Ich glaube mich zu erinnern, dass ich kürzlich einen lobenden Text über die Deutsche Bahn verfasst habe. Jetzt folgt noch einer.
Wie es begann: Ich wollte nach Ingolstadt. Mit der Bahn. Es ist Winter.
4 Stunden Hauptbahnhof Berlin und eine Reihe von interessanten An-und Aussagen später - "Da der Zug heute immerhin 70 Minuten Verspätung hat, fährt er nur bis Leipzig." oder "Wir warten nur noch auf unser Zugpersonal und können keine Angaben zur Abfahrtszeit machen." oder "Nein, der Zug über Göttingen kommt erst in einer Stunde, und der über Nürnberg fährt von Gleis 2 - Ups, jetzt ist er weg!" sitze ich immer noch in Berlin, ABER ich habe zwei Romane gelesen, den zweiten dann im Bett, weil ich so durchgefroren war.
Der eine: "The Filmclub" von David Gilmour (in deutsch"Unser allerbestes Jahr", was haben deutsche Verlage und Verleihe doch für ein feines Talent bei Titelerfindungen!), ein kleines Buch über den Versuch eines Vaters seinem Sohn den Weg durch die Pubertät zu erleichtern. Der sechzehnjährige Sohn versagt in der Schule, fängt an zu lügen und zu saufen - der Vater schlägt ihm einen Handel vor, der Sohn darf die Schule schmeißen, wenn er mit dem Vater dreimal in der Woche einen Film anschaut. Der Sohn willigt ein und sie gucken Filme. Wild durch die Filmgeschichte mit kleinem Einleitungsvortrag des Vaters, und danach muß der Sohn einen Satz zu dem Film formulieren, wirklich nur einen Satz. Der Autor ist Kanadier, was seinen Hang zur höflichen Formulierung erklärt, aber er hat auch eine Gelassenheit im Denken, die mir zwar fremd, aber auch sehr angenehm ist.
Das zweite Buch: "One Day" ("Zwei an einem Tag" Siehe oben) von David Nicholls, one day kann übrigens sowohl 'ein Tag', als auch 'eines Tages' heißen, ein wunderbare Geschichte für Leute über 40. Klingt schauderhaft, ist es aber keineswegs. Zwei Menschen schlafen 1988 fast miteinander und werden Freunde und für jedes Jahr werden die Ereignisse des Jahrestages dieses ersten Treffens erzählt, die Ereignisse des 15.Juli. Es gibt eine Szene, wo der Mann sein Kind für einen Abend hütet und zunehmend betrunken versucht, das weinende Baby zu beruhigen. Das ist so trocken (haha) und detailliert beschrieben, dass ich das Ende des Kapitels vor-lesen musste, weil ich panisch wurde, es könnte etwas Schreckliches passieren.
Also zum Fazit, die deutsche Bahn hat es mir ermöglicht, zwar meinen Termin in Ingolstadt zu verpassen, aber dafür zwei Romane zu lesen. Es lebe die deutsche Bahn! Und wenn ich morgen früh um 5.45 Uhr wieder nicht wegkomme, erschlage ich einen Bahnangestellten und kann dann im Gefängnis ganz viel lesen!
Damit gibst Du Goethe und der Deutschen Bundesbahn recht: Reisen bildet.
AntwortenLöschen