Eine Lesung. Eine, wie man sie nur noch ganz selten zu hören und zu sehen bekommt. Klar schnörkellos und intelligent. Ein Mann, der wie ein idealisierter Dirigent aussieht, mit weissen Locken ums Haupt, steht hinter einem hohen Notenständer und - liest. Ohne Wassernipper, ohne sichtbare Manierismen, aber mit exzellentem Timing für Pointen und langen gedachten Bögen. Schön.
Hermann Beil mit Locken |
Die Geschichte des Mordes oder Attentates in der hohlen Gasse aus der Sicht eines dicklichen Ritters, der im Auftrag von Kaiser Rudolfs Erben (Den bösen Habsburgern aus dem Schillerstück) nach Uri reist, um die kaiserlichen Privilegien einzufordern. Einfordern ist viel zu krass, anmelden stimmt eher.
Beim Erscheinen des Buches gab es in der Schweiz einen "Riesen-Skandal" - die gefühlte Beschmutzung eines Volksmythos, der doch eine aus Weimar importierte Geschichte war, die der Schweizer sich aber mittlerweile so sehr zu eigen gemacht hatte, dass er sie als eigene, wahre Historie "fühlte". Schiller war nie in der Schweiz!
Max Frisch mit Berg |
"Wahrscheinlich Konrad von Tillendorf, ein jüngerer und für seine Jahre dicklicher Mann, damals wohnhaft auf der Kyburg, vielleicht auch ein anderer, der Grisler hieß und in den gleichen Diensten stand, jedenfalls aber ein Ritter ohne Sinn für Landschaft ritt an einem sommerlichen Tag des Jahres 1291 durch die Gegend, die heute als Urschweiz bezeichnet wird. Wahrscheinlich herrschte Föhn; das Gebirge, das der dickliche Ritter vor sich sah, schien näher als nötig. Um dem jungen Rudenz gegenüber, der ihn nach Uri führen sollte, nicht unhöflich zu sein, gab er sich Mühe und lobte mehrmals die blühenden Kirschbäume. Es war heiß und blau. Je länger er ritt, desto schweigsamer wurde der dickliche Ritter, denn die Berge zu beiden Seiten nahmen überhand. Oft wunderte er sich, daß es in dieser Gegend überhaupt einen Pfad gab; aber es gab tatsächlich einen Pfad, der, wie der dickliche Ritter wußte, sogar nach Rom führte, wenn auch immer wieder um Felsen herum."
Wilhelm Tell mit Armbrust |
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