Wie könnte ich das Genre dieses Buches bezeichnen? Schelmenroman? Science Fiction? Eine Romanze? Vielleicht ordne ich es besser einer Traditionslinie zu, der von "IKS Haken - Catch-22", denn es hat einen zartbesaiteten und sehr verwirrten Helden in großer Not und einem Ödipuskomplex von gigantischer Größe, oder Ray Bradbury's "Fahrenheit 45", bei Shteyngart sind Bücher zwar nicht verboten, aber als schlechtriechend und nahezu pornographisch verschrien. Mit Äpparatis, weiterentwickelten i-Phones, kann man schneller und müheloser an "Infos" kommen, überhaupt sind alle immer und unentwegt vernetzt und folgen "Streams" und beobachten panisch ihre "Persönlichkeits-Ratings". Oder "Clockwork Orange", auch hier haspeln Personen eine futuristische und doch beängstigend wiedererkennbare Sprache, die da weitergeht, wo LOL und ❤ u und xoxoxo und : ))) heute im Chat beginnen.
Gary Shteyngart wurde 1972 in Leningrad geboren, ein russischer Jude, der mit sieben mit seinen Eltern nach den USA auswanderte und in Queens aufwuchs. Der New Yorker Stadtbezirk Queens hat circa 2,3 Millionen Einwohner, wovon etwa die Hälfte Immigranten sind, und man kann ihn sich wie einen riesigen Vorort vorstellen, Randlage in Übergröße, dichbesiedelt, aber irgendwie nicht großstädtisch und auch noch Standort der beiden großen New Yorker Flughäfen. Shteyngart schreibt über die New Yorker Stadtbezirke dann auch, wie über einander fremde Welten, mit Manhattan als aggressionsgeladenem und egogefülltem Zentrum.
New York und die USA mit dem Bundesstaat SecurityIsrael sind, könnte man sagen, die Antagonisten unseres Protagonisten Lenny Abramowski. Die Verschuldung der USA bei der Chinesischen Weltbank hat ein Ausmaß erreicht, dass täglich mit der Machtübernahme gerechnet werden muß. Bürger werden auf der Strasse ständig auf ihre Kreditwürdigkeit gescannt, die Allgegenwart diktatorischer Polizeikontrollen muss, so ist auf den Warnschildern zu lesen, "geleugnet" werden, Zustimmung wird "impliziert", das ist genial.
Und dann die Liebesgeschichte unseres Helden, so zart, so voll jüdischem Selbsthass, so ahnungslos und allbeschützend.
Eine herztraurige Satire, vielleicht ist es das.
Autor: Gary Shteyngart Übersetzer: Ingo Herzke erschienen bei Rowohlt
Noch ein paar Tipps:
"IKS Haken -Catch-22" Joseph Heller
"Clockwork Orange" Anthony Burgess
"Fahrenheit 45" Ray Bradbury
Alle auch exzellent verfilmt!
Sonntag, 4. September 2011
Freitag, 2. September 2011
Entschuldigung
Wegen zu grosser anderweitiger Arbeitsmenge werde ich bis Sonntag nicht posten. Tut mir leid, aber es ist das erste Mal.
Ein wunderbares Wochenende wünscht
die Bloggerin
Stefan Brecht 1924 -2009, im Kostüm für die Produktion von Charles Ludlam and the Ridiculous Theatrical Co. - "The Grand Tarot"
Ein wunderbares Wochenende wünscht
die Bloggerin
Arthur Tress Stefan Brecht "Braut und Bräutigam" 1970 |
Donnerstag, 1. September 2011
Marlon Brando
Einfach nur, weil er so schön war.
Marlon Brando, Bea Lillie, and Stewart Stern |
1948 |
Endstation Sehnsucht (Regie: Elia Kazan) 1951 |
Endstation Sehnsucht (Regie: Elia Kazan) 1951 |
Endstation Sehnsucht (Regie: Elia Kazan) 1951 |
Endstation Sehnsucht (Regie: Elia Kazan) 1951 |
Faust im Nacken (Regie Elia Kazan) 1954 |
Meuterei auf der Bounty (Regie: Lewis Milestone) 1962 |
Morituri (Regie: Bernard Wicki) 1965 |
Apocalypse Now (Regie: Francis Ford Coppola) 1979 |
Apocalypse Now (Regie: Francis Ford Coppola) 1979 |
Apocalypse Now (Regie: Francis Ford Coppola) 1979 |
Apocalypse Now (Regie: Francis Ford Coppola) 1979 |
Letzter Tango in Paris (Regie: Bernardo Bertolucci) mit Maria Schneider 1972 |
Der Pate I (Regie: Francis Ford Coppola) 1972 |
Dienstag, 30. August 2011
e.e. cummings - der himmel
der
himmel
war
bon bon strah
lend
essbar
agile
pinks scheue
gelbs
grüns küh les schok
olade
n.
un ter,
einer lo
ko
mo
tive s puck
end
vi
o
letts
J. M. W. Turner - Eine Stadt am Fluß bei Sonnenuntergang
|
the
sky
was
can dy lu
minous
edible
spry
pinks shy
lemons
greens coo l choc
olate
s.
un der,
a lo
co
mo
tive s pout
ing
vi
o
lets
Artemisia Gentileschi - Lukretia - Zu rächen dieses treuen Weibes Tod!
Der Sage erzählt, dass im 8. Jahrhundert v.Chr., nach dem Tod des Romulus, unter den römischen Patriziern, Streit über die Herrschaftsnachfolge ausbrach. Und da sie zu keiner Einigung finden konnten, schickten sie nach Außen um Hilfe - die nächsten zwei Jahrhunderte wurde Rom dann von etruskischen Königen regiert.
Zeitsprung in das Jahr 510 v. Chr.:
"Da geschah ein furchtbares Vorzeichen: Eine Schlange, die aus einer Holzsäule hervor glitt, führte zu Panik und Verwirrung im Palast. Der König war weniger erschreckt als voll von dunklen Vorahnungen. ... also entschied er, zu dem weltberühmten Orakel nach Delphi zu senden. Weil er fürchtete, die Antwort des Orakels irgendjemand sonst anzuvertrauen, sandte er zwei seiner Söhne nach Griechenland, durch damals noch unbekannte Länder und über noch unbekanntere Meere. Titus und Arruns brachen auf. Als Reisegefährten hatten sie Lucius Iunius Brutus, den Sohn der Tarquinia, der Schwester des Königs, einen jungen Mann, der ganz anders war als allgemein angenommen. Als er von dem Mord der besten Männer des Staates, darunter sein Bruder, auf Befehl seines Onkels hörte, beschloß er, dass seine Intelligenz dem König keinen Grund zur Beunruhigung geben, noch sein Reichtum seine Gier anstacheln sollten, und da die Gesetze keinen Schutz boten, wollte er Schutz suchen in Verwirrtheit und Vernachlässigung. Dementsprechend benahm er sich wie ein Idiot, gab dem König, was dieser in seiner Umgebung wollte, und protestierte nicht einmal gegen seinen Spitznamen Brutus [Stumpfsinniger]." Titus Livius
Hamlet in Toga, es gibt nichts Neues unter der Sonne.
Der König, Lucius Tarquinius Superbus, belagerte dann mit seiner Armee die reiche Stadt Ardea und seine Söhne vertrieben sich die Wartezeit während der Belagerung mit Festen und Gelagen - "und bei einem Weinfest, das Sextus Tarquinius gab, und bei dem Lucius Tarquinius Collatinus, der Sohn des Egerius anwesend war, kam die Sprache auf ihre Frauen, und jeder sprach von der seinen in den höchsten Tönen. Als der Disput sich erhitzte, sagte Collatiuns, es gebe keinen Grund zum Streit, es könne in den nächsten Stunden bewiesen werden, wie überlegen seine Lucretia den anderen sei." Titus Livius
Die Namen sind leicht verwirrend, alle heissen irgendwie auch Tarquinius, deshalb zur Vereinfachung:
Lucius Tarquinius Superbus = wie wir sehen werden, letzter König Roms
Titus und Arruns Tarquinius = Söhne des Königs, reisen zum Orakel
Sextus Tarquinius = der dritte und jüngste Sohn des Königs, Vergewaltiger Lucretias
Lucius Tarquinius Collatinus = Gouverneur von Collatia und Neffe des Königs, Sohn des Egerius, Ehemann der Lucretia
Lucius Iunius Brutus = auch ein Neffe, Sohn der Tarquinia
Es sind also alles Etrusker, nur Lucretia nicht, sie ist Römerin.
Also reiten alle jüngeren Männer gen Collatia zum Frauentest, finden Lucretia beim tugendhaften Spinnen vor, und Sextus Tarquinius, einer der Prinzen, "entflammt von der Schönheit und der beispielhaften Reinheit der Lucretia, plante sie mit Gewalt zu entehren".
Einige Tage später reitet Sextus Tarquinius nochmals nach Collatia und wird gastfreundlich aufgenommen, obwohl der Hausherr abwesend ist. In der Nacht schleicht er sich in Lucretias Zimmer: "Still, Lucretia! Ich bin Sextus Tarquinius, und ich habe ein Schwert in der Hand. Wenn Du nur ein Wort sprichst, wirst Du sterben!" Sie wehrt sich tapfer. Er droht, werde den Leichnam ihres Sklaven neben sie legen, so dass man glauben würde, sie sei beim Ehebruch überrascht worden. Sie gibt auf. Er vergewaltigt sie und haut ab. Lucretia sendet Boten an Vater und Ehemann, die sofort kommen und auch, welch ein Zufall, Lucius Iunius Brutus mitbringen. Sie berichtet, fordert Rache und, und hier hier wird es grauenhaft, ersticht sich, damit sich keine andere geschändete Frau auf ihr Schicksal berufen könne. Wie schrecklich traurig, sich selbst und dem eigenen Geschlecht im Tod noch Feind, oder?
Die Vergeltung soll vollzogen werden und Brutus wird zum Anführer der Rächer. Mit Hilfe der Leiche der Lucretia wird der Volkszorn angestachelt. Und, obwohl Sextus irgendwann dann auch noch, fast nebenbei, getötet wird, geht es jetzt um viel mehr. Der König selbst wird tyrannischer Herrschaft angeklagt, eine Volksarmee gebildet, Rom übernommen und schließlich der König verbannt. Dann werden zwei Konsuln in den Volks- und Heeresversammlung gewählt, sie hießen Lucius Iunius Brutus und Lucius Tarquinius Collatinus. Rom ist nun Republik, für die Patrizier zumindest.
Nur kurze Zeit später muss Collatinus zurücktreten, da er durch seinen Familiennamen Tarquinius, zu eng mit der verhassten ehemaligen Königsfamilie verbunden ist. Iunius Brutus, gehört zwar zur gleichen Sippe, aber er hat "Glück", sein Name ist Iunius, er darf Konsul bleiben.
O was“, so fällt sie in die Schwüre ein,
„Was wäscht mich von erzwungnen Flecken rein?
Von welcher Art ist mein Verbrechen! Hat
Verein des Schrecklichsten es nicht erzwungen?
Kann je mein reiner Sinn die schmutz’ge That
Von welcher Art ist mein Verbrechen! Hat
Verein des Schrecklichsten es nicht erzwungen?
Kann je mein reiner Sinn die schmutz’ge That
Verzeih’n, die Ehre heben, die gesunken?
Bleibt meinem Missgeschick ein Hoffnungsfunken? –
Befreit doch selbst vom Schmutze sich der Bach,
Warum nicht ich von aufgedrungner Schmach?“
Einstimmig hier aus Aller Munde bricht:
Befreit doch selbst vom Schmutze sich der Bach,
Warum nicht ich von aufgedrungner Schmach?“
Einstimmig hier aus Aller Munde bricht:
„Des Leibes Flecken rein’ge ihr Gemüth“;
Doch freudlos lächelnd dreht sie das Gesicht,
Darin man tief von Thränen eingeglüht,
Des harten Missgeschickes Spuren sieht.
„Nein“, ruft sie, „nicht soll Frau’n, die nach mir leben,
Darin man tief von Thränen eingeglüht,
Des harten Missgeschickes Spuren sieht.
„Nein“, ruft sie, „nicht soll Frau’n, die nach mir leben,
Was mich entschuldigt, Recht auf Nachsicht geben!
“Und seufzend jetzt, als wollt’ das Herz ihr brechen,
Stößt sie Tarquinens Namen aus; er, er,
Und nichts als er kann ihre Zunge sprechen;
Bis sie nach langem Müh’n, aufathmend schwer,
Stößt sie Tarquinens Namen aus; er, er,
Und nichts als er kann ihre Zunge sprechen;
Bis sie nach langem Müh’n, aufathmend schwer,
In unklar krankem Ton, zuletzt nichts mehr,
Als dies noch spricht: „Er ist’s, ihr Edlen, er,
Der diese Hand zum Stoße führt – hieher.“
Und so durchbohrt sie mit der scharfen Schneide
Die treue Brust, empor die Seele fährt;
Der diese Hand zum Stoße führt – hieher.“
Und so durchbohrt sie mit der scharfen Schneide
Die treue Brust, empor die Seele fährt;
Geheilt hat sie der Stoß von tiefem Leide,
Das im entehrten Kerker sich genährt.
Der Geist, befreit von müden Seufzern, kehrt
Zum Himmel heim, und durch die Wund’ entschwebt
Dem Erdenschicksal das, was ewig lebt.
Der Geist, befreit von müden Seufzern, kehrt
Zum Himmel heim, und durch die Wund’ entschwebt
Dem Erdenschicksal das, was ewig lebt.
William Shakespeare "Die geschändete Lukretia"
„Nein“, ruft sie, „nicht soll Frau’n, die nach mir leben, / Was mich entschuldigt, Recht auf Nachsicht geben!
Montag, 29. August 2011
50.000 Leser bisher - oder zumindestens 50.000 Klicks
Ein Blog oder auch Web-Log, Wortkreuzung aus World Wide Web und Logbuch, ist ein auf einer Website geführtes und damit – meist öffentlich – einsehbares Tagebuch oder Journal, in dem mindestens eine Person, der Web-Logger, kurz Blogger, Aufzeichnungen führt, Sachverhalte protokolliert oder Gedanken niederschreibt. (Wiki)
Dies sei ein Lobgesang auf die belebende Wirkung des Bloggens.
Nein, die phantasierte Geschichte und das erhoffte Stück sind noch nicht geschrieben, NOCH nicht. Aber ich schreibe. Täglich, nur so und so und so und für den Blog. Und ich lese wieder, wie in Zeiten, als jede "ergatterte" Kostbarkeit, die unter und dann über den Ladentisch meine Hände erreichte, gierig, wenn möglich in einer Nacht verschlungen wurde und lese absichtsfrei, ziellos, nur um des Vergnügens willen, bin ganz verliebt in Wörter und Worte. In der Schule mussten wir nach den Grossen Ferien eine Liste unserer sommerlichen Lektüre beim Deutschlehrer abgeben. Der war leider ein Idiot, aber trotzdem, die Liste wäre lang. Erstaunlich, ich hatte gar nicht bemerkt, dass mir die Leselust beinahe verlustig gegangen ist, ich hatte ja immer noch gelesen, aber halt nur "dienstlich", ernsthaft, verpflichtet, wäre beinahe ein bildungsbürgerlicher ohne-Lustleser geworden.Glück gehabt, die Kurve gekriegt!
Und Ich gehe, auch ohne zu verreisen, in Museen, in meiner eigenen Stadt und öfter sogar. Ich höre mir bisher unbekannte Musik an, gehe sogar wieder gern ins Theater (manchmal), bin wach und amüsiere mich wie Bolle.
Und dann Berlin! Das auch mit B beginnt wie Blog. Seit fast 15 Jahren war ich nie mehr als sechs Wochen hintereinander in dieser Stadt, die ich genauso verbissen hassliebe, wie fast jeder ihrer Eingeborenen, und die trotz des ob seiner Idiotie preiswürdigen "be berlin" Slogans, eine tolle Stadt ist. Diesmal war Zeit zum rumlaufen, erinnern, neu entdecken, ausprobieren, riechen, ja viel riechen und schmecken. Zeit, Leute zu treffen, zu sehen, zu sprechen. Das war das Beste, endlich wieder entdigitalisierte Kontakte! Die vier Monate haben sich gelohnt, mein Kopf ist herrlich enttheatert und jetzt geht's wieder ins Theater!
Sonntag, 28. August 2011
Rupert Brooke - Die Vision der Erzengel
Die Vision der Erzengel
Langsam auf stille Gipfel, die weisse Grenze der Welt,
Traten vier Erzengel, klar gegen den unbekümmerten Himmel,
Tragend, mit ruhigen gleichmäßigen Schritten, die riesigen Flügel eingerollt,
Einen kleinen schäbigen Sarg, in dem muss ein Kind liegen,
Es war so winzig. (Doch, Du hattest Dir eingebildet, Gott könnte niemals
Einem Kind gebieten, sich vom Frühling und vom Sonnenlicht abzuwenden,
Und es in dieses einsame Gehäuse einschliessen, für immer fallen lassen
In die Leere und Stille, in die Nacht…)
Traten vier Erzengel, klar gegen den unbekümmerten Himmel,
Tragend, mit ruhigen gleichmäßigen Schritten, die riesigen Flügel eingerollt,
Einen kleinen schäbigen Sarg, in dem muss ein Kind liegen,
Es war so winzig. (Doch, Du hattest Dir eingebildet, Gott könnte niemals
Einem Kind gebieten, sich vom Frühling und vom Sonnenlicht abzuwenden,
Und es in dieses einsame Gehäuse einschliessen, für immer fallen lassen
In die Leere und Stille, in die Nacht…)
Sie werfen dann vom durchsichtigen Gipfel, und sahen ihn fallen,
Durch unbekannte Düsternis, diesen zerbrechlichen schwarzen Sarg – und darin
Gottes kleine elende Leiche, abgetragen und dünn,
Und zusammengerollt wie irgendein zerknittertes, einsames Blütenblatt---
Bis er nicht mehr sichtbar war, dann kehrten sie wieder um
Mit betrübten stillen Gesichtern in die Ebene hinunter.
The Vision Of The Arcangels
Slowly up silent peaks, the white edge of the world,
Trod four archangels, clear against the unheeding sky,
Bearing, with quiet even steps, and great wings furled,
A little dingy coffin; where a child must lie,
It was so tiny. (Yet, you had fancied, God could never
Have bidden a child turn from the spring and the sunlight,
And shut him in that lonely shell, to drop for ever
Into the emptiness and silence, into the night... )
They then from the sheer summit cast, and watched it fall,
Through unknown glooms, that frail black coffin---and therein
God's little pitiful Body lying, worn and thin,
And curled up like some crumpled, lonely flower-petal---
Till it was no more visible; then turned again
With sorrowful quiet faces downward to the plain.
Bild: Die drei Erzengel und Tobias von Francesco Botticini ca. 1470
Rupert Brooke 1887 - 1915, starb im Ersten Weltkrieg als Soldat in der britischen Armee
an Sepsis infolge eines Mückenstiches.
Dido und Aeneas in Der Waldbühne
Schon wieder Kunstbesuch an deutscher historischer Stätte. Der Architekt Werner March leitete den Bau der Dietrich-Eckart-Freilichtbühne für die Olympiade 1936 in Berlin. Doch wer war Dietrich Eckart?
Dietrich Eckart, Morphinist, Literatur- und Theaterkritiker, erfolgloser Dramatiker und Werbetexter, prägte 1919 als Mitbegründer der NSDAP den Begriff „Drittes Reich“, womit eine Verbindung von chileatischer Esoterik und politischer Absicht gemeint war. Schönes Reimzitat: „Im deutschen Wesen ist Christ zu Gast – drum ist es dem Antichristen verhaßt." Er hat wohl auch 1921 das erstemal A.H. als "Führer" bezeichnet. A.H. widmete dem 1923 Verstorbenen dann sein Buch "Mein Kampf".
Seit Kriegsende heißt das als Thingbühne nach dem Vorbild von Ephesus gebaute Amphitheater und ursprünglich für 100 000, in der Realität für 22 000 Zuschauer gedachte Amphitheater "Waldbühne"
27. August Berlin - abends, starker Regen. Wir und tausende Andere entströmen der S-Bahn an der Station Pichelsberg, waten durch einigen Schlamm und wollen getanzte Oper sehen. Ist das nicht schön und erstaunlich, dass so viele Menschen, die Zuschauerränge waren nahezu voll, und bei solchem Wetter, Barockoper und modernen Tanz sehen wollen?
Der Regen legt sich, es ist kalt, und, was mich nicht so gestört hat, aber doch zu mittleren Pfeifkonzerten führte, die Oper beginnt erst um 21.30 Uhr, die ersten anderthalb Stunden sind eine Geburtstagsfeier für das "Radialsystem". Egal, Brezel gekauft, mit den Sitznachbarn geschwatzt, es bleibt vergnüglich.
"Dido und Aeneas" von Henry Purcell war eine meiner ersten Schallplatten. Ich habe keine Ahnung wieso, da ich ansonsten nahezu keine klassische Musik gehört habe, aber dass ich Barockmusik liebe, wurzelt sicher in dieser unter nicht mehr erinnerten Umständen in meinen jugendlichen Besitz gekommenen Vinylscheibe.
Kurz die Geschichte: Aeneas aus dem zerstörten Karthago entflohen, erreicht nach Irrfahrten Karthago, trifft dessen Gründerin Dido, die beiden verlieben sich, Intrige folgt, Dido fühlt sich von Aeneas verraten, Dido begeht Selbstmord. Aeneas reist ab.
Dido, Aeneas, Ascanius, Anna, Römisches Mosaik 4.Jht in Britannien |
Man sitzt an diesem Abend in der Waldbühne weit weg vom Geschehen, verpasst sicher eine Menge Details und die Wechselkonzentration auf Bühne und Videoleinwände ist auch anstrengend - ABER ich hatte einen wunderbaren Abend.
Einerseits hatte ich Draufsicht, was ungewöhnlich, aber in diesem Fall manchmal auch berauschend schön war. Andererseits, wie Frau Waltz Chor, Tänzer und Sänger verschmilzt, sie endlich einmal nicht "spartengerecht" agieren läßt, sondern aus ihnen ein Ensemble schafft, ist phänomenal! Und die Musik ist lieblich. Manchmal fast Barock-Pop, manchmal tief berührend. Dafür hat sich das Frieren gelohnt. Und Humor hat die Inszenierung auch und auch Ruhe, sehr schön. Gucke ich mir nochmal, für die Details, auf DVD an.
Guido Reni 1630 Abschied von Aeneas |
Für Opern-Interessierte:
Anatomie eines Selbstmords; Henry Purcells „Dido and Aeneas“
Samstag, 27. August 2011
Die letzte Rose des Sommers - In Erschütterung über den Sommer in Berlin
Des Sommers letzte Rose
Des Sommers letzte Rose
Blüht hier noch, einsam, rot.
All ihre schönen Schwestern
Sind schon verwelkt und tot!
Nicht Freunde stehen bei ihr,
Kein junger Rosenstrauch,
Zu frohem Widerglühen,
Zu tauschen Hauch um Hauch.
Will dich nicht welken lassen,
Dich, die ich einsam fand;
O sei zu deinen Schwestern
In ewigen Schlaf gesandt!
Ich streue deine Blätter
So gerne auf die Gruft,
Wo deine Lieben welkend
Nun liegen ohne Duft!
Kein Übersetzer zu finden, als Volkslied angegeben.
'Tis the last rose of summer
'Tis the last rose of summer
Left blooming alone;
All her lovely companions
Are faded and gone;
All her lovely companions
Are faded and gone;
No flower of her kindred,
No rosebud is nigh,
To reflect back her blushes,
To give sigh for sigh.
No rosebud is nigh,
To reflect back her blushes,
To give sigh for sigh.
I'll not leave thee, thou lone one!
To pine on the stem;
Since the lovely are sleeping,
Go, sleep thou with them.
Thus kindly I scatter,
To pine on the stem;
Since the lovely are sleeping,
Go, sleep thou with them.
Thus kindly I scatter,
Thy leaves o'er the bed,
Where thy mates of the garden
Lie scentless and dead.
Where thy mates of the garden
Lie scentless and dead.
So soon may I follow,
When friendships decay,
From Love's shining circle
The gems drop away.
When true hearts lie withered
And fond ones are flown,
Oh! who would inhabit,
This bleak world alone?
When friendships decay,
From Love's shining circle
The gems drop away.
When true hearts lie withered
And fond ones are flown,
Oh! who would inhabit,
This bleak world alone?
Thomas Moore (1779-1852), ca. 1805
...
Kein Schwärmer ist es, der die Flöte liebt
Und auf ihr nur "des Sommers letzte Rose",
Kein Tanzgenie, das ewig Stunden giebt,
Auch kein klavierverrückter Virtuose:
Ein armer Schuster nur, der nächtens flickt,
Wenn längst aufs Dach herab die Sterne scheinen,
Indess sein Weib daneben sitzt und strickt
Und seine Kinderchen vor Hunger weinen!
Und auf ihr nur "des Sommers letzte Rose",
Kein Tanzgenie, das ewig Stunden giebt,
Auch kein klavierverrückter Virtuose:
Ein armer Schuster nur, der nächtens flickt,
Wenn längst aufs Dach herab die Sterne scheinen,
Indess sein Weib daneben sitzt und strickt
Und seine Kinderchen vor Hunger weinen!
Arno Holz aus „Meine Nachbarschaft“
Shelley Stracey
|
Die Letzte Rose Des Sommers
Letzte Rose, wie magst du
so einsam hier blühn?
Deine freundlichen Schwestern
sind längst, schon längst dahin
Keine Blüte haucht Balsam
mit labendem, labendem Duft
keine Blätter mehr flattern
in stürmischer Luft.
so einsam hier blühn?
Deine freundlichen Schwestern
sind längst, schon längst dahin
Keine Blüte haucht Balsam
mit labendem, labendem Duft
keine Blätter mehr flattern
in stürmischer Luft.
Warum blühst du so traurig
im Garten allein?
Sollst im Tod mit den Schwestern
mit den Schwestern vereinigt sein
Drum pflück ich, o Rose
vom Stamme, vom Stamme dich ab
Sollst ruhen mir am Herzen
und mit mir, ja mit mir im Grab.
im Garten allein?
Sollst im Tod mit den Schwestern
mit den Schwestern vereinigt sein
Drum pflück ich, o Rose
vom Stamme, vom Stamme dich ab
Sollst ruhen mir am Herzen
und mit mir, ja mit mir im Grab.
Friedrich Wilhelm Riese 1847
aus der Oper "Martha" von Flotow
Die letzte der Rosen
Die letzte der Rosen steht blühend allein;
All ihre Gefährten, sie schliefen schon ein.
Nicht Blume noch Knospe, ihr freundlich verwandt,
hat Seufzer noch Blicke zurück ihr gesandt.
Ich will dich nicht lassen verwelken am Strauch
Weil alle schon schlafen, geh, schlafe du auch.
Doch sanft streu ich nieder die Blätter so rot
Wo ruhen deine Lieben, gefühllos und tot.
So schnell möchte ich folgen, wenn Freundschaft verblüht,
Im Lichtkranz der Liebe der Schimmer verglüht.
Wenn die Zeit die treuen Herzen der Freunde zerschellt,
wer möchte dann weilen allein in der Welt?
Die letzte der Rosen steht blühend allein;
All ihre Gefährten, sie schliefen schon ein.
Nicht Blume noch Knospe, ihr freundlich verwandt,
hat Seufzer noch Blicke zurück ihr gesandt.
Ich will dich nicht lassen verwelken am Strauch
Weil alle schon schlafen, geh, schlafe du auch.
Doch sanft streu ich nieder die Blätter so rot
Wo ruhen deine Lieben, gefühllos und tot.
So schnell möchte ich folgen, wenn Freundschaft verblüht,
Im Lichtkranz der Liebe der Schimmer verglüht.
Wenn die Zeit die treuen Herzen der Freunde zerschellt,
wer möchte dann weilen allein in der Welt?
Anonyme Übersetzung (vor 1852) aus dem Schreibbuch von Samuel Diehl, Pennsylvania.
Es gibt eine feine Fassung der Vertonung gesungen von Nina Simone, leider nicht auf youtube.
Hier Deanna Durbin:
http://www.youtube.com/watch?v=4FyzxhLWUxY
Und von Roisin O'Reilly
http://www.youtube.com/watch?v=bT1tSo-pOe0
Sommerbild
Ich sah des Sommers letzte Rose stehn,
Sie war, als ob sie bluten könne, rot;
Da sprach ich schauernd im Vorübergehn:
„So weit im Leben, ist zu nah am Tod!“
Es regte sich kein Hauch am heißen Tag,
Nur leise strich ein weißer Schmetterling;
Doch, ob auch kaum die Luft sein Flügelschlag
Bewegte, sie empfand es und verging.
Friedrich Hebbel 1848
Abonnieren
Posts (Atom)