In London gibt es lebendige, pulsierende, unterhaltsame Fußgängerzonen, autofreie Bereiche in der Innenstadt, wie Convent Garden oder Neal Street. Sie sind entweder dicht an dicht gefüllt mit Läden oder eine gut geplante Mischung von Cafes, Läden, Museen, Theatern und vielen unterschiedlichen Strassenkünstlern. Menschen, Londoner und Auswärtige schlendern, essen, trinken, kaufen ein, geben viel zu viel Geld aus und amüsieren sich trotzdem. In Paris gibt es solche Gegenden, auch in Florenz und anderswo.
Berlin wollte sowas auch haben. Dazu wurde die Friedrichstrasse zwischen Französischer und Leipziger Strasse vom Senat, ganauer von der Bürgermeisterin und Senatorin für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz Bettina Jarrasch zur autofreien Zone erklärt. Die Berliner Verkehrssenatorin Frau Jarasch jubelte öffentlich über das beglückende Gefühl, dass diese Flaniermeile in den Flanierenden auslöste. Leider fuhren mittendurch sehr schnelle Fahrradfahrer und außenherum war wenig Unterhaltsames zu finden. Es schien, als wollte man das Gefühl haben, ohne die Arbeit leisten zu wollen. Die Idee wollte man übernehmen, aber nicht die nötige Infrastruktur dafür schaffen.
Das Ergebnis? Ein menchenleerer, häßlicher Strassenabschnitt, der niemanden erfreut. Und schon gar nicht irgendjemanden anlockt.
Das Quartier 206 ist fast unbenutzt, das riesige ehemalige "Haus der Russischen Kultur" ebenfalls, das Lafayette läuft soso, dann gibt es noch einen kanadischer Fritten Shop, ein Einstein Cafe, ein paar mittelinteressante Läden und jede Menge deprimierende Ödnis, unbequeme Bänke und in ihrer Häßlichkeit kaum zu übertreffende Glasschaukästen vervollkommnen das Ensemble. What the fuck? Wer will hier sein? Und warum sollte er hier sein wollen? Oder sie?
Nach heftiger Kritik wurde jetzt umgedacht. Die Radfahrer werden nun in die Charlottenstrasse umgeleitet und die Markgrafenstrasse darf den gesamten Autoverkehr inclusive der vielen Touristenbusse abfangen. Juche!
Die Flaniermeile am Sonntag, den 16. 10. 2022 um 14:08 Uhr bei 25°.
FLANIEREN: ohne ein bestimmtes Ziel langsam umherschlendern, um andere zu sehen und sich sehen zu lassen, sagt Wiki. Aber warum sollte ich hier herumlaufen? Keiner ist da, der mich sieht, nichts Interessantes ist da zum Ansehen. Und zwischendurch versuchen immer wieder, einige rasende Radler mich zu töten. Gut, die sind weg, wenn die Charlottenstrasse sie übernimmt, aber dadurch wird die Friedrichstrasse leider auch nicht interessanter.
Ich bin unbedingt für eine starke Verminderung des Automobilverkehrs. Bin dafür SUVs für Menschen, die nicht durch unzugängliches Gelände manövrieren müssen, ganz zu verbieten, den Nahverkehr intensiv zu fördern. Ich habe selbst kein Auto mehr und auch, wenn ich selbst nicht Fahrrad fahre, bin ich froh, dass es jetzt so viele andere tun. (Auch wenn einige Idioten sehr aggressiv und unachtsam fahren.) Aber autofreie Strassen müssen eine neue, andere interessante Aufgabe übernehmen, oder? Vielleicht muss das Konzept STADT und VERKEHR neu gedacht werden? Den Nahverkehr weiter ausbauen, die Bahn hin und wieder pünktlich sein lassen, Autofahren für alle, die nicht wirklich darauf angewiesen sind, wie z.B. Pendler, sehr, sehr teuer machen. Meine Freundin sagt, Kapitalismus und echter Klimaschutz schließen einander aus, der eine existiert durch ständiges Produzieren von immer mehr, das gekauft werden oder vernichtet werden muß. (ZARA muß 11 Kollektionen im Jahr anbieten.), der andere verlangt, braucht Einschränkung, Weniger. Wer wird gewinnen, ich befürchte ...
Die Flaniermeile am Dienstag, den 18. 10. 2022 um 16:11 Uhr bei 17°
NEUESTE ENTWICKLUNG!
Susanne Mertens und Philmon Ghirmai, Landesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen Berlin:„Die
Friedrichstraße bleibt dauerhaft autofrei. Gut so! Bettina Jarasch
folgt dem überwiegenden Wunsch der Nutzer*innen. Sie führt eine sach-
und bürger*innenorientierte Politik fort, statt den lauten Stimmen zu
folgen, die die Autostadt konservieren wollen. Vier von fünf Befragten
sprechen sich für die dauerhafte Sperrung der Friedrichstraße für den
motorisierten Verkehr aus. Die Umgestaltung bietet insbesondere
Fußgänger*innen mehr Raum und Sicherheit. Der angekündigte
Gestaltungswettbewerb des gesamten Areals bis zum Gendarmenmarkt wird
die Grundlage für einen fairen Interessenausgleich schaffen. Im Rahmen
dessen wird auch der Radverkehr von neuen und größeren Lösungen
profitieren."
Die Flaniermeile am Dienstag, den 25. 10. 22 um 15:54 Uhr bei 17°
ODER:
Bordsteine sollen weichen
Mit einem Gestaltungswettbewerb wolle man
unter anderem mehr Grün oder Sitzgelegenheiten ermöglichen, so Jarasch.
Auch die Bordsteine könnten entfernt werden, sodass der gesamte Bereich
ebenerdig sei. Der Radverkehr werde in die Charlottenstraße verlegt.
Die solle aber auch prinzipiell für Autos befahrbar bleiben, um dort die Parkhäuser erreichen zu können.
Nach den Vorstellungen der Verkehrssenatorin sollte der gesamte
Stadtraum auch im Umfeld der Friedrichstraße mitgedacht und mit einer
italienischen Piazza vergleichbar werden. Durch das geänderte
Einkaufsverhalten kämen die Menschen nur noch dann zum Shoppen in die
Stadt, wenn sie sich dort auch wohlfühlen.
... Die Einzelhändler in der Friedrichstraße hatten Jarasch zufolge schon
vor dem Beginn des Feldversuchs wirtschaftliche Probleme. Deshalb müsse
man zusätzliche Kunden anziehen."
Die Flaniermeile am Samstag, den 22.10. 22 um 10:57 bei 17°
https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/fuer-die-neue-fahrradstrasse-in-mitte-wird-eine-verbindung-fuer-autos-zerstueckelt-charlottenstrasse-almut-neumann-friedrichstrasse-li.277969
https://www.rbb24.de/politik/beitrag/2022/05/berlin-mitte-friedrichstrasse-piazza-jarasch-verkehr-fussgaenger-radfahrer.html