Freitag, 3. Dezember 2010

In eigener Sache



Seit einem Monat schreibe ich einen Blog. Er heißt "Theaterliebe" und das ist sein Thema. Wobei alle verwandten Lieben auch ihren Platz finden.
Es ist mein erster Versuch, außerhalb von Programmheften Gedanken schriftlich zu formulieren. Und vielleicht in ein Gespräch zu geraten. Ich bin mir keineswegs sicher, daß das was ich schreibe wirklich interessant für jemanden außer mich selbst ist, aber ich will euch einladen euer eigenes Urteil zu fällen. Nicht lesen ist ok, abfällige Meinungen zu äußern ist auch ok, streiten, auffüllen, widersprechen, sogar zustimmen wäre phantastisch.
Ein Angebot, daß nicht angenommen werden muß. Aber ein Angebot. Vor lauter Finanzangst und Bürokratiehass kommen wir so selten dazu, uns über die eigentliche Lust dieses hochkomplizierten und existentiellen Liebesverhältnisses, dass wir täglich leben, zu verständigen, und das ist bedauerlich. Oder "fucked", wie der Ami sagen würde. Ein Angebot!
Johanna

P.S.

Das habe ich als Mail an einige Freunde verschickt, und wahrscheinlich weil ich mir dann doch zu wagemutig vorkam, dann vergessen den Link hinzuzufügen. Aber wenn ich das hier ernsthaft betreiben will, benötige ich Kritik, Zuspruch, 'Feedback'. Also link nachgeliefert, Risiko! Mich zum Narren zu machen, habe ich doch gelernt.

2 Kommentare:

  1. Ja, gut, hab ich das auf facebook gesehen und versuch mal mein Glück. Ich weiß nicht, ob das zum Thema passt, aber die Liebe zum Theater = die Liebe zum Text. Oder?

    Und da melde ich mich als Regieanfänger mal zu Wort. Harter Wiederstand, an allen Fronten, wenn ich mich bemühe, den Versuch zu starten, ein durchaus etabliertes Stück, nennen wir es jetzt einmal ganz fiktiv den FAUST von einem Herrn Goethe. Ich habe jetzt die Möglichkeit, einfach mal in einem gelben Heft nachzulesen, was da so steht. Und dann überlege ich mir, was mich interessiert. Ist es die Geschichte, von einem Mann, der alles versucht, um den Stein der Weisen zu finden und nebenher noch mal schön zu pimpern? Ist es die Geschichte, von einer jungen Frau, die, von Wünschen getrieben, sich einem Mann an den Hals wirft und in ihr Unglück rennt? Oder ist es die Geschichte von Macht, die ich ausüben kann und die mich aufgeilt? Egal was, das alles kann man im Text finden. Aber ist das originell? Wenn ich versuche, eine dieser Geschichten zu erzählen, war sicher schon jemand schneller.

    Und diese Geschichte hatte Ihre Zeit und Ihre Umstände. Faust würde heute die Grete ficken, die würde in einer Talk- Show weinen und Faust würde Videos auf youporn posten. Aber dann bringt sich die Grete doch nicht mehr um.

    Also renne ich dem einem unnötigem Ergeiz hinterher:
    Ich darf in keinem Fall diese Geschichte erzählen. Ich brauche ein Konzept. Was mach ich nur mit dieser Geschichte? Grete im lesbischem Springreitermilieu? Faust als Zuhälter? Mephisto als Popstar? Sicher findet man für jede Übertragung einen Grund. Aber warum muss ich Dramaturgien zerstören? Warum Goethe verbessern? Die Frage, was geht mich das an, ist sehr richtig. Aber doch bitte nicht um jeden Preis. Und vor allem nicht auf Kosten des Stückes. Darf man nicht mal ein Stück proben, um eine Geschichte zu erzählen? Darf ich Fragen: „Wie erzähle ich diese Geschichte“ Ist das nicht Konzept genug?

    Genug Theater wird zerstört, indem der Mephisto Grundlos durch einen Tänzer ersetzt wird, dann muss die Grete behindert sein und den Faust gibt es nur als Chor.

    Was aber, wenn man nach der Geschichte fragt. Und von der anfängt? Man darf sich ja entfernen, aber bitte von dem, was man verstanden hat. Ein Konzept ist noch keine Idee vom Stück. Erst das Stück bringt die Idee. Ich bin nicht klüger, als Schiller oder Goethe. Und werde sie nicht verbessern. Aber ich kann versuchen, sie mit Sprache zu erzählen. Ich muss mir kein Stück aussuchen, dass ich schlecht finde. Also bitte, liebe Regisseure, liebt eure Stücke und erzählt deren Geschichten.


    Sebastian Schachtschneider

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  2. Anstatt einer eigenen Antwort zitiere ich Herrn Franz Wille, hätte ich auch nicht gedacht, dass ich mal dem Theater heute zustimme. #12 Dezember 2010 S.18/19 über: "Eszter Solymosi"
    "Wesentlich sperriger als die Vertreter eines Theaters der reinen Gegenwart, die ihre Texte bis zur Unkenntlichkeit überschreiben, krallt sich dagegen ein seltsamer Abend ... des Schauspiels Hannover ins Gedächtnis. ... Kornél Mundruczó erzählt die alte Geschichte ganz unkompliziert und detailgenau als historischen Kriminalfall. Ohne jeden Rekonstruktionsanspruch, aber auch ohne weitere Ambition, irgendwelche zeitgenössische Regie-Brücken zu schlagen - was auch gar nicht nötig ist, denn die Zuschaueraugen und -köpfe sind automatisch von heute. ... Ähnlich - und doch ganz anders - hatte schon Dimiter Gotscheff 2006 seine legendäre "Perser"-Inszenierung am Deutschen Theater entwickelt: Eben gerade keine naheliegende Express-Parallele vom größenwahnsinnigen Feldherrn Xerxes zum damaligen Afghanistan-Eroberer Bush, wie sie Stefan Pucher denn auch ein Jahr später in Zürich nachlieferte. Sondern ein vorsätzlich fremder Abend... Wenn das Verstehen nach einigen Widerständen aber erst einmal in Gang kommt, lässt es sich so schnell nicht wieder abschalten - und man zieht Parallelen zum amerikanischen Präsidenten und anderer Großmannssucht ganz von selbst. Mit dem entscheidenden Unterschied, dass man bei Pucher als Zuschauer nur nachvollziehen darf, was der Regisseur vorgedacht hat, während bei Gotscheff jeder selbst zum Schlussfolgern gebeten wurde. Nicht nur die mündigere, auch die wesentlich kurzweiligere Variante."

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