Samstag, 20. April 2013

Das karge Mahl - Picasso








Pablo Picasso 1904 aus der Saltimbanques Suite

Saltimbanque = Gaukler



20. April 1889 - Das Jahrhundertarschloch wurde geboren


„Am Vorabend des Geburtstags des Führers traten über eine Million Jungen und Mädel im ganzen Reiche an, um in die große Gemeinschaft der Hitler-Jugend aufgenommen zu werden. Auch in Ravensburg waren die Zehnjährigen mit leuchtenden Augen und strahlenden Herzens gekommen, um sich als Geburtstagsgeschenk dem Führer zu geben.“

Unsere Jugend gelobte sich dem Führer. Ein neuer Jahrgang ist angetreten.
Donau-Bodensee-Zeitung, Kreisausgabe Ravensburg, 22. April 1944

Charlie Chaplin, Der Große Diktator, die Rede des Diktators
https://www.youtube.com/watch?v=Z4UhJpviVYg 

Insassen des Lagers Dachau nach der Befreiung durch die US Armee im April 1945

Zeitgenössische Nachrichtensendung zum 50. Geburtstag des Jahrhundertarschlochs
http://www.dailymotion.com/video/xq95x2_adolf-hitlers-50-geburtstag-20-april-1939_news#.UXHJ9YLoaQY 

Im April 1945 war der Zweite Weltkrieg für Deutschland faktisch verloren. Die Fronten der alliierten Truppen rückten unaufhaltsam voran. Am 20. April 1945 - Hitlers 56. Geburtstag - hatten amerikanische Truppen Nürnberg - Hitlers Stadt der Reichsparteitage - eingenommen. Am gleichen Tag erreichten die sowjetischen Truppen die Außenbezirke Berlins und schlossen die Stadt ein. Zu diesem Zeitpunkt saß der Führer mit seinen engsten Vertrauten im Bunker der Berliner Reichskanzlei, den er seit dem 16. Januar 1945 nicht verlassen hatte.

http://www.wasistwas.de/geschichte/die-themen/artikel/link//c8e2bcc3c1/article/30-april-1945-hitler-ist-tot.html 

Wiki sagt:

Als Kriegstote oder Menschenverluste des Zweiten Weltkrieges werden im engeren Sinn die Menschen bezeichnet, die seit dem Kriegsbeginn in Europa am 1. September 1939 bis zur Kapitulation Japans am 2. September 1945 durch Kriegshandlungen getötet wurden; im weiteren Sinn auch die, die durch Massenverbrechen im Kriegsverlauf und Kriegsfolgen ihr Leben verloren.
Ihre Gesamtzahl lässt sich nur schätzen. Die Schätzungen, die Verbrechen und Kriegsfolgen einbeziehen, reichen bis zu 80 Millionen Kriegstoten. Für die durch direkte Kriegseinwirkung Getöteten werden meist zwischen 50 und 56 Millionen angegeben.

Grocceni's Witzeseiten

Hitler besucht ein Irrenhaus, schreitet die Reihe der Insassen ab. Jeder Patient schreit:
"Heil Hitler!"
Nur am Ende der Reihe steht einer ganz still.
Hitler: "Warum grüßen Sie nicht?"
Der Mann: "Ich bin der Wärter, ich bin nicht verrückt."


Wie stellen sich die Nazis die arische Rasse vor?
Sie müssen schlank sein wie Göring, blond wie Hitler und groß wie Göbbels!

Freitag, 19. April 2013

Wo rohe Kräfte sinnlos walten?


"...man wird es Terrorismus nennen. Man wird ihm einen tönenden Spitznamen geben. Nunwohl, es ist uns gleichgültig. Wir scheren uns nicht um ihre Meinung." 
Michail Bakunin, "Prinzipien der Revolution. Worte an die Jugend in Genf", 1869

Die Schrecken des Krieges "Das wilde Ungeheuer"
Goya 1810/1820

"Den oder die könnte ich umbringen!", denkt man manchmal, sagt man manchmal. Tut man meist dann doch nicht, es ist aber im Bereich des Fühlbaren, Vorstellbaren. Im Affekt, unter gewaltigem Druck, in großer Not. Den Faden verliere ich, wenn ich versuche nachzuvollziehen, warum man unbekannte, zufällige Menschen töten will, um für oder gegen Was-es-auch-immer-sei zu kämpfen. Sind Kinder darunter? Pech gehabt. Geht mein Nachbar gerade vorbei? Schade. Jemand, der genauso denkt wie ich? Jemand, der gerne lebt? Jemand, der einen Mann liebt? Jemand, der geliebt wird? Irgendjemand, so wichtig oder unwichtig, wie ich? Kollateralschaden ist eines der ekelhaftesten Wörter, die ich je gehört habe. Ich weiß, ich lebe in friedlicher Zeit im wohlhabenden Teil Europas und mein Erfahrungshorizont ist dementsprechend schmal. Aber, aber wird auch nur ein Leben besser durch die ungezielte Tötung Anderer? Zu naiv? Ich will das nicht glauben.

Wiki schreibt:
Der Terror (lat. terror „Schrecken“) ist die systematische und oftmals willkürlich erscheinende Verbreitung von Angst und Schrecken durch ausgeübte oder angedrohte Gewalt, um Menschen gefügig zu machen. Das Ausüben von Terror zur Erreichung politischer, wirtschaftlicher oder religiöser Ziele nennt man Terrorismus. 

Es gibt keine allgemein akzeptierte wissenschaftliche Definition von Terrorismus. Schwierigkeiten bereitet insbesondere die Abgrenzung von Terrorismus und politischem Widerstand - typischerweise werden Personen und Bewegungen, die von einer Seite als gewalttätige, aber legitime Untergrund- oder Widerstandskämpfer angesehen werden, aus einem anderen Blickwinkel als Terroristen bezeichnet, und umgekehrt.

...
Nun zerbrecht mir das Gebäude,
Seine Absicht hat's erfüllt,
Das sich Herz und Auge weide
An dem wohlgelung'nen Bild.
Schwingt den Hammer, schwingt,
Bis der Mantel springt!
Wenn die Glock' soll auferstehen,
Muß die Form in Stücke gehen.
Der Meister kann die Form zerbrechen
Mit weiser Hand, zur rechten Zeit;
Doch wehe, wenn in Flammenbächen
Das glüh'nde Erz sich selbst befreit!
Blindwütend mit des Donners Krachen
Zersprengt es das geborst'ne Haus,
Und wie aus offnen Höllenrachen
Speit es Verderben zündend aus.
Wo rohe Kräfte sinnlos walten,
Da kann sich kein Gebild gestalten;
Wenn sich die Völker selbst befrei'n,
Da kann die Wohlfahrt nicht gedeihn.
Weh, wenn sich in dem Schoß der Städte
Der Feuerzunder still gehäuft,
Das Volk, zerreißend seine Kette,
Zur Eigenhilfe schrecklich greift!
Da zerret an der Glocke Strängen
Der Aufruhr, daß sie heulend schallt,
Und, nur geweiht zu Friedensklängen,
Die Losung anstimmt zur Gewalt.
Freiheit und Gleichheit! Hört man schallen;
Der ruhige Bürger greift zur Wehr,
Die Straßen füllen sich, die Hallen,
Und Würgerbanden ziehn umher.
Da werden Weiber zu Hyänen
Und treiben mit Entsetzen Scherz;
Noch zuckend, mit des Panthers Zähnen,
Zerreißen sie des Feindes Herz.
Nichts Heiliges ist mehr, es lösen
Sich alle Bande frommer Scheu;
Der Gute räumt den Platz beim Bösen,
Und alle Laster walten frei.
Gefährlich ist's den Leu zu wecken,
Verderblich ist des Tigers Zahn;
Jedoch der schrecklichste der Schrecken,
Das ist der Mensch in seinem Wahn.
Weh denen, die dem Ewigblinden
Des Lichtes Himmelsfackel leih'n!
Sie strahlt ihm nicht, sie kann nur zünden
Und äschert Städt' und Länder ein.
...

Friedrich Schiller aus "Die Glocke" 1799


Ich les, daß Feuer eine Wohltat ist
Solang der Mensch es zähmet und bewacht
Daß es ihn aber, ungezügelt, frißt.
Ich frage mich: an was hat der gedacht?

Was ist es, das er euch zu zähmen bittet?
Dies Element, das er so nützlich nennt
Gesittung fördernd, selber nicht gesittet –
Was für ein Element ist wohl dies Element?

Dies Feuer, diese Tochter der Natur
Die, ihrer Zügel los, durch eure Gassen wandelt
Mit roter Mütze auf, wer ist das nur?

Das ist nicht mehr die gute alte Magd!
Ihr habt wohl die Person zu mild behandelt?
Ich seh, sie hat euch nach dem Lohn gefragt.


Bertolt Brecht 
1938 geschrieben, 1951 veröffentlicht

Die Schrecken des Krieges "Begrabt sie und seid still."
Goya 1810/1820

Wenn sie mit Fleischermessern durch eure Schlafzimmer geht, 
werdet ihr die Wahrheit wissen.
Heiner Müller aus: Hamletmaschine 

ALLEIN MIT DIESEN LEIBERN
Staaten Utopien
Gras wächst Auf den Gleisen 
Die Wörter verfaulen Auf dem Papier 
Die Augen der Frauen 
Werden kälter Abschied von morgen 
STATUS QUO

Heiner Müller
© Suhrkamp Verlag
Aus: Werke 1. Die Gedichte.
Suhrkamp Verlag, Frankfurt/Main 1998

Die Schrecken des Krieges "Die Verwüstungen des Krieges"
Goya 1810/1820

Donnerstag, 18. April 2013

Celander liebt Brüste, Pero stillt ihren Vater



      Celander ist das Pseudonym von wahrscheinlich zwei Dichtern des Barock,  
      Christoph Woltereck und Johann Georg Gressel, wobei die folgenden Gedichte,
      wenn ich zeno.org glauben darf, Herrn Gressel zugeordnet werden.

      Aus: Celanders Verliebte- Galante- Sinn- Vermischte und Grab-Gedichte
      Hamburg, Leipzig: Christian Liebezeit, 1716


LIEBEN UND GELIEBTZUWERDEN IST DAS HÖCHSTE VERGNÜGEN


Was ist Vergnüglichers im gantzen Rund der Erden,
Als Lieben und zugleich mit Ernst geliebet werden?
Was ist Annehmlichers als ein ambrirter Kuß,
Den reine Liebe schenckt aus innerm Hertzen-Fluß?
Was ist erquickender als schöne Brust-Granaten,
Worinnen Milch und Blut zur Kühlung hingerathen?
Was ist Bezaubernders als der gewölbte Schooß,
Der uns entzücket, macht der satten Sinnen loß?
Was ist verzuckerter als feuriges Umhalsen,
Das Honig-Kuchen macht aus bittern Wermuths-Salsen?
Was ist anmuthiger als ein polirter Leib
Von zartem Helffenbein zur Nächte Zeit-Vertreib?
Was ist Gewünscheters, als Leib an Leiber leimen,
Und feuchten Perlen-Thau in Liebes-Muscheln schäumen?
Was ist entzückender als in der Muschel ruhn,
Wo Lust und Kitzelung der Wollust Thor aufthun?
Was ist begierlicher, als da den Eintritt nehmen,
Wo Perl und Perlen-Milch das seichte Feld besämen?
Nichts ist Vergnüglichers, nichts, das mehr Wollust schafft,
Als wenn nur gleicher Will in beyder Hertzen hafft'.
Nichts ist, das mehr erquickt, das mehr die Geister blendet,
Als wenn man seine Brunst im Schooß zur Kühlung sendet,
Nichts ist verzuckerter, nichts kommt gewünschter an,
Als wenn man in der Lieb sich recht ergötzen kan.


1570
Jacopo Robusti alias Tintoretto
Porträt einer Dame, die ihre Brüste entblößt


ALS ER IHRE BRÜSTE KÜSSTE


Blondine deiner Brüste Kuß /
Hegt mehr von süssen Uberfluß
   Als tausend Zucker=Fladen
   Und theure Marmeladen
Mehr Süssigkeit quilt aus dem Schnee
Der Brüste / als aus Hyblens Klee /
Die Feige wird zur Schleen
   Kein Honig kan bestehen /
Daß nicht zu Gall und Wermuth wird
Wenn es der Brust wird beygeführt.
   Der Wein wird schlechte Pfütze
   Das Manna Haber Grütze /
Dem Ambrosin und Nectar Safft
Benimmt dein Busen alle Krafft
   Dein unbefleckte Brüste
   Die Zinsen Himmels=Lüste.


1630
Peter Paul Rubens
Cimon und Pero

Der Philosoph oder Seher Cimon oder Myron wurde zum Tod durch Verhungern verurteilt. 
Nur seine Tochter Pero durfte ihn im Kerker besuchen und wurde von den Wachen streng auf mitgebrachte Lebensmittel kontrolliert. Die Tochter aber ernährte ihren hungernden Vater 
bei den Besuchen, indem sie ihm heimlich die Brust gab: 
"Velut infantem pectori suo admotum aluit". 
Nachdem Cimon auch nach langer Kerkerhaft nicht starb, wurden die Richter hellhörig und erfuhren schließlich den Grund. Beeindruckt von der töchterlichen Liebe und Barmherzigkeit wurde Cimon 
begnadigt. 

 Aus einem Artikel über Stillbeziehungen.

Die Geschichte gilt als Allegorie auf die christliche Barmmherzigkeit und wird  
Carità Romana oder Römische Nächstenliebe genannt.

AUF IHRE BRÜSTE

Englische Brüste
Nichts reichet mehr Lüste
Als ihr
Den feurgen Rubinen
Den weissen Jesminen,
Den wallenden Ballen
Den süssen Corallen
Kein Nectar und Honig / noch Zucker geht für.

Milcherne Auen
Ihr lasset mir schauen
Die Frucht:
Darinnen verstecket
Was Anmuht erwecket.
Da man den Leim findet
Der Seelen verbindet.
Und da man die Speise der Lieblichkeit sucht.

Auf eure Hügel
Trägt Venus Geflügel
Die Saat:
Daraus denn eutspringet
Was Lustbarkeit bringet
Was jedem beliebet
Was Lieblichkeit giebet
Und süsse Vergnügung im Überfluß hat.

Celander


1540
Hans Sebald Beham

Cimon und Pero

Mittwoch, 17. April 2013

Lawrence von Arabien



T.E. Lawrence
Offizier, Archäologe, Spion, Schriftsteller.

Insoweit ich es verstehe, hat T.E. Lawrence als englischer Offizier an der Erhebung der Araber 1916-1918 gegen das Osmanische Reich teilgenommen. Diese Arabische Revolte wurde von der Entente (Frankreich, Russland, Grossbritannien) unterstützt. Nach dem Sieg wurden die von der türkischen Herrschaft befreiten Gebiete allerdings, entgegen vorherigen Absprachen und Verträgen, unter den Franzosen und Briten aufgeteilt, und das mit dem Mandat des Völkerbundes.
Die Rolle von T.E. Lawrence in diesem Krieg ist unter Historikern stark umstritten. Im Kopf der meisten bleibt Peter O'Toole in weißem Gewand und mit strahlend blauen Augen, der durch die Wüste reitet und eine Vorliebe fürs Auspeitschen hat.
Aber vielleicht wird mir die Lektüre des Buches, aus dem die folgenden Zitate sind, ein wenig helfen, meine Verwirrung bei der Betrachtung der politischen Verwerfungen im arabischen Raum zu lindern. 


Im Allgemeinen ziehe ich Lügen der Wahrheit vor, besonders wenn es um mich geht.



Aus den "Sieben Säulen der Weisheit":
Sprüche Salomo 9.1. Die Weisheit hat ihr Haus gebaut, ihre sieben Säulen behauen.  
Die Geschichte auf diesen Seiten ist nicht die Geschichte der arabischen Bewegung, sondern die meiner Beteiligung daran. Es ist die Erzählung des täglichen Lebens, unbedeutender Geschehnisse kleiner Menschen. Hier gibt es keine Lektionen für die Welt, keine Enthüllungen, um die Menschen zu schockieren. Sie ist voll von trivialen Dingen, zum Teil deshalb, daß niemand die Überreste, aus denen ein Mann eines Tages Geschichte machen könnte, fälschlich für Geschichte hält, und zum Teil wegen des Vergnügens, das ich bei der Erinnerung an meine Beteiligung an dieser Revolte hatte. Wir alle waren überwältigt, wegen der Weite des Landes, des Geschmacks des Windes, des Sonnenlichts und der Hoffnungen, für die wir arbeiteten. Die Morgenluft einer zukünftigen Welt berauschte uns. Wir waren aufgewühlt von Ideen, die nicht auszudrücken und die nebulös waren, aber für die gekämpft werden sollte. Wir durchlebten viele Leben während dieser verwirrenden Feldzüge und haben uns selbst dabei nie geschont; doch als wir siegten und die neue Welt dämmerte, da kamen wieder die alten Männer und nahmen unseren Sieg, um ihn der früheren Welt anzupassen, die sie kannten. Die Jugend konnte siegen, aber sie hatte nicht gelernt, den Sieg zu bewahren; und sie war erbärmlich schwach gegenüber dem Alter. Wir dachten, wir hätten für einen neuen Himmel und für eine neue Welt gearbeitet, und sie dankten uns freundlich und machten ihren Frieden.
...
Alle Menschen träumen, aber nicht alle gleich. Die in der Nacht in den staubigen Winkeln ihres Geistes träumen, wachen am Tag auf und wissen, daß es nur Eitelkeit war; aber die Tagträumer sind gefährliche Menschen, denn sie können ihren Traum mit offenen Augen leben, und ihn möglich machen."
All men dream, but not equally. Those who dream by night in the dusty recesses of their minds wake in the day to find that it was vanity; but the dreamers of the day are dangerous men, for they may act their dream with open eyes, to make it possible.

T.E. Lawrence: Die sieben Säulen der Weisheit


Lawrence von Arabien ein Film von David Lean mit Peter O'Toole in der Hauptrolle und Omar Sharif als Arabien.

 Man, sind die Augen blau!
 

Dienstag, 16. April 2013

Jardin Du Luxembourg - DAS KARUSSELL UND DER WEISSE ELEPHANT - RILKE



Jardin du Luxembourg

Mit einem Dach und seinem Schatten dreht
sich eine kleine Weile der Bestand
von bunten Pferden, alle aus dem Land,
das lange zögert, eh es untergeht.
Zwar manche sind an Wagen angespannt,
doch alle haben Mut in ihren Mienen;
ein böser roter Löwe geht mit ihnen
und dann und wann ein weißer Elefant.

Sogar ein Hirsch ist da, ganz wie im Wald,
nur dass er einen Sattel trägt und drüber
ein kleines blaues Mädchen aufgeschnallt.

Und auf dem Löwen reitet weiß ein Junge
und hält sich mit der kleinen heißen Hand
dieweil der Löwe Zähne zeigt und Zunge.

Und dann und wann ein weißer Elefant.

Und auf den Pferden kommen sie vorüber,
auch Mädchen, helle, diesem Pferdesprunge
fast schon entwachsen; mitten in dem Schwunge
schauen sie auf, irgendwohin, herüber -

Und dann und wann ein weißer Elefant.

Und das geht hin und eilt sich, dass es endet,
und kreist und dreht sich nur und hat kein Ziel.
Ein Rot, ein Grün, ein Grau vorbeigesendet,
ein kleines kaum begonnenes Profil -.
Und manchesmal ein Lächeln, hergewendet,
ein seliges, das blendet und verschwendet
an dieses atemlose blinde Spiel . . .

Rainer Maria Rilke 1905

Das hölzerne Karussell, gebaut 1879, 
wurde 1904 im Jardin du Luxembourg aufgestellt.

Der Elephant viele Jahre später.

Montag, 15. April 2013

Oblivion


Oblivion - das Vergessen - ist so etwas, wie ein Fallbeispiel für den Blockbuster, was sowohl ein ein Massenpublikum anziehender Film, als auch eine Luftmine sein kann.
Herr Kosinski, der Regisseur dreht viel Werbung, und das sieht man seinem Werk an, es sieht extrem gut aus, die Zerstörung des Planeten Erde ist hochästhetisch photographiert in gebrochenen Farben, zerhackten Strukturen, gekontert durch aseptisch elegant-glatte High-Tech Elemente. Die computer-generierten Tricks sind perfekt. Aber, wie so oft, das Unsicherheitsfaktum Mensch: Tom Cruise ist ein Star, keine Frage, er trägt den Film durchgehend, dass hat mit Schauspielen aber nichts zu tun, was man merkt, wenn er Szenen mit Andrea Risebourough hat, die vom Theater kommt und noch dazu aus England.
Dann gibt es noch Olga Kurylenko, ein Modell, das beim Film arbeitet und zwei ganz wunderschöne Gesichtsausdrücke hat. Morgan Freeman trägt eine Sonnenbrille und hält sich raus. Achja, und die Geschichte - tja, es gibt eine.
Man geht rein, man geht raus, zwischendurch war Popcorn.


Das SUKSAN, ein thailändisches Restaurant in der Ansbacher Strasse in Schöneberg, ist großartig, ein Ambiente wie in einem schwäbischen Bierkeller mit Buddhas, aber das Essen ist hmmmmmmm! Das genaue Gegenteil des oben erwähnten Films.
http://www.top10berlin.de/Location/1312-Suksan?liste=214

Sonntag, 14. April 2013

Der Frühling Ist Die Schönste Zeit





Im Frühling kehrt die Wärme in die Knochen zurück.
Vere calor redit ossibus.
Vergil, Georgica III, 272


DER FRÜHLING IST DIE SCHÖNSTE ZEIT


Der Frühling ist die schönste Zeit!
Was kann wohl schöner sein?
Da grünt und blüht es weit und breit
im goldnen Sonnenschein.


Am Berghang schmilzt der letzte Schnee,
das Bächlein rauscht zu Tal,
es grünt die Saat, es blinkt der See
im Frühlingssonnenstrahl.


Die Lerchen singen überall,
die Amsel schlägt im Wald!
Nun kommt die liebe Nachtigall
und auch der Kuckuck bald.


Nun jauchzet alles weit und breit,
da stimmen froh wir ein:
Der Frühling ist die schönste Zeit!
Was kann wohl schöner sein?


Annette von Droste-Hülshoff

ABER


   ABER er hat ja gar nichts an!
    Des Kaisers neue Kleider von Hans Christian Andersen

   ABER ABER ABER ABER ABER ABER ABER ABER:

     Heut kommt der Hans zu mir
     freut sich die Liesl
     Ob er
ABER über Oberammergau     
     oder ABER über Unterammergau
     oder ABER überhaupt nicht kommt
     ist nicht gewiß. 


     Volkslied

     Hart ABER fair.
     Klein ABER oho.
     Klein ABER fein.
     Wasch mir den Pelz,
ABER mach mich nicht nass.
     Langsam ABER sicher.
     Ohne wenn und ABER
    
   ABER

    ABER.
    Ich glaube, ABER ist mein Lieblingswort.
    ABER manchmal mag ich mich auch gar nicht, weil ich fast immer
    und bei fast allem 
    ein ABER finden kann. Und manchmal mäkelt so ein ABER an der
    erwünschten
    Eindeutigkeit einer Antwort herum oder erschwert zumindest den 
    Verdrängunsprozess
    des Zweifels um ein Vielfaches. Oder es verunmöglicht ein
    klares Nein oder Ja und
    macht mich unentschieden und matt, ABER rettet mich damit oft 
    auch vor übereilten
    Urteilen und vorschnellen Entscheidungen.

    ABER wenn ich in einem Text auf ein unerwartetes, 
    überraschendes ABER treffe,
    eins das die Abdeckung wegreißt, den Dreck offenlegt, den 
    ABERwitz befreit, 
    dann könnte ich juchzen vor Freude und Aufregung.


 Der Erlkönig, Albert Sterner, ca. 1910

    Einmal hat mir mein Vater den "Erlkönig" erzählt und das 
    hastige alte Ding 
    (Erinnert sich noch jemand an die sächsische Variante von diesem etwas 
    kleingeratenen DDR-Komiker?) 
    verwandelte sich. 
    Meines Vaters Prämisse: dies ist die Geschichte
    eines Kindes, das mißbraucht worden ist, noch immer wird, und 
    versucht davon zu sprechen.  
    ABER es wird nicht gehört. Und plötzlich machten die 
    eiligen, drängenden Strophen Sinn, mir blieb fast das Herz 
    stehen. Furchtbar und wunderbar.


Wer reitet so spät durch Nacht und Wind?
Es ist der Vater mit seinem Kind;
Er hat den Knaben wohl in dem Arm,
Er fasst ihn sicher, er hält ihn warm.

Mein Sohn, was birgst du so bang dein Gesicht? —
Siehst, Vater, du den Erlkönig nicht?
Den Erlenkönig mit Kron’ und Schweif? —
Mein Sohn, es ist ein Nebelstreif. —

„Du liebes Kind, komm, geh mit mir!
Gar schöne Spiele spiel’ ich mit dir;
Manch’ bunte Blumen sind an dem Strand,
Meine Mutter hat manch gülden Gewand.“ —

Mein Vater, mein Vater, und hörest du nicht,
Was Erlenkönig mir leise verspricht? —
Sei ruhig, bleibe ruhig, mein Kind;
In dürren Blättern säuselt der Wind. —

„Willst, feiner Knabe, du mit mir gehn?
Meine Töchter sollen dich warten schön;
Meine Töchter führen den nächtlichen Reihn
Und wiegen und tanzen und singen dich ein.“ —

Mein Vater, mein Vater, und siehst du nicht dort
Erlkönigs Töchter am düstern Ort? —
Mein Sohn, mein Sohn, ich seh’ es genau:
Es scheinen die alten Weiden so grau. —

„Ich liebe dich, mich reizt deine schöne Gestalt;
Und bist du nicht willig, so brauch’ ich Gewalt.“ —
Mein Vater, mein Vater, jetzt faßt er mich an!
Erlkönig hat mir ein Leids getan! —

Dem Vater grauset’s; er reitet geschwind,
Er hält in Armen das ächzende Kind,
Erreicht den Hof mit Mühe und Not;
In seinen Armen das Kind war tot.

Johann Wolfgang von Goethe


    Ein ABER kann eine Warnung sein, gut, ABER das ABER kann auch zur Ausrede 
    mutieren, mich geschickt dafür entschuldigen, keine eindeutige Haltung einzunehmen 
    und im schlimmsten Fall zur feigen, konfliktvermeidenden Handlungsunfähigkeit führen.

    Grimm's Wörterbuch: Weit häufiger geworden und vielfach verwickelt ist die anwendung 
    der conjunction aber, wie sie aus dem übergang des wieder in wider, des wiederholens in 
    ein entgegnen erwachsen ist; fast immer läszt ein solches aber sich auch durch ein 
    schleppenderes dagegen, hingegen, dahingegen verständigen. aber bezeichnet also   
    den auf eine behauptung unmittelbar folgenden einschränkenden gegensatz...

    Es gibt ABER viele andere, glücklichere ABER. Die ABER, die mir aus einer    
    Bredouille helfen, weil ich weiß, was ich tun muß, die ABER, die die befreien. 
    "Sie wollen Zustimmung, ABER die kann ich Ihnen nicht geben."
    Ich hoffe, dass ich nicht wie ein Moralapostel klinge, nichts wäre mir unangenehmer. Ich 
    spreche hier über Irritationen mit mir selbst, Dinge, bei denen ich mir selber auf die 
    Nerven gehe, weil ich es besser weiß und doch manchmal schlechter tue. ABER:


Nah ist
Und schwer zu fassen der Gott.
Wo ABER Gefahr ist, wächst
Das Rettende auch.

Aus: Hölderlin "Patmos"
 
ABER:


Reklame

Wohin aber gehen wir
ohne sorge sei ohne sorge
wenn es dunkel und wenn es kalt wird
sei ohne sorge
aber
mit musik
was sollen wir tun
heiter und mit musik
und denken
heiter
angesichts eines Endes
mit musik
und wohin tragen wir
am besten
unsre Fragen und den Schauer aller Jahre
in die Traumwäscherei ohne sorge sei ohne sorge
was aber geschieht
am besten
wenn Totenstille

eintritt


Ingeborg Bachmann. Werke. Erster Band. © Ingeborg Bachmanns Erben Dr. Christian Moser Wien


Aber:

Der Deutsche sagt: Die Lage ist ernst, ABER nicht hoffnungslos.
Der Österreicher sagt: Die Lage ist hoffnungslos, ABER nicht ernst

Freitag, 12. April 2013

NEIN.


NEIN.

»Weißt du nicht, dass die Sprache kein Wort so wild kennt wie ›nein‹?«  
Emily Dickinson

Kennt ihr das herrliche Gefühl "nein" zu sagen? Nicht "nein danke", nicht "nein, aber..", nicht "leider nein", nicht " eigentlich nicht", sondern NEIN!. 
Ich will nicht. Nein.
Dazu braucht es Klarheit, dazu braucht es Angstüberwindung, dazu braucht es Selbstachtung.

Ich, zum Beispiel, kann ganz schlecht nein sagen. Ich will lieb gehabt werden. Ich kann mich schlecht von Beziehungen verabschieden, selbst von solchen die nicht gut für mich sind. Ich sehe meist mehr als eine Seite eines Konfliktes und bin darum nur allzu willig, Gegenargumente mit in Betracht zu ziehen. Und so höre ich mich oft eine Menge Jeins, Abers und Obwohls äußern, obwohl (schon wieder) ich eigentlich ein fettes, sattes Nein im Bauch spüre. Sicher ist Kompromissfähigkeit für das Überleben im sozialen Umgang hilfreich und auch notwendig, aber, auch so ein schönes Wort, aber wo hört Verständigungs-bereitschaft und Akzeptanz auf und beginnt der ungute Marsch auf dem beliebten und schlammigen Mittelweg. Selbstzweifel sind ein Zeichen von Intelligenz, aber Mangel an Selbstachtung ist auch ein Zeichen, nur wofür?

Wiki sagt: 
Die Höflichkeit oder Zivilisiertheit ist eine Tugend, deren Folge eine rücksichtsvolle Verhaltensweise ist, die den Respekt vor dem Gegenüber zum Ausdruck bringen soll. Ihr Gegenteil ist die Grobheit oder Barbarei.
Sozial gehört sie zu den Sitten, soziologisch zu den sozialen Normen. Das Wort hat sich aus dem Begriff „höfisch“ entwickelt, das die Lebensart am frühneuzeitlichen Hof bezeichnete.

Sind wir also barbarisch, wenn wir nein sagen? Wie vereinbaren wir Höflichkeit und Ehrlichkeit? 

Nein, ich finde, Sie haben das nicht gut gespielt.
Nein, Sie sind mir nicht sympathisch.
Nein, mir geht es nicht gut. Diese Antwort auf das übliche gemurmelte "Na, wie geht's" kann zu geradezu panischen Reaktionen beim jeweiligen Gegenüber führen.
Nein, deine Entschuldigung entschuldigt Dich nicht.
Nein, ich mochte Deinen Schweinebraten noch nie. Aber ich denke, das geht selbst mir zu weit, dieser Satz zu einer Mutter geäußert, läuft unter unnötiger Grausamkeit. Nein, Mama, dein Schweinebraten ist großartig. Ist er wirklich!
Kein Nein aus Faulheit, kein Nein aus Trotz, kein Nein aus Gemeinheit oder Lust am Widerspruch, sondern dieses rare, kostbare Nein aus tiefster Seele, dass die Frage des Anderen ganz ernst nimmt und - sie verneint.
Wie sagt man nützlich "Nein". Von Nutzen für sich selbst und für den Anderen?
Damit danach eine neue Frage gestellt werden kann.



Das Nein…

Das Nein
das ich endlich sagen will
ist hundertmal gedacht
still formuliert
nie ausgesprochen.

Es brennt mir im Magen
nimmt mir den Atem
wird zwischen meinen Zähnen zermalmt
und verläßt
als freundliches Ja
meinen Mund.

Peter Turrini, in ” Ein paar Schritte zurück”

Wiki sagt:

„Nein“ ist ein Erbwort, gehört mithin zum ältesten Bestand des deutschen Wortschatzes und seine Entsprechungen in anderen indogermanischen Sprachen sind lautlich oft sehr ähnlich. Das Wort „nein“ ist bereits in dieser Form oder in der Form „nain“ im Althochdeutschen vor dem 9. Jahrhundert belegt.
Entstanden ist das Wort als Zusammensetzung aus der Negationspartikel „ni“ (wie sie auch in den Wörtern „nicht“ „nie“ und „niemand“ vorkommt) und dem unbestimmten Artikel „ein“ und bedeutete somit ursprünglich „nicht eines“....
„Nein“ ist ein Basiswort in fast allen Sprachen. Wegen seiner kommunikativen Bedeutsamkeit sowie seiner grundlegenden Semantik und somit häufigen Verwendung ist das Wort aus sprachökonomischen Gründen in der Regel kurz. Da „nein“ auch als dringliche Aufforderung zur Unterlassung einer Handlung dienen kann, ist die Kürze des Wortes in Gefahrensituationen schon aus biologischen Gründen vorteilhaft.


Programm 
NEIN!-Idee
(Bundesparteitag 10.02.2013)
Grundsatz: Die NEIN!-Idee spricht jedem Menschen das Recht zu „NEIN“ zu sagen, ohne dabei nach dem Grund zu fragen.
Die NEIN!-Idee will dem Menschen die Möglichkeit geben, neben dem „Ja“ zu einer beliebigen Partei und dem Nichtwählen, auch „Nein“ wählen zu können.
Artikel 3 des GG Abs.(1) besagt: „Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.“ also auch die Menschen die die Konzepte der zur Wahl stehenden Politiker und Parteien ablehnen. Das Ziel der NEIN!-Idee ist die größtmögliche Teilhabe aller Wahlberechtigten am politischen Entscheidungsprozess und dass jede Stimme der Menschen, auch die NEIN-Stimme, gleichwertig behandelt wird.
Die Mandatsträger der NEIN!-Idee werden exakt den Willen der Wähler repräsentieren, somit keine Gesetze befürworten, keine Ämter annehmen und niemanden in ein Amt wählen.

...
Die Mandatsträger der NEIN!-Idee werden alle Gesetze und Beschlüsse ablehnen,
die die Freiheit und Selbstbestimmung des Einzelnen einschränken.
Jeder hat das Recht, Nein zu sagen.  


http://www.nein-idee.de/ 

Nein!

Pfeift der Sturm?
Keift ein Wurm?
Heulen
Eulen
hoch vom Turm?

Nein!

Es ist das Galgenstrickes
dickes
Ende, welches ächzte,
gleich als ob
im Galopp
eine müdgehetzte Mähre
nach dem nächsten Brunnen lechzte
(der vielleicht noch ferne wäre).

von Christian Morgenstern

Für das Ja sagen, gelten übrigens die gleichen Kriterien.
JA.