Meine Mutter behauptet, sie hätte mich als Kleinkind singen gehört, beseelt, atonal
und laut schmetternd, in der tiefen Gewißheit, dass dies ein Lied über mich sei:
O Hannebaum, o Hannebaum..., der restliche Text war verständlicherweise
unwesentlich. Man muß sich dazu eine angeborene Bassstimme vorstellen,
Folge eines nichtschließenden Kehlkopfes, blonde Locken, blaue Augen
und beträchtliche Mengen Babyfett.
Heute habe ich und meine allerliebste Nichte einen eben solchen Baum geschmückt,
oder, besser gesagt, wir haben uns bemüht, ihn zu schmücken. Der Baum ist schön,
nicht zu groß, aber fett und mit vielen zum Behängen geeigneten kleinen Ästen.
16.30 Uhr: Die Lieblingsnichte und ich erreichen das Haus, die Strassen sind glatt
wie Babyärsche und nur ein Taxi hat uns vor dem gewissen Bein-, Arm,
Steissbruch bewahrt. Der Fahrer war Spanier und dort gibt es die Geschenke erst am
6. Januar, aber seine Frau ist Berlinerin, da machen sie eben halbe halbe.
16.40 Uhr: In völliger Negierung der Tatsachen, spiele ich die coole Tante und schlage
der zauberhaften Nichte Kika-Gucken während des Schmückvorganges vor ,
mit dem Ergebnis, dass diese beste aller Nichten, wie nicht anders zu erwarten,
ich hätte es aus eigener Erfahrung wissen können, in hypnotischer Faszination
auf den Apparat starrt und nur wenn sehr laut angesprochen, hin und wieder,
eine Kugel an den noch fast nackten Baum hängt.
17.00 Uhr: Ein Drittel ist geschafft, das Verhältnis zur Zauber-Nichte ist
angespannt,plötzlich, aber in Zeitlupe, beginnt der Baum seinen Winkel
zur Oberfläche des Wohnzimmerbodens zu verändern, er fällt um.
17.00.01: Ich fange den Baum in letzter Sekunde auf.
17.00.02: Der Baum wird nunmehr durch die Kraft meines rechten Armes
aufrecht gehalten, die beiden anderen anwesenden Personen, Mutter (82) und
Nichte (8), können nur zuarbeiten, aber nicht retten. Der antelefonierte
Schwager befindet sich im Mediamarkt, aber verspricht, sich zu beeilen.
Zigaretten werden gereicht, Kaffee wird gekocht, zersplitterte Kugeln
werden aufgefegt.
17.01 bis 17.45 Uhr: Hanne, bzw. Johanna hält den Baum fest. Aua!
17.45 Uhr: Ankunft des Schwagers, Männer sind so nützlich und stark,
er hebt den Wackelbaum, rüttelt, tut irgendwelche männlich geheimen Dinge,
bindet den Baum an der Heizung fest und - der Baum steht! Allerdings sind
vier Ketten mit Lichtern nunmehr völlig verhaspelt und verwickelt und müssen
also neu verlegt werden.
17.55 bis 19.30 Uhr: Lichterketten werden entknotet.
19.35 Uhr: Schwager und Nichte verlassen das Haus, die Schatzkind-Nichte muß
morgen um 6.00 Uhr aufstehen, um Huskies (Hunde aus der Arktis mit
sehr blauen Augen) zu besuchen, das perfekte Weihnachtsgeschenk einer
anderen Tante.
19.40 Uhr bis 22.30 Uhr: Tante Hanna schmückt den Baum nun allein.
Das gesteckte Ziel ist es, das ursprüngliche natürliche Aussehen, der zu
unserem Fest gemordeten Pflanze, völlig zu verdecken. Rote, goldene
und silberne Kugeln, Strohsterne und -engel, alles was 50 Jahre Zufall und
Neigung an Dekorationsstücken herbeigeschwemmt hat und dann, zum krönenden
Ende, eine Abschlussgarnitur von siberne Lametta-Ketten verwandeln den
Tannenbaum in eine, vieleicht objektiv betrachtet geschmackloses, aber für
meine Familie weihnachtstaugliches und freudeerregendes Glitzermonstrum.
I love Weihnachten. And a very happy Christmas to all of you!
Wiki sagt:
O Tannenbaum geht auf den Text des von Melchior Franck verfassten
schlesischen Volksliedes Ach Tannenbaum aus dem 16. Jahrhundert zurück.
Georg Büchmann gibt in seinen Geflügelten Worten mit dem Lied Es hing ein
Stallknecht seinen Zaum eine noch ältere Quelle an. In diesem Lied war bereits
zwischen 1550 und 1580 die folgende Strophe enthalten:
O Tanne, du bist ein edler Zweig
Du grünest Winter und die liebe Sommerzeit
Wenn alle Bäume dürre sein
So grünest du, edles Tannenbäumele
Zum Weihnachtslied wurde es erst, nachdem der Leipziger Lehrer Ernst
Anschütz (1780–1861), unter Beibehaltung von Zarnacks erster Strophe, 1824 die
heute bekannten Verse zwei und drei hinzufügte. In denen ist nur noch vom Baum
die Rede. Das Aufstellen von Tannen als Weihnachtsbäume war inzwischen ein
Brauch zum Fest geworden. Die zweite Zeile des Liedes hieß ursprünglich
„Wie treu sind deine Blätter“, da das Liebeslied einen Kontrast zwischen der Treue
des Baumes und der Untreue der Geliebten bildete. Auch in Anschütz’ Weihnachtslied
blieb das zuerst unverändert, jedoch wurde der Text „Wie grün sind deine Blätter“ im
20. Jahrhundert besser bekannt.Die Melodie ist eine seit dem 16. Jahrhundert
bekannte Volksweise, die unter anderem als Es lebe hoch der Zimmermanns-
geselle schon vor 1799 gesungen wurde und ebenfalls als Studentenlied
Lauriger Horatius populär war.Wegen der Bekanntheit des Liedes und der
relativen Einfachheit der Melodie wurden oft andere Texte zu der Melodie
gedichtet. Bekannt wurde zum Beispiel nach der Abdankung von Kaiser Wilhelm II.
1918 eine Version mit Zeilen wie „O Tannenbaum … der Kaiser hat in’ Sack
gehaun“ oder die Schülervariante „O Tannenbaum … der Lehrer hat mich blau
gehaun …“. Von O Tannenbaum existieren Liedtexte in vielen anderen Sprachen.
Ein Lied der Internationalen Arbeiterbewegung namens Die Rote Fahne, die seit
1939 offizielle Hymne des amerikanischen Bundesstaates Maryland, Maryland,
My Maryland und das Sinnbildslied von Nankai-Gymnasium und -Universität
(Tianjin, VR China) verwenden diese Melodie. Der Fangesang „We’ll keep the blue
flag flying high“ des englischen Fußballvereins FC Chelsea wird zu dieser