Nach einer ungewöhnlich langen Zeit ohne freie Tage, begann heute Abend mein Weihnachtsurlaub. Ich habe die letzten Tage damit zugebracht zwischen Rostock, Berlin, Heilbronn, Schwäbisch Hall, wegen vergessenem Koffer noch einmal Heilbronn, Nürnberg, Augsburg und wieder Berlin hin und her zu reisen, manchmal per Auto, öfter per Bahn und bestieg den vorerst letzten Zug von Augsburg nach Berlin mit einem breiten Grinsen im Gesicht, wissend, dass ich nun zehn Tage verantwortungslos, verblödet, vergnügt in meiner Heimatstadt zubringen würde.
ABER niemand grinste zurück!
Die meisten meiner Mitreisenden waren, wie aus ihrem geschenkverpacktem Gepäckinhalt deutlich ablesbar war, auf dem Weg zu irgendwelchen Feiern zu Ehren der historisch nicht sicher verbürgten Geburt des Jesus Christus. Wie auch immer man darüber denken mag, irgendein sympathisches Kind ist sicherlich am 24.12. vor 2013 Jahren geboren worden. Aber mit welch religiösem oder atheistischen Impetus auch immer, sie alle fuhren zu einer Feier! Sie saßen aber in dem immerhin nur zehn Minuten verspäteten Zug mit den Gesichtern von vergrämten Dienstreisenden, ohne Lächeln, ohne Augenkontakt, ohne irgendein Anzeichen dafür, dass sie die nächsten Tage mit Menschen, die sie mögen und freudig einige Zeit verbringen werden.
What the fuck!?
Ihr müßt Weihnachten nicht mögen. Mancher mag Kummer fühlen, den auch Festtage nicht dämpfen können. Aber ein Lächeln ist zu viel verlangt?
Und wenn es auch nur anderen, das wünscht, was man selbst nicht haben wird.
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DAS MÄDCHEN MIT DEN SCHWEFELHÖLZERN
Ein Märchen von Hans Christian Andersen
Es war ganz grausam kalt; es schneite und es begann dunkler Abend zu werden; es war auch der letzte Abend im Jahre, Silvesterabend. In dieser Kälte und in diesem Dunkel ging auf der Straße ein kleines, armes Mädchen mit bloßem Kopf und nackten Füßen. Ja, sie hatte ja freilich Pantoffeln angehabt, als sie von zu Hause wegging, aber was konnte das helfen! Es waren sehr große Pantoffeln, ihre Mutter hatte sie zuletzt benützt, so groß waren sie, und die verlor die Kleine, als sie über die Straße eilte, weil zwei Wagen so schrecklich schnell vorbeifuhren. Der eine Pantoffel war nicht zu finden, und mit dem andern lief ein Junge davon; er sagte, daß er ihn als Wiege benützen könne, wenn er selbst Kinder bekomme.
Da ging nun das kleine Mädchen auf den kleinen, nackten Füßen, die rot und blau vor Kälte waren; in einer alten Schürze trug sie eine Menge Schwefelhölzer, und mit einem Bund in der Hand ging sie dahin. Keiner hatte ihr während des ganzen Tages etwas abgekauft, keiner ihr einen kleinen Schilling gegeben; hungrig und verfroren ging sie dahin und sah so verschüchtert aus, das arme kleine Wurm! Die Schneeflocken fielen in ihre langen, blonden Haare, die sich so schön um den Nacken lockten; – aber an die Pracht dachte sie freilich nicht. Aus allen Fenstern leuchteten Lichte, und dann roch es da in der Straße so herrlich nach Gänsebraten; es war ja Neujahrsabend, – ja, daran dachte sie.
Hinten in einer Ecke zwischen zwei Häusern, das eine sprang ein wenig mehr in die Straße vor als das andere, da setzte sie sich hin und kauerte sich zusammen. Die kleinen Beine hatte sie hinaufgezogen unter sich, aber sie fror noch mehr und heimgehen durfte sie nicht, sie hatte ja keine Schwefelhölzer verkauft, keinen einzigen Schilling bekommen, ihr Vater würde sie schlagen. Und kalt war es auch daheim, sie hatten nur grade das Dach über sich, und da pfiff der Wind herein, obschon Stroh und Lumpen in die größten Spalten gestopft waren. Ihre kleinen Hände waren beinahe ganz tot vor Kälte. Ach, ein kleines Schwefelholz konnte gut tun! Hätte sie nur gewagt, eines aus dem Bund zu ziehen, es an der Wand anzustreichen und die Finger daran zu wärmen! Sie zog eines heraus. “Ritsch!” wie das sprühte, wie es brannte! Es war eine warme klare Flamme wie eine kleine Kerze, als sie die Hand darum hielt; es war ein wunderbares Licht! Dem kleinen Mädchen schien es, als säße sie vor einem großen Eisenofen mit blanken Messingkugeln und Messingtrommel; das Feuer brannte so herrlich, wärmte so gut; nein, was war das! – Die Kleine streckte schon die Füße aus, um auch diese zu wärmen, – da erlosch die Flamme. Der Ofen verschwand, sie saß mit einem kleinen Stumpf eines abgebrannten Schwefelholzes in der Hand.
Ein neues wurde angesteckt, es brannte, es leuchtete, und wie der Schein auf die Mauer fiel, wurde sie durchsichtig wie ein Schleier; sie sah ganz bis in die Stube hinein, wo der Tisch mit einem schimmernden weißen Tuch gedeckt stand mit seinem Porzellan, und herrlich dampfte die gebratene Gans, die mit Pflaumen und Äpfeln gefüllt war; und was noch prächtiger war, die Gans sprang von der Schüssel, wackelte über den Boden mit Gabel und Messer im Rücken, ganz hin zu dem armen Mädchen kam sie; da erlosch das Schwefelholz, und es war nur die dicke, kalte Mauer zu sehen.
Sie zündete ein neues an. Da saß sie unter dem herrlichsten Weihnachtsbaum, der war noch größer und noch mehr geputzt als der, den sie am letzten Weihnachtsabend durch die Glastüre bei dem reichen Kaufmann gesehen hatte. Tausend Lichte brannten an den grünen Zweigen, und bunte Bilder wie die, die die Ladenfenster schmückten, sahen auf sie herab. Die Kleine streckte beide Hände hoch, – da erlosch das Schwefelholz. Die vielen Weihnachtslichter stiegen höher und höher, sie sah, es waren nur die klaren Sterne, einer von ihnen fiel und bildete einen langen Feuerstreifen am Himmel.
“Nun stirbt da jemand!” sagte die Kleine, denn die alte Großmutter, die die Einzige war, die gut zu ihr gewesen, aber jetzt tot war, hatte gesagt: Wenn ein Stern fällt, steigt eine Seele empor zu Gott!
Sie strich wieder ein Schwefelholz an die Mauer, es leuchtete im Umkreis, und in dem Glanz stand die alte Großmutter, so hell, so leuchtend, so mild und gesegnet.
“Großmutter!” rief die Kleine, “oh, nimm mich mit! Ich weiß, du bist fort, wenn das Schwefelholz ausgeht, fort, wie der warme Ofen, der herrliche Gänsebraten und der große, prachtvolle Weihnachtsbaum!” – Und sie strich in Eile den ganzen Rest Schwefelhölzer an, die im Bund waren, sie wollte die Großmutter recht festhalten; und die Schwefelhölzer leuchteten mit einem solchen Glanz, daß es heller war als am lichten Tag. Großmutter war früher niemals so schön gewesen, so groß; sie hob das kleine Mädchen auf ihren Arm, und sie flogen in Glanz und Freude so hoch, so hoch! Und da war keine Kälte, kein Hunger, keine Angst – sie waren bei Gott!
Aber in der Ecke beim Hause saß in der kalten Morgenstunde das kleine Mädchen mit roten Wangen, mit einem Lächeln um den Mund – tot, erfroren am letzten Abend des alten Jahres. Der Neujahrsmorgen ging auf über der kleinen Leiche, die mit Schwefelhölzern dasaß, von denen ein Bund fast abgebrannt war. Sie hat sich wärmen wollen, sagte man; niemand wußte, was sie Schönes gesehen, in welchem Glanz sie mit der alten Großmutter zur Neujahrsfreude eingegangen war!
published by the famed Riverside Press in 1873. the identity of the translator A.A.B. and the illustrator S.G.P. remained a mystery.
Ich habe als Kind diese Märchen geliebt - und liebe sie noch immer. Sie rühren mich. Bei Perlengazelle schrieb ich letztens, dass mir trotz aller Freude, die es mir bereitete, mit meinen Söhnen den Weihnachtsbaum zu schmücken, immer auch ein bisschen schwermütig wurde. Denn das entsprechende Märchen von Andersen hat jeden Baum auch mit Traurigkeit geschmückt.
AntwortenLöschenVor einigen Wochen fuhr ich mit dem Bus in die Stadt. Eine alte Frau stieg irgendwo zu und zog den Blick aller auf sich. Sie lächelte über das ganze Gesicht. Die ganze Zeit. Ich vermute da zwar eher eine Zwangserkrankung, denn es ist unwahrscheinlich, dass jemand immerzu lächeln kann, aber der erste Impuls war ganz einfach: zurück lächeln!
In diesem Sinne wünsche ich Dir in Deiner Heimatstadt viele lächelnde Gesichter!
Ein Lächeln schickt Dir auf alle Fälle
Elvira
Vielen Dank für den wunderbaren Kommentar! Leider habe ich außer dem albernen :) noch kein wirkliches schreibbares Lächel gefunden, aber wenn ich es hätte, würde ich es hiermit senden.
AntwortenLöschenFrohe Festtage!