, das Juden eben dies, Menschen, nicht sind, sondern nur unwichtige Kolateralschäden. Und sie hatten auch noch Spaß dabei. Hatten Spaß beim Vergewaltigen, Töten und Demütigen. Welche inhumane Ideologie wurde von verhärteten oder korrupten Führern in sie eingepflanzt?

Das kleine Volk (Wir sind weltweit nur 16 Millionen.) dem ich wohl oder übel angehöre, führt jetzt Krieg gegen dieses andere Volk, dass es seinerseits gerne auslöschen würde. "From the river to the sea" heißt nichts anderes, als die Zerstörung Israels. Auf beiden Seiten sind unerträgliche Opfer zu beklagen. Die politische Führung der Palästinenser will, wie die Charta der Hamas ganz klar formuliert, Israel vernichten. Die politische Führung Israels ist ein Haufen korrupter, rechtslastiger Narzisten. ABER. Aber in Israel wurde, bis zum 7. Oktober, heftig gegen die schlechte Regierung protestiert und niemand wurde verhaftet oder Schlimmeres. In Gaza oder im Iran, der die Hamas mitfinanziert, wurde nicht demonstriert, konnte nicht demonstriert werden, weil es weder erlaubt ist und heftig lebensgefährlich ist.

Ich liebe die Demokratie, in all ihrer verwundbaren Unzuverlässigkeit, weil man alle paar Jahre anders entscheiden kann, wenn man nicht zu faul oder zu dumm ist, sich zu informieren. 

Und wenn ich eines sicher weiß, dann ist es, das ich nicht in einem muslimisch regierten Staat leben möchte, und auch meine Lieblingsnichte soll das nicht erleben. Sie hat schönes Haar und lebendige Augen, die sie nie verstecken sollen muß.

Ich wünschte, wir, die Juden, hätten keine Palästinser vertrieben. Aber ich verstehe auch, warum wir, die Juden, dringend einen sicheren Ort brauchten. "Die Wahrheit liegt zwischendrin." Zwischen den arabischen Staaten, die keine palästinensischen Flüchtlinge aufnehmen wollen oder sie in einer Endlosschleife von Arbeitserlaubnislosigkeit hängen läßt und den jüdischen Siedlern, die von einem Groß-Israel träumen und sich dabei auf einen Text berufen, der durch nichts juristisch bewiesen ist, (Das Alte Testament).

Was ein nicht bewiesener Gott gesagt haben mag, interessiert mich übrigens dabei gar nicht. 

 


Die einen benutzen ihre idealisierte Vergangenheit (Das Alte Testament) als ideologische Waffe, weil sie wissen, das sie nirgendwo sicher sind, als in diesem ihnen heiligem, aber von anderen, eben diesen Palästinensern, lang bewohnten Land. Die anderen können ihre schmerzhafte Vergangenheit nicht vergessen und vergraben sich in ihrem Opferstatus, ignorieren die Korruption ihrer Anführer und versteinern ihre Herzen. Hass gegen Hass. 

Der palästinensische Taxifahrer, der Juden akzeptiert, aber Zionisten und Israel auslöschen will. 

Wo sollen wir denn hin?

Ich trage meinen Davidstern und weiß nicht genau warum.




Freitag, 10. November 2023

ANTISEMITISMUS - What The Fuck?

Antisemit. Was für ein blödes Wort. Man hasst Semiten. Und das bedeutet?

Zu den Semiten zählen die Amharen, Tigrinya, Araber, Hyksos, Malteser, Minäer, Sabäer, Amoriter, Ammoniter, Akkader/Babylonier/Assyrer/Aramäer, Hebräer, Kanaaniter, Moabiter, Nabatäer, Phönizier und Samaritaner.

Man haßt also Semiten. Araber, Juden, Aramäer und sonst noch so allerlei. Habt ihr je einen Malteser - Hasser getroffen?

Ein Begriff von Rassisten erfunden, um die Juden als Angehörige einer "minderwertigen" Rasse einzuordnen, wird zur umgangssprachlichen Bezeichnung für die, die Juden hassen.

LTI - Die Sprache des Dritten Reiches, Lingua Tertii Imperium, Victor Klemperer, ein jüdischer Sprachanalytiker, der tapfer weiter analysierte, während er massiv rassistisch verfolgt wurde. Ehre seiner Asche. 

Wen hassen die, die Antisemiten sind?

Die Rothschilds, die imaginierten reichen Juden. Die, die Weltherrschaft anstreben, laut der Schriften der "Weisen von Zion", einem Text, der nachweislich von der russischen Geheimpolizei gefälscht wurde. Und der all die armen Handwerker, die meine Nachbarschaft  bewohnten, die Schuster und Schneider in Kellern auslässt, verneint, vernachlässigt. All die bitterarmen Ostjuden, denen Berlin eine bessere Zukunft versprach. Bis 1933.

Weil wir im Mittelalter kein religiöses Verbot für Zinsnahme hatten und uns die meisten anderen Zünfte verwehrt blieben, wurden wir Altkleidersammler, Schneider oder eben Geldverleiher. 

Und jetzt hasst ihr uns. 15 anti-israelische Resolutionen in der UNO im letzten Jahr und nur eine gegen den Iran.

Ich verachte Netanjahu, bin zornig, z.B. wegen seiner Unterstützung der ebenfalls rassistischen rechten Siedler.

Aber die HAMAS ist eine terroristische, frauenfeindliche, nur auf ihr Endziel konzentrierte Gruppe von fundamentalistischen, muslimischen Kämpfern, die das Töten von Juden zum Sieg erklären und da sind Babies und feiernde Jugendliche nur "Kollateralschäden". Von ihnen selbst auf Video gebannt und veröffentlicht.

Was haben sie erwartet, als sie angriffen? Babies töteten und alte Leute. Wofür haben sie die Geiseln genommen?

Die Tunnel in Gaza sind nicht dazu gedacht, die Bevölkerung vor Bombenangriffen zu schützen.

HASS. Ein Schrecklicher Antrieb für schreckliche Handlungen.

Hasst uns doch einfach alle. Alle Semiten. Die Palästinenser, weil sie keine Ruhe geben wollen und rassitischer Fanatismus ihre einzige Antwort zu seien scheint. Die Juden, weil 10 Millionen von uns gemordet wurden umd wir trotzdem keine besseren Menschen geworden sind, sondern nur einen sicheren Ort verlangen.

 

Mittwoch, 1. November 2023

RIECHEN - Ein Wort kann ganz Verschiedenes bedeuten.

Es gibt Wörter, von denen ich gern hätte, dass es sie gibt, aber es gibt sie einfach nicht. 

Ich bin heute regelrecht WIRSCH. Schlechtgelaunt ist einfach, aber offen, fröhlich einem neuen Tag begegnen, das ist etwas so Kostbares.

Ich bin hungrig oder satt, ich bin durstig oder was? Besonders heutzutage, wo selbst in der Großstadt fast jeder eine sorgfältig ausgewählte Wasserflasche mit sich herumträgt, als könnte man jederzeit in der Wüste enden. Hydriert bleiben, drei Liter täglich. Und wenn ich die getrunken habe, bin ich was? 

Werbung für atlantisches Ozeanwasser, 4,76€ pro Flasche: Meerwasser ist eine starke Quelle für Mineralsalze, perfekt zum Kochen oder als direktes Getränk. Es enthält keine Konservierungsstoffe und wird an einem Ort mit Meeresströmungen gewonnen, die es ständig erneuern. Gereinigt durch kalte Mikrofiltration. Gesammelt von Algamar in der Umgebung des Nationalparks der Atlantischen Inseln, vor den Cíes-Inseln, einem privilegierten Ort, an dem die Meeresströmungen ihn ständig erneuern.

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Manche Endsilben schubsen das Wort, das sie beenden in ganz unterschiedliche Richtungen. Wann hat wer entschieden, ob -sam, -lich oder -bar?  Und -ig,  -isch, -haft, -los gibt es auch noch. Sie ist lieblich, aber ist sie liebbar? Wundersam, wunderlich und wunderbar gibt es, aber nicht lächerlich und lächerbar. Lächerbar, jemand der es ermöglicht, zu lachen. Und was könnte lächersam bedeuten? Aber manchmal ändert die Endsilbe den Wortsinn auch nicht. Käuflich und kaufbar und das Grimmsche Wörterbuch sagt, dass schrecksam schrecksam, dasselbe ist wie schrecklich (Steinbach 2, 515.) und schreckbar auch! ... sonst wär' er nicht vermöglich, so schreckbar zu lügen, wie er lügen thut. 

Was ist unsere Sprache für ein schreckbares, wundersames Chaos.

Noch so ein Wort: RIECHEN. Ich rieche schlecht. Was heißt das? Mein Körper strömt unangenehme Dünste aus oder meine Nase funktioniert nicht gut, sie kann unterschiedliche Düfte oder Gestänke nicht gut erkennen. Da sollte es doch mehr als ein Verb geben, oder? Im Englischen gibt es das gleiche Problem mit SMELL. Riechen, wittern, schnüffeln, schnuppern.

Ich kann Dich nicht riechen. Ist das meine Unfähigkeit Deinen Dir eigenen Geruch wahrzunehmen oder ein Ausdruck meiner Abneigung? Grenouille, die Hauptfigur im Roman "Das Parfum", riecht alles, aber er selbst riecht nicht, er hat keinen Eigengeruch, deshalb will er DAS Parfum erschaffen. Er würde einen Duft kreieren können, der nicht nur menschlich, sondern übermenschlich war, einen Engelsduft, so unbeschreiblich gut und lebenskräftig, daß, wer ihn roch, bezaubert war und ihn, Grenouille, den Träger dieses Dufts, von ganzem Herzen lieben musste. Ob Patrick Süskind beim Schreiben an der Doppeldeutigkeit des Wortes gelitten hat?

Die Füße meiner Mama rochen nach Babypuder. 


Bild: Getty

Ich liebe es, wie meine Küche riecht, wenn ich Zwiebeln brate. Nichts in der Welt macht Vergangenes so lebendig wie der Geruch, schrieb Oscar Wilde.

Übrigens GEROCHEN kann heißen, das ich in der Vergangenheit einen Geruch wahrgenommen habe, aber auch, dass etwas gerächt wurde.

Ich rieche es, ich ahne es.

Der Geruchssinn ist der unmittelbarste der menschlichen Sinne. Beim Sehen, Hören oder Fühlen müssen die Signale erst in der Großhirnrinde des Gehirns verarbeitet werden. Düfte dagegen wirken im Gehirn direkt auf das limbische System, wo Emotionen verarbeitet und Triebe gelenkt werden. 

https://www.planet-wissen.de/natur/sinne/riechen/index.html 

 

 

Montag, 16. Oktober 2023

Die AfD eine für mich sehr persönliche Gefährdung

Was, konkret, werden wir tun, wenn die AfD die Regierung stellt? Was werde ich tun? Wie werde ich leben? Wie werde ich es ertragen? Wie halte ich aus, dass eine solche Partei an der Macht ist? Wie wird sie mich behandeln? Werden sie mich in Ruhe lassen und ich akzeptiere das?

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Meine Mama war 12 Jahre auf der Flucht vor den Nazis. Und wenn die AfD auch nicht das Gleiche ist, so ist sie doch nah genug dran. Wieder Nationalismus anstatt überlegter Hilfe, wieder Restauration anstatt neuer Lösungen. Wieder Verachtung, anstatt des verzweifelten Versuchs zu Verstehen. Ich bin nicht blind gegenüber den Problemen, die die Einwanderung von Menschen mit grundverschiedenem sozialen Hintergrund  aufwerfen, aber völlige Empathielosigkeit kann nicht die Lösung sein.  

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Ich habe keine Ahnung. 

Beim Anblick von Alice Weidel wird mir schlecht, mit O-Ton wird mir kotzübel. Das Gesicht hart und verkrampft, der Ton herablassend und verächtlich. Eine ehemalige Investitionsbankerin, die lesbisch, aber nicht queer ist und die ganze Welt hasst, weil sie nicht ihren Vorstellungen von bürgerlicher Eleganz entspricht. Weiße Bluse und schwarzes Kostüm, ihre Uniform. 

„Das Jahr beginnt mit dem Zensurgesetz und der Unterwerfung unserer Behörden vor den importierten, marodierenden, grapschenden, prügelnden, Messer stechenden Migrantenmobs, an die wir uns gefälligst gewöhnen sollen. Die deutsche Polizei kommuniziert mittlerweile auf Arabisch, obwohl die Amtssprache in unserem Land Deutsch ist.“ Alice Weidel, am 1. Januar 2018 auf Facebook

Ganz schlimme Worte kommen da in mein Hirn. Ganz schlimme Worte. Worte, wie das, das mit V beginnt und das ich eigentlich nie, nie für einen Menschen verwende. Und Bernd Höcke, da habe ich sogar sein Buch gelesen, nicht zu fassen. Wenigstens hat er keinen Charme. Es geht mir übrigens genauso bei Donald Trump.

Was, konkret, werden ich tun, wenn die AfD die Regierung stellt? Weitermachen wie bisher? Ginge das überhaupt? Ich gehöre nicht zu denen, die unsere Zeit mit der vor 1933 gleichsetzen und ich erwarte auch nicht, dass die AfD, wenn in der Machtposition, sofort Konzentrationslager bauen läßt. Aber es wird ein anderes Land werden, dieses schwierige Land, in dem ich lebe. Und es wird dann von Leuten regiert werden, deren Absichten mir Abscheu einflößen. Zugegeben, bin ich, als deutsche Jüdin, etwas schreckhaft. Die Verwendung eines Wortes wie Lebendgeburten flößt mir Angst ein. Und deutsche Leitkultur, was ist das? Goethe kontra wen genau? Ich liebe meine Sprache, aber lasse ich mich durch sie leiten? Wohin? Ist die Familie unser traditionelles Leitbild. Wer genau ist das? Die nicht queere Alice? Dagegen ich und meine Ambivalenzen. Viele meiner Mitbürger*innen, die auf der Suche sind, werden unter furchtbaren Druck geraten

Die USA bleiben unser Partner. Russland soll es werden. Die AfD setzt sich deshalb für ein Ende der Sanktionen und eine Verbesserung der Beziehungen zu Russland ein.

Die AfD tritt dafür ein, für alle männlichen deutschen Staatsbürger im Alter zwischen 18 und 25 Jahren den Grundwehrdienst wieder einzusetzen.

Entwicklungshilfe sollte stets „Hilfe zur Selbsthilfe“ sein. Die Auswanderung von Menschen in wirtschaftlicher Not nach Deutschland löst die Probleme vor Ort nicht. Fluchtursachen in den Herkunftsländern müssen bekämpft werden.

Die Alternative für Deutschland bekennt sich zur traditionellen Familie als Leitbild. Ehe und Familie stehen nach dem Grundgesetz zu Recht unter dem besonderen Schutz des Staates.

Den demografischen Fehlentwicklungen in Deutschland muss entgegengewirkt werden. Die volkswirtschaftlich nicht tragfähige und konfliktträchtige Masseneinwanderung ist dafür kein geeignetes Mittel. Vielmehr muss mittels einer aktivierenden Familienpolitik eine höhere Geburtenrate der einheimischen Bevölkerung als mittel- und langfristig einzig tragfähige Lösung erreicht werden.

In Deutschland kommen auf rund 700.000 Lebendgeburten pro Jahr ca.100.000 Schwangerschaftsabbrüche. Werdende Eltern und alleinstehenden Frauen in Not müssen finanzielle und andere Hilfen vor und nach der Entbindung angeboten werden, damit sie sich für ihr Kind entscheiden können. Die Alternative für Deutschland wendet sich gegen alle Versuche, Abtreibungen zu bagatellisieren, staatlicherseits zu fördern oder sie zu einem Menschenrecht zu erklären.

Die AfD will den Einfluss der Parteien auf das Kulturleben zurückdrängen, gemeinnützige private Kulturstiftungen und bürgerschaftliche Kulturinitiativen stärken. Die aktuelle Verengung der deutschen Erinnerungskultur auf die Zeit des Nationalsozialismus ist zugunsten einer erweiterten Geschichtsbetrachtung aufzubrechen, die auch die positiven, identitätsstiftenden Aspekte deutscher Geschichte mit umfasst.

Die Alternative für Deutschland bekennt sich zur deutschen Leitkultur. Die Ideologie des Multikulturalismus betrachtet die AfD als ernste Bedrohung für den sozialen Frieden und für den Fortbestand der Nation als kulturelle Einheit. Ihr gegenüber müssen der Staat und die Zivilgesellschaft die deutsche kulturelle Identität selbstbewusst verteidigen.

Die Gender-Forschung erfüllt nicht den Anspruch, der an seriöse Forschung gestellt werden muss. Bestehende Gender-Professuren sollen nicht mehr nachbesetzt, laufende Gender-Forschungsprojekte nicht weiter verlängert werden. 

Traurigster Nachtrag:

Gestern hat Israel der Hamas, nach einem schweren Angriff auf seine Bürger, den Krieg erklärt. Grauenhaft, bedrohlich. Wer ist schuldig? Ich wünschte es gäbe eine einzige richtige Antwort. Das schlechte Gewissen Europas ermöglichte die Gründung des Staates der Juden, die nach der Verwüstung des Holocausts, jedes Recht hatten, einen sicheren Ort zu suchen. Die Palästinenser bezahlten eine Schuld, die sie nicht zu verantworten hatten und einige, nicht wenige wurden durch erfahrenes Leid, aber auch religiösen, nationalistischen rückwärtsgewandten Starrsinn und die Korruptheit ihrer Anführer zu Terroristen. Gibt es eine Lösung? Wenn ja, kenne ich sie nicht. Der Iran jubiliert. Das Regime, das Frauen hasst und Abweichler und wer weiß wen noch. Israel ist ein demokratischer Staat, der von einem korrupten Mann regiert wird und es hat verzweifelt versucht, sich gegen ihn zu wehren. Jetzt müssen alle Israelis notwendigerweise zusammenstehen.Und nun? Ich wünsche die Sicherheit aller Juden überall. Aber ich wünsche auch, dass die Palästinenser würdig leben dürfen. Ich wünsche mir einander ausschließende Dinge.

 

Es ist Krieg und ich gehe ins Kino und in die Oper

Vor wenigen Tagen hat Israel der Hamas, nach einem schweren Angriff auf seine Bürger, den Krieg erklärt. Grauenhaft, bedrohlich. Wer ist schuldig? Ich wünschte es gäbe eine einzige richtige Antwort. Das schlechte Gewissen Europas ermöglichte die Gründung des Staates der Juden, die nach der Verwüstung des Holocausts, jedes Recht hatten, einen sicheren Ort zu suchen. Die Palästinenser bezahlten eine Schuld, die sie nicht zu verantworten hatten und einige, nicht wenige wurden durch erfahrenes Leid, aber auch religiösen, nationalistischen rückwärtsgewandten Starrsinn und die Korruptheit ihrer Anführer zu Terroristen. Gibt es eine Lösung? Wenn ja, kenne ich sie nicht. Der Iran jubiliert. Das Regime, das Frauen hasst und Abweichler und wer weiß wen noch. Israel ist ein demokratischer Staat, der von einem korrupten Mann regiert wird und es hat verzweifelt versucht, sich gegen ihn zu wehren. Jetzt müssen alle Israelis notwendigerweise zusammenstehen. Und nun? Ich wünsche die Sicherheit aller Juden überall. Aber ich wünsche auch, dass die Palästinenser würdig leben dürfen. Ich wünsche mir einander ausschließende Dinge, kann nichts tun und gehe Kunst gucken.

DOGMAN von Luc Besson im Babylon Kreuzberg, dass nicht zu verwechseln ist mit dem anderen Kino Babylon, wie eine unglückliche junge Frau feststellen musste. Luc Besson - Im Rausch der Tiefe, Nikita, Leon der Profi, Das Fünfte Element und dann der gänzlich grässliche Valerian. Ich wusste also nicht, was mich erwartete. Die Freundin, mit der ich im Kino war, hat es auf den Punkt gebracht: krasser Scheiß! Caleb Landry Jones ist ein schauspielerisches Ereignis. Ehrlich gesagt, ist mir auch egal, ob der Film gut oder nur halbgut ist. Da hat einer was gewagt. Einen großer Wurf. Und da ist Geschmack nur eine, nicht die wichtigste Kategorie. Überzeugung, Konsequenz und Mut sind Kategorien, die in der Kunst, gerade jetzt, wichtig, manchmal entscheidend sind. Krasser Scheiß!

Hauptprobe zum Intendanten Vorsprechen Hochschule Ernst-Busch in Berlin. Fünf und eine halbe Stunde lang, aber ein Vergnügen. So viel Energie, Hoffnung und Talent.

Anselm Kiefer beschrieben von Wim Wenders. 20 Prozent des Films besteht aus nachgestellten Szenen aus Kiefers Leben, Kiefer als Kind (Wenders Enkel?). Kiefer als junger Mann (Kiefers Sohn oder Enkel?). Das ist Kitsch, und zu vernachlässigen. Merkwürdig, dass Humorlosigkeit und Kitsch einander so oft anverwandt sind. Aber die anderen 80 Prozent sieht man Anselm Kiefer bei der Arbeit zu und das ist eine große Freude. Ein Besessener muss arbeiten, will arbeiten, will hart arbeiten. Baut eine Stadt aus leeren schiefen Türmen bewohnt von Frauenkleidern belastet von Büchern, Stacheldraht, Gewucher, Globen. Er redet wenig, bedacht, genau. Die westdeutsche Kunstkritik hat es ihm erstmal sehr übel genommen, dass er sie nicht in Ruhe ließ mit dem verdammten Faschismus-Thema, ihn als Neo-Nazi abgestempelt und erst sein Erfolg in der USA hat sie gezwungen doch hinzuschauen. Und er sieht auch noch verflixt gut aus, weil er so viel arbeitet und es liebt. Sexy mit 78, das will ich auch. Ich hoffe, ich bekomme die Chance eine große Kiefer-Retrospektive zu sehen, irgendwo, irgendwann. Erinnerung. Vor Jahren im Hamburger Bahnhof mein erster Kiefer, haptisch, grobe Struktur und ein paar Kinderkleider. Es schlug mir in den Magen. 

Und zum letzten Akt meines überfüllten Kulturwochenendes: Parsival in Hannover. "Immer wenn ich Wagner höre, habe ich das Gefühl, ich muß in Polen einmarschieren." sagt Woody Allen, und ich stimme ihm, nach diesem 5 1/2 stündigem Opernelebnis aus vollem Herzen zu. Nach einem interessanten ersten Aufzug, zusammengeschweißt von einem tollen Bühnenbild, haben die Sänger, den Rest der vielen Stunden nur noch herumgestanden, sich mal hingesetzt, um dann aufzustehen, langsam irgendwo anders hinzugehen, um sich dann wieder hinzusetzen. Ich kann mir nicht erklären, warum man so ein Frauenbild zwischen wildem Weib und inzestiöser Mutterliebe, Hure und Mami und diese bibbernde Verherrlichung von Retterphantasien durch den "Reinen Toren", heute noch so unwidersprochen auf die Bühne bringen kann. Wenn im ersten Aufzug noch Andeutungen von Klimanot und Verfall des gesellschaftlichen Zusammenhalts zu erahnen waren, verfällt das Ding danach zusehends in kammerspielartiges Psycho - Geraune. Die Qualität der Musik war sicher hoch, davon verstehe ich nicht genug, komme halt vom Schauspiel. Beim Essen in der Pause, schlug meine Dramaturgen-Freundin vor, man könnte doch wenigstens Striche machen, woraufhin ein sehr liebenswürdiger Herr, der an unserem Tisch saß, sagte: "Sicher könnte man, aber dann werden sie gelyncht." "Erlösung für den Erlöser", was für ein protofaschistisches, frauenverachtendes, pseudochristliches Geschwurbel. Man sollte mal den Text ohne Musik aufführen, so ganz nackt, das wäre mir ein Fest, und bitte mit den Regieanweisungen! Zur gleichen Zeit hat übrigens auch Büchner geschrieben und zwar soetwas: "Müdigkeit spürte er keine, nur war es ihm manchmal unangenehm, daß er nicht auf dem Kopf gehn konnte."

PARSIVAL:
Erlöser! Heiland! Herr der Huld!
Wie büss ich Sünder meine Schuld?

KUNDRY:
(deren Erstaunen in leidenschaftliche
Bewunderung übergeht, sucht
schüchtern sich Parsifal zu nähern)

Gelobter Held! Entflieh dem Wahn!
Blick' auf, sei hold der Huldin Nahn!

PARSIFAL:
(immer in gebeugter Stellung, starr
zu Kundry aufblickend, während diese
sich zu ihm neigt und die liebkosenden
Bewegungen ausführt, die er mit dem
Folgenden bezeichnet)

Ja, diese Stimme! So rief sie ihm;
und diesen Blick, - deutlich erkenn' ich ihn,
auch diesen, der ihm so friedlos lachte;
die Lippe, ja... So zuckte sie ihm;
so neigte sich der Nacken,
so hob sich kühn das Haupt;
so flatterten lachend die Locken,
so schlang um den Hals sich der Arm;
so schmeichelte weich die Wange;
mit aller Schmerzen Qual im Bunde,
das Heil der Seele
entküsste ihm der Mund!
Ha! Dieser Kuss!
  

Montag, 18. September 2023

Baustellenabsperrungen und andere provisorische Zäune.

Ich habe eine Verschwörungstheorie, oder vielleicht sogar zwei. Wie peinlich ist das denn.

Irgendwo in einem Berliner Bauamt arbeitet ein unauffälliger Mann. Er ist klein, hager, mit der typischen Halbglatze deutscher Männern über 50. Er kleidet sich uninteressant. Möglicherweise pachtet er einen Kleingarten, den er, allen Regeln des Bundeskleingartengesetzes folgend, liebevoll umhegt. Er raucht nicht, trinkt ein, zu besonderen Anlässen, zwei Bier am Abend. Er ist, was man einen guten deutschen Beamten nennt. Pünktlich, sauber und vergessbar.

Aber er besitzt eine zweite Identität. Seine wahre. Er erfindet Baustellen und verteilt sie in der Stadt Berlin. Sie entstehen plötzlich, ohne jeden erkennbaren Zweck, über das Stadtgebiet verteilt und es darf nur eine Person dort vorgeben zu arbeiten. Manchmal sind andere Menschen anwesend, aber die stehen nur herum und reden und rauchen. Diese Baustellen bestehen lang, sehr lang, unerklärlich lang. Sie stören den den alltäglichen Tagesablauf der Berliner, verärgern sie und bleiben ihnen doch ein Mysterium.

Dieser Mann hat einen Sohn, den er liebt, der Bauzäune verleiht, die aus Gitterdraht und auch die rot-weißen. Bauzäune mit Sicherheits-Verbindungsschellen, Bauzäune mit engem Maschennetz, Bauzäune mit Übersteigschutz, Bauzauntür zum Mieten, Toranlage zum Mieten, Bauzaunschlösser zum Mieten, Aushebesicherungen zum Mieten, Sichtschutzplanen zum Mieten. 

Der Sohn ist reich, sehr reich und will reicher werden. Es kümmert ihn nicht, das ganz Berlin wie eine unfertige, zugemüllte, verwundete Baustelle aussieht. Er verdient daran. 

Es ist ein Komplott. Der liebende Vater und der unheilige Sohn. Der Vater in einer Wohnung im Wedding und der Sohn mit der Villa am Wannsee. Ein zerstörerisches Liebes-Bündnis.

Der Gendarmenmarkt in Berlin-Mitte wird saniert, Kabelkanäle und so allerlei, dauert drei Jahre mindestens. Umzingelt von einem Bauzaun. Häßlicher geht nicht. Ein zweiter Zaun, rot-weiß- gestreift, ohne jeden erkennbaren Zweck, steht davor. Ein Aussichtstürmchen und viel häßlicher Zaun.

Paris. Notre Dame brennt und auf dem Bauzaun der Wiederaufbaubaustelle lese ich die Geschichte der Kirche und die speziellen Kenntnisse der Menschen, die sie wieder jetzt aufbauen. Ich leide mit. und interessiere mich.

Berlin. Jede Baustelle verkündet Unansehlichkeit, Unverläßlichkeit der Fertigstellung und Desinteresse des Bauherren gegenüber seinen Bürgern.

Gedicht aus der Ukraine

Ich schreibe kein Lyrik

Ich bin Prosa-Autorin

Es ist nur so, dass die Realität des Krieges

die Interpunktion auffrisst

die Kohärenz der Handlung

Kohärenz

zerfrisst

Als ob eine Granate

von einer Granate getroffen


Das Zersplittern der Sprache 

sieht aus wie Lyrik

ist aber keine


Victoria Amelina

Victoria Amelina erlitt einem russischen Raketenangriff am 27. Juni 2023 auf eine Pizzeria in Kramatorsk schwere Verletzungen, denen sie am 1. Juli 2023 erlag. Sie war mit einem IT-Mann verheiratet, Mutter eines Sohnes und wurde 37 Jahre alt.(Das sagt Wikipedia)

Montag, 4. September 2023

Ich liebe meine Sprache.

 

NEU - EnRoute Daypack.

einfach, elegant, sportlich

Die neuen, praktischen Citybags in verschiedenenen Farben aus Air-Mesh-Gewebe

Mit heat-molded, crush-proof SafeZone für empfindliche Gegenstände

Hauptfach mit gepolsterter Top-Load-Hülle für Notebook und Pad/tablet

Seitenfach für Wasserflasche

What the fuck! 

Und das alles von einer schwedischen Firma, die sich THULE nennt.

Sonntag, 3. September 2023

Sind Schauspieler blöd? - Forever young - Les Amandiers / Die Mandelbäume

Der französische, originale Filmtitel bezieht sich auf den Namen des Lehrinstituts des Théâtre des Amandiers in Nanterre, das von 1982 an von Patrice Chéreau und Catherine Tasca geleitet wurde, Les Amandiers = die Mandelbäumchen, eine Klasse junger Menschen, die Schauspieler werden wollen.

Ich bin, wie schon so oft, verwirrt und genervt, was bringt uns dazu, unseren Berufsstand, wenn wir ihn auf die Bühne oder Leinwand bringen, entweder zu denunzieren oder plump versimpelt zu privatisieren? 

Schauspieler, die Schauspieler spielen, tragen weiße Schals, sind narzistisch, haben ununterbrochen Sex oder leiden unter Impotenz, jedes ihrer Gefühl ist grandios, abgrundtief, himmelhochbetrübt. Sie haben keine Zeit für langweiliges Stimmtraining, Verslehre oder gewöhnliche Proben, weil ihr persönliches Drama, sie 24/7 im Griff hat. Alk, Drogen sind ihre unvermißbare Requisiten. Auch komisch, sie haben nie Geld, aber immer Drogen. Schauspieler, die Schauspieler spielen, interessieren sich nicht für Theater oder Film, sie interessieren sich ausschließlich für sich.

Schämen wir uns unseres Berufes? Ist er uns peinlich? Oder passen wir uns den Vorurteilen gegenüber unserer Profession an und treiben sie ins Extrem? "Was macht ihr Vormittags?" Wie oft habe ich mir anhören müssen, dass am Theater ja mehr getrunken, mehr rumgemacht wird als anderswo. Schauspieler*innen sind in Außenbeschreibungen meist emotional instabil, übermäßig extrovertiert, nicht vertrauenswürdig. Als wären wir eine ganz andere Sorte Mensch, imaginäre regellose Gefühlsbündel.

Treiben wir immer noch den Hanswurst aus der Stadt? Die Faxenmacher kommen, holt die Wäsche von der Leine.

HAMLET, ein Prinz erklärt gestandenen Profis ihren Job und sie sind ihm dafür dankbar? Dezidierte Kritik am Handwerk durch einen Prinzen? Was weiß der denn, er ist Prinz von Beruf. Shakespeare filtert seine Unzufriedenheit durch den Mund des Prinzen und zwei gestandene Barden müssen nicken.

GRETCHEN 89, die Regisseure sind blöd und faul, die Schauspieler*innen faul und blöd. Eine deutsche Komödie. Aber viele von uns sind nur eines von beidem, manche sogar weder noch.

Beispiele gibt es endlos. Krimiserien in denen hysterische Regisseure ihre Hauptdarsteller morden, anstatt sie umzubesetzen, Filme über Spieltruppen, die vor lauter Intrigen und Affairen nie zum probieren kommen.

Gestern Abend DER BESTE FILM ALLER ZEITEN, tolle Schauspieler bemühen sich heftig, ihre Arbeitsweise zu beschreiben und gleichzeitig zu verachten. Antonio Banderas und Penelope Cruz, großartige, witzige und schlaue Spieler, vereinfachen ihren Arbeitsprozess bis zur Unkenntlichkeit.

Und heute Abend LES AMANDIERS, Valeria Bruni Tedeschi macht einen Film über eine berühmte Schauspielschule und zeigt nicht unser Handwerk, nicht die harte Arbeit, nicht den Spaß, nicht die Bemühung um die Wiederholbarkeit des Unwiederholbaren, sondern nur die übersteigerte Entäußerung unserer privaten emotionalen Verwirrungen. Als wäre unser Beruf nicht mehr als eine bezahlte Verlängerung unserer Privatsphäre. 

Kein Tischler baut einen Tisch mit nichts als Eifersucht, ohne die Eigenarten von Holz zu kennen. Kein Ingenieur entwirft eine Maschine nur mit Hilfe seiner Leibesleidenschaft, ohne Kenntnis der notwendigen technischen Fakten. Aber wir Schauspieler machen einfach irgendwie rum, lassen unseren Gefühlen freien Lauf und dann entsteht scheinbar gelegentlich Kunst.

Das ist Mumpitz.

Eine erfreuliche Ausnahme ist "Stage Beauty", ein Film über den Kampf einer Frau spielen zu dürfen, in Zeiten in denen es Frauen verwehrt war.




Freitag, 1. September 2023

Rechte, Faschisten, Nazis - lauter Kosenamen für Leute, die Demokratie nicht mögen.

Herr Aiwanger von den bayrischen Freien Wählern hat mal früher, oder war es sein Bruder, ekelige Witze über Konzentrationslager gemacht.

Ich kenne da auch einen: "Mein Vater ist im KZ umgekommen, er ist besoffen vom Wachturm gefallen."

Irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass wir uns, um nur nicht unfair, oder Gott verhüte es, intolerant zu scheinen, einen Knoten in unser untrügliches Bauchgefühl winden.

Wer Menschen wegen ihrer Hautfarbe, geschlechtlichen Orientierung, religiösen Affinität a priori ausgrenzt, wer meint, dass "Deutsch" zu sein eine Leistung ist, wer Nationalismus höher stellt als Humanismus - ist ein Arschloch. Punkt.

Ich bin nicht "Deutschland". Ich bin eine Mischung aus Völkerwanderung, zufälligen sexuellen Begegnungen und meine DNA ist so vermanscht, wie die der meisten Leute.

Zufällig ergab sich daraus eine weiße, deutsch-jüdische Cis-Frau. Der Kommentar meiner Tante beim meinem Anblick, weiß, blauäugig, blond, war: "Jetzt sind wir endgültig in der arischen Rasse untergetaucht.

Ich habe eine Menge toter Verwandte, die ich nicht kennenlernen konnte, weil sie wegen ihrer Rassenzugehörigkeit von Nazis gemordet worden sind. 

Ich weiß nicht, wie wir die vielen muslimisch erzogenen jungen Männer integrieren können. Ich weiß es nicht.

Ich weiß nicht, wie wir die Kette von Opferempfindlichkeit und Schuldzuweisung in den östlichen Bundesländern unterbrechen können. Ich weiß es nicht.

Hitler war schuld, die Stasi war schuld, der Kapitalismus ist schuld -  und Du und ich hatten wir nie gar keinen Anteil. Sind wir für gar nichts verantwortlich? Was haben wir geduldet, nicht verhindert, wo waren wir feiger, als überlebensnotwendig? Wann ging es uns besser als den Opfern und wir blieben still?

Und jetzt soll ich mich daran gewöhnen, dass die AfD demnächst mitregiert?

Heute abend gab es Unter den Linden eine kleine Demonstration gegen unsere Unterstützung des Krieges in der Ukraine. Ja. Krieg ist furchtbar. 

Aber diesen nicht unterstützen? Russland ist der Aggressor. Ist die Nato in Russland einmarschiert? Ist Putin ein Menschenfreund? Ist Prigoschins Flugzeug zufällig abgestürzt? Sich aus allem raushalten, kann auch heißen, dass man schlimmes Unrecht duldet.

Aber enige meiner digitalen Freunde scheinen in einer Zeitschleife zu leben. Die "kommunistische" Sowjetunion = das bedrohte Russland = der Kapitalismus ist immer böse.

Mein Lieblingsrabbi hat einmal in etwa einen tollen Satz gesagt: Demokratie ist furchtbar, aber man kann alle 4 oder 5 Jahre seine Fehler wieder gut machen.

Ich will nicht von rechten Politikern regiert werden. Nicht von Nazis, nicht von Faschisten und auch nicht von Leuten, die sich anders nennen, aber das gleiche meinen.


Mittwoch, 12. Juli 2023

Wie würde ich mich entscheiden?

ARRIVAL, ein Film von Denis Villeneuve, den ich gerade zum dritten Mal gesehen habe, stellt eine mich tief erschütternde einfache Frage: Wenn ich wüßte, wie mein Leben verlaufen wird, wen ich wann und wie verlieren werde, um meine Mißerfolge und Niederlagen schon im Voraus wüßte, um jeden kommenden Liebeskummer wüßte, jeden Schmerz, jede Krankheit und schließlich auch wüßte, wann ich und wie sterben werde - was würde ich tun, wie mich entscheiden? Würde ich das Leid mit dem Glück annehmen? Würde ich das Wagnis der Liebe eingehen, wissend, das sie endlich ist?

In GOTT LEBT IN BRÜSSEL, auch einem Film, dieser von Jaco Van Dormael, veröffentlicht Gottes zornige Tochter, weltweit die Sterbedaten der Menschen. Was würde dieses Wissen an meinem, an unserem Leben ändern?

Vor vielen Jahren habe ich eine kleine Geschichte gelesen, die mir nicht aus dem Kopf geht, obwohl ich nicht einmal mehr weiß, wer sie geschrieben hat: Die Menschheit bemerkt, dass es wirklich UFOs gibt und das sehr viele und sehr unterschiedliche, die Erde umkreisen. Irgendwann gelingt es uns, mit ihnen Kontakt aufzunehmen und wir stellen eine Frage, die uns umtreibt: Warum gerade wir, warum beobachtet ihr uns, obwohl wir euch technologisch nicht einmal ansatzweise ebenbürtig sind? Die Antwort ist schwierig zu übersetzen, aber letztendlich lautet sie: Von allen Lebewesen im Universum seid ihr, die einzigen die sterben. Und. Und ihr seid die einzigen, die Kunst haben.

Wir nennen es Schicksal, weil wir nicht wissen, was uns passieren wird. Wüßten wir es, wie würden wir es dann nennen? 

Es sagt sich leicht, dass es ohne Tiefen, keine Höhen gäbe, ohne Leid kein Glück, aber würde ich, wissend, trotzdem den notwendigen Preis bezahlen? Oder keine Entscheidungen mehr treffen, oder aus zu viel Vorauswissen heraus erstarren? Würde ich lieben, ohne das Versprechen der Erfüllung? Würde ich Theater machen, ohne die Hoffnung auf Karriere, auf Erfolg?

Wenn ich nie mehr den augenblicklichen, beglückenden Moment erleben könnte, ohne um sein Endergebnis zu wissen, was würde das mit mir machen?

Dienstag, 4. Juli 2023

Die afd und ihre Wähler

Eine Meinungsumfrage des Institutes INSA im Auftrag von „Bild“ erklärt die AfD mit 28 Prozent zur momentan stärksten Partei in Brandenburg. Die SPD käme mit 21 Prozent auf Platz zwei.

Soll ich jetzt froh sein, dass meine Mutter schon gestorben ist, dass sie das nicht mehr erleben muss?

Soll ich, wie manche Freunde es tun, die Wiederkunft der Dreissiger Jahre heraufbeschwören?

Wahlergebnis der Reichtagswahlen 1928 NSDAP 2,6% KPD 10,6 SPD 29,8

Wahlergebnis bei den Reichstagswahlen 1930 NSDAP 18,3% KPD 13,1 SPD 21,5

Wahlergebnis bei den Reichstagswahlen 1932 NSDAP 33,1% KPD 16,9 SPD 20,4

Wahlergebnis bei den Reichstagswahlen 1933 SPD 18,3 KPD 12,3 NSDAP 43,9

Soll ich heulen? Kotzen? Angst haben?

Was mich irre macht, ist die Fähigkeit  avon vielen ganz gewöhnlichen Menschen aus Eigeninteresse, Faulheit, Dummheit oder Bösartigkeit eine fiktive Vergangenheit herzuphantasieren, deren Wiedererstehen, sie endlich zu Gewinnern der Geschichte machen wird.

Egal ob der Weg dahin der Brexit, die Wiederherstellung Großungarns oder die Renazifizierung Deutschlands ist.Und sie alle erklären sich dabei selbstgerecht bibbernd zu Opfern - Opfern der Umstände, der jeweiligen Regierungen, obskurer Eliten, der gierigen Ausländer, der gierigeren Juden. Sie selbst haben nie etwas getan, nur immer erlitten. Hitler war schuld, die Kommunisten waren schuld, der okkupierende Westen war schuld, die Grünen sind schuld. Irgendjemand ist immer schuld.

Vor Jahren saß ich in einem Cafe an einem Tisch neben einem Ehepaar aus dem damaligen West-Deutschland, sie schwärmten von der Wärme und dem Zusammenhalt, die in den Familien während des Dritten Reiches geherrscht hätten. Mein Mund konnte nicht still bleiben und fragte, ob sie von den Milionen Opfern dieser so kuscheligen Zeit wüßten. Die Frau schaute mich mit großen Augen an und sagte: "Aber die wären doch sowieso irgendwann gestorben."

Kultiviere gänzliche Empathielosigkeit, entmensche den erwählten Schuldigen, vergiss Deine eigene Feigheit, informiere dich nicht, glaube nur, was in dein Wunschbild passt, ignoriere alles Leid anderer. Dann kannst du mit einem Gefühl von selbstgerechter Wut Nazis an die Macht wählen und alle Not um dich herum ignorieren, die der "letzten Generation", die, derer, die vor Krieg und Hunger fliehen, die, deren Not deiner Not nicht gleicht.

Leider, leider ist Netanjahus Regierung in Israel auf einem erschreckend ähnlichen Irrweg.

Ich bin traurig und hilflos. Und wenn ich nach den USA schaue, wird mir gänzlich schlecht. Wir zerfleischen uns derweil über Sprachdetails und sexuelle Definitionen. Ich möchte, dass jeder genauso leben kann, wie er oder sie oder es für komfortabel hält und wünschte, wir alle LGBTQ+ und alle individuellen Varianten würden uns vereinen , um Faschisten daran zu hindern, an die Macht zu kommen.

Montag, 29. Mai 2023

Margit Bendokat ist jetzt Ehrenmitglied des Deutschen Theaters

Margit. 

So viele Momente, so viele gute Erinnerungen. 

Als blutjunge Anfängerin habe ich das Glück gehabt, eine Garderobe mit ihr zu teilen, mit ihr zu reden, von ihr zu lernen.

Sommernachtstraum von Alexander Lang, Margit als Helena im blauen Einteiler, murmelt ihren Text, und zwischendurch erklärt sie mir im wunderschönsten Berlinerisch: "Mein Untertext? Alles Scheiße!" Auf der Bühne sprach sie perfektes Hochdeutsch, aber die Melodie ...

Danton, wieder Alex, Margit spielt Marion, "alle Männer wurden zu einem Mann." Eine zarte Hure unschuldigster Art, ihre Worte eine sehnsuchtsvolle Suche nach Verstehen, sich selbst und auch die vielen Männer. "Deine Lippen sind kalt geworden." So unendlich traurig. Dieser Mann macht eine Verständigung unmöglich.

Stella, wieder Alex, "Er ist wieder da!". Zur Premiere waren wir alle im Schockzustand, weil Alex in den hermetisch abgeriegelten Proben, vermieden hatte, uns mitzuteilen, dass wir das Satyrstück zur vorher laufenden Medea waren. Jeder Lacher eine Verwirrung. Margits Stella, voll tragischer Würde in ihrer unerwarteten Komik.

Dreigroschenoper, derselbe Regisseur, die Inszenierung ein nicht wirklich gelungener Versuch und keiner von uns konnte wirklich gut singen. Margit als Mrs. Peachum hinter der Bühne immer mit Macholdts Inhalator, einem gläsernen Foltergerät im Mund. Das Geräusch der blubbernden Inhalationsflüssigkeit habe ich noch im Ohr. Meine Stimmbänder spielten auch verrückt und so waren wir vereint in unserer Stimmpanik. Zur Premiere sang sie ein Lied genau einen Halbton zu tief, drei Strophen lang. Respekt.

Lohndrücker, diesmal ist Heiner Müller der Regisseur, Margit im Rang singt das Lied vom Konsum. Klar, kalt, unversöhnlich. Große Clowns sind unerbittlich.

Die Perser von Jürgen Gosch, Margit spricht einen ellenlangen Monolog gegen den Gipshorizont, jedes Wort haarscharf, unbeurteilt, aber ohne jedwede Sentimentalität. Klar. 

Klarheit ist vielleicht das richtige Wort ihren Umgang mit Sprache zu beschreiben. Ja, ihre Stimme war gelegentlich schrill, aber eben auch direkt, wahrhaftig, ohne bequeme Filter.

Margit geriet ins Theater ohne Vorwarnung und sie hat ihr Wissen über unsere Welt in dieses Theater hineingetragen.

Ich danke Dir.

Samstag, 13. Mai 2023

Gestorbene

Wenn ich ein Grammatikproblem nicht lösen konnte oder ein Zitat aus einem deutschen Gedicht suchte oder ein Detail deutscher Geschichte erfragen wollte, habe ich meinen Vater angerufen. Und, darauf bin ich stolz, er mich auch, vice versa. Er war ein strenger Kritiker, aber ein liebevoller.

Wenn ich ein Detail der englischen Geschichte überprüfen wollte, etwas über einen obskuren englischen Dichter oder den Namen eines Schauspielers, wie klein die Rolle auch war, eines Hollywoodfilms der 30er oder 40er Jahre wissen wollte, oder über die Schwierigkeiten meines Lebens überhaupt abjammern wollte, war mein Gesprächspartner meine Mutter. Sie war ein Sonderfall, weil ihre Liebe ohne Bedingung war. Was immer ich auch angestellt hätte, sie war immer auf meiner Seite.

Meine Oma, Helli, war die coolste Person, die ich je gekannt habe. Ich liebte sie und sie mich.

Mein Opa Walter war schwerhörig und sehr liebenswert.

Meine Oma Margarete war eine garstige Frau.

Tante Gerda kannte alle Details der Trotzköpfchen- und Nesthäkchenromane und die besten, köstlichsten Rezepte für jederlei Resteverwertung. Und sie war außergewöhnlich und bezaubernd.

Tante Schusti konnte besser backen als irgendwer und überließ ihre Rezepte immer nur mit Auslassungen. 

Mein Onkel Stefan hat sein halbes Leben mit der Dokumentation der New Yorker Theaterszene der 70er Jahre verbracht und sein wahres Talent vergeudet.

Meine Tante Hanne liebte Therese Ghiese, war gegen den Krieg und vermied jedwede Genüsse.

Meine Freundin Annette liebte das Leben und das Theater, ihren Sohn, Alex und die Marx Brothers und konnte sogar noch mehr und schneller sprechen als ich.

Horst, mein lieber Bühnenbildner über fast 30 Jahre, war neugierig, höflich, wunderbar, Sachse und nie wirklich glücklich.

Mein Freund Volkmar war aufmerksam und genau und ließ mir nichts durchgehen.

Meine Kollegen Tommy, Tobias, Robert, Heimar, Dieter, Dietrich, Kurt, Fred, Katja, Gerhard, Johanna und Inge haben mich Vieles und Wichtiges gelehrt.

Sie alle sind tot.

GROWING OLD IS NOT FOR SISSIES. Bette Davis

ALT WERDEN, IST NICHTS FÜR SCHWÄCHLINGE. Bette Davis


Freitag, 12. Mai 2023

Selbständig oder vereinfachend - freischaffend

Selbst-ständig, unverständlicherweise selbständig geschrieben, Frei-schaffend, selbst eine bestimmte Tätigkeit dauernd ausüben, ständig - was für eine schöne, doch halbwahre Beschreibungen einer lebenslang unsicheren Beschäftigungslage. 

Das Internet erklärt: Das spätmittelhochdeutsche Wort „selbstēnde“ hieß „für sich bestehend“. Ab 1996 hieß es der neuen Rechtschreibung nach dann selbstständig – neben der Schreibweise selbständig. Bei Google liefert selbstständig 71,9 Mio. Ergebnisse, während selbständig nur rund 34,5 Mio. Treffer ergibt (Stand Dezember 2022). https://languagetool.org/insights/de/beitrag/selbststandig-selbstandig/

Selbstständig oder selbständig, oh, es gibt Pluspunkte: Einige der Unannehmlichkeiten des deutschen Stadttheatersystems bleiben mir erspart, ich kann mich aus den notwendigen und komplizierten, politischen und finanziellen Schwierigkeiten heraushalten. Außer, wenn sie die Gage beeinträchtigen. Doch ich kann "Nein" sagen, wenn es mir finanziell möglich ist. Und wenn ich "Ja" sage, bin ich nur zu Besuch, im besten Fall eine gern gesehene Tante, die gelegentlich vorbeischaut und die "Mühen der Ebenen" nicht mitbearbeiten muss.

Aber. Aber, nie ist irgendetwas sicher. Ist das Telefon kaputt? Oder bin es ich. Damit und davon lebe ich, leben die Selb(st)ständigen, Jahr über Jahr. Mal besser, mal schlechter. Das Alter spielt eine Rolle, die Nähe zu gerade virulenten Trends wohl auch. Aber da weiß ich zu wenig, spüre es nur. Und das Feuilleton, ein besser bezahltes Fass ohne Boden, manchesmal übersättigt und naseweiß. Aber wenigstens gibt es überhaupt noch gelegentlich Theaterkritiker, in manchen kleineren Städten schreibt Theaterkritiken, der, der auch die Geflügelzüchter und Sportvereine abdeckt. Ahnungslos, aber bemüht.

Unter Feuilleton versteht man den literarisch-unterhaltenden Teil einer Zeitung. In diesem Teil stehen Rezensionen, Kritiken, Buchbesprechungen usw. Ein literarischer Beitrag im Feuilletonteil der Zeitung wird ebenfalls Feuilleton genannt, sagt Wiki.
 
Letzten Endes, liebe ich es, freischaffend zu sein. Ich treffe seit Jahren drei, vier Mal pro Jahr auf eine Gruppe von Spielern, manchmal kenne ich einige schon, aber es ist eine gute Weile her, manchmal sind mir alle neu und unbekannt. Konzeptionsproben sind wie erste Schultage, alles ist möglich und darum spannend. Meistens treffe ich auf gute Leute, selbst im heftigst überarbeiteten Zustand noch neugierig, willig und interessiert. Ich liebe Proben. Abenteuerland. Proben sind meine Droge, wie gern ich auch faule Freizeit liebe, irgendwann muss ich wieder probieren, sonst werde ich unfroh und unleidlich.  

 
Aber, ich bin in vielem auf mich allein gestellt. Der Verwaltungsdirektor ist im verständlichen, aber künstlerisch nur mäßig interessierten Sparwahn, ich muss damit umgehen. Die Schauspieler haben seit Monaten viele Vorstellungen und noch mehr Proben, Kinder vermissen ihre Eltern, Schlaf ist rar. Die Vorteile einer kontinuierlichen Zusammenarbeit mit einem Ensemble sind ein eigenes Thema. Auch kenne ich die Städte, in denen ich arbeite meist nur oberflächlich, ganz anders als in Rostock, wo ich fünf Jahre gelebt, geliebt und gearbeitet habe.

Wir reden nicht gern über unsere Ängste und schlechte Zeiten, weil sie uns schwach und nicht genügend erfolgreich erscheinen lassen könnten, denn wir sind dem Markt ganz direkt ausgeliefert und müssen uns gut verkaufen. 

Der Begriff "Markt" bezeichnet allgemeinsprachlich einen Ort an dem Waren regelmäßig meist an einem zentralen Ort gehandelt werden.

Unser "zentraler Ort" ist das Stadttheater, dass von interner Stagnation, Corona und Energiekrise heftig geschüttelt wird und da werden wir halt mitgeschüttelt. Bis jetzt geht es mir gut, wer weiß, was die Zukunft bringt. Aber solang man mich läßt, ...

Sonntag, 7. Mai 2023

Sardanapal von und mit Fabian Hinrichs in der Volksbühne - Dennoch, auch wenn ich nicht geliebt werden kann, so laßt mich doch lieben!

Zuerst: Ich gestehe, dass ich nach 90 Minuten gegangen bin, aber das war wegen eines plötzlichen Hustenreizes und ich mag nicht stören. 

George Gordon Noel Byron - meine erste Begegnung mit ihm hatte ich in den Romanen von Georgette Heyer, Romanzen, die in der Zeit zwischen dem Ende des 18. Jahrhunderts und dem Aufstieg und Untergang Napoleons spielten und die ich verschlang, während ich gleichzeitig mit ihnen Englisch lernte. Die Hauptfiguren waren englische Aristrokraten, der Stil witzig und genau, die historischen Details reich. Byron tauchte als Nebenfigur auf, als Ausrichtung des Kompasses für Dandys. Wie bindet er seine Krawatte, wie poliert sein Diener seine Stiefel, welche skandalöse Affaire hat er jetzt? Er war eitel, hungerte sich schön, liebte seine Schwester und Lady Lamb (Sie nannte ihn: Mad, bad and dangerous to know.) und viele andere, er liebte Geld, dass er nie zur Genüge hatte, er liebte einen schönen Griechen und den Freiheitskampf der Griechen gegen die Türken, er starb an Unterkühlung. 

Jahre später las ich seine Gedichte und liebte sie. 

FINSTERNIS

Ich hatte einen Traum, der keiner war.
Die Sonne war erloschen, und die Sterne,
verdunkelt, schweiften weglos durch den Raum,
kein Mond, die Erde schwang im Äther, blind
und eisig sich verfinsternd; kam der Morgen
und ging und kam––er brachte keinen Tag,
die Menschen fühlten sich im Stich gelassen,
vergaßen ihre Leidenschaften; Herzen
gefroren, frönten dem Gebet um Licht:
am Feuer lebten sie, und alles brannte––
die Throne, die Paläste wie die Hütten
und die Behausungen der kleinen Leute
waren Scheiterhaufen, Städte warn zerstört,
ihr Heim in Flammen, sahn die Menschen zu
und schauten sich noch einmal ins Gesicht;
wie glücklich, wer im Auge der Vulkane
zuhause war, im Fackellicht der Berge:
angstvolle Hoffnung nur enthielt die Welt;
die Wälder brannten, schwanden Stund um Stund,
zerfielen, Stümpfe knisterten, erloschen,
ein letztes Knirschen, und––alles war schwarz.
Das Licht verzweifelte, die Menschen sahn
unirdisch aus, als schlügen Blitze ein;
die einen fielen nieder und verhüllten
die Augen um zu weinen; andre stützten
das Kinn in ihre Hände, heiter fast;
noch andre eilten eifrig hin und her,
nährten die Scheiterhaufen, schauten wie
vom Wahn gehetzt empor zum trüben Himmel,
dem Leichentuch einer vergangenen Welt;
dann wieder fluchten sie und warfen sich
zu Boden, zähneknirschend; wilde Vögel
erschraken, kreischten, flatterten zu Boden,
ließen die Flügel hängen; wilde Tiere
warn zahm und zitterten; und Vipern krochen
sich windend durch die Menge, zischten, doch
sie bissen nicht––und wurden totgeschlagen.
Der Krieg, für einen Nu nur nicht mehr da,
er fraß sich wieder satt: mit Blut erkauft
ein Mahl, ein jeder saß verstockt für sich,
stopfte sich voll im Finstern: nirgends Liebe;
die ganze Welt nur ein Gedanke––Tod,
unmittelbar, unrühmlich; Hunger stach,
lebte von Innereien–– Menschen starben,
ihr Fleisch, ihre Gebeine ohne Grab;
die Mageren von Mageren verschlungen,
selbst Hunde griffen ihre Herren an,
nur der nicht, der zu einem Leichnam hielt,
Vögel verbellte, Tiere, Menschen, bis
der Hunger sie verzehrte oder Tote
die schlaffen Rachen lockten; für sich selbst
suchte er nichts zu fressen, jaulte nur
vor Mitleid, leckte eine Hand, die ihm
das Streicheln schuldig blieb––er starb.
Die Masse war verhungert bis auf zwei
aus einer Riesenstadt, die überlebten;
sie waren Feinde und sie trafen sich,
wo ein Altar in Schutt und Asche lag,
allerlei Heiliges für unheiligen Zweck
gehäuft gewesen war, und kratzten nun
mit ihren zitternd skelettierten Händen
ein wenig Glut zusammen, bliesen ihr
ein bißchen Leben ein––sie flammte auf,
war ein Gespött; dann, als es heller wurde,
erhoben sie die Augen und gewahrten
einander––schauten, schrien auf und starben
an wechselseitiger Abscheulichkeit,
unwissend, wer es war, auf dessen Stirn
Unhold geschrieben stand. Nichtig die Welt,
die volkreiche, die kraftvolle: ein Klumpen,
kein Kraut, kein Baum, kein Mensch,  kein Leben, bloß
ein Klumpen Tod––Chaos aus hartem Lehm.
Still alles: Flüsse, Seen, Ozean
in tiefem Schweigen, reglos, unbesetzt
die Schiffe, sie verrotteten auf See,
die Masten fielen, splitterten: ihr Fallen
ein Schlafen überm Abgrund, keine Wogen––
die Wellen tot, Gezeiten ausgestorben,
des Mondes Herrschaft ausgehaucht; die Winde
verwittert, stand die Luft doch, und die Wolken
warn weg, warn nie gewesen, Finsternis
bedurfte ihrer nicht, sie war––das All.
Übertragen von Günter Plessow

Sardanapal, sein Gesang in Versen oder ein Theaterstück. Who knows? Ein König hasst alles, was er tun müsste, um König zu sein, er will nicht herrschen, nicht kämpfen, nicht regieren. Er will essen, trinken, singen, lieben. Sein Reich wird angegriffen, spät, zu spät willigt er ein, eine Gegenoffensive zu führen, die mißlingt, er verbrennt sich und seine angehäuften Kunstwerke, seine Geliebte springt ihm nach in die Flammen. So soll das assyrische Reich untergegangen sein. Historisch Quatsch, aber poetisch richtig.

Wie verzweifelt Hinrichs nach dem Glück sucht, dem Gefühl, dass in ihm entsteht, wenn er Musik hört, poetische Worte liest, wenn er tanzt, was er nicht kann, sein Körper verweigert sich, ein rührender Anblick. Wie verzweifelt er versucht, uns dieses Gefühl zu vermitteln. Lilith Stangenberg, Sir Henry, junge Tänzer und Musiker geben sich größte Mühe. Bis zur Minute 90 habe ich die Mühe verstanden und mitgetragen, aber nicht geliebt. Ich fühlte mich in meine Schulzeit versetzt. Verstehen und fühlen, anstatt fühlen und darum verstehen. Hinrichs wirkt sehr einsam an diesem Abend. Vielleicht weil er seinen Hauptdarsteller verloren hat. Vielleicht weil er wirklich verzweifelt ist.

Darkness

By Lord Byron
I had a dream, which was not all a dream.
The bright sun was extinguish'd, and the stars
Did wander darkling in the eternal space,
Rayless, and pathless, and the icy earth
Swung blind and blackening in the moonless air;
Morn came and went—and came, and brought no day,
And men forgot their passions in the dread
Of this their desolation; and all hearts
Were chill'd into a selfish prayer for light:
And they did live by watchfires—and the thrones,
The palaces of crowned kings—the huts,
The habitations of all things which dwell,
Were burnt for beacons; cities were consum'd,
And men were gather'd round their blazing homes
To look once more into each other's face;
Happy were those who dwelt within the eye
Of the volcanos, and their mountain-torch:
A fearful hope was all the world contain'd;
Forests were set on fire—but hour by hour
They fell and faded—and the crackling trunks
Extinguish'd with a crash—and all was black.
The brows of men by the despairing light
Wore an unearthly aspect, as by fits
The flashes fell upon them; some lay down
And hid their eyes and wept; and some did rest
Their chins upon their clenched hands, and smil'd;
And others hurried to and fro, and fed
Their funeral piles with fuel, and look'd up
With mad disquietude on the dull sky,
The pall of a past world; and then again
With curses cast them down upon the dust,
And gnash'd their teeth and howl'd: the wild birds shriek'd
And, terrified, did flutter on the ground,
And flap their useless wings; the wildest brutes
Came tame and tremulous; and vipers crawl'd
And twin'd themselves among the multitude,
Hissing, but stingless—they were slain for food.
And War, which for a moment was no more,
Did glut himself again: a meal was bought
With blood, and each sate sullenly apart
Gorging himself in gloom: no love was left;
All earth was but one thought—and that was death
Immediate and inglorious; and the pang
Of famine fed upon all entrails—men
Died, and their bones were tombless as their flesh;
The meagre by the meagre were devour'd,
Even dogs assail'd their masters, all save one,
And he was faithful to a corse, and kept
The birds and beasts and famish'd men at bay,
Till hunger clung them, or the dropping dead
Lur'd their lank jaws; himself sought out no food,
But with a piteous and perpetual moan,
And a quick desolate cry, licking the hand
Which answer'd not with a caress—he died.
The crowd was famish'd by degrees; but two
Of an enormous city did survive,
And they were enemies: they met beside
The dying embers of an altar-place
Where had been heap'd a mass of holy things
For an unholy usage; they rak'd up,
And shivering scrap'd with their cold skeleton hands
The feeble ashes, and their feeble breath
Blew for a little life, and made a flame
Which was a mockery; then they lifted up
Their eyes as it grew lighter, and beheld
Each other's aspects—saw, and shriek'd, and died—
Even of their mutual hideousness they died,
Unknowing who he was upon whose brow
Famine had written Fiend. The world was void,
The populous and the powerful was a lump,
Seasonless, herbless, treeless, manless, lifeless—
A lump of death—a chaos of hard clay.
The rivers, lakes and ocean all stood still,
And nothing stirr'd within their silent depths;
Ships sailorless lay rotting on the sea,
And their masts fell down piecemeal: as they dropp'd
They slept on the abyss without a surge—
The waves were dead; the tides were in their grave,
The moon, their mistress, had expir'd before;
The winds were wither'd in the stagnant air,
And the clouds perish'd; Darkness had no need
Of aid from them—She was the Universe.

Samstag, 6. Mai 2023

Bulgur - noch nie gegessen

Hartweizen oder Durum - Bulgur und Couscous und Gries - Verarbeitungen des Hartweizens, perfekt für Pasta und Pizza und wichtiger Bestandteil der Küchen des Nahen und Mittleren Ostens. Klar kenne ich Pasta, aber Couscous habe ich nur einmal in Marokko gekostet und Bulgur ist mir neu. Habe ich was verpasst. Aber ab jetzt ...

Und blüht der Weizen, so reift er auch,
das ist immer so ein alter Brauch.
Und schlägt der Hagel die Ernte nieder,
übers andere Jahr trägt der Boden wieder.  

Johann Wolfgang von Goethe

Zwei Esslöffel Olivenöl heiß werden lassen, Zwiebeln anbraten, ungefähr sieben Minuten bei mittlerer Hitze, Tomatenmark, Knoblauch, klein geschnitzelte Paprika und Tomate dazu. Nochmal drei Minuten, Salz, Pfeffer, Kreuzkümmel und den feinen Bulgur rein, gut rühren, Kichererbsen aus der Dose (abgetropft) hinzufügen und Brühe auch. Deckel drauf, von der Hitze nehmen und den Bulgur quellen lassen, wenn die Flüssigkeit aufgesaugt ist - etwas Zitronensaft und Petersilie drüber. Geht schnell, schmeckt wirklich gut und ist, wenn man Gemüsebrühe nimmt, vegetarisch und so oder so auch noch gesund.

Zwischen Weizen und Korn,
Zwischen Hecken und Dorn,
Zwischen Bäumen und Gras,
Wo gehts Liebchen?
Sag mir das! ... 

 Johann Wolfgang von Goethe

Zutaten: Eine Zwiebel; 1/4 Tasse Tomatenmark; 1 Staude Strauchtomaten; 1/2 Paprika; 1 1/2 Tassen feinem Bulgur; 1 Dose Kichererbsen; 3 Tassen Brühe; Salz, Pfeffer und 1/2 Esslöffel Kreuzkümmel

https://feelgoodfoodie.net/recipe/bulgur-pilaf/#wprm-recipe-container-21835 

Ich habe mehr Zwiebel und Paprika und weniger Tomaten genommen und reichlich Knoblauch dazugefügt und ganz unvegetarisch eine Bratwurst dazu gegessen.

 

Montag, 1. Mai 2023

In Brandenburg auf der Suche nach einer Ladestation

Seit einigen Jahren lebe ich ohne eigenes Auto. Gut für den CO2 Fußabdruck und sparsamer und meine Nerven ertrugen, das ewige Suchen nach einem Parkplatz immer weniger gut. In der Großstadt ist das als Single, das gut zu Fuß ist, auch nicht wirklich schwer und es gibt ja noch Share Now oder auch mal ein Taxi. Für Ausflüge am Wochenende miete ich dann zwei-, dreimal im Jahr ein Auto. 

Dies war mein Wochende: Samstag 10 vor 10 stehe ich am Sixtschalter im Hilton am Gendarmenmarkt, wo ich, meinem Mietvertrag zufolge, den Autoschlüssel erhalten soll. Niemand erscheint. Telefonische Kontaktversuche enden im erschöpfenden Niemandsland der neutralen Sprachansagen nach Tasten-zwischen-Eins-und-Drei-Drücken. An der Hotelrezeption sagt man mir, da kommt fast nie einer, laufen sie lieber gleich in die Station an der Leipziger. Ok, ich betrete drei Strassen weiter, mit Gepäck, das Sixt-Büro und werde von einem offensichtlich gestressten Mitarbeiter schroff darauf hingewiesen, dass man mir doch mitgeteilt hätte, dass ich gleich in die Leipziger kommen sollte. Hat man nicht und es wird später auch grummelnd zurückgenommen. Ich stelle mich an. Sechs Kunden, pro Kunde circa zehn Minuten, erst ist nur ein Tisch besetzt, dann noch ein zweiter, diese Gelegenheit nutzt Mitarbeiter Nummer eins allerdings für ein längeres privates Telefonat. 

Eine Stunde später ich bin dran. Mist, ich habe übersehen, dass ich ein Elektro-Auto kriege. Natürlich keine Möglichkeit zum Wechsel, Ich will stornieren, das wären 80 Prozent Stornokosten, die anderen Menschen in der Schlange werden verständlicherweise ungeduldig - "Nun nehmen Sie das Auto doch. Ist easy peasy, bezahlt wird an der Ladesäule mit Paypal, nun machen Sie schon." - Ich nehme das Auto. Die App, die ich für die mir überreicht wordene Ladekarte herunterlade, erkennt die Karte nicht, eine zweite, die mir schroff rübergereicht wird, will die App auch nicht. Nach vielen Versuchen finde ich später heraus, dass der Scanner eine Zahl falsch liest. 

Wir fahren. Das Hotel tief im Brandenburgischen ist fabelhaft, das Essen schmackhaft, das Wetter strahlend, die Wiesen und Bäume hellgrün, gelbgrün, mattgrün, knallgrün und alle möglichen Grüns, die so nur der späte Frühling bietet, und die Laune blendend. Es bleibt nur der kleine nagende Gedanke: Wie lädt man so ein Auto auf und wo?

Tja, hier wird es kompliziert. Wie? Keine Informationen im Auto selbst, Google bietet viele, aber nicht, die ich benötige. Im Kofferraum liegt ein fettes Kabel, das ist gut. Aber das Bezahlproblem ist damit noch nicht gelöst. Mittlerweile habe ich drei Apps für E-Auto Ladestationen heruntergeladen.

Wo? Rheinsberg - eine Ladestation, schwer zu finden und an Abenden und am Wochenende geschlossen. Gransee - eine Ladestation, die aber meine Geldkarten nicht annnimmt. Die Hotline kann leider nur Auskunft über den Zustand der Ladesäule selbst geben. Ein Passant schlägt mir freundlich alle Schritte vor, die ich schon ausprobiert habe.

Meine Begleiterin verletzt ihr Knie beim Stolpern über eine Wurzel, kann nur unter heftigen Schmerzen laufen und wir müssen daher eher als erwünscht nach Hause.

In Neuruppin und Oranienburg sollen einige Ladesäulen sein, aber ich gehe auf Risiko und fahre nach Berlin. Naja, vier oder mehr Stunden im Irgendwo aufs Aufladen warten, klingt wenig reizvoll.

Wir haben für eine Strecke von 78 Kilometern noch Strom für 130. Haben wir? Nein, das Ding entlädt sich schneller als versprochen, obwohl ich so ökonomisch fahre, dass ich mich selber dabei langweile.

In Pankow lade ich, ja ich kriege es hin, diesmal geht es, nach einigen Versuchen, wirklich über Paypal, es lädt.

2 KWh, helfen nicht viel, aber bringen uns bis Mitte, die Freundin wird nach Hause gebracht, eine neue Ladesäule gefunden, das Auto angeschlossen. Vier Stunden später ist es genug geladen und ich gebe es ab.

Ich werde nie wieder ein Auto bei Sixt ausleihen.

Ich werde (in den nächsten Jahren) nie wieder ein Elektroauto mieten, wenn ich vorhabe aufs Land zu fahren.

Nuklearphysik in brandenburgischer Idylle

Aber wir hatten zwei herrliche Frühlingstage, sind viel gelaufen und haben den Frühling aufgesaugt.

Donnerstag, 20. April 2023

Nächtliche Gedanken

Neuerdings habe ich merkwürdige Unterhaltungen mit einer lieben Freundin, wird die Klimakatasrophe oder Deepfakes das Ende unserer Welt einläuten? Verkehrte Welt, wir diskutieren die Varianten ihres Untergangs. Wann ist es normal geworden über das Ende der Welt zu reden? Gab es diese Gespräche schon seit je? Apokalypsen wurden zyklisch wohl schon immer vorausgesagt und fast jede Generation meinte, ihre Zeit wäre schlimmer, als alle davor. Aber. Aber jetzt? Klima in katastrophalem Zustand, Krieg allüberall und in unserer Nachbarschaft, KI, Deepfake und der Rechtsrutsch ganzer Demokratien. Schlimmer?

Heute Abend in der Schaubühne The Wooster Group mit einer Hommage an Tadeusz Kantor, den polnischen Theatergott. 

Merkwürdig.

Ein polnischer Jude, dessen Vater in Ausschwitz umkam und der im katholischen Polen der Stalinzeit aufwuchs, erschafft theatralische Ereignisse über sich selbst, sein Leid, seine Hoffnungen, seine Erwartung oder Ersehnung des Todes. Der Abend auf den sich die Rekonstruktion beruft, hieß "Ich werde nicht wiederkehren" und war eine Collage all seiner vorherigen Inszenierungen. Der Titel bezieht sich auf ein Stück von Stanislaw Wyspiański über Odysseus, der nach seinen Irrfahrten in Ithaka ankommt, alle Freier tötet und dann feststellt, das er nicht einfach wieder zurückkommen kann, weil er ein anderer geworden ist. 

Eine New Yorker Institution, eben jene Wooster Group untersucht 2022/23 das Werk dieses Mannes, der 1990 starb.

Theater verschwindet mit seinen Akteuren, keine Kränze usw., hier wird ein Wiederbelebungsversuch unternommen. Und das funktioniert in Momenten. Die Synchronisation von alten Probenmitschnitten und akut erlebter Darstellung ist spannend. Vieles war mir zu selbstreferentiell, Theater, das Theater kommentiert. Aber ein Moment ist stark und erschütternd. Ein junger Mann aus New York singt ein Lied, das ein Jude, Azriel David Fastag, auf dem Transport nach Treblinka geschrieben hat und dessen Melodie auf abenteuerliche Weise überlebt hat. Juden haben es gesungen, während sie in die Gaskammer gingen.

Ani Ma'amin - I believe - Ich glaube

I believe / with complete faith / in the coming of the Messiah / in the coming of the Messiah I believe / though he may delay / every day / I believe.

Ich glaube / mit tiefem Glauben / an die Ankunft des Messias / an das Kommen des Messias glaube ich / auch wenn er etwas zu spät kommt / ich glaube. 

Trauriger geht nicht.


with a complete faith10
in the coming of the Messiah
in the coming of the Messiah I believe
though he may delay
still every day
I believe
https://lyricstranslate.com/de/ani-maamin-i-believe.html
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in the coming of the Messiah
in the coming of the Messiah I believe
though he may delay
still every day
I believe
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in the coming of the Messiah
in the coming of the Messiah I believe
though he may delay
still every day
I believe
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Was ich habe, will ich nicht verlieren

Was ich habe, will ich nicht verlieren, aber
wo ich bin, will ich nicht bleiben, aber
die ich liebe, will ich nicht verlassen, aber
die ich kenne, will ich nicht mehr sehen aber
wo ich lebe, da will ich nicht sterben, aber
wo ich sterbe, da will ich nicht hin:
Bleiben will ich, wo ich nie gewesen bin

Thomas Brasch 1977

Was die Dramaturgie der Schaubühne darüber schreibt:

»A PINK CHAIR (In Place of a Fake Antique)« unternimmt eine szenische Rekonstruktion des vorletzten Stücks von Tadeusz Kantor, »I Shall Never Return«. Der polnische Theatermacher und Künstler, der in seinen wegweisenden Arbeiten immer wieder die Grenzen zwischen bildender Kunst und Theater überschritt, inszenierte das Stück 1988 kurz vor seinem Tod und wirkte selbst darin mit. Zusammen mit Kantors Tochter Dorota Krakowska als Leiterin sowie Probenaufzeichnungen der Inszenierung begibt sich The Wooster Group auf eine Expedition in die Vergangenheit der europäischen Theateravantgarde und auf die Suche nach einer verlorenen Zeit – und wiederholt damit ein Wagnis, das auch Kantors Schauspieler_innen virtuos in »I Shall Never Return« unternahmen. Diese Inszenierung, die irgendwo zwischen Ithaka und einem polnischen Gasthaus angesiedelt ist, erscheint wie ein Vermächtnis Kantors, in dem er frühere Stücke, u. a. seine erste Arbeit »Die Rückkehr des Odysseus«, auf die Bühne zurückholt und in der sich alles um das zentrale Motiv des Abschieds dreht. In bildstarken surrealistischen Szenen tauchen Wiedergänger_innen alter Figuren auf. Über die Geschichte dieser wie aus einem Stummfilm gefallenen Charaktere wird immer wieder auch bruchstückhaft Kantors eigene Biografie zusammengesetzt, die von Verlust, Krieg und dem ständigen Bewusstsein um Vergänglichkeit und Tod geprägt ist. Es ist ein visionäres Spektakel, halb Alptraum, halb Groteske, und eindrückliches Beispiel für das, was Kantor selbst sein »Theater des Todes« nannte. Ein Theater des Todes, das The Wooster Group mit ihren Spieler_innen nun wieder zum Leben erweckt, indem sie die Rekonstruktion der Rekonstruktion versucht.