Abendland
4. Fassung
4. Fassung
Else Lasker-Schüler in Verehrung
1
Mond, als träte ein Totes
Aus blauer Höhle,
Und es fallen der Blüten
Viele über den Felsenpfad.
Silbern weint ein Krankes
Am Abendweiher,
Auf schwarzem Kahn
Hinüberstarben Liebende.
Aus blauer Höhle,
Und es fallen der Blüten
Viele über den Felsenpfad.
Silbern weint ein Krankes
Am Abendweiher,
Auf schwarzem Kahn
Hinüberstarben Liebende.
Oder es läuten die Schritte
Elis’ durch den Hain
Den hyazinthenen
Wieder verhallend unter Eichen.
O des Knaben Gestalt
Geformt aus kristallenen Tränen,
Nächtigen Schatten.
Zackige Blitze erhellen die Schläfe
Die immerkühle,
Wenn am grünenden Hügel
Frühlingsgewitter ertönt.
Elis’ durch den Hain
Den hyazinthenen
Wieder verhallend unter Eichen.
O des Knaben Gestalt
Geformt aus kristallenen Tränen,
Nächtigen Schatten.
Zackige Blitze erhellen die Schläfe
Die immerkühle,
Wenn am grünenden Hügel
Frühlingsgewitter ertönt.
2
So leise sind die grünen Wälder
Unsrer Heimat,
Die kristallne Woge
Hinsterbend an verfallner Mauer
Und wir haben im Schlaf geweint;
Wandern mit zögernden Schritten
An der dornigen Hecke hin
Singende im Abendsommer,
In heiliger Ruh
Des fern verstrahlenden Weinbergs;
Schatten nun im kühlen Schoß
Der Nacht, trauernde Adler.
So leise schließt ein mondener Strahl
Die purpurnen Male der Schwermut.
Unsrer Heimat,
Die kristallne Woge
Hinsterbend an verfallner Mauer
Und wir haben im Schlaf geweint;
Wandern mit zögernden Schritten
An der dornigen Hecke hin
Singende im Abendsommer,
In heiliger Ruh
Des fern verstrahlenden Weinbergs;
Schatten nun im kühlen Schoß
Der Nacht, trauernde Adler.
So leise schließt ein mondener Strahl
Die purpurnen Male der Schwermut.
3
Ihr großen Städte
Steinern aufgebaut
In der Ebene!
So sprachlos folgt
Der Heimatlose
Mit dunkler Stirne dem Wind,
Kahlen Bäumen am Hügel.
Ihr weithin dämmernden Ströme!
Gewaltig ängstet
Schaurige Abendröte
Im Sturmgewölk.
Ihr sterbenden Völker!
Bleiche Woge
Zerschellend am Strande der Nacht,
Fallende Sterne.
Steinern aufgebaut
In der Ebene!
So sprachlos folgt
Der Heimatlose
Mit dunkler Stirne dem Wind,
Kahlen Bäumen am Hügel.
Ihr weithin dämmernden Ströme!
Gewaltig ängstet
Schaurige Abendröte
Im Sturmgewölk.
Ihr sterbenden Völker!
Bleiche Woge
Zerschellend am Strande der Nacht,
Fallende Sterne.
Georg Trakl
Seine Augen standen ganz fern -
Er war als Knabe einmal schon im Himmel.
Darum kamen seine Worte hervor
Auf blauen und weißen Wolken.
Wir stritten über Religion,
Aber immer wie zwei Spielgefährten,
Und bereiteten Gott von Mund zu Mund.
Im Anfang war das Wort.
Des Dichters Herz, eine feste Burg,
Seine Gedichte: Singende Thesen.
Er war wohl Martin Luther.
Seine dreifaltige Seele trug er in der Hand,
Als er in den heiligen Krieg zog.
- Dann wußte ich, er war gestorben -
Sein Schatten weilte unbegreiflich
Auf dem Abend meines Zimmers.
Seine Augen standen ganz fern -
Er war als Knabe einmal schon im Himmel.
Darum kamen seine Worte hervor
Auf blauen und weißen Wolken.
Wir stritten über Religion,
Aber immer wie zwei Spielgefährten,
Und bereiteten Gott von Mund zu Mund.
Im Anfang war das Wort.
Des Dichters Herz, eine feste Burg,
Seine Gedichte: Singende Thesen.
Er war wohl Martin Luther.
Seine dreifaltige Seele trug er in der Hand,
Als er in den heiligen Krieg zog.
- Dann wußte ich, er war gestorben -
Sein Schatten weilte unbegreiflich
Auf dem Abend meines Zimmers.
Else Lasker-Schüler für Georg Trakl
Zwei große Dichter auf steinigen Wegen.
AntwortenLöschenUnter jedem Grabstein liegt eine Weltgeschichte. So auch hinter jenen Gedichten, die von der flüchtigen Wiederbegegnung zweier einstmals getrennter Hälften (eines Kugelmenschen) zeugen.
Er, zu dieser Zeit, alleinstehend, ein junger Mann von gerade mal Sechsundzwanzig, vollgepumpt mit Drogen, nahe dem Ende. Sie, Mitte Vierzig, zweifach geschieden, alleinstehende Mutter eines Knaben, ein Leben in der Diaspora.
Immer noch und wieder Danke an Franz Fühmann, der 1981 die Gedichte von Georg Trakl in der DDR herausgab, mit seinem wunderbaren Trakl-Essay und einem Heftchen mit Zeichnungen von Schiele.
AntwortenLöschen("Der Wahrheit nachsinnen-Viel Schmerz")
Georg Trakl erlag im Krieg
von eigener Hand gefällt.
So einsam war es in der Welt.
Ich hatt ihn lieb.
( Else Lasker Schüler zu seinem Tod )