Freitag, 19. April 2013

Wo rohe Kräfte sinnlos walten?


"...man wird es Terrorismus nennen. Man wird ihm einen tönenden Spitznamen geben. Nunwohl, es ist uns gleichgültig. Wir scheren uns nicht um ihre Meinung." 
Michail Bakunin, "Prinzipien der Revolution. Worte an die Jugend in Genf", 1869

Die Schrecken des Krieges "Das wilde Ungeheuer"
Goya 1810/1820

"Den oder die könnte ich umbringen!", denkt man manchmal, sagt man manchmal. Tut man meist dann doch nicht, es ist aber im Bereich des Fühlbaren, Vorstellbaren. Im Affekt, unter gewaltigem Druck, in großer Not. Den Faden verliere ich, wenn ich versuche nachzuvollziehen, warum man unbekannte, zufällige Menschen töten will, um für oder gegen Was-es-auch-immer-sei zu kämpfen. Sind Kinder darunter? Pech gehabt. Geht mein Nachbar gerade vorbei? Schade. Jemand, der genauso denkt wie ich? Jemand, der gerne lebt? Jemand, der einen Mann liebt? Jemand, der geliebt wird? Irgendjemand, so wichtig oder unwichtig, wie ich? Kollateralschaden ist eines der ekelhaftesten Wörter, die ich je gehört habe. Ich weiß, ich lebe in friedlicher Zeit im wohlhabenden Teil Europas und mein Erfahrungshorizont ist dementsprechend schmal. Aber, aber wird auch nur ein Leben besser durch die ungezielte Tötung Anderer? Zu naiv? Ich will das nicht glauben.

Wiki schreibt:
Der Terror (lat. terror „Schrecken“) ist die systematische und oftmals willkürlich erscheinende Verbreitung von Angst und Schrecken durch ausgeübte oder angedrohte Gewalt, um Menschen gefügig zu machen. Das Ausüben von Terror zur Erreichung politischer, wirtschaftlicher oder religiöser Ziele nennt man Terrorismus. 

Es gibt keine allgemein akzeptierte wissenschaftliche Definition von Terrorismus. Schwierigkeiten bereitet insbesondere die Abgrenzung von Terrorismus und politischem Widerstand - typischerweise werden Personen und Bewegungen, die von einer Seite als gewalttätige, aber legitime Untergrund- oder Widerstandskämpfer angesehen werden, aus einem anderen Blickwinkel als Terroristen bezeichnet, und umgekehrt.

...
Nun zerbrecht mir das Gebäude,
Seine Absicht hat's erfüllt,
Das sich Herz und Auge weide
An dem wohlgelung'nen Bild.
Schwingt den Hammer, schwingt,
Bis der Mantel springt!
Wenn die Glock' soll auferstehen,
Muß die Form in Stücke gehen.
Der Meister kann die Form zerbrechen
Mit weiser Hand, zur rechten Zeit;
Doch wehe, wenn in Flammenbächen
Das glüh'nde Erz sich selbst befreit!
Blindwütend mit des Donners Krachen
Zersprengt es das geborst'ne Haus,
Und wie aus offnen Höllenrachen
Speit es Verderben zündend aus.
Wo rohe Kräfte sinnlos walten,
Da kann sich kein Gebild gestalten;
Wenn sich die Völker selbst befrei'n,
Da kann die Wohlfahrt nicht gedeihn.
Weh, wenn sich in dem Schoß der Städte
Der Feuerzunder still gehäuft,
Das Volk, zerreißend seine Kette,
Zur Eigenhilfe schrecklich greift!
Da zerret an der Glocke Strängen
Der Aufruhr, daß sie heulend schallt,
Und, nur geweiht zu Friedensklängen,
Die Losung anstimmt zur Gewalt.
Freiheit und Gleichheit! Hört man schallen;
Der ruhige Bürger greift zur Wehr,
Die Straßen füllen sich, die Hallen,
Und Würgerbanden ziehn umher.
Da werden Weiber zu Hyänen
Und treiben mit Entsetzen Scherz;
Noch zuckend, mit des Panthers Zähnen,
Zerreißen sie des Feindes Herz.
Nichts Heiliges ist mehr, es lösen
Sich alle Bande frommer Scheu;
Der Gute räumt den Platz beim Bösen,
Und alle Laster walten frei.
Gefährlich ist's den Leu zu wecken,
Verderblich ist des Tigers Zahn;
Jedoch der schrecklichste der Schrecken,
Das ist der Mensch in seinem Wahn.
Weh denen, die dem Ewigblinden
Des Lichtes Himmelsfackel leih'n!
Sie strahlt ihm nicht, sie kann nur zünden
Und äschert Städt' und Länder ein.
...

Friedrich Schiller aus "Die Glocke" 1799


Ich les, daß Feuer eine Wohltat ist
Solang der Mensch es zähmet und bewacht
Daß es ihn aber, ungezügelt, frißt.
Ich frage mich: an was hat der gedacht?

Was ist es, das er euch zu zähmen bittet?
Dies Element, das er so nützlich nennt
Gesittung fördernd, selber nicht gesittet –
Was für ein Element ist wohl dies Element?

Dies Feuer, diese Tochter der Natur
Die, ihrer Zügel los, durch eure Gassen wandelt
Mit roter Mütze auf, wer ist das nur?

Das ist nicht mehr die gute alte Magd!
Ihr habt wohl die Person zu mild behandelt?
Ich seh, sie hat euch nach dem Lohn gefragt.


Bertolt Brecht 
1938 geschrieben, 1951 veröffentlicht

Die Schrecken des Krieges "Begrabt sie und seid still."
Goya 1810/1820

Wenn sie mit Fleischermessern durch eure Schlafzimmer geht, 
werdet ihr die Wahrheit wissen.
Heiner Müller aus: Hamletmaschine 

ALLEIN MIT DIESEN LEIBERN
Staaten Utopien
Gras wächst Auf den Gleisen 
Die Wörter verfaulen Auf dem Papier 
Die Augen der Frauen 
Werden kälter Abschied von morgen 
STATUS QUO

Heiner Müller
© Suhrkamp Verlag
Aus: Werke 1. Die Gedichte.
Suhrkamp Verlag, Frankfurt/Main 1998

Die Schrecken des Krieges "Die Verwüstungen des Krieges"
Goya 1810/1820

1 Kommentar:

  1. Der junge Mann, der zur Stunde in Boston gesucht wird, sieht aus wie ein Engel bei Raffael.
    Was ist mit ihm geschehen, vorher, was wurde ihm Hirn gedrückt.

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