Montag, 23. Juni 2014

Der Heller & Schwäbisch Hall


Mit Pomade bezahlt den Franzosen sein König,
Wir kriegens alle Woche bei Heller und Pfennig.
Kotz Mohren, Blitz und Kreuz-Sackerment,
Wer kriegt so prompt wie der Preuße sein Traktament.

volkstümliche Ballade zw. 1813-1836
Georg Wilhelm Heinrich Häring aka Wilibald Alexis


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DER HALLER HELLER

     Die Gründung der königlichen Münzstätte in Schwäbisch Hall wird dem 
     Stauferkaiser Friedrich I. Barbarossa (1122-1190) zugeschrieben. Seinen 
     Geldbedarf deckte der Kaiser durch die Prägung eigenen Geldes. Dieser 
     "Heller" (= Haller Pfennig), eine kleine Münze aus dünnem Silberblech, 
     erreichte rasch eine weite Verbreitung. Grund hierfür war die schlechtere 
     Qualität, denn aus dem Einschmelzen und Umprägen älterer Münzen ließen 
     sich gute Profite machen.


 
     Die riesige Hellerproduktion brachte Schwäbisch Hall eine wirtschaftliche 
     Hochblüte. Die Bedeutung der Münze für die Stadt zeigt sich darin, dass die 
     Schultheißen schon auf den frühesten Siegeln drei Heller in ihrem Wappen 
     führten, eine Darstellung, aus der sich das heutige Stadtwappen entwickelte.
     Nach 1300 begann der Niedergang des Hellers, der nun auch andernorts 
     geprägt wurde. Es kam zu einer immer rascheren Verschlechterung. Am 
     Ende des 14. Jahrhunderts war die Münze zur kleinsten Einheit innerhalb 
     eines komplizierten Währungssystems herabgesunken. In dieser Zeit endete 
     auch die Prägung von Hellern in Schwäbisch Hall.

     www.schwaebischhall.de

     Der Heller (eigentlich Haller) ist eine frühere deutsche Kupfermünze vom 
     Wert eines halben Pfennigs, benannt nach der Stadt Hall in Schwaben 
     (heute: Schwäbisch Hall),wo etwa ab 1228 silberne Pfennige (Häller 
     Pfennige) geprägt wurden. Die Heller wurden allmählich so verschlechtert, 
     dass sie aufhörten, Silbermünze zu sein. Man unterschied weiße, rote und 
     schwarze Heller; auf den Reichsthaler rechnete man 576 Heller. In 
     Kurhessen wurde der Silbergroschen in 12 Heller eingeteilt, so dass der 
     Heller dem preußischen Pfennig gleich war. Dreiheller waren kupferne 1 
     1/2-Pfennigstücke, die im Sachsen-Gothaischen geprägt wurden.

     Ein Heller entsprach in etwa 1/2 Pfenning und hatte

     um 900 eine Kaufkraft von 5 Hühnern oder etwa 160 g. Getreide.
     Anhand unseres Umrechnungskurses eine Kaufkraft von ca. 15 Euro.

     http://www.mittelalter-server.de 


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AUF HELLER & PFENNIG

    Heller und Pfennig waren über lange Zeit sehr gebräuchliche Münzen von 
    überschaubarem Wert. Wer also etwas auf Heller und Pfennig zurückzahlt, 
    nimmt es wirklich sehr genau und bleibt nicht das Geringste schuldig.
    Dabei war der Heller ursprünglich eine gute, wenn auch kleine Silbermünze, 
    die seit Beginn des 13. Jahrhunderts unters Volk gebracht wurde. Heller hieß 
    das Ding, weil es vor allem in der Reichsmünzstätte (Schwäbisch) Hall 
    geprägt wurde. Gerade im süd- und westdeutschen Raum verdrängte der 
    kleine Heller im Alltag den größeren und schwereren Pfennig, mit dem sich 
    Kleinigkeiten nur schlecht bezahlen ließen. Im Laufe der Zeit verringerten die 
    Münzherren den Silbergehalt dieser Münze zum eigenen Vorteil immer
    weiter, so dass spätestens im unruhigen 17. Jahrhundert (30-jähriger Krieg) 
    der Heller keine Silbermünze mehr war, wie die rötliche Färbung auch 
    unverkennbar verriet.
    Noch älter als der Heller ist der Pfennig, der schon im 8./9. Jahrhundert 
    auftaucht. In den ersten Jahrhunderten seines Daseins war der Pfennig kein 
    Klimpergeld, sondern eine recht wertvolle Münze, die es in vielen 
    verschiedenen regionalen Ausprägungen gab. Der hohe Wert des Pfennigs 
    war im Alltag aber ein Problem. Wie etwas mit einem Pfennig bezahlen, das 
    nur einen drittel Pfennig wert war? Daher kamen bald kleinere Münzen mit 
    steigendem Kupferanteil wie der Heller auf. Aber auch vor dem Pfennig 
    machte die Münzverschlechterung nicht halt. Ähnlich dem Heller war er 
    Ende des 17. Jahrhunderts zur vergleichsweise wertlosen Kupfermünze
    verkommen.
    Immerhin hat sich der Pfennig im deutschsprachigen Raum länger gehalten 
    als der Heller. Während die Münzreform von 1873 den Heller aus dem 
    Deutschen Reich verbannte, war er in Österreich-Ungarn immerhin noch bis 
    1925 im Umlauf.

   
     www.redensarten.net 

    http://www.spiegel.de/spiegel/spiegelgeschichte/d-66214345.html
 
 

Sonntag, 22. Juni 2014

HAMLET 2 - Willst du Krokodile essen?



Wieder ein Widerhaken.

Der dänische Prinz Hamlet erfährt von einem Geist, einer "Gestalt", einem "Ding" seinem toten Vater ähnelnd, dass sein Onkel, nun sein Stiefvater, seinen Vater getötet haben soll. 

Was tut er daraufhin?

Er gibt vor verrückt zu sein, ironisiert sich bösartig durch einige Dialoge mit Polonius und dem verdächtigten König-Onkel, gibt altklug vorlauten Laien-Schauspielunterricht, aber neidet den nur ihre Arbeit tuenden Schauspielern, die Glaubhaftigkeit ihrer gespielten Emotionen und beklagt den eigenen Mangel an tiefen, echten Gefühlen, für die er doch eigentlich Anlass genug hätte. 
HAMLET.
Was ist ihm Hekuba, was ist er ihr,
Dass er so weint um sie? Was würd' er tun,
Hätt' er den Grund und Ruf zur Leidenschaft
Wie ich?

Er macht Ophelia, seine Ferien-in-Helsingör-Liebe, fertig, weil sie nicht ehrlich genug ist, und verlangt von ihr lebenslange Abstinenz, dasselbe verlangt er später von seiner Mutter, nunmehr Ehefrau des Vaterbruders.
Er schreibt ein Theaterstück und nutzt die Reaktionen der Zuschauer als Beweise ihrer Missetaten. Kurze Zeit später ersticht er den Lauscher Polonius, der nichts mit dem vermuteten Mord an seinem Vater zu tun hat, und kann auf die Frage "Was hast du getan?" nur mit "Ich weiß es nicht!" antworten.
Zwischenspiel: Abfahrt nach England, Rosenkranz & Güldenstern, die ihn umbringen sollen, werden von ihm in den Tod geschickt, es folgt die Rückkehr nach Dänemark.
Und------und------und------Ophelia, seine kleine Liebe und Tochter des abgestochenen Polonius, hat sich umgebracht, ertränkt.
Ihr Bruder, nunmehr Waise und schwesternlos trauert an ihrem Grab. Und hier kommt es zu einer der merkwürdigsten Szenen, des an Irritationen reichen Stückes:

HAMLET ins Grab springend.

             Wer ist der, dessen Schmerz
So hohen Tons erklingt? – Dies bin ich,
Hamlet der Däne.
LAERTES.
                  Hol' der Teufel dich!
HAMLET.
Ich bitte, lass die Hand von meiner Kehle!
Denn wenn ich auch nicht jäh und heftig bin,
Hab' ich doch was Gefährliches in mir.
KÖNIG.
Werft Euch dazwischen!
KÖNIGIN.
                        Hamlet! Hamlet!
HAMLET.
                                       Ich liebte
Ophelia; vierzigtausend Brüder hätten
Mit ihrer ganzen Liebe  doch die Summe
Der meinen nicht erreicht. Was willst du tun
Für sie?
KÖNIG.
        O, er ist toll, Laertes.
KÖNIGIN.
                  Um Gottes willen, schont ihn!
HAMLET.

Zum Henker, zeig' mir, was du für sie tun willst:
Willst weinen? Fechten? Fasten? Dich zerreißen?
Willst Wolfsmilch trinken? Krokodile essen?
Ich tu es. – Kommst du um zu winseln her?
Durch eine Sprung ins Grab mich zu verblüffen?
Lass dich mit ihr begraben, ich tu's auch.
Ich prahl' so gut wie du.

Was ist das? 
Er wirft dem trauernden Bruder die Tiefe seiner Verzweiflung vor, spricht ihm das Recht daran ab, nimmt es für sich in Anspruch. Aber er klingt unwahr. "Ich prahl' so gut wie du."
Der Kerl macht mich irre, kirre. Er ist nicht zu fassen, auch weil er selbst nicht weiß, was er fühlt, fühlen soll. 

Ich lese über politische Ungeheuerlichkeiten in Zeitungen, im Internet, ich höre unfaßbare Nachrichten im Fernsehen und im Radio und suche in mir nach der entsprechenden Reaktion. Fünfzehn Spendenaufrufe liegen im Email-Ordner, zehn Bettler auf hundert Meter Fußweg bitten um Hilfe, die Obdachlosenzeitung der jeweiligen Stadt wird mir angeboten und ich suche in mir nach dem notwendigen, anständigen Mitgefühl, bemerke, dass ich Ausreden finde, mich distanziere.

Ich will kein Arschloch sein, aber die Gefährdung ist da, jeden Tag.



Godot schreibt, 
"Verspäte mich, Smiley mit Stirnrunzeln , Smiley mit Zwinkerauge ."

Donnerstag, 19. Juni 2014

Ups! - Überraschungsgast



Kennt ihr das? Alles ist gut, keinerlei weltbewegende Konflikte. Und plötzlich schaut die völlige Verlassenheit mir für einen Moment kalt und fragend ins Auge. Uneingeladen. Dauert vielleicht nur Minuten. Ich bleibe tief erschrocken und außer Fassung zurück. Es geht vorbei. 

Frühling
Fresko in Stabiae 1. Jahrhundert nach Christus
 

Die Verlassene

An K.J.

Du irrst dich. Glaubst du, daß du fern bist
Und daß ich dürste und dich nicht mehr finden kann?
Ich fasse dich mit meinen Augen an,
Mit diesen Augen, deren jedes finster und ein Stern ist.


Ich zieh dich unter dieses Lid
Und schließ es zu und du bist ganz darinnen.
Wie willst du gehn aus meinen Sinnen,
Dem Jägergarn, dem nie ein Wild entflieht?


Du läßt mich nicht aus deiner Hand mehr fallen
Wie einen welken Strauß,
Der auf die Straße niederweht, vorm Haus
Zertreten und bestäubt von allen.


Ich hab dich liebgehabt. So lieb.
Ich habe so geweint ... mit heißen Bitten ...
Und liebe dich noch mehr, weil ich um dich gelitten,
Als deine Feder keinen Brief, mir keinen Brief mehr schrieb.


Ich nannte Freund und Herr und Leuchtturmwächter
Auf schmalem Inselstrich,
Den Gärtner meines Früchtegartens dich,
Und waren tausend weiser, keiner war gerechter.


Ich spürte kaum, daß mir der Hafen brach,
Der meine Jugend hielt - und kleine Sonnen,
Daß sie vertropft, in Sand verronnen.
Ich stand und sah dir nach.


Dein Durchgang blieb in meinen Tagen,
Wie Wohlgeruch in einem Kleide hängt,
Den es nicht kennt, nicht rechnet, nur empfängt,
Um immer ihn zu tragen.

 
Gertrud Kolmar

aus: “Gedichte”
Lizenzausgabe Suhrkamp Verlag 1996
© Kösel-Verlag, München 1980

Dienstag, 17. Juni 2014

HAMLET 1 - Sein oder Nichtsein - Da liegt der Hund begraben





 
Vier Wochen Proben für das Stück der Stücke, ja, richtig gelesen, vier, und ich habe eine Ahnung, was geht in solch beschränktem Zeitraum und was nicht und kann doch nicht aufhören über all die irritierenden, überraschenden, erleuchtenden Details nachzudenken. Meine Spieler, mit hysterischer Unternote, sind offen und waghalsig. Ein Abenteuer im deutschen Stadttheaterberieb! 

To be or not to be, that is the question:
Whether 'tis nobler in the mind to suffer
The slings and arrows of outrageous fortune,
Or to take arms against a sea of troubles,
And by opposing, end them? To die: to sleep;
No more; and by a sleep to say we end
The heart-ache and the thousand natural shocks
That flesh is heir to, ’tis a consummation
Devoutly to be wish’d. To die, to sleep;
To sleep: perchance to dream: ay, there’s the rub;

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Mit "rub" meint Hamlet eine Schwierigkeit, ein Hindernis oder einen Einwand - in diesem Fall, was seinen Selbstmord betrifft. Der Begriff hat seinen Ursprung im alten Spiel Kugeln (etwa wie das Boule der Franzosen oder Boccia für Italiener). Ein "rub" ist ein Mangel auf der Oberfläche des Rasens, der die Kugel von der vorgesehenen Richtung abbringt. Das Wort taucht schon einige Jahre vor Shakespeares Zeit auf und ist immer noch in Gebrauch.

World Wide Words © Michael Quinion
hier liegt das Problem
hier drückt der Schuh 
hier liegt der Fehler 
da ist der Haken 
da reibt es sich
da liegt der Hase im Pfeffer
da liegt der Hund begraben
das ist des Pudels Kern
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Seyn oder nicht seyn – – Das ist die Frage – – Ob es einem edeln Geist anständiger ist, sich den Beleidigungen des Glüks geduldig zu unterwerfen, oder seinen Anfällen entgegen zu stehen, und durch einen herzhaften Streich sie auf einmal zu endigen? Was ist sterben? – – Schlafen – – das ist alles – – und durch einen guten Schlaf sich auf immer vom Kopfweh und allen andern Plagen, wovon unser Fleisch Erbe ist, zu erledigen, ist ja eine Glükseligkeit, die man einem andächtiglich zubeten sollte – – Sterben – – Schlafen – – Doch vielleicht ist es was mehr – – wie wenn es träumen wäre? – – Da stekt der Haken

Christoph Martin Wieland

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Sein oder Nichtsein; das ist hier die Frage:
Obs edler im Gemüt, die Pfeil und Schleudern
Des wütenden Geschicks erdulden oder,
Sich waffnend gegen eine See von Plagen,
Durch Widerstand sie enden? Sterben – schlafen –
Nichts weiter! Und zu wissen, daß ein Schlaf
Das Herzweh und die tausend Stöße endet,
Die unsers Fleisches Erbteil, ’s ist ein Ziel,
Aufs innigste zu wünschen. Sterben – schlafen –
Schlafen! Vielleicht auch träumen! Ja, da liegts:

August Wilhelm Schlegel

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Sein, oder nicht sein, das ist die Frage:
Ob’s mehr uns adelt wohl im Geist, die Pfeile
Und Schleudern wüsten Schicksals stumm zu dulden,
Oder das Schwert zu ziehn gegen ein Meer der Plagen
Und im Anrennen enden: sterben… – schlafen,
Mehr nicht; und sagen, daß durch einen Schlaf
Wir’s Herzweh enden und die tausend Lebenshiebe,
Die unserm Fleisch vererbt sind: ‘s ist eine Erfüllung
Inbrünstig beizuwünschen. Sterben, schlafen,
Schlafen, womöglich träumen – ja, da hakt’s:
 
Frank Günther 

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Sein oder Nichtsein, das ist die Frage,
Ob es von edlerm Sinn ist, man erduldet
Geschoß und Schleuder des erzürnten Schicksals,
Oder nimmt Waffen gegen Seen von Drangsal
Und endet sie durch Kämpfen. Sterben, schlafen
Sonst nichts, und sagen mit dem Schlaf, vorbei
Das Herzweh und die tausendfachen Schläge
Die Fleischeserbe sind, es wäre ein Ziel
Auf innigste zu wünschen. Sterben, schlafen,
Schlafen, vielleicht träumen - ja da steckts,


Adolf Dresen

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Sein oder nicht sein, das ist die Frage –
Ob es von edlerm Geist ist, auszuhalten
Geschoß und Schleuder des wütenden Geschicks
Oder, in Waffen gegen eine See
Von Plagen, enden im Aufstand. Sterben, schlafen
Nicht mehr, und sagen mit dem Schlaf: vorbei
Das Herzweh und die tausend Qualen, unser
Fleischliches Erbteil. Das ist ein Schluß
Aufs innigste zu wünschen. Sterben, schlafen.
Schlafen, träumen vielleicht. Da ist der Haken.

Langhoff / Müller 

 

Berlin, Hauptstadt der D D R von Harald Hauswald photographiert










1983


 1983




Ein Gedicht für das MfS
(Ministerium für Staatssicherheit) 

Angesichts mancher Engen und Weiten
Und einiger wie immer üblichen Schwierigkeiten
Stehen wir doch 
Können wir völlig beruhigt sagen
Mit unserm Staat und seiner Sicherheit
So jung wir auch sind nicht mehr in Kindheitstagen.
Ganz im Gegenteil!
Der Säugling von damals,
Trotz Mängeln der Nachkriegszeiten
Recht gut genährt, hat sich bereits
Als Mann bewährt.
Oder Mädchen, je nachdem.
Ob es heißt: Der Staat oder die DDR –
Das sind nur vom Artikel, nicht von der
Sache verschiedene Pole!
Gestattet, daß ich mich ausnahmsweise
Mal wiederhole:
Die DDR!
Wir lieben sie sehr.
Ich verglich sie einst:
Eine schmucke Kleine!
Mit der Ostsee im Haar, den
Mecklenburgischen Weiten
Um die kräftigen Schultern.
Die kugligen Harzer Berge,
Zum Anfassen – herrliche Seltenheiten!
Der schlaue Nabel Hauptstadt Berlin
Und tiefer hin
Die sächsischen Hüften,
Thüringische Feengrotten …
Jungs, für so ein Mädchen
Kann man sich schon zusammenrotten.
Das hab ich gesagt
Und ohne zu spotten!
....
....
....

HELMUT BAIERL!
 
Das Gedicht wird  noch viel viel schlimmer!



1988

Alle Photographien © Harald Hauswald / Ostkreuz
Aus: Vor Zeiten. Alltag im Osten: Fotografien 1976-1990
Lehmstedt Verlag; 248 Seiten

Montag, 16. Juni 2014

Lau & flau & mau



LAU - Nicht WARM Nicht KALT 
   
   wie
   ihr mich empfingt — wie kalt — wie lau — denn lau   

   ist schlimmer noch wie kalt.
   Lessing


   lauw, warmlächt, zwischend Kaltem und Warmen 
   lau ist was nicht oder nicht mehr entschieden warm empfunden wird
   und, hieran angeschlossen, in die bedeutung lind, milde 
   Grimms Wörterbuch

   oft hab ich diesen weg gemacht,
   wann goldner sonnenschein gelacht,
   bei lauer lüfte kosen.

   Uhland 

   
   Also, weil du lau bist und weder kalt noch warm, so werde ich 
   dich ausspeien aus meinem Munde.
   Offenbarung des Johannes 3.16
 
   Lauigkeit laulich frühlingslau lauwarm

 UNBEWEGTE LAUE LUFT

Unbewegte laue Luft,
Tiefe Ruhe der Natur;
Durch die stille Gartennacht
Plätschert die Fontäne nur.
Aber im Gemüte schwillt
Heißere Begierde mir,
Aber in der Ader quillt
Leben und verlangt nach Leben.
Sollten nicht auch deine Brust
Sehnlichere Wünsche heben?
Sollte meiner Seele Ruf
Nicht dir deine tief durchbeben?
Leise mit dem Ätherfuß
Säume nicht, daherzuschweben!
Komm, o komm, damit wir uns
Himmlische Genüge geben! 

Georg Friedrich Daumer
Text zum Lied von Johannes Brahms
"Unbewegte laue Luft", op. 57 
Acht Lieder und Gesänge no. 8 um 1871

   DIE SCHÖNE LAU von Eduard Moerike
   http://www.gedichte-lyrik-poesie.de/Moerike_Die_schoene_Lau/index.html 


FÜR LAU - Für UMSONST

   Heute alles für flau!

   von jiddisch lo bzw. lau für nichts, nein oder ohne


FLAU - Nicht ganz STARK Nicht ganz SCHWACH - MAU

   Ich hab' so ein flaues Gefühl im Magen!
   Siehe auch Flaute in der Seemannssprache!

   altfranzösisch flau = sanft
   ein mhd. flou oder flouwe voraussetzend, wie lau tepidus dem ahd. lao, thau  
   ros dem mhd. tou gen. touwes entspricht. nnl. flauw.
   Grimm 

   mir ist ganz flau
   um lung und leber und die gall läuft über.

   Tieck


Sonntag, 15. Juni 2014

DIE NACHT - Michelangelo Buenarotti



Michelangelo Buonarroti La Notte - Die Nacht

Grab des Giuliano - Kapelle der Medici


La Notte, che tu vedi in sì dolci
atti dormir, fu da un angelo
scolpita in questo sasso,
e perchè dorme ha vita:
Destala, se nol credi, e parleratti.

Giovan Battista Strozzi, 1504-1571
Die Nacht, die wir in tiefem Schlummer sehen,
Ein Engel schuf sie hier aus diesem Stein,
Und weil sie schläft, muß sie lebendig sein,
Geh, wecke sie, sie wird dir Rede stehen.“

Übersetzung von Sophie Hasenclever

Ein zarter Frauenkopf auf einem muskulösem
unverhältnismäßigen Männerkörper, die Brüste
sitzen ganz außen und wirken fast
wie im Nachhinein angebracht.

Die Entgegnung Michelangelos:

Caro m' è 'l sonno, e più l'esser di sasso,
mentre che 'l danno e la vergogna dura:
Non veder, non sentir, m' è gran ventura;
però non mi destar, deh! parla basso.

Michelangelo Buonarroti, 1475-1564
 
Schlaf ist mein Glück; so lange Schmach und Kummer
Auf Erden dauern, besser Stein zu bleiben,
Nicht sehn, nicht hören bei so schnödem Treiben.
Sprich leise drum und stör' nicht meinen Schlummer.

Übersetzung von Sophie Hasenclever

Schlaf ist mir lieb, doch über alles preise
Ich, Stein zu sein. Währt Schande und Zerstören,
Nenn ich es Glück: nicht sehen und nicht hören.
Drum wage nicht zu wecken. Ach! Sprich leise.

Übersetzung von Rainer Maria Rilke