Zuerst: Ich gestehe, dass ich nach 90 Minuten gegangen bin, aber das war wegen eines plötzlichen Hustenreizes und ich mag nicht stören.
George Gordon Noel Byron - meine erste Begegnung mit ihm hatte ich in den Romanen von Georgette Heyer, Romanzen, die in der Zeit zwischen dem Ende des 18. Jahrhunderts und dem Aufstieg und Untergang Napoleons spielten und die ich verschlang, während ich gleichzeitig mit ihnen Englisch lernte. Die Hauptfiguren waren englische Aristrokraten, der Stil witzig und genau, die historischen Details reich. Byron tauchte als Nebenfigur auf, als Ausrichtung des Kompasses für Dandys. Wie bindet er seine Krawatte, wie poliert sein Diener seine Stiefel, welche skandalöse Affaire hat er jetzt? Er war eitel, hungerte sich schön, liebte seine Schwester und Lady Lamb (Sie nannte ihn: Mad, bad and dangerous to know.) und viele andere, er liebte Geld, dass er nie zur Genüge hatte, er liebte einen schönen Griechen und den Freiheitskampf der Griechen gegen die Türken, er starb an Unterkühlung.
Jahre später las ich seine Gedichte und liebte sie.
FINSTERNIS
Ich hatte einen Traum, der keiner war.
Die Sonne war erloschen, und die Sterne,
verdunkelt, schweiften weglos durch den Raum,
kein Mond, die Erde schwang im Äther, blind
und eisig sich verfinsternd; kam der Morgen
und ging und kam––er brachte keinen Tag,
die Menschen fühlten sich im Stich gelassen,
vergaßen ihre Leidenschaften; Herzen
gefroren, frönten dem Gebet um Licht:
am Feuer lebten sie, und alles brannte––
die Throne, die Paläste wie die Hütten
und die Behausungen der kleinen Leute
waren Scheiterhaufen, Städte warn zerstört,
ihr Heim in Flammen, sahn die Menschen zu
und schauten sich noch einmal ins Gesicht;
wie glücklich, wer im Auge der Vulkane
zuhause war, im Fackellicht der Berge:
angstvolle Hoffnung nur enthielt die Welt;
die Wälder brannten, schwanden Stund um Stund,
zerfielen, Stümpfe knisterten, erloschen,
ein letztes Knirschen, und––alles war schwarz.
Das Licht verzweifelte, die Menschen sahn
unirdisch aus, als schlügen Blitze ein;
die einen fielen nieder und verhüllten
die Augen um zu weinen; andre stützten
das Kinn in ihre Hände, heiter fast;
noch andre eilten eifrig hin und her,
nährten die Scheiterhaufen, schauten wie
vom Wahn gehetzt empor zum trüben Himmel,
dem Leichentuch einer vergangenen Welt;
dann wieder fluchten sie und warfen sich
zu Boden, zähneknirschend; wilde Vögel
erschraken, kreischten, flatterten zu Boden,
ließen die Flügel hängen; wilde Tiere
warn zahm und zitterten; und Vipern krochen
sich windend durch die Menge, zischten, doch
sie bissen nicht––und wurden totgeschlagen.
Der Krieg, für einen Nu nur nicht mehr da,
er fraß sich wieder satt: mit Blut erkauft
ein Mahl, ein jeder saß verstockt für sich,
stopfte sich voll im Finstern: nirgends Liebe;
die ganze Welt nur ein Gedanke––Tod,
unmittelbar, unrühmlich; Hunger stach,
lebte von Innereien–– Menschen starben,
ihr Fleisch, ihre Gebeine ohne Grab;
die Mageren von Mageren verschlungen,
selbst Hunde griffen ihre Herren an,
nur der nicht, der zu einem Leichnam hielt,
Vögel verbellte, Tiere, Menschen, bis
der Hunger sie verzehrte oder Tote
die schlaffen Rachen lockten; für sich selbst
suchte er nichts zu fressen, jaulte nur
vor Mitleid, leckte eine Hand, die ihm
das Streicheln schuldig blieb––er starb.
Die Masse war verhungert bis auf zwei
aus einer Riesenstadt, die überlebten;
sie waren Feinde und sie trafen sich,
wo ein Altar in Schutt und Asche lag,
allerlei Heiliges für unheiligen Zweck
gehäuft gewesen war, und kratzten nun
mit ihren zitternd skelettierten Händen
ein wenig Glut zusammen, bliesen ihr
ein bißchen Leben ein––sie flammte auf,
war ein Gespött; dann, als es heller wurde,
erhoben sie die Augen und gewahrten
einander––schauten, schrien auf und starben
an wechselseitiger Abscheulichkeit,
unwissend, wer es war, auf dessen Stirn
Unhold geschrieben stand. Nichtig die Welt,
die volkreiche, die kraftvolle: ein Klumpen,
kein Kraut, kein Baum, kein Mensch, kein Leben, bloß
ein Klumpen Tod––Chaos aus hartem Lehm.
Still alles: Flüsse, Seen, Ozean
in tiefem Schweigen, reglos, unbesetzt
die Schiffe, sie verrotteten auf See,
die Masten fielen, splitterten: ihr Fallen
ein Schlafen überm Abgrund, keine Wogen––
die Wellen tot, Gezeiten ausgestorben,
des Mondes Herrschaft ausgehaucht; die Winde
verwittert, stand die Luft doch, und die Wolken
warn weg, warn nie gewesen, Finsternis
bedurfte ihrer nicht, sie war––das All. Übertragen von Günter Plessow
Sardanapal, sein Gesang in Versen oder ein Theaterstück. Who knows? Ein König hasst alles, was er tun müsste, um König zu sein, er will nicht herrschen, nicht kämpfen, nicht regieren. Er will essen, trinken, singen, lieben. Sein Reich wird angegriffen, spät, zu spät willigt er ein, eine Gegenoffensive zu führen, die mißlingt, er verbrennt sich und seine angehäuften Kunstwerke, seine Geliebte springt ihm nach in die Flammen. So soll das assyrische Reich untergegangen sein. Historisch Quatsch, aber poetisch richtig.
Wie verzweifelt Hinrichs nach dem Glück sucht, dem Gefühl, dass in ihm entsteht, wenn er Musik hört, poetische Worte liest, wenn er tanzt, was er nicht kann, sein Körper verweigert sich, ein rührender Anblick. Wie verzweifelt er versucht, uns dieses Gefühl zu vermitteln. Lilith Stangenberg, Sir Henry, junge Tänzer und Musiker geben sich größte Mühe. Bis zur Minute 90 habe ich die Mühe verstanden und mitgetragen, aber nicht geliebt. Ich fühlte mich in meine Schulzeit versetzt. Verstehen und fühlen, anstatt fühlen und darum verstehen. Hinrichs wirkt sehr einsam an diesem Abend. Vielleicht weil er seinen Hauptdarsteller verloren hat. Vielleicht weil er wirklich verzweifelt ist.
Darkness
I had a dream, which was not all a dream.
The bright sun was extinguish'd, and the stars
Did wander darkling in the eternal space,
Rayless, and pathless, and the icy earth
Swung blind and blackening in the moonless air;
Morn came and went—and came, and brought no day,
And men forgot their passions in the dread
Of this their desolation; and all hearts
Were chill'd into a selfish prayer for light:
And they did live by watchfires—and the thrones,
The palaces of crowned kings—the huts,
The habitations of all things which dwell,
Were burnt for beacons; cities were consum'd,
And men were gather'd round their blazing homes
To look once more into each other's face;
Happy were those who dwelt within the eye
Of the volcanos, and their mountain-torch:
A fearful hope was all the world contain'd;
Forests were set on fire—but hour by hour
They fell and faded—and the crackling trunks
Extinguish'd with a crash—and all was black.
The brows of men by the despairing light
Wore an unearthly aspect, as by fits
The flashes fell upon them; some lay down
And hid their eyes and wept; and some did rest
Their chins upon their clenched hands, and smil'd;
And others hurried to and fro, and fed
Their funeral piles with fuel, and look'd up
With mad disquietude on the dull sky,
The pall of a past world; and then again
With curses cast them down upon the dust,
And gnash'd their teeth and howl'd: the wild birds shriek'd
And, terrified, did flutter on the ground,
And flap their useless wings; the wildest brutes
Came tame and tremulous; and vipers crawl'd
And twin'd themselves among the multitude,
Hissing, but stingless—they were slain for food.
And War, which for a moment was no more,
Did glut himself again: a meal was bought
With blood, and each sate sullenly apart
Gorging himself in gloom: no love was left;
All earth was but one thought—and that was death
Immediate and inglorious; and the pang
Of famine fed upon all entrails—men
Died, and their bones were tombless as their flesh;
The meagre by the meagre were devour'd,
Even dogs assail'd their masters, all save one,
And he was faithful to a corse, and kept
The birds and beasts and famish'd men at bay,
Till hunger clung them, or the dropping dead
Lur'd their lank jaws; himself sought out no food,
But with a piteous and perpetual moan,
And a quick desolate cry, licking the hand
Which answer'd not with a caress—he died.
The crowd was famish'd by degrees; but two
Of an enormous city did survive,
And they were enemies: they met beside
The dying embers of an altar-place
Where had been heap'd a mass of holy things
For an unholy usage; they rak'd up,
And shivering scrap'd with their cold skeleton hands
The feeble ashes, and their feeble breath
Blew for a little life, and made a flame
Which was a mockery; then they lifted up
Their eyes as it grew lighter, and beheld
Each other's aspects—saw, and shriek'd, and died—
Even of their mutual hideousness they died,
Unknowing who he was upon whose brow
Famine had written Fiend. The world was void,
The populous and the powerful was a lump,
Seasonless, herbless, treeless, manless, lifeless—
A lump of death—a chaos of hard clay.
The rivers, lakes and ocean all stood still,
And nothing stirr'd within their silent depths;
Ships sailorless lay rotting on the sea,
And their masts fell down piecemeal: as they dropp'd
They slept on the abyss without a surge—
The waves were dead; the tides were in their grave,
The moon, their mistress, had expir'd before;
The winds were wither'd in the stagnant air,
And the clouds perish'd; Darkness had no need
Of aid from them—She was the Universe.