Sonntag, 26. Oktober 2014
Theaterwohnung 5 - Freundschaft aus der digitalen Ferne
Ich bin gerade jetzt wirklich mehr als gut dran. Habe spannende Arbeit, leidenschaftlich interessierte und obendrauf noch freundliche Mitarbeiter und gerade hier eine mehr als gute Unterkunft - eine Wohngemeinschaft für zwei mit zusätzlichem Wohnzimmer, funktionstüchtigem Fernseher, den die Requisite vor Jahren bereit gestellt hat und - und einer Waschmaschine! Keine nächtlichen Wanderungen vom Wohnort ins Theater zu verlassenen Kostümabteilungen für Waschgänge und Trockner. Ich wasche, wann ich will. Bügle, wann ich muß. Und einmal in der Woche kommen auch noch die gründlichen Putzkräfte des Theaters vorbei und säubern.
Luxus!
Alles ist gut. Nur eines fehlt, Augenkontakt.
Freischaffend und meiner Arbeit hinterherwandernd, heißt, dass ich ein Dreiviertel eines jeden Jahres in Theaterwohnungen deutscher Stadttheater verbringe. Manche sind grässlich, manche, wie die jetzige, warm und wohnlich, aber, was immer fehlt, sind die Augen, Hände, Münder ... meiner Freunde.
Skype, Facetime, Facebook, Mail und das altmodische Telefonieren sind unzulängliche Krücken, insbesondere in deutschen Landen, die, trotz hohem Stand in der Weltwirtschaft, den Ausbau des Internetzes betreiben, wie ein Schweizer Almbauer die Veränderung seiner jahrhundertealten bewährten Käserezeptur. Jeder Fischladen in Island bietet Wlan, in Heilbronn muß ich Beziehungen nutzen, um den Zugangscode für eins der hiesigen Cafes zu ergattern.
Aber so oder so kann selbst die perfekteste Internetverbindung keinen mittelguten Kaffee an einem wackelnden Plastiktisch samt armseliger Blumengarnitur und echtem, undigitalisierten Gesicht gegenüber ersetzen.
A wird gesagt, B wird geguckt. Die Schultern ziehen nach oben oder unten. Hände sind weich und entspannt oder tippeln nervös an der Tasse. Meine Nase reagiert.
Und am Telefon kann man nicht durcheinander sprechen. Eine Unterbrechung geht verloren oder verliert, das, was sie unterbrochen hat, kein wahrer Dialog, eher zwei Monologe in Synchronisation.
Ich vermisse meine Freunde, den unterdrückten Raucherhusten, die kleinen geliebten Augenfalten, Hände, die mit mir altern und ich vermisse, die ungeordneten beglückenden Duette, die wir singen.
Freitag, 24. Oktober 2014
Antigone 5 - Wer ohne Sünde ist...
Den Hochverräter Polyneikes,
Werft unbestattet vor die Mauern dieser Stadt!
Und wer es wagt, wer heimlich diesen Leichnam schmückt
Und
deckt mit frischer Erde, wird gesteinigt!
Die Steinigung ist eine jahrtausendealte Art der Hinrichtung. Ein Mensch wird bis zur Hüfte oder unter die Brust eingegraben und durch Steinwürfe auf Kopf und Oberkörper getötet. Wiki
In Syrien wurde vor wenigen Tagen eine junge Frau wegen Ehebruchs zum Tod durch Steinigung verurteilt. Ihr Vater verweigerte ihr die Verzeihung vor dem Tod. Er sprach, so hat man es mir erzählt, ganz kühl, entschieden und hat dann endgültig Nein gesagt, die junge Frau zeigte dabei keine erkennbare Reaktion. Diese Szene und die anschließende Steinigung kann sich man als Video ansehen. Wenn man kann oder will. Ich konnte es nicht und will es nicht.
Unser altes Stück ist also nicht einmal in den Details so alt. Schrecklich. Unbegreiflich. Unerträglich.
Wer ohne Sünde ist
werfe den ersten Stein
hatte Jesus gesagt
und alles blickte zu Boden
Nur eine kleine zähe
Frau in den besten Jahren
bückte sich wütend
und nahm einen Stein und warf ihn
Nach der Steinigung
als alles zurück in die Stadt ging
sagte Jesus zu ihr:
Mutter du kotzt mich an
Erich Fried
Hämon, der Sohn des Kreon, versucht mit fast übervorsichtigen Worten seinen Vater davon abzubringen, seine Verlobte Antigone hinrichten zu lassen. Der Vater wird zornig, fühlt sich vom Sohn verraten, verläßt die Bühne und kommt mit einem Eimer voller Steine zurück, den er schweigend ausschüttet, einen Stein aufhebt und dem Sohn in die Hand drückt.
KREON:
Holt die Verworfene! Dass sie ihm gleich
Vor Augen stirbt, in Gegenwart des Bräutigams!
HAIMON:
Vor meinen Augen sterben wird sie nicht,
Und niemals wirst du mich mit deinen Augen
wiedersehen!
Später wird er die Strafe auf Einmauern und Verhungern "reduzieren".
Donnerstag, 23. Oktober 2014
Und plötzlich bricht der Herbst herein - Van Gogh malt Regen
Noch am vorigen Sonntag wanderte ich bei wunderbaren fünfundzwanzig Grad Celsius, mein vorsorglich angezogenes wärmendes Unterhemd murmelnd verfluchend, schwitzend durch sonnenüberflutete Heilbronner Strassen.
Gestern und heute waren dieselben Gehwege kalt, nass, bleigrau und johanna - unfreundlich. Das es unterschiedliche Jahreszeiten gibt, ist mir bekannt, aber der Plötzlichkeit des Wechsels fühle ich mich nicht gewachsen. Auf der Bühne liebe ich harte Brüche, nur beim Wetter hätte ich es lieber weicher, vorhersehbarer. So, dass ich mich vorbereiten kann. Regen, kalter Wind. Feuchtigkeit, die sich langsam aber unaufhaltbar durch auftragende und unkleidsame Schutzschichten in Richtung meiner nicht mehr taufrischen Knochen vorarbeiten, empfinde ich als Aggressoren. Herbst muß sein und er hat seine eigene gloriose Schönheit, aber vielleicht könnte er sich etwas mehr meinem Tempo anpassen?
Im Regen 1882
Sämann im Regen 1888
alle Bilder © Vincent van Gogh
Mittwoch, 22. Oktober 2014
Die Distel - schön stachelig
Bedecke deinen Himmel, Zeus,
Mit Wolkendunst!
Und übe, Knaben gleich,
Der Disteln köpft,
An Eichen dich und Bergeshöhn!
Barbara Regina Dietzsch
1706-1783
Malerin und Zeichnerin
aus Nürnberg
Stachel-Eselsdistel mit Insekten
DIE DISTEL
Du bist als wie ein Distelkraut,
Das sticht den, der es bricht,
Und wer da Blumen pflücken geht,
Die Distel nimmt er nicht.
Was hilft die schönste Blume mir,
Kann sie nicht werden mein,
Was hilft das schönste Mädchen mir,
Schlaf ich des Nachts allein.
Ein Mädchen, das nicht lieben will,
Kein einer nach ihr sieht,
Es steht da wie ein Distelkraut,
Das ungepflückt verblüht.
Ein Mädchen, das kein Lieben kennt,
Das bleibt die Nacht allein,
Die eine Nacht, die andre Nacht,
Im dustren Kämmerlein.
DIE DISTEL
Du bist als wie ein Distelkraut,
Das sticht den, der es bricht,
Und wer da Blumen pflücken geht,
Die Distel nimmt er nicht.
Was hilft die schönste Blume mir,
Kann sie nicht werden mein,
Was hilft das schönste Mädchen mir,
Schlaf ich des Nachts allein.
Ein Mädchen, das nicht lieben will,
Kein einer nach ihr sieht,
Es steht da wie ein Distelkraut,
Das ungepflückt verblüht.
Ein Mädchen, das kein Lieben kennt,
Das bleibt die Nacht allein,
Die eine Nacht, die andre Nacht,
Im dustren Kämmerlein.
Hermann Löns
1866-1914
Nach nur knapp einem Monat Kriegsdienst fiel Hermann Löns im September 1914,
vermutlich durch Herz- oder Kopfschuss, bei seinem ersten Sturmangriff
gegen französische Truppen.
Wiki
Kurzer interessanter Artikel über den umstrittenen "Heimatdichter":
Mariendistel
DISTELN
Gegen die Gummizungen der Kühe und die hackenden Hände der Menschen
Zerspießen Disteln die Sommerluft
Oder öffnen sich berstend unter blauschwarzem Druck.
Jede ein rachsüchtiger Ausbruch
Von Auferstehung, eine Hand, im Griff
Zersplitterte Waffen und isländischen Frost, empor getrieben
Aus dem unterirdischen Schmutzfleck eines verfaulenden Wikingers.
Sie sind wie blasses Haar und mundartliche Kehllaute.
Jede erzeugt eine Fahne von Blut.
Dann wachsen sie wie Männer.
Niedergemäht, es ist ein Krieg. Ihre Söhne erscheinen,
Waffengepanzert, weiterkämpfend um den selben Grund.
THISTLES
Against the rubber tongues of cows and the hoeing hands of men
Thistles spike the summer air
Or crackle open under a blue-black pressure.
Every one a revengeful burst
Of resurrection, a grasped fistful
Of splintered weapons and Icelandic frost thrust up
From the underground stain of a decayed Viking.
They are like pale hair and the gutturals of dialects.
Every one manages a plume of blood.
Then they grow grey like men.
Mown down, it is a feud. Their sons appear,
Stiff with weapons, fighting back over the same ground.
Ted Hughes Wodwo 1967
Linearübersetzung: ich
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DISTELN
Gegen die Gummizungen der Kühe und die hackenden Hände der Menschen
Zerspießen Disteln die Sommerluft
Oder öffnen sich berstend unter blauschwarzem Druck.
Jede ein rachsüchtiger Ausbruch
Von Auferstehung, eine Hand, im Griff
Zersplitterte Waffen und isländischen Frost, empor getrieben
Aus dem unterirdischen Schmutzfleck eines verfaulenden Wikingers.
Sie sind wie blasses Haar und mundartliche Kehllaute.
Jede erzeugt eine Fahne von Blut.
Dann wachsen sie wie Männer.
Niedergemäht, es ist ein Krieg. Ihre Söhne erscheinen,
Waffengepanzert, weiterkämpfend um den selben Grund.
THISTLES
Against the rubber tongues of cows and the hoeing hands of men
Thistles spike the summer air
Or crackle open under a blue-black pressure.
Every one a revengeful burst
Of resurrection, a grasped fistful
Of splintered weapons and Icelandic frost thrust up
From the underground stain of a decayed Viking.
They are like pale hair and the gutturals of dialects.
Every one manages a plume of blood.
Then they grow grey like men.
Mown down, it is a feud. Their sons appear,
Stiff with weapons, fighting back over the same ground.
Ted Hughes Wodwo 1967
Linearübersetzung: ich
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Und zu Adam sprach er: Dieweil du hast gehorcht der
Stimme deines Weibes
und hast gegessen von dem Baum, davon ich dir gebot und sprach: Du sollst
nicht davon essen, verflucht sei der Acker um deinetwillen, mit Kummer sollst
du dich darauf nähren dein Leben lang. Dornen und Disteln soll er dir tragen,
und sollst das Kraut auf dem Felde essen.
und hast gegessen von dem Baum, davon ich dir gebot und sprach: Du sollst
nicht davon essen, verflucht sei der Acker um deinetwillen, mit Kummer sollst
du dich darauf nähren dein Leben lang. Dornen und Disteln soll er dir tragen,
und sollst das Kraut auf dem Felde essen.
Moses 3/17
Montag, 20. Oktober 2014
Herbst - Äpfel - Geruch - Wohligkeit
DAS WUNDERBARSTE HERBSTESSEN:
APFELBEIGNETS
2-3 Äpfel, am besten Granny Smith oder Cox,
schälen, entkernen und in Scheiben schneiden
schälen, entkernen und in Scheiben schneiden
Und für den Backteig:
1 Tasse Milch
1 1/3 Tassen Mehl
2 Eier
1 TLZucker
1 TL Rum
Prise Salz
verrühren, bis der Teig glatt ist,
dann die Apfelscheiben eintauchen und
in heißes, schwimmendes Fett geben.
Servieren mit
Sabayon Sauce.
Dafür 4 Eigelb,
eine ¾ Tasse Zucker
mit einer ¾Tasse Apfelschnaps und
einer ¾Tasse Apfelsaft mischen,
in einem Topf über heißem Wasser schlagen, bis die Masse dick wird,
vom Herd nehmen und weiterschlagen, bis die Sauce abgekühlt ist.
O lieblicher Apfel!
herrlich und völlig
verfault,
kaum versehrte Gestalt –
herrlich und völlig
verfault,
kaum versehrte Gestalt –
höchstens am Stiel
ein wenig geschrumpft doch sonst
bis ins Kleinste
vollkommen! O lieblicher
ein wenig geschrumpft doch sonst
bis ins Kleinste
vollkommen! O lieblicher
Apfel! wie satt
und feucht der Mantel aus Braun
auf jenem un-
angetasteten Fleisch! Niemand
und feucht der Mantel aus Braun
auf jenem un-
angetasteten Fleisch! Niemand
hat dich geholt
seit ich dich auf das Geländer setzte
vor einem Monat, damit
du reif werdest.
Niemand. Niemand!
seit ich dich auf das Geländer setzte
vor einem Monat, damit
du reif werdest.
Niemand. Niemand!
William Carlos Williams
Übersetzung: Hans Magnus Enzensberger
AIDS - eine Geschichte in Photographien - David Kirby & Peta
Wir vergessen. Und das ist gut so, geradezu eine Gnade, es ist aber auch unsere größte Gefährdung. Wir vergessen.
1990 veröffentlichte das amerikanische LIFE Magazin eine ungewöhnliche Photographie.
Eltern nehmen Abschied von ihrem sterbenden Kind.
Peta, der Pfleger des AIDS-Erkrankten David Kirby bat Therese Frere, eine Photographie-Studentin, diesen Moment festzuhalten.
David Kirby stammte aus Ohio und starb 1990 im Kreis seiner Familie als Patient des Pater Noster Hauses in Columbus, Ohio, an AIDS. Peta war sein Pfleger, selbst HIV infiziert, und sollte nur zwei Jahre später derselben Krankheit zum Opfer fallen.
1991 nutzte die Firma Benetton dieses Photo in einer Werbekampagne. Die eine Seite hasste sie, weil sie die Opfer der Seuche verherrlichte, die andere, weil sie diese zu mißbrauchen schien, Davids Eltern waren froh, weil die Werbeplakate an David erinnern würden, und an die Krankheit, die ihn tötete.
Als ich meiner Tochter, so um 1992 herum, auf ihre neugierigen Fragen hin, die Schönheiten der Sexualität erklären wollte, mußte ich den Tod in dieses Gespräch einbringen.
Ein schrecklicher Moment.
Genuß und Tod, plötzlich ein untrennbares, doch auch unvereinbares Paar.
1990 & 1992
1 David Kirbys Totenbett. 1990
2 Bill Kirby versucht, seinen sterbenden Sohn David zu trösten, 1990.
3 David Kirbys Mutter, Kay, hält ein Photo ihres Sohnes, bevor AIDS ihn überwältigte.
4 Peta in der Pine Ridge Indian Reservation, Juli 1991
5 Peta im Pater Noster House, 1992.
1, 2, 4 & 5 © Therese Frare
3 © Art Smith
3 © Art Smith
Sonntag, 19. Oktober 2014
Franz Werfel - Ballade von Wahn & Tod
bALLADE vON wAHN uND tOD
Im großen Raum des Tags, -
Die Stadt ging hohl,
Novembermeer, und schallte schwer,
Wie Sinai schallt. Vom Turm
geballt
Die Wolke fiel. — Erstickten
Schlags
Mein Ohr die Stunde traf,
Als ich gebeugt saß über
mich zu sehr.
Und ich entfiel mir, rollte
hin, und schwankte da auf einem Schlaf.
Wie deut’ ich diesen Schlaf,
-
Wie noch kein Schlaf mich je
trat an, da ich verrann
In Dunkelheit, als mich eine
Zeit
In mein Herz traf?
Und als ich kam empor,
In Traum auftauchend
Atemgang begann.
Trat ich in mein vergangnes
Haus, in schwarzen Flur durchs winterliche Tor.
Nun höret, Freunde, es!
Als ich im schwarzen Tage
stand, schlug mich eine leichte Hand.
Ich stand gebannt an kalter
Wand.
O schwarzes, schreckliches
Gedenken, da ich ihn nicht
fand,
Den Leichten, der mich so
ging an
Und mich im schwarzen Tag
des Tors geschlagen leicht mit seiner leichten Hand.
Es fügte sich kein Schein,
Und selbst das kleine
schnelle Licht, das sich in falsche Rosen flicht,
Und unterm Bild vergeht und schwillt,
Das kleine Licht ging ein.
Es trat kein schwarzer Engel
vor,
Kein Schatten trat, kein
Atem trat aus dem kalten Stein!
Doch hinter mir in meinem
Traum, aufschluchzend kaum versank das Tor.
Und auch kein Wort erscholl.
Doch ganz mit meiner Stimme
rief ein Wort in meinem Orkus tief.
Und wie am Eichenort ein
Blatt war ich verdorrt.
Weh, trocken, leicht und
toll
Fiel ich an mir herab und
fuhr in Herbst und großem Stoß.
Mich nahm ein Wort und Wind
mit fort,
Das Wort, das durch mich
stieß, das Wort mit dreien Silben hieß,
das Wort hieß: rettungslos.
das Wort hieß: rettungslos.
O letzte Angst und Schmerz!
O Traum vom Flur, o Traum
vom Haus, aus dem die Frau mich führte aus!
O Bett im Dunkel
aufgestellt, auf dem sie mich entließ zur Welt.
Ich stand in schwarzem Erz,
Und hielt mein Herz und
konnte nicht schrein,
Und sang ein — Rette mich —
in mich ein.
Der Raum von Stein baute
mich ein. Ich hörte schallen den Fluss und fallen,
den Fluss: Allein.
den Fluss: Allein.
Und da es war also.
Tat sich mir kund mein
letztes Los, und ich stieg auf aus allem Schoß.
Im schwarzen Traum vom Flur
zerriss und klang die Schnur.
Und ich erkannte so,
Warum da leicht und fein die
Hand mich schlug,
Die schwach an meine Stirne
fuhr,
Und meinen Gang geheim
bezwang, dass ich nicht wankte mehr,
und kaum mich selber trug.
und kaum mich selber trug.
Und als ich ihn erkannt,
Den Augenblick, der mich
trat an, da war ich selbst der andre Mann,
Und der mir hart gebot, ich
selber war mein Tod.
Und nahm mir alles
unverwandt,
Und wand es fort aus meiner
Hand und hielts gepackt -
Genuss und Liebe, Macht und
Ruhm und jammernd die Dichtkunst zuletzt.
Und stand entsetzt und
ausgesetzt und ohne Wahn und aufgetan und völlig nackt.
O Tod, o Tod, ich sah
Zum erstenmal mich wahrhaft
sein, mich ohne Willen, Wunsch und Schein,
Wie Trinker nächtlich spät
sich gegenüber steht.
Er lacht und bleibt sich
fern und nah
Ich stand erstarrt in erster
Gegen - Wart allein zu zwein.
(Ach, was wir sagen lügt
schon, weil es spricht)
Ich fand mich, ohne Wahn
mich sein, und starb in mein Erwachen ein.
Im großen Raum des Tags
Hob ich mein Haupt auf aus
dem Traum, und sah auf meinen Fensterbaum.
Die Stadt ging hohl,
Novembermeer, und schallte schwer,
Der Himmel glühte noch kaum.
Ich aber ging hinab mit
großem Haupt und Hut,
Und ging durch Straßen,
rötliches Gebirg und Pass . . .
Mein Haupt vom Traum umlaubt
noch. Ging mit dumpfem Blut.
Ich ging, wie Tote gehn,
Ein abgeschiedner Geist,
verwaist und ungesehn.
Ich schwebte fern und kühl
durch Heimkehr und Gewühl,
Sah Kinder rennen und sah
Bettler stehn.
Ein Buckliger hielt sich den
Bauch, und eine Greisin schwang den Stock
und schrie,
und schrie,
Leicht eine Dame lächelte.
Ein Mädchen küsste sich die Hand . . .
Und ich verstand, was sie
verband, und schritt in großer Alchimie.
The Little Shop of Horrors - Der Kleine Horrorladen
Eines der schlimmsten Dinge, die du tun kannst, ist, mit einem kleinen Budget einen Film machen zu wollen, der irgendwie groß aussieht. Auf die Art endest du mit sehr schlechter Arbeit.
One
of the worst things you can do is have a limited budget and try to do
some big looking film. That's when you end up with very bad work.
Roger Corman
Das gilt auch für Musicals!
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Heute Abend habe ich "Der Kleine Horrorladen" im Theater Heilbronn besucht, sorgsam in Szene gesetzt von Jasper Brandis & mit Begeisterung und unterschiedlichst ausgebildeten Stimmen dargeboten von den Schauspielern des Heilbronner Ensembles, ein gutes Musical ohne trainierte Musical Darsteller, vielleicht nicht perfekt gesungen, aber dafür ernsthaft und lustvoll angeboten, genau so, wie ich es mag.
Die außerirdische Pflanze - Feed me!
Musicals mag man, oder mag sie eben nicht. Meine Mutter, die von Herrn Hitler & friends gezwungen wurde, einen Großteil ihrer Kindheit & Jugend in Los Angeles aka Hollywood zuzubringen, hat mich früh & voll Liebe mit Musicals genährt. Ich kannte schon mit zwölf die unterschiedlichen Stile von Gene Kelly & Fred Astaire & und auch den Einfluss, den ihre verschiedenenen Tanzpartnerinnen auf sie hatten. Cyd Charisse macht Astaire angestrengt kunstvoll, während er sich mit Ginger Rogers, der ewigen Jungfrau, zu leichtsinniger Erotik verführen ließ. "42nd Street", "Kiss me Kate", "Chicago" & "West Side Story" habe ich mehr als einmal gesehen. Später habe ich dann im Eigenstudium weitergemacht, "Jesus Christ", "Godspell", Stephen Sondheims Meisterwerke &, allerdings nie wirklich begeistert, Andrew Lloyd Webbers Großproduktionen. Auch "Wicked" in New York, "Frühlingserwachen" als Musical ebenda , "Bloodbrothers" in London & "König der Löwen in Hamburg.
Ich mag gut gemachte Musicals! Gut, es ist gesagt.
Musik verkürzt den Reaktionsweg, denke ich, ohne den Umweg über das Gehirn, trifft sie, wenn es funktioniert, direkt den Bauch & erzeugt Gefühle. Im schlechten Fall, die allgemeinen, wabberigen, im besten wache und wachmachende.
Heute Abend wurde ich amüsiert. Kein existentielles Erlebnis, aber ich & 600 Schwaben hatten für heute Abend gute Laune.
Das Lied Skid Row aus der Verfilmung des Musicals von 1986
http://www.youtube.com/watch?v=1xPq6W1EoIc
Die Vorlage: "Der Kleine Horrorladen" 1960 mit dem Arbeitstitel "Der Leidenschaftliche Menschenesser" von Roger Corman wurde
in einer Nacht geschrieben, in zwei Tagen & einer Nacht gedreht & ist eine der erfolgreichsten Billigproduktionen überhaupt. DerFilm, ursprünglich in Schwarz/Weiß gedreht, wurde später koloriert.
http://www.youtube.com/watch?v=UhSP0ldQnuk
Roger Corman: ein leidenschaftlicher B-Picture Produzent & Regisseur, hat verblüffend vielen jungen & später enorm erfolgreichen Regisseuren & Schauspielern ihre ersten Arbeitschancen geboten, zum Beispiel: Ron Howard, Martin Scorsese, Francis Ford Coppola, Peter Bogdanovich, Jonathan Demme, Curtis Hanson, James Cameron Peter Fonda, Bruce Dern, Dennis Hopper, Rober De Niro & Jack Nicholson.
Die Augen! Die Augen! Es ist alles schon da und in völliger Unschuld!
Die mit Abstand beste Szene aus dem Film: ein blutjunger Jack Nicholson als masochistischer Zahnarztpatient.
http://www.youtube.com/watch?v=RAli9a8bbys
Samstag, 18. Oktober 2014
Antigone 4 - Im ächten Manne ist ein Kind versteckt das will sterben - Heiner Müller
Im ächten Manne ist ein Kind versteckt: das will spielen.
Friedrich Nietzsche Also sprach Zarathustra
Im ächten Manne ist ein Kind versteckt das will sterben
Heiner Müller Notiz
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IM TRAUMWALD
Heut nacht durchschritt ich einen Wald im Traum
Er war voll Grauen Nach dem Alphabet
Mit leeren Augen die kein Blick versteht
Standen die Tiere zwischen Baum und Baum
Er war voll Grauen Nach dem Alphabet
Mit leeren Augen die kein Blick versteht
Standen die Tiere zwischen Baum und Baum
Vom Frost in Stein gehaun Aus dem Spalier
Der Fichten mir entgegen durch den Schnee
Trat klirrend träum ich seh ich was ich seh
Ein Kind in Rüstung Harnisch und Visier
Im Arm die Lanze Deren Spitze blinkt
Im Fichtendunkel das die Sonne trinkt
Die letzte Tagesspur ein goldener Strich
Hinter dem Traumwald der zum Sterben winkt
Und in dem Lidschlag zwischen Stoß und Stich
Sah mein Gesicht mich an: das Kind war ich
HEINER MÜLLER
Little Boy, also Kleiner Junge, war der
Code-Name für den Typ Atombombe,
die am 6. August 1945 von einer
Boeing B-29 Superfortress Enola Gay
auf die japanische Stadt Hiroshima
geworfen wurde.
Freitag, 17. Oktober 2014
Vilhelm Hammershøi - Offene Türen, kein Ausweg
VILHELM HAMMERSHØI
geboren 1864 in Kopenhagen
gestorben 1916 in Kopenhagen
INNENANSICHTEN
Psalm 24/7 Luther 1912
Gedicht
tür auf
einer raus
einer rein
vierter sein
einer raus
einer rein
vierter sein
tür auf
einer raus
einer rein
dritter sein
einer raus
einer rein
dritter sein
tür auf
einer raus
einer rein
zweiter sein
einer raus
einer rein
zweiter sein
tür auf
einer raus
einer rein
nächster sein
einer raus
einer rein
nächster sein
tür auf
einer raus
selber rein
tagherrdoktor
einer raus
selber rein
tagherrdoktor
ernst jandl
Die Liebe
Die Liebe hemmet nichts; sie kennt nicht Tür noch Riegel
Und dringt durch alles sich;
Sie ist ohn Anbeginn, schlug ewig ihre Flügel
Und schlägt sie ewiglich.
Und dringt durch alles sich;
Sie ist ohn Anbeginn, schlug ewig ihre Flügel
Und schlägt sie ewiglich.
Matthias Claudius
Ick sitze da und esse Klops.
Uff eenmal kloppt's.
Ick sitze, kieke, wundre mir,
Nanu denk ick, ick denk nanu!
Jetzt is se uff erst war sie zu.
Und ick geh raus und kieke.
Und wer steht draußen?
Icke.
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