Sonntag, 23. Juni 2013

Vollmond


 
Archivbild

 

Sonntag, den 23. Juni 2013

Heute ist Vollmond, es ist dies ein doppelter Jahresrekord: der grösste und südlichste Vollmond. Der Mond erreicht kurz vor dem Vollmondzeitpunkt zudem den absolut gesehen kleinsten Erdabstand des Jahres.
Der volle Mond steht morgen am Montag um 2 Uhr 20° hoch im Süden im Sternbild Schütze. Er geht ungefähr bei Sonnenuntergang auf und verschwindet erst wieder bei Sonnenaufgang. Heute steht der volle Mond in Erdnähe, der Abstand vom Erdmittelpunkt beträgt 356'991 Kilometer. Der Mond erscheint uns etwas grösser als sonst - dies ist tatsächlich keine optische Täuschung. Dies ist der kleinste Erdabstand des Jahres.  
Die nächste Möglichkeit, einen ähnlich großen Vollmond zu sehen, wird sich erst im August 2014 wieder ergeben.
astronomie.info 

 Mondlicht: Eine Studie in Millbank, JMW Turner, 1797

Am 23. Juni 2013 erreicht der Mond seine maximale Helligkeit und wird deshalb als Vollmond bezeichnet. Die Helligkeit des Vollmonds schwankt aufgrund der elliptischen Umlaufbahnen von Erde und Mond. Ist die Erde der Sonne besonders nahe (Perihel) und zugleich der Mond an seinem erdnächsten Punkt (Perigäum), so ist der Vollmond etwa 22 Prozent heller als im umgekehrten Fall, wenn beide Entfernungen maximal sind.
Vollmond ist definiert als der Zeitpunkt, an dem Sonne und Mond in Opposition zueinander stehen, also von der Erde aus gesehen in entgegengesetzten Richtungen. Der Mond befindet sich dabei meist geringfügig über oder unter der Ebene der Erdumlaufbahn (Ekliptik). Liegt er zu diesem Zeitpunkt genau in Höhe der Ekliptik, findet eine Mondfinsternis statt.

kleiner kalender

Dem aufgehenden Vollmonde

Willst du mich sogleich verlassen?
Warst im Augenblick so nah!
Dich umfinstern Wolkenmassen,
Und nun bist du gar nicht da.

Doch du fühlst, wie ich betrübt bin,
Blickt dein Rand herauf als Stern!
Zeugest mir, daß ich geliebt bin,
Sei das Liebchen noch so fern.

So hinan denn! hell und heller,
Reiner Bahn, in voller Pracht!
Schlägt mein Herz auch schmerzlich schneller,
Überselig ist die Nacht.

Johann Wolfgang von Goethe

                                             Marianne von Willemer  
                                Johann Jacob de Lose, 1809

Erläuterung zu Dem aufgehenden Vollmonde von Walter Höllerer

Am 25. August 1828 in Dornburg bei Weimar geschrieben, wohin sich Goethe nach dem Tod des Herzogs Carl August zurückgezogen hatte. Das Gedicht wurde am 23. Oktober an Marianne von Willemer geschickt mit den Worten: "Mit dem freundlichsten Willkomm die heitere Anfrage: wo die lieben Reisenden am 25. August sich befanden? Und ob sie vielleicht den klaren Vollmond beachtend des Entfernten gedacht haben? Beikommendes gibt, von meiner Seite, das unwidersprechlichste Zeugnis." 1815 hatten Goethe und Marianne sich gelobt, bei jedem Vollmond aneinander zu denken: "Euch im Vollmond zu begrüßen / Habt ihr heilig angelobt." [...] Er kannte die 1784 geborene Marianne Jung seit dem Sommer zuvor (1814). [...] Als ein Theaterkind war sie aus ihrer österreichischen Heimat vor Jahren nach Frankfurt gelangt [...], der Witwer Willemer hatte sie von der Bühne zu seinen Töchtern ins Haus genommen, jetzt [1814] war sie, nach langem Zögern, seine Frau geworden. Schönheit, gesellige Anmut und alle musischen Gaben, die, über dem Grunde von Herz und Geist, das seltene Wesen auszeichneten, nun beglückten sie den verehrten, bald geliebten Gast [Goethe]. [...] Im Oktober 1815, als nach einem Wiedersehen in Heidelberg die Leidenschaft bedrohlich wuchs, riß Goethe sich zu eiliger Heimreise los; [...] er hat Marianne nicht wieder gesehen. Der mit Hoffnungen sich oft schmerzlich hinhaltende Wechsel von Briefen, Gedichten und Gaben dauerte bis zu Goethes Tod.
Johann Wolfgang Goethe: Werke. Bd. 1: Gedichte. Versepen. Hrsgg. v. Walter Höllerer. Frankfurt a. M. 1966. S. 232f. u. 294f.

Das habe ich gerade noch gefunden, grässlich:

An den Mond

Wandre unermüdlich,
Lass den Kopf nicht hängen,
Die Fürsorge des Herrn ist groß.
Gib der Erde, die sich unter dir
Ausdehnt, dein sanftes Lächeln;
Sing den Gletschern, die aus den Himmeln
Hängen, ein Wiegenlied.
Du sollst wissen: Ein Unterdrückter,
Niedergestreckt zur Erde,
Strebt wieder zur Höhe der reinen Berge,
Wenn die Hoffnung ihn erhebt.
Lieblicher Mond, so schimmre nun,
Wie früher, durch die Wolken;
Lass in dem nachtblauen Gewölbe
Deine Strahlen spielen.
Ich aber knöpfe meine Weste auf
Und werfe meine Brust dem Mond entgegen;
Mit ausgestreckten Armen werde ich
Den Spender des Lichts auf der Erde verehren.

 Iosseb Bessarionis dse Dschughaschwili genannt Stalin um 1895




weiter lesen: http://web.de/magazine/wissen/weltraum/17548954-supermond-2013-23-juni-hellsten-vollmond-jahres.html#.A1000145

Hilfe gesucht !!!!


ICH ERSUCHE UM HILFE!
DIESES BILD WAR TEIL DES ZWEITEN TEILD DER MACHT KUNST AUSSTELLUNG IN BERLIN IM APRIL: WEISS JEMAND DEN NAMEN DER MALERIN ODER DES MALERS? 
BITTE SEHR UM HILFREICHE KOMMENTARE!


Samstag, 22. Juni 2013

René Burri - Photograph


René Burri, geboren am 9. April 1933 in Zürich, Mitglied der Magnum Photoagentur seit 1958, wurde international berühmt durch seine Portrait-Aufnahmen von Che Guevara, Pablo Picasso.


"Eine Photographie ist ein Moment – wenn du den Knopf drückst, wird er nie wieder zurückkommen. Dieses Photo ist berühmt dank dem Kerl mit der Zigarre, nicht meinetwegen."

Männer auf einem Dach, Sao Paulo, Brasilien, 1960

"Vielleicht bin ich noch immer auf der Suche nach dem, was sich hinter dem Horizont befindet. Dabei kann es um uns sein oder gleich hinter mir." 

Gesundheitsministerium entworfen von Otto Niemeyer, Rio de Janeiro, 1960

Landschaft Brasilien, 1960


Mexico City. San Cristobal. 1976 

Rio de Janeiro, Brasilien, 1967

Alle Photographien © René Burri / Magnum

Freitag, 21. Juni 2013

Nenne mich Tiernamen!


Und Gott sprach: Lasset uns Menschen machen, ein Bild, das uns gleich sei, die da herrschen über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über das Vieh und über alle Tiere des Feldes und über alles Gewürm, das auf Erden kriecht. Genesis 1/26

Nach der "Bullenhitze" gestern habe ich angefangen darüber nachzudenken, wie wir Tiernamen anderen Worten einverleiben, um sie bildhafter zu machen oder auch sie in Eigenschaftswörter verwandeln, und manchmal ist die Verbindung glasklar und manchmal ...
Hund und hündisch ist merkwürdig, die vielgepriesene Treue und Dienstbarkeit des "besten Freundes des Menschen", wird zu willenloser Unterwerfung und verächtlicher Mißbrauchbarkeit. Hundsfott ist ein wirklich fieses Schimpfwort. 

Burschenschaftslied aus dem 19. Jahrhundert
Landesvater

So nimm ihn hin,
dein Haupt will ich bedecken
und drauf den Schläger strecken,
es leb auch dieser Bruder hoch!
Ein Hundsfott, wer ihn schimpfen sollt!
|: So lange wir ihn kennen,
woll'n wir ihn Bruder nennen,
es leb auch dieser Bruder hoch!
Ein Hundsfott, wer ihn schimpfen sollt!


Friedrich Silcher, 1823
Die Hundstage wurzeln in der Sichtbarkeit des Sternbildes Großer Hund zu Zeiten des römischen Reiches (Ende Juli bis Ende August) und nicht, wie ich vermutet habe, von der Hitze in der man keinen Hund vor die Tür jagen würde, weil er dann nur matt und hechelnd herumläge. Hundewetter, verhunzen (ehemals verhundzen), hundsgemein. Und wieso hundsgemein, es mag gemeine Hundehalter geben, aber Hunde? 

Das dumme Rindvieh, die blöde Kuh, der gemeine Schweinekerl, der idiotische Schafskopf, die zickige Zicke, die böse Schlange, das dumme Kamel, der Piepvogel, den man hat, und das kleine Spatzenhirn, der geile Bock, die anschmiegsame Schmusekatze, die süße Maus, der dumpfe Hornochse, die lockere Bordsteinschwalbe, das grunzende Trüffelschwein, die fette Sau, das fleissige Bienchen, das feige Hasenherz, das untergeschobene Kuckuckskind, der sture Esel, der gierige Kredithai, das anmutige Reh - sie alle müssen für 
unsere Beschreibungszwecken herhalten und die stummen Tiere können sich 
nicht wehren. Auch, wenn Egon Olsens Pläne immer ausgefuchst waren, scheiterten sie regelmäßig, was kann der Fuchs dafür? Die Wasserratte, die Leseratte, sowie den Bücherwurm mag ich gern. Lammfromm heißt wohl eher, dass es jemand faustdick hinter den Ohren hat, oder?

 Hornochse © Karsten Hoerenz

Der Lackaffe:
Wahrscheinlich von Lakai, Lackel, wie auch in Dämlack für einen groben, ungehobelten, ungeschlachten Mann oder, so kenne ich es, als Bezeichnung eines eitlen Gecken.
Anderen Darstellungen zufolge steckt die Wurzel des Begriffs in dem mittelhochdeutschen Wort lachboum, das einen (großen) Grenzbaum bezeichnet. Auf diese Wurzel ist auch das heute noch in einzelnen Gebieten Österreichs häufig gebrauchte Dialektwort Klachel zurückzuführen, das als Synonym für Lackel verwendet wird, aber auch ein großes Stück Holz, einen Klotz, bedeutet.
Wiktionary 
Oder wurzelt der Lackaffe in den Lackschuhen feiner Herren?

Sind Affen affengeil?

Die Zimtzicke:
Mit der Zicke ist tatsächlich das Tier gemeint, das ja auch in "alte Ziege" und ähnlichen Titulierungen wegen seines Meckerns eine wenig schmeichelhafte Bezeichnung für Frauen ist. "Zimt" ist allerdings nicht das Gewürz, sondern stammt vom gleichlautenden rotwelschen Wort, das eigentlich Gold oder Geld bedeutete. Seit dem 19. Jahrhundert wurde dies mundartlich ins Gegenteil verkehrt und meinte dann wertloses Zeug, Plunder. Somit ist die Zimtzicke eine Frau, die wegen jedes Zimts, jeder Nichtigkeit rumzickt. 
Hamburger Abendblatt 10.11.11 Gute Frage

Der Salonlöwe ist wohl nur im geschützten Kreis Gleichgestellter laut und mutig?

 Eine Zimtzicke?

Der Hahnrei ist ein Ehemann, dessen Frau fremdgeht und der dies hinnimmt, um den Frieden im Haus nicht zu gefährden; im Gegensatz zu vielen anderen betrogenen Ehemännern macht ein Hahnrei keinerlei Anstalten, sich für den Ehebruch seiner Frau zu rächen (in früheren Zeiten zum Beispiel dadurch, dass er den Nebenbuhler straffrei umbrachte). Damit verstieß er damals sowohl gegen die weltlichen wie gegen die kirchlichen Gesetze und beging sogar eine Todsünde. Die Öffentlichkeit reagierte auf solches Verhalten mit vielerlei Erniedrigungen des Hahnreis. So wurde er mit Hörnern oder einem Geweih ausgestattet und rückwärts auf einen Esel gesetzt, den man dann durch die ganze Stadt führte. 
Wiktionary
 
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Spiegelberg (mit einem stolzen Gelächter). Armer Tropf! aus dieser Lage reißen? hahaha! – aus dieser Lage reißen? – und auf mehr raffiniert dein Fingerhut voll Gehirn nicht? und damit trabt deine Mähre zum Stalle? Spiegelberg müßte ein Hundsfott sein, wenn er mit dem nur anfangen wollte. Zu Helden, sag ich dir, zu Freiherrn, zu Fürsten, zu Göttern wird's euch machen! 
Schiller Die Räuber

Donnerstag, 20. Juni 2013

Bullenhitze


    Wiki sagt: Den Begriff Hitze verwendet man umgangssprachlich für Wärme, 

    wenn dabei ungewöhnlich hohe Temperaturen auftreten. Ich würde also hier 
    den Begriff Hitze verwenden, um die Temperatur der letzten beiden Tage zu 
    beschreiben. Eine Bullenhitze! Man sitzt und schwitzt. Leider muß man aber 
    gelegentlich auch laufen und dann läuft auch der Schweiß. 
    Das hiesige Theater hat ungewöhnlich viele verschiedene Temperaturzonen, 
    Bühne gemäßigt, Garderobengang subtropisch, Fundus äquatorial, und aus 
    unerfindlichen Gründen ist es in der Toilette ganz unten im Keller ziemlich 
    kalt. Eine Reise durch die Klimaregionen unserer Welt in wenigen Schritten. 
    Wir probieren "Cyrano de Bergerac" und die Darsteller der Kadetten oder die 
    Musketiere, eine Ba-Rockgang in schwerem Leder, einer zusätzlich noch mit 
    umfangsteigerndem Waton, erleben die Freuden eines ausgedehnten 
    Saunabesuches, ohne die Bühne verlassen zu müssen. Und während des 
    ausgedehnten Saunaganges müssen sie auch noch kämpfen, stampfen und 
    fechten und dabei "cool" wirken. Dass überhaupt noch jemand mit mir spricht, 
    ist ein kleines Wunder!
    Gestern abend hab ich hitzefrei gegeben.


Heim-Dampfbad /-Sauna mit 850 Watt Generator
newgen medicals Portables 

 
https://www.youtube.com/watch?v=PlMWW4R1ZBM
    Ella Fitzgerald mit "Too darn hot" aus dem Musical Kiss Me Kate, Dagmar 
    Manzel singt das in Berlin in der Komischen Oper und ist fabelhaft!

    Offizieller Hitzerekord für Deutschland sind 40,2 Grad Celsius am 13. August 

    2003 in March im Breisgau, worüber die Bewohner der Greenland Ranch im 
    Death Valley nur müde lächeln würden, weil es bei ihnen bis zu 56,7 Grad heiß 
    werden kann.



Mittwoch, 19. Juni 2013

Theater hat lange Tage bis hinein in die Nacht


Acht Uhr früh in Deutschland, zu früh für Menschen, die bis zweiundzwanzig Uhr probiert haben, beginnt die Beleuchtungsprobe. Fünf Akte, circa fünfzig verschiedene Stimmungen. Heute bis zur Pause und Morgen der Rest. Nach Zehn Stunden brennen die Augen und der Hintern imitiert aus stundenlanger Gewohnheit die Form eines unbequemen Theatersessels. Zum Glück sind alle Beteiligten entspannt und bei der Sache, ABER - weisses Licht, gelbes Licht, tiefroter Vorhang, grüner Hintergrund, terrakotta-farbene Wände, meine erste "volle" Bühne seit langem. Und sie dreht sich. Stimmungen, Situationen verändern sich im Stück abrupt. Soll das Licht mitmachen oder dagegenhalten?  Da steht einer einsam ganz links. Soll er ein extra Licht bekommen oder durch Dunkelheit auffallen? Um achtzehn Uhr ist Pause, eine Stunde später kommen die Spieler. Sie sollen das Gleiche spielen, aber einen halben Meter weiter links oder mit einer Sekunde Verzögerung. Ich liebe es und hasse es. So viele Verabredungen, Notwendigkeiten und die Freiheit des Spiels muß danach wieder hart erarbeitet werden. Warum nicht einfach das Arbeitslicht anmachen und losspielen? Aber Magie oder zumindest Verzauberung benötigt Genauigkeit, unzählige Details und Konzentration und dann, mit dem Wissen um all dies, die glaubhafte Behauptung von Zufälligkeit. Die Naivität der ersten Proben wird getötet und muß mit harter Arbeit wieder erobert werden, damit am Ende, bzw. am Anfang, zur Premiere, alle wieder so spielen können, als wäre es das erste Mal. Entjungferung als imaginierter Dauerzustand. Das erste Mal zum  fünfzehnten Mal. Repetition, immer anders, und immer innerhalb der Verabredungen, Anarchie in der strengsten Organisation. Welch ein Irrsinn, welch eine Kunstfertigkeit! Es ist neunzehn Uhr dreissig, seien Sie bitte spontan! Und da quatschen einige Dilettanten von Authentizität. Ich ziehe die glaubhafte Lüge dem leichtfertigen Zufallstreffer vor. Theater ist, wenn die Zuschauer bewusst und vergnügt ihr Mißtrauen beiseite lassen, nicht, wenn ich ihnen einrede hier wäre alles echt.
Nichts ist echt und Alles ist wahr, Alles ist festgelegt und Vieles, das niemand erwartet, kann passieren. Theater.



Montag, 17. Juni 2013

Maria Lassnig - Malerin


Ja. Nullkommajosef Selbstvertrauen!

Maria Lassnig geboren 8. September 1919 in Kappel am Krappfeld, Kärnten -
österreichische Malerin

Krankenhaus
2005, Private Collection © 2008 Maria Lassnig

SZ: Sie malen "Körperbewusstseinsbilder". So haben Sie sie mal genannt. Können Sie das erläutern?
Lassnig: Also: Wenn man zum Beispiel das Knie anwinkelt, bekommt man ein bestimmtes Körpergefühl, einen Druck, der sich im Körper fortpflanzt, weitervermittelt, und das malt man dann. Das ist mir nur irgendwann aufgefallen. Weil ich diesen Körperdruck gespürt habe. Ich habe meine Bilder, das begann um 1949 herum, dann "introspektive Erlebnisse" getauft.

Selbstportrait mit Meerschweinchen
2000-2001 Courtesy of the artist, © Maria Lassnig.

SZ: Kann man mit Kunst eigentlich die Gesellschaft, das Leben der Menschen beeinflussen?
Lassnig: Die Welt lernt sowieso nix aus der Kunst. Heute vielleicht, durch die Werbung. Der André Malraux zum Beispiel, der französische Kulturminister nach dem Krieg, der hat auf die Welt eingewirkt. Selber hat er auch geschrieben und gewusst, wo es mit der Kunst langgeht. Als Schreiber kann man's also schon! Aber als Maler nicht. Bilder sind zu beiläufig, die Fotografie, fast alle Künstler sind zu beiläufig. Die meisten Menschen merken die Kunst ja gar nicht.

Dame in Plastik
2005, Courtesy the artist, Hauser & Wirth Zürich London and Friedrich Petzel Gallery, New York, © 2008 Maria Lassnig.

SZ: Einmal haben Sie unter eine Ihrer Zeichnungen geschrieben: "Sehr gutes Blatt".
Lassnig: Ich hab' gefürchtet, die anderen werden's nicht finden. Ein Scherz, eigentlich.

Alle Zitate sind aus einem Interview, das Holger Liebs mit der Malerin für die Süddeutsche Zeitung führte. Süddeutsche.de Kultur vom 17. Mai 2010
http://www.sueddeutsche.de/kultur/im-gespraech-maria-lassnig-nullkommajosef-selbstvertrauen-1.394514-5

Sonntag, 16. Juni 2013

Pap­per­la­papp, Firlefanz und Schnickschnack




Weitere Angebote in meinem kleinen Privatfeldzug zur Wiederbelebung schöner austerbender oder schon fast ganz vergessener Worte. 
Heute: Ausdrücke und Ausrufe der Verblüffung, Verwunderung, Ablehnung, des Unverständnisses oder der Verärgerung. Dann wenn wir "Wow!", "Du willst wohl mich verarschen?" oder "Schwachsinn!" stammeln, könnten wir doch auch eins der folgenden Kleinode verwenden und unser Gegenüber verblüffen und womöglich sprachlos zurücklassen.

Pap­per­la­papp - Nein! Gar nicht! Unsinn!  
Papperlapapp ist lautgemalt und  kommt von "pappeln", "babbeln" oder plappern. Pappeln werden manchmal die Stimme des Volkes genannt, da sie beim kleinsten Windhauch flüstern und wispern und sich miteinander zu unterhalten scheinen. Oder es stammt, wie pappesatt, von einer untergegangenen Bedeutung des Wortes Pappe, was einst ein mittelneuhochdeutsches Wort war, nämlich pappe, das von mittellateinisch pappa = Kinderbrei herrührt, das wiederum schlicht von lat. pappare = essen kommt.
 

Firlefanz - unnötiger Kram - vom mittelhochdeutschen "firli fanz", das einen lustigen Springtanz bezeichnet; "firli" geht eventuell zurück auf das altfranzösische "virlei" = "Ringellied". "Firlefanz" ist also der "Tanz zum Ringellied.

Schnickschnack - leeres Gerede, überflüssiges Zeugs - von niederdeutsch schnacken oder snacken, was reden, quatschen heißt, dann verdoppelt.

Kokolores - Quatsch!
Herkunft nicht geklärt; womöglich abgeleitet vom mittelniederdeutschen gokeler, das für Gaukler steht.
Oder Herkunft aus der Berliner Szene um 1930, in der Kokain konsumiert wurde, unter Konsum kommt es u. a. zu einer Logorrhö, so wurde dieses Phänomen als Kokolores bezeichnet. 
Alternativ wird der Ausdruck mit dem Ruf des Hahns in Verbindung gebracht. (Wiktionary)

Kladderadatsch - chaotischer Zustand, heilloses Durcheinander, Zusammentreffen unglücklicher Umstände - soll vom Geräusch von fallendem Glas herstammen, berlinerisch für "ein klatschender, klirrender Fall".

Ei der Daus! - Ist ja verrückt! Das haut mich um! - Wiki sagt: Ei der Daus! ist seit dem 15. Jahrhundert belegt. Zunächst bedeutete es „Betrüger“, in der niederdeutschen Sprache auch „Teufel“, seit dem 18. Jahrhundert ist die Bedeutung „Teufelskerl“ bezeugt. Möglicherweise findet sich in einem Teil dieser Bedeutungen ein für die galloromanischen Sprachen bezeugtes Wort für „Dämon“ wieder, das in mittellateinischer Sprache „dusius“ lautete. Der in der Wendung angerufene Daus wäre demnach eine euphemistische Entstellung des Wortes „Teufel“ wie man sie zum Beispiel auch vom Wort „Tausend“ kennt. In Mecklenburg ruft man beispielsweise „Dus un Düwel!“ („Tausend und Teufel“) oder „Potz Dus!“ („Potz Tausend“) aus.

Sapperlot! - Was ist nun schon wieder los! Verdammt! - von Sakrament, dann zu sackerment - sapperment - sackerlot - sapperlot
auch: Potz Schlapperment!

Verflixt! - Schönfärberische Form von verflucht.
 




DAS WORT

Das eigene Wort,
wer holt es zurück,
das lebendige, eben noch ungesprochene Wort?

wo das Wort vorbeifliegt,
verdorren die Gräser,
werden die Blätter gelb,
fällt Schnee.
Ein Vogel käme dir wieder.
Nicht dein Wort,
das eben noch ungesagte,
in deinen Mund.
Du schickst andere Worte hintendrein,
Worte mit bunten, weichen Federn.
Das Wort ist schneller,
das schwarze Wort.
Es kommt immer an,
es hört nicht auf
anzukommen.
Besser ein Messer als ein Wort.
Ein Messer kann stumpf sein.
Ein Messer trifft oft
am Herzen vorbei.
Nicht das Wort.
Am Ende ist das Wort,
immer
am Ende
das Wort.

Begegnet ihr ihm irgendwann
an irgend einer Stell
dann sagt es uns
dann sagt es uns
dann sagt es uns ganz schnell.

Hilde Domin

Samstag, 15. Juni 2013

Wer hat die Kokosnuss geklaut?



DIE AFFEN RASEN DURCH DEN WALD

Die Affen rasen durch den Wald,
Der eine macht den andern kalt,
Die ganze Affenbande brüllt:
“Wo ist die Kokosnuss?
Wo ist die Kokosnuss?
Wer hat die Kokosnuss geklaut?”

Die Affenmama sitzt am Fluss
Und angelt nach der Kokosnuss,
Die ganze Affenbande brüllt:
“Wo ist die Kokosnuss?
Wo ist die Kokosnuss?
Wer hat die Kokosnuss geklaut?”

Der Affenonkel, welch ein Graus,
Reißt ganze Urwaldbäume aus,
Die ganze Affenbande brüllt:
“Wo ist die Kokosnuss?
Wo ist die Kokosnuss?
Wer hat die Kokosnuss geklaut?”

Der Affenmilchmann, welch ein Schlick,
Er lauert auf die Kokosmilch,
Die ganze Affenbande brüllt:
“Wo ist die Kokosnuss?
Wo ist die Kokosnuss?
Wer hat die Kokosnuss geklaut?”

Der Elefant im Urwald spricht:
Hier in dem Dickicht ist sie nicht,
Die ganze Affenbande brüllt:
“Wo ist die Kokosnuss?
Wo ist die Kokosnuss?
Wer hat die Kokosnuss geklaut?”

Die Affenbraut denkt selbst beim Kuss
Nur immer an die Kokosnuss,
Die ganze Affenbande brüllt:
“Wo ist die Kokosnuss?
Wo ist die Kokosnuss?
Wer hat die Kokosnuss geklaut?”
 
Da ruft der Affenopapa:
Die Kokosnuß ist wieder da;
Die ganze Affenbande brüllt:
Ja, ja die Kokosnuß,
ja, ja, die Kokosnuß,
die Kokosnuß ist wieder da!

Das Affenbaby voll Genuss
Hält in der Hand die Kokosnuss,
Die ganze Affenbande brüllt:
“Hier ist die Kokosnuss!
Hier ist die Kokosnuss!
Es hat die Kokosnuss geklaut”


 Variant:

Die Sowjets und die USA,
die rüsten "nach" schon manches Jahr;
ob Ost, ob West, ein jeder brüllt:
"Ihr habt das Gleichgewicht,
Ihr habt das Gleichgewicht,
Ihr habt das Gleichgewicht gestört!"

Die Bonzen am Verhandlungstisch,
beschuldigen sich gegenseitig,
und jeder Unterhändler brüllt; ...
...
Doch wir durchschaun das miese Spiel,
denn was zuviel ist, ist zuviel;
weshalb ein jeder von uns brüllt:
Schmeißt die Raketen weg,
schmeißt die Raketen weg!
Wir wollen Frieden für die Welt!"

Die Liedersammlung stammt aus der Protestbewegung gegen den NATO-Nachrüstungsbeschluss, 
die 1983 ihren Höhepunkt erlebte. Das Lied "Die Sowjets und die USA" nimmt in der 4. Strophe 
Bezug auf eine Aussage des damaligen Bundesministers des Innern, Friedrich Zimmermann (CSU), der (wie die "Frankfurter Rundschau" am 14. Juli 1983 berichtete) anlässlich der Sitzblockaden von Nachrüstungsgegnern vor Kasernen und Waffendepots meinte: "Gewaltloser Widerstand ist auch Gewalt" (zit. nach Peter Köhler: Die besten Zitate der Politiker. Mehr als 1000 der prägnantesten Sprüche. 2. überarbeitete u. aktualisierte Aufl. Hannover 2008, S. 98


Freitag, 14. Juni 2013

Theater hat auch neue Texte



"Good Morning Boys and Girls"  
von Juli Zeh

Ein Stück über einen Pubertierenden, den allseits bekannten, allseits gefürchteten Amokläufer hochintelligent und vereinsamt, und seine Eltern, natürlich, bürgerlich bis zum Erbrechen, sie, die Mutter, hysterisch und trinkend, er, der Vater, ausschließlich aufgeregt die Schuldfrage abwehrend. Ja, ja die kenne ich schon aus anderen, besseren Texten.

Der zornige junge Mörder-Mann, der, in einer überraschenden Schlußwendung, doch nicht das ausführende Monster ist, sondern, wiederum nur Spielball anderer, bleibt aber leider nur ein Konstrukt der risikolosen Schule neuerer Dramatik. Ein schlaues Stück, aber eben deshalb auch ein unwahres. "Wir sind uns hier heute alle einig, das Leben ist ein wenig komplizierter, als unsere Schulweisheit vermuten läßt, aber nur ein klein wenig". Wie öde, wenn der Autor, die Autorin durchgehend einfache Entscheidungen für mich fällt. Schuldfragen müssen unbedingt beantwortet werden, sonst bleiben leere, dunkle Stellen, und an denen könnte Denken und Verunsicherung einsetzen, o nein. Da erklärt sie uns lieber alles ganz deutlich und genau. Sie versteht uns alle, aber ist doch letztendlich besser, toleranter, weitblickender als wir, sie hat nämlich eine Weltsicht und die sollen wir aber nun bitte mal teilen. Wie bevormundend! Wie öde!

Zwischenbemerkung: die Inszenierung von Marins Eitner-Acheampong war trotzdem großartig, sie hat die Texte musikalisiert, ihnen Widerstand gegeben und die Spieler befreit. Sie leben, sind erkennbar und entklischeesiert.

Und trotzdem bleibt: die Figuren sagen ständig was sie "wirklich" denken, meinen, fühlen, sie verkünden ihre Standpunkte wie Männer, die sich mächtig auf den Brustkorb schlagen oder Frauen die traurig angestrengt mit dem Arsch wackeln. Und es bleibt den Schauspielern eigentlich nix zu spielen übrig, weil ja alles schon ausgesprochen wird.
Niemand, den ich kenne, außer Politiker und Sektenpriester, posaunt ständig seine Standpunkte wie eherne Parolen in die Welt. Wir alle schwindeln, taktieren, versuchen uns durchzuwinden, verharren, stolpern und wagen uns ängstlich oder geckenhaft hervor mit unsreren Gewissheiten. Wir sind fehlbar, unsicher, gefällig und wankelmütig. In solchen Stücken werden wir zu schnell einordenbaren Typen eingefroren, die die Tiefen ihrer Seele immer ganz vorne auf der Zunge liegen haben und sie auch wie unter Zwang ständig ausspucken.

Herr Shakespeare hatte womöglich genug Talent, Zeit und Anarchie, um uns unsere Vieldeutbarkeit zuzugestehen, Hier wird versucht, uns für das Theater leicht verstehbar zu machen. Das ist öde. Und unwahr.
Vielleicht hatte William Shakespeare, der Sohn eines Handwerkers aus Stratford, nur die notwendige Demut, zu akzeptieren, dass nicht alles schnell erklärbar ist und den verständlichen Zorn darüber, dass es großartig wäre, wenn wir immer wüßten, was wir tun und warum wir es tun.
Einen freundlichen, dankbaren Gruß an Herrn Pollesch.

“Drei Studien Für Ein Portrait Von Lucian Freud”  Francis Bacon

„Amucklaufen (Amoklaufen, vom javan. Wort amoak, töten), eine barbarische Sitte unter mehreren malaiischen Volksstämmen, zum Beispiel auf Java, besteht darin, dass durch Genuss von Opium bis zur Raserei Berauschte, mit einem Kris (Dolch) bewaffnet, sich auf die Straßen stürzen und jeden, dem sie begegnen, verwunden oder töten, bis sie selbst getötet oder doch überwältigt werden.“
Meyers Konversationslexikon, Vierte Auflage, 1885-1892