Mittwoch, 12. Juli 2023

Wie würde ich mich entscheiden?

ARRIVAL, ein Film von Denis Villeneuve, den ich gerade zum dritten Mal gesehen habe, stellt eine mich tief erschütternde einfache Frage: Wenn ich wüßte, wie mein Leben verlaufen wird, wen ich wann und wie verlieren werde, um meine Mißerfolge und Niederlagen schon im Voraus wüßte, um jeden kommenden Liebeskummer wüßte, jeden Schmerz, jede Krankheit und schließlich auch wüßte, wann ich und wie sterben werde - was würde ich tun, wie mich entscheiden? Würde ich das Leid mit dem Glück annehmen? Würde ich das Wagnis der Liebe eingehen, wissend, das sie endlich ist?

In GOTT LEBT IN BRÜSSEL, auch einem Film, dieser von Jaco Van Dormael, veröffentlicht Gottes zornige Tochter, weltweit die Sterbedaten der Menschen. Was würde dieses Wissen an meinem, an unserem Leben ändern?

Vor vielen Jahren habe ich eine kleine Geschichte gelesen, die mir nicht aus dem Kopf geht, obwohl ich nicht einmal mehr weiß, wer sie geschrieben hat: Die Menschheit bemerkt, dass es wirklich UFOs gibt und das sehr viele und sehr unterschiedliche, die Erde umkreisen. Irgendwann gelingt es uns, mit ihnen Kontakt aufzunehmen und wir stellen eine Frage, die uns umtreibt: Warum gerade wir, warum beobachtet ihr uns, obwohl wir euch technologisch nicht einmal ansatzweise ebenbürtig sind? Die Antwort ist schwierig zu übersetzen, aber letztendlich lautet sie: Von allen Lebewesen im Universum seid ihr, die einzigen die sterben. Und. Und ihr seid die einzigen, die Kunst haben.

Wir nennen es Schicksal, weil wir nicht wissen, was uns passieren wird. Wüßten wir es, wie würden wir es dann nennen? 

Es sagt sich leicht, dass es ohne Tiefen, keine Höhen gäbe, ohne Leid kein Glück, aber würde ich, wissend, trotzdem den notwendigen Preis bezahlen? Oder keine Entscheidungen mehr treffen, oder aus zu viel Vorauswissen heraus erstarren? Würde ich lieben, ohne das Versprechen der Erfüllung? Würde ich Theater machen, ohne die Hoffnung auf Karriere, auf Erfolg?

Wenn ich nie mehr den augenblicklichen, beglückenden Moment erleben könnte, ohne um sein Endergebnis zu wissen, was würde das mit mir machen?

4 Kommentare:

  1. Sehr interessante, aber zum Glück doch völlig müßige Fragen...

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    1. Vielleicht doch nicht gänzlich müßig. Chronologisch vorwärts schon, aber in der Rückschau? Wenn Du irgendwann alles im Nachhinein bereust, bleibt wenig von den Schätzen Deines Lebens übrig.

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  2. Toll geschrieben!
    Gedanken, die vielleicht müßig sind, wie hier jemand schreibt, aber sie sind da. Es treibt uns um, warum oder für was wir leben?
    Es gibt wohl keine eine richtige Antwort daraufoder es aber gibt Millionen.
    Am Ende sucht sich das jeder selbst aus, denke ich. Noch schöner ist es zu zweit oder mehr.
    Deshalb ist wohl die Kunst ein guter Ansatz. Danke für Ihre "müßigen" Gedanken, mir hat's gefallen :-)
    Katharina

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  3. Auch in der Rückschau finde ich diese Gedanken müßig. Weil ich doch sowieso nichts mehr an meiner Vergangenheit ändern kann. Jetzt alles zu bereuen, würde ja gar nichts daran ändern. Das würde einem dann nur noch zusätzlich die Gegenwart und evtl. sogar Zukunft vermiesen. Ich bin eher ein Anhänger von amor fati....

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