Mittwoch, 29. Juni 2011

e.e. cummings - wenn schlangen


wenn schlangen um das recht sich zu winden verhandeln
und die sonne für den erhalt des mindestlohns streikt
wenn dornen besorgt ihre rosen betrachten
und regenbögen sich gegen das alter versichern

wenn jede drossel keinen neumond einsingen darf
bevor nicht schleiereulen seine stimme abgesegnet haben
- und jede welle unterschreiben muss
oder sonst wird ein ozean gezwungen zu schließen

wenn die eiche die birke um erlaubnis bittet
eine eichel machen zu dürfen - täler ihre berge
der höhe beschuldigen - und märz
den april als saboteur anprangert

dann werden wir an das unglaubliche
nichttier(untier)menschheit glauben(und nicht bis)

M.C. Escher Auge

when serpents bargain for the right to squirm
and the sun strikes to gain a living wage
when thorns regard their roses with alarm
and rainbows are insured against old age

when every thrush may sing no new moon in
if all screech-owls have not okayed his voice
-and any wave signs on the dotted line
or else an ocean is compelled to close

when the oak begs permission of the birch
to make an acorn-valleys accuse their
mountains of having altitude-and march
denounces april as a saboteur

then we'll believe in that incredible
unanimal mankind(and not until)

M.C. Escher, Drawing Hands, 1948

6 Kommentare:

  1. Alexander Höchst29. Juni 2011 um 01:54

    Ich befürchte, da ist etwas Wahres dran... und so gut geschrieben!

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  2. Hab' sehr geschmunzelt. Ja, vielleicht sollte sich die Natur nicht zuviel von ihrem "Spitzenprodukt" der Evolution abschauen... das Spitzenprodukt hat nämlich noch Fertigungsfehler.
    Aber vielleicht könnte das Spitzenprodukt der Evolution einige Fertigungsfehler bereinigen, wenn es die einfachen Prinzipien der Natur genauer beschaut.

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  3. Burkhard Ritter:
    Vielleicht können Probleme der Menschheit nur durch die Abschaffung der Menschheit gelöst werden, weil wir uns zum Untier entwickelt haben.

    Hatto Fischer
    Entschuldige, Burkhard, aber das ist solch ein Satz der dem Selbstmord gleicht, denn schließlich bist Du dann auch ein zum Untier gewordener Mensch wie alle anderen auch. Da aber bekanntlich Untiere sich nicht als Menschen wiedererkennen, muß es sich um blinde Untiere handeln. Im Gegensatz zu solch schlicht unsinnigen Verallgemeinerung kann Uwe Johnson zitiert werden. Er sah noch immer den Menschen selbst wenn jene Person beim Faschismus mitgemacxht hat. Das unterscheidet also zwischen Sprache und Schweigen (George Steiner). So verzeih mir solch einen Widerspruch zu was Du schreibst, aber schlechte Verallgemeinerungen haben das an sich daß sie in der Sinnlosigkeit aus Angst vor einer die Menschen liebenden Wahrheit erstarren. Ja, leider verneinte Goethe die Menschen währendessen Puschkin ihnen zuhörte und selbst bei den schlimmsten Verbrechern noch etwas in deren Kunst zu fluchen entdeckte, was ans Menschsein erinnert. Es gibt halt leider besonders in Deutschland diesen Hang zur Verneinung der Menschen aus Liebe zur Unwahrheit.

    Pascal von Wroblewsky
    burkhard, darüber denkste aber jetzt noch mal nach :-)

    Burkhard Ritter
    Ja, ich gebe dir Recht das es sich um eine Verallgemeinerung handelt. Ich hätte auch am Schluss ein Fragezeichen setzen sollen. Wenn aber die Schlange verhandeln muss, die Sonne für Mindestlohn streikt usw. an so eine Welt könnte ich mich nicht gewöhnen. Es war eine Reflexion auf das Essay von E.E. Cummings und ich lebe natürlich gern.

    Burkhard Ritter
    Manchmal habe ich aber den Eindruck das der Mensch alles zum Zweck des Untergangs mobilisiert. Wenn es nicht wiederum Menschen geebn würde, die sich dagegen aussprechen und ankämpfen.

    Hatto Fischer
    Soeben habe ich die Nachricht erhalten San Sebastian wird Kulturhauptstadt Europas gemeinsam mit Wroclaw in 2016 sein. Die beiden Städte haben miteinander Verwandtnis. Während in Wroclaw, dem einstigen Breslau ein von Richthofen die Bombardierung von unschuldigen Zivilisten in Guernica 1937 organisierte, liegt San Sebastian nur 50 Km von Guernica entfernt und wurde über die letzten 40 Jahren vom Baskischen Terror heimgesucht. Doch die Menschen lehnten sich dagegen auf. Allein der Antrag von San Sebastian entspricht diesem neuen Mut. Es ist ein Beispiel das von Picasso ausgeht und kulturell weiter lebt, wenn nicht das Gewehr sondern das Gedicht zählt. Und darum danke ich Dir für beide Deine Antworten weil sie sich auf diesen Widerspruch besinnen.

    Alexander Höchst
    Wenn es die Menschen, die sich dagegen aussprechen und ankämpfen nicht gäbe, wäre es schon sehr trostlos... Aber die Menschen bekommen z.B. einfach kein international gültiges und wirksames Klimaabkommen zu Stande. Wärend der Klimawandel nicht darauf wartet, sondern sich stetig weiter wandelt. Und das ist nur eine Baustelle, die uns und der Erde in der heutigen Form gefährlich werden kann; Stichwörter: Regenwälder, Atomkraft, Vergiftung von Böden und Natur, Überfischung der Weltmeere, Artensterben, Zerstörung von Lebensräumen für Tier und Mensch und, und, und... Da sind Gedichte sicher auch gut und wichtig aber stoppen sie leider nichts... Leider!

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  4. Hatto Fischer
    George Steiner stellte die Frage, ob Kultur Gewalt aufhalten kann? Er stellt die Frage wie konnte es geschehen daß jemand am Abend zuvor auf dem Klavier Schubert Lieder spielt und am näcsten Tag Menschen in KZ tötet? Darauf gibt es etliche Antworten. Ritsos, der griechische Dichter schrieb Gedichte als er im Gefängnis der Junta saß. Er gab nie auf den Glauben an die Freiheit. Eines Tages wird der Tag kommen. Auch da wird es wichtig im Gefängnis doch noch wärmende Worte zu hören und nicht nur solche die einen runter putzen. Ohnehin kann niemals ein Gedicht der Verwertungskette unterzogen werden. Das politische Nutzen begreift nicht ein Gedicht. Oder will die Frage eines Kindes nicht auch die Gewalt des Vaters gegenüber der Mutter stoppen. Es können nur fragende Augen sein. Wenn Frauen allein nachts durch die Straßen gehen und sie plötzlkich einer Gefahr der Vergewaltigung ausgesetzt sind, dann hilft allemal doch den anderen im Auge zu behalten denn vor jedem Akt kommt nochmals der Zweifel auf. Da kann das Gedicht die Frage stellen. Und als Bush den Irakkrieg anfing, initiierte Sam Hamill 'Poetry against the War'. Jeden Tag wurde ein neues Gedicht veröffentlicht. Sobald die poetische Sprache in den Alltag einfloss und nicht die Menschen schweigend dem Krieg ausgesetzt liessen, fing an der Widerstand gegen diesen Krieg sich zu entwickeln. Ähnliches mit dem Klimawechsel. Es gibt inzwischen viele gute Künstler die ein anderes Bewußtsein dadurch erzeugen daß sie die Menschen zu einem neuen und anderen Erleben der Natur einladen. Und noch eines. Wer weiß ob nicht eine gut erzählte Geschichte vor dem Schlafengehen aus diesem Kind später einen wahrhaften Erzähler macht und eben dadurch etwas anderes ermöglicht als nur den Untergang. Das apokalyptische Denken das nach dem Nutzen nur urteilt, bringt da nicht weiter.

    Johanna Schall Aber ich denke, auch Gedichte, wie das obige von cummings, sind hilfreich, nicht alleingelassen sein in Verzweifllung, Widerhall finden, sich erkannt fühlen, sind doch auch wichtig, oder?
    three wealthy sisters swore they'd never part/Soul was(i understand)/seduced by Life;whose brother married Heart,/now Mrs. Death. Poor Mind.

    Pascal von Wroblewsky
    ‎@ Johanna: ich habe auch eher den Eindruck, dass dieses Gedicht nicht nihilistisch verurteilt.

    Alexander Höchst
    Trost und Mitgefühl sind sehr hilfreich und wichtig; in jeder Form. Geschichten, Gedichte, Gemälde, Theater, Filme usw. sind unerlässlich und in Krisen wie z.B. oben beschrieben noch überlebenswichtiger. Sie sind nicht weg zu denken. Aber stehen die Probleme eben trotzdem an. Da muss ich garnicht apokalyptisch denken, das ist einfach so... Wir können nur hoffen, dass alle Kräfte, auch die der Kunst, am Ende reichen werden, global etwas zu retten.

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  5. Pascal von Wroblewsky
    die hilfe, die kunst u.a. bieten kann und sollte, ist die information und interpretation, die gerade in notzeiten wichtig ist. wenn sie dann verbunden mit medien daherkommt, wird sie hochaktuell. ich denke dabei an die blogs und videos, die nicht nur von künstlern kamen, beispielsweise erst in jüngster zeit in den umbrüchen und revolutionen oder den blog des künstlers ai wei wei. sicher haben wir zeitungen, nachrichten etc. aber ob man jeder nachrichtenagentur vertrauen kann, steht in den sternen, so bleiben uns die nachrichten, die schriftsteller oder musiker oder andere künstler hinterlassen. durch die medien wie das internet erreichen uns die nachrichten der künstler auch viel schneller, aber auch die nachrichten, die uns aus alten zeiten übergeblieben sind, haben uns noch immer etwas zu sagen und das it entscheidend, denn geschichte darf nicht vergessen werden.

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  6. Hmmm... manchmal ist meine Facebook-Allergie bedauerlich - und zwar für mich. Sehr schöne Diskussion.
    Ich sehe es so, dass sowohl Menschen, als auch Kultur niemals nur das eine oder andere sind. Sie können alles sein und das stellt jeden einzelnen von ihnen vor die Herausforderung der Wahl. Kultur kann Nahrung für die Hoffnung sein, Futter für den Geist, sie kann uns erheben und bei der Antwortsuche helfen, sie kann inneres Wachstum sein... trotzdem kann sie auch Instrument abscheulicher Ideen sein, sie kann manipulieren und ausgrenzen. Ich kann mit einer Waffe ein Schloß aufschießen und einen zu Unrecht einsitzenden Gefangenen befreien. Wenn ich aber vorher mit dieser Waffe die Gefängnisaufseher erschossen habe - was ist die Waffe dann?
    Sie ist, wozu ich sie einsetze. Ich habe die Wahl, Menschen haben die Wahl ...dieses Privileg wird nicht immer sinnvoll genutzt.
    Menschen sind nicht per se Segen oder Pest, sie können beides sein und alle dazwischen befindlichen Grauzonen zusätzlich bevölkern.
    Entscheidend wird irgendwann die Frage sein wieviele welche Entscheidung treffen...und ob sie es rechtzeitig tun.
    Erstaunlich ist, dass wenige, sogar einzelne, die Entscheidung von vielen beeinflussen können. Und da kommt Kultur ins Spiel, zumindest ist das meine Hoffnung. Kultur in allen ihren Facetten, von Wissenschaft über Literatur, vom Theater, über Museen bis in die Schulen. Denn diese Entscheidungsfindungsprägung würde ich ungern Politikern und Wirtschaft überlassen.
    Ich habe wirklich keine durchgängig hohe Meinung von uns als Krone der Schöpfung und ich bin sehr geneigt Herrn Ritter zuzustimmen betreffs unseres bemerkenswerten Talentes am eigenen Unglück zu basteln. Aber wir können es besser - und das wunderbare ist: oftmals tun wir das sogar.
    2005 wurde der zwölfjährige Ahmed, der Sohn des Palästinensers Ismail Khatib von einem israelischen Soldaten erschossen. Der Junge spielte mit einem Plastikgewehr auf der Straße, der Soldat hielt die Waffe für echt und schoß. Eine Tragödie, geboren aus dem Hass zweier Völker aufeinander und geeignet wutvolle Straßenschlachten zu entfesseln. Aber die Geschichte ging anders weiter. Ismail Khatib und seine Frau entschlossen sich fünf Organe ihres Sohnes zu spenden - für israelische Kinder. Die unglaubliche Größe dieser auf den ersten Blick so fern liegenden Entscheidung rührte zwei Völker, fand internationale Beachtung besonderer Weise und gab den Eltern eine Lebensaufgabe - sie kämpfen weiter für Aussöhnung und haben in Jenin ein Kulturzentrum für Jugendliche gegründet.
    Menschen haben ein Talent für Unglück, sie haben aber selbst im Unglück auch eines für Glück durch Größe. Immer wieder. Was sich durchsetzen wird... nee, also da wage ich wirklich keine Prognose.

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