Dienstag, 27. März 2012

Maria Sibylla Merian


„… ja es ist kein Wurm so abscheulich und so geringe in unseren Augen, der uns nicht, wenn wir nur die gehörige Aufmercksamkeit daran wenden wollten, von der Weißheit des großen Baumeisters Himmels und der Erden völlig überzeugete“
Johann Heinrich Zedler (1706-1751) Grosse vollständige Universal-Lexicon Aller Wissenschafften und Künste

Lurch zu Frosch Metamorphosis Insectorum Surinamensium 1705

Maria Sybilla Merian kam in Frankfurt am Main als Tochter eines ältlichen Verlegers und Kupferstechers zur Welt, der schon drei Jahre nach ihrer Geburt starb. Die Mutter verheiratete sich abermals, diesesmal mit einem Blumenmaler aus Holland, der aber viel unterwegs und selten als Stiefvater anwesend war. Der Mutter mißfiel die Neigung der Tochter zur Malerei und sie sprach Verbote aus. Maria zeichnete heimlich. Der Stiefvater verhalf ihr dann zu einer Ausbildung. Sie heiratete, bekam Kinder und zeichnete weiter.

 

Wiki sagt: 1670 übersiedelte die Familie in Graffs Geburtsstadt Nürnberg. Zur Sicherung des Lebensunterhaltes musste Maria Sibylla durch vielfältige Tätigkeit beitragen. Allerdings waren ihr als Frau in der Freien Reichsstadt Nürnberg beruflich enge Grenzen gesetzt. Die „Maler-Ordnung“ vom Ende des 16. Jahrhunderts erlaubte es nur Männern, mit Ölfarben auf Leinwand zu malen und sicherte ihnen damit jene Aufträge, die Ansehen und gute Einkünfte versprachen. Frauen durften allenfalls kleine Formate bearbeiten, mit Aquarell- und Deckfarben auf Papier oder Pergament. Zur Haupteinnahmequelle der Familie wurde schließlich der Handel mit Farben, Firnis und Malutensilien, den Maria Sibylla Merian betrieb. Sie übernahm daneben eine Vielzahl von Auftragsarbeiten, stickte zum Beispiel Seidendecken oder bemalte Tafeltücher. Außerdem unterrichtete sie junge Frauen in der Kunst der Blumenmalerei und -stickerei. 

 Pampelmuse aus Metamorphosen der Insekten 1726

"Schon als Heranwachsende widmet sich Merian der Kupferstecherei und Malerei. Ihre Blumenbilder schmückt sie häufig mit Darstellungen von Insekten. Bald ­bildet sich ein tieferes Interesse an Insekten heraus. Zu dieser Zeit gelten diese Tiere in christlicher Perspektive als „Teufelsgeziefer“ und sind noch kaum Gegenstand wissenschaftlicher Betrachtung. Maria ­Sibylla Merian beginnt mit der Zucht von Raupen und geht besonders der bis dahin nicht beachteten Frage nach, wie sich die Entwicklung und Verwandlung der Insekten vollzieht.
Ihre langjährige Beobachtung der Insekten mündet in dem zweibändigen Werk „Der Raupen wunderbare Verwandlung und sonderbare Blumennahrung“ (1679/1683), in dem auf jedem Blatt die Entwicklungsstadien der jeweiligen Schmetterlingsart sowie die den Insekten als Nahrung dienenden Pflanzen gezeigt werden. ...
Merians Hauptwerk ist zweifelsohne die Naturgeschichte der Insekten Surinams, die aus ihren Reisebeobachtungen in der südamerikanischen Kolonie zwischen 1699 und 1701 schöpft. Auf Bildtafeln mit eindrucksvollen Kupferstichen und in Erläuterungstexten werden die Lebenszyklen der Insekten jener farbenprächtigen Tropenwelt dargestellt."
Christian Winterhalter auf der Website der Humboldt Universität 

Korallenbaum und Augenspinner in verschieden Entwicklungsstadien aus Metamorphosis Insectorum Surinamensium 1705

"Ich habe mich von Jugend an mit der Erforschung der Insekten beschäftigt. Zunächst begann ich mit Seidenraupen in meiner Geburtsstadt Frankfurt am Main. Danach stellte ich fest, dass sich aus anderen Raupen viel schönere Tag- und Eulenfalter entwickelten als aus Seidenraupen. Das veranlasste mich, alle Raupen zu sammeln, die ich finden konnte, um ihre Verwandlung zu beobachten. Ich entzog mich deshalb aller menschlichen Gesellschaft und beschäftigte mich mit diesen Untersuchungen.

Zweig eines Bananenbaums (Musa paradisaica) mit Raupe und Motte (Aotumeris liberia) ca. 1701-05 

"Maria Sibylla Merian trennte sich 1685 von ihrem Mann und zog mit ihren beiden Töchtern und ihrer alten Mutter zu ihrem Stiefbruder Caspar auf das Schloß Waltha nach Holland. Ihr Bruder hatte sich dort der Glaubensgemeinschaft der Labadisten angeschlossen. Schloß Waltha gehörte der Familie des Gouverneurs von Surinam, Cornelis van Sommelsdijk. Maria Sibylla Merian erfuhr hier von der Wunderwelt der tropischen Flora und Fauna Südamerikas. Sie konnte nie gesehene exotische Schlangen, riesige metallisch schillernde Schmetterlinge, bizarre Käfer und Zikaden bestaunen, die von Reisenden aus Surinam mitgebracht wurden.
Nachdem ihre Mutter und auch ihr Stiefbruder gestorben waren, zog sie 1686 mit ihren beiden Töchtern nach Amsterdam. Im weltaufgeschlossenen Amsterdam war die Autorin des Raupenbuchs längst keine Unbekannte mehr. Daher erhielt sie Zutritt zu den vielen privaten Raritätenkabinetten, Orangerien und Volieren der begüterten Bürger, die dort tropische Pflanzen und Insekten hielten. Schnell reifte in ihr der Wunsch nach Surinam zu reisen, um dort die Tier- und Pflanzenwelt genauer zu erforschen. Als ihr Wunsch bekannt wird, raten ihr viele Freunde ab, da eine Reise über den Ozean zu jener Zeit gefährlich ist und heimtückische Krankheiten in der fernen südamerikanischen Kolonie sie bedrohen würden. Doch ihr Entschluß stand fest. Nach achtjähriger Vorbereitung und einem Reisestipendium der Stadt Amsterdam stach sie im Jahre 1699 endlich in See und reiste mit ihrer jüngsten Tochter Dorothea auf einem Kauffahrteisegeler nach Surinam.
Die holländischen Kolonisten belächelten die beiden Frauen, als sie von derer Interesse erfahren. Sie konnten nicht verstehen, dass jemand eine so weite und beschwerliche Reise auf sich nimmt, um "Ungeziefer" zu studieren und zu malen. Von der Hauptstadt aus unternahm Maria Sibylla Merian mit ihrer Tochter mehrmals weite Exkursionen bis tief ins Landesinnere. Was sie hier im Regenwald entdeckten, ging weit über die Erfahrungen mit der Metamorphose der heimischen Schmetterlinge hinaus. Sie dokumentierte minutiös die Metamorphose der tropischen Insekten Surinams im Regenwald und an der Küste und schuf unzählige Zeichnungen und Aquarelle. Im Frühjahr 1701 erkrankte Maria Sibylla Merian so schwer an Malaria, dass sie ihre Arbeiten einstellen mußte und viel früher als geplant kehrten die beiden Frauen daraufhin mit reicher Ausbeute nach Holland zurück. ...
1717 starb Maria Sibylla Merian im Alter von 70 Jahren in Amsterdam.
 

 

Sonntag, 25. März 2012

Praktisch nur für Berliner lesbar - "Danach" von Kurt Tucholsky

 DANACH

Es wird nach einem happy end
im Film jewöhnlich abjeblendt.
Man sieht bloß noch in ihre Lippen
den Helden seinen Schnurrbart stippen –
da hat sie nu den Schentelmen.
Na, un denn –?

Denn jehn die beeden brav ins Bett.
Na ja ... diß is ja auch janz nett.
A manchmal möcht man doch jern wissn:
Wat tun se, wenn se sich nich kissn?
Die könn ja doch nich imma penn ... !
Na, un denn –?

Denn säuselt im Kamin der Wind.
Denn kricht det junge Paar 'n Kind.
Denn kocht sie Milch. Die Milch looft üba.
Denn macht er Krach. Denn weent sie drüba.
Denn wolln sich beede jänzlich trenn ...
Na, un denn –?

Denn is det Kind nich uffn Damm.
Denn bleihm die beeden doch zesamm.
Denn quäln se sich noch manche Jahre.
Er will noch wat mit blonde Haare:
vorn doof und hinten minorenn ...
Na, un denn –?

Denn sind se alt.
Der Sohn haut ab.
Der Olle macht nu ooch bald schlapp.
Vajessen Kuß und Schnurrbartzeit –
Ach, Menschenskind, wie liecht det weit!
Wie der noch scharf uff Muttern war,
det is schon beinah nich mehr wahr!
Der olle Mann denkt so zurück:
wat hat er nu von seinen Jlück?
Die Ehe war zum jrößten Teile
vabrühte Milch un Langeweile.
Und darum wird beim happy end
im Film jewöhnlich abjeblendt.


Theobald Tiger
Die Weltbühne, 01.04.1930, Nr. 14, S. 517,
wieder in: Lerne Lachen.

Samstag, 24. März 2012

Theater hat auch eine Generalprobe


Die Generalprobe. Ein irritierendes Halbding, ein ehelicher Bankert, noch nicht wirklich ernster Ernst, fast schon wie richtig, aber doch noch nicht ganz.
Sie muß schief gehen, sonst klappt es bei der Premiere nicht, sagt der Theatervolksmund und schiefgehen tut sie dann auch.
Sonst wortperfekte Darsteller haspeln, die Inspizientin, gewöhnlich ein Hort der Ruhe, greift zu eilig in die Tasten, zu schließende Türen werden geöffnet, Hubbühnen huben nicht und der höchst heimliche Dieb, läßt das Diebesgut unter lautem Knallen von der Bühne fallen. Ja, es ist alles da, aber eben nicht gerade jetzt.
Generalissimo, habe ich gelesen, heißt General der Generäle, demnach sollte es manchmal auch Generalissimoprobe heißen.

Es ist ein bisschen, wie im Witz mit der sehr alten, häßlichen Frau, der ein Frosch aus der Stirn wächst und die, nachdem ihr ein junger schöner Mann über die Strasse geholfen hat, mit alterszitternder Stimme verkündet: "Ich bin eine gute Hexe und wenn du jetzt noch errätst, wie das Tier auf meiner Stirn heißt, darfst du mit mir schlafen!" Der junge Mann in panischer Angst, antwortet: "Ein Elefant?" Darauf sie: "Nah genug, nah genug."

Es ist auch die Probe, bei der das Kind die ängstlichen Eltern verliert. Nun gehört das Stück den Spielern. Und ich, die Mamapapa muß sehen wo ich bleibe. Bin plötzlich, von einem Tag zum anderen, nur noch zu Besuch, sogar netter Besuch, aber gehöre halt nicht mehr dazu. Verlassensängste heben ihr häßliches Haupt und werden geköpft. 
Aber Premieren erst, die sind für Regisseure übel. Wirklich übel.





Freitag, 23. März 2012

Peter Altenberg - Kaffeehausbewohner


Weiter hinein in die WIENER MODERNE: 

Eine Hand wird zusehends schöner, wenn man sie streichelt.

Peter Altenberg, eigentlich Richard Engländer, 1859 in Wien als Sohn einer assimilierten jüdischen Familie geboren, tritt 1910 offiziell zum Katholizismus über und stirbt nach jahrelangen Kaffeehaus- und einigen Sanatorienaufenthalten 1919.

"Wieso, weshalb, sind jüdische Künstler gerade in Wien so allgemein beliebt? Der Wiener hat es nämlich nicht gern, sich ehrlich, anständig sagen zu müssen: Schau, schau, der is ja doch grad so wie unsereiner! Das hat er nicht gern. Lieber sagt er: Er ist zwar a Jud', aber amüsant is' er, der Kerl. Das muss man gerechterweise zugeben." 
Aus seinem Text "Rassenprobleme", der erst nach seinem Tod gefunden wurde.  

Gustav Jagerspacher 1909 Porträt Peter Altenberg

Siebzehn bis dreissig

Ich kam einmal zu dem ersten Friseur der Residenz.
Es roch nach Eau de Cologne, nach frisch gewaschenen Leinenmänteln und zartem Cigarettenrauch – – Sultan flor, Cigarrettes des Prinzesses égyptiennes.
An der Kassa sass ein ganz junges Mädchen, mit hellblonden seidenen Haaren.
»Ah,« dachte ich, »ein Graf wird dich verführen, du Wunderschöne – – –!«
Sie sah mich an, mit einem Blick, der sagte: »Wer du auch seist, Einer unter Tausenden, ich sage Dir, das Leben liegt vor mir, das Leben – – –! Weisst Du das?!«
Ich wusste es.
»Ah,« dachte ich, »es kann aber auch ein Fürst sein – – –!«
Sie heiratete einen Cafétier, der in einem Jahre zu Grunde ging.
Sie war gebaut wie eine Gazelle. Seide und Sammt erhöhten nicht ihre Schönheit – – am schönsten war sie wahrscheinlich nackt.
Der Cafétier ging zu Grunde.
Ich traf sie auf der Strasse mit einem Kinde.
Sie sah mich an, mit einem Blick, der sagte: »Ich habe das Leben dennoch vor mir, das Leben, weisst Du das – –?!«
Ich wusste es.
Ein Freund von mir hatte den Thyphus. Er war Junggeselle, reich und bewohnte die See-Villa.
Als ich ihn besuchte, machte eine junge Dame, mit hellblonden seidenen Haaren, die Eisumschläge. Ihre zarten Hände waren ganz aufgerissen vom Eiswasser. Sie blickte mich an: »Das ist das Leben – –! Ich habe Ihn lieb – –! Weil das das Leben ist – –!«
Als er genesen war, überliess er die Dame einem anderen reichen jungen Manne – – –.
Er trat sie einfach ab, ganz einfach – – –.
Das war im Sommer.
Später überfiel ihn die Sehnsucht – – im Herbst. Sie hatte ihn gepflegt, sich an ihn angeschmiegt mit ihrem süssen Gazellenleibe – – –.
Er schrieb ihr: »Komm' zu mir – – –!«
Eines Abends im Oktober, sah ich sie mit ihm in den wunderschönen Hausflur treten, in dem acht Säulen aus rothem Mamor schimmerten.
Ich grüsste sie.
Sie blickte mich an: »Das Leben liegt hinter mir, das Leben – –! Weisst Du das?!«
Ich wusste es.
Ich kam zu dem ersten Friseur der Residenz.
Es roch noch immer nach Eau de Cologne, nach frisch gewaschenen Leinenmänteln und zartem Cigarrettenrauch – – Sultan flor, Cigarrettes des Princesses –.
An der Kassa sass wieder ein Junges Mädchen, mit braunen welligen Haaren.
Sie blickte mich an mit dem grossen Triumphblick der Jugend – – – profectio Divae Augustae Victricis – – –: »Wer Du auch seist. Einer unter Tausenden, ich sage Dir, das Leben liegt vor mir, das Leben – – –! Weisst Du das?!«
Ich wusste es.
»Ah«, dachte ich, »ein Graf wird Dich verführen – – – es kann aber auch ein Fürst sein!«

Peter Altenberg

Oscar Kokoschka 1909 Portrait Peter Altenberg
Sein Vater schrieb ihm in einem Brief:  "Aber du, kaum fängt es an, ist es bereits zu Ende! Und um was dreht es sich? Kein Mensch weiß es. Es tut mir leid, in das werde ich mich nie hineinleben. Wieviel verdienst du wenigstens mit diesen Sachen?" 

Donnerstag, 22. März 2012

Franz von Bayros


Wo ich doch als nächstes "Den Reigen" von Arthur Schnitzler machen werde: ein wenig kultige k.u.k. Kunst.

"So etwas wie moralische oder unmoralische Bücher gibt es nicht. Bücher sind gut oder schlecht geschrieben. Weiter nichts." 
Oscar Wilde 
Franz von Bayros, Marquis von Bayros, adliger Abstammung, in Zagreb 1866 geboren, Grafiker, Illustrator und Maler, lebte bis 1924 in vielen, oft eilig zu verlassenden Städten und zeichnete manchmal, aus verständlichen Gründen, seine Arbeiten mit dem Pseudonym Choisy Le Conin.

Die Moral ist immer die Zuflucht der Leute, welche die Schönheit nicht begreifen.
Oscar Wilde

Als er 1908 die "Erzählungen am Toilettentische", eine Mappe mit 15 Zeichnungen im Eigenverlag veröffentlichte, gab es einen feinen, gar nicht so kleinen Skandal. Und ja, die Bilder sind erotisch, aber sie sind auch verspielt und freudig und lustig, und wunderbar detailliert gezeichnet, halt keine Pornographie. Womit ich nicht prinzipiell gegen ebensolche spreche.

Allem kann ich widerstehen, nur der Versuchung nicht.
Oscar Wilde

 Die Witwe

Die Sonnenuhr

???

Die Rote Lehrerin

Mittwoch, 21. März 2012

e.e. cummings - 9. und banksy


9.

da sind so viele ticktack
uhren überall die leuten sagen
was für eine tacktick zeit es ist zum
ticktick beispiel fünf tack minuten tack
nach sechs tick

frühling ist nicht aufgezogen und
bleibt nicht stehen noch be-
wegen seine zeiger sich ein wenig ruckelnd
über ziffern langsam

wir ziehen ihn nicht
auf er hat keine gewichte
federräder in seinem
zarten selbst nein in der tat liebchen
nichts derartiges

(wenn kuss frühling also kommt
werden wir küssen ein küssen ander küssen auf küssen
die lippen weil tick uhren tack keinen
tacktick unterschied machen für
kusskuss dich und kuss mich)

 © Banksy
9.

there are so many tictoc
clocks everywhere telling people
what toctic time it is for
tictic instance five toc minutes toc
past six tic

Spring is not regulated and does 
not get out of order nor do
its hands a little jerking move 
over numbers slowly

we do not 
wind it up it has no weights 
springs wheels inside of 
its slender self no indeed dear 
nothing of the kind. 

(So,when kiss Spring comes 
we'll kiss each kiss other on kiss the kiss 
lips because tic clocks toc don't make 
a toctic difference to 
kisskiss you and to kiss me)

Dienstag, 20. März 2012

Dantons Tod einmal anders



DANTONS TOD

Bei Reinhardt wogte der dritte Akt.
Es rasten sechshundert Statisten.
Sieh an – wie das die Berliner packt!
Es jubeln die Journalisten,
Mir aber erschien das Ganze
wie eine kleine Allegorie.

Es tost ein Volk: »Die Revolution!
Wir wollen die Freiheit gewinnen!«
Wir wollten es seit Jahrhunderten schon –
laßt Herzblut strömen und rinnen!
Es dröhnt die Szene, Es dröhnt das Haus.
Um neune ist alles aus.

Und ernüchtert seh ich den grauen Tag.
Wo ist der November geblieben?
Wo ist das Volk, das einst unten lag,
von Sehnsucht nach oben getrieben?
Stille. Vorbei. Es war nicht viel.
Ein Spiel. Ein Spiel.


Kurt Tucholsky - Kaspar Hauser
Die Weltbühne, 04.03.1920, Nr. 10, S. 311.

Montag, 19. März 2012

Paul Cadden - Kein Photograph


Paul Cadden, Schotte, aus Glasgow, Jahrgang 1964, zeichnet. Wirklich, er benutzt Photographien und Video-Standbilder als Vorlage, und dann zeichnet er, hyperrealistisch wird das genannt, überrealistisch, realistischer als die Realität. Er ist ein hyperrealstischer Zeichner.


INTENSIVIERE DAS NORMALE

"Ich denke, dass das Erschaffen von Kunst nicht zur Entfremdung führen muss und in der Tat höchst befriedigend sein kann; man gießt seine Subjektivität in ein Objekt und kann sogar Freude daraus gewinnen, dass ein anderer wiederum Freude daraus gewinnt.
... Diese Objekte und Szenen in meinen Zeichnungen sind akribisch detailliert, um die Illusion einer Realität zu erschaffen, die im originalen Photo nicht zu sehen ist. Der Hyperrealistische Stil fokussiert viel mehr auf die Betonung der Details und der dargestellten Objekte. Hyperrealistische Bilder und Skulpturen sind keine strengen Interpretationen von Photographien, noch sind sie "wortgetreue" Illustrationen einer bestimmten Szene oder Subjekts. Anstattdessen, nutzen sie zusätzliche, oft subtile, bildhafte Elemente, um die Illusion einer Realität zu erschaffen, welche faktisch entweder nicht existiert oder vom menschlichen Auge nicht gesehen werden kann. Außerdem, werden sie vielleicht emotionale, soziale und politische thematischen Elemente, als eine Erweiterung der gemalten visuellen Illusion, einbeziehen; eine deutlicher Unterschied zur älteren und weit "wörtlicheren" Schule des Photorealismus." P.C.

INTENSIFY THE NORMAL

"I think the creation of Art need not lead to alienation and can indeed be highly satisfying; one pours one's subjectivity into an object and one can even gain enjoyment from the fact that another in turn gains enjoyment from this. ... These objects and scenes in my drawings are meticulously detailed to create the illusion of a new reality not seen in in the original photo. The Hyperrealist style focuses much more on its emphasis on detail and the subjects depicted. Hyperreal paintings and sculptures are not strict interpretations of photographs, nor are they literal illustrations of a particular scene or subject. Instead, they utilise additional, often subtle, pictorial elements to create the illusion of a reality which in fact either does not exist or cannot be seen by the human eye. Furthermore, they may incorporate emotional, social, cultural and political thematic elements as an extension of the painted visual illusion; a distinct departure from the older and considerably more literal school of Photorealism." P.C.


Woher oder von wem erhalten Sie Ihre größte Inspiration?
Dem Gewöhnlichen (Normalen).

From what or whom do you derive your greatest inspiration?
The ordinary.


Wenn Sie mit irgendeinem anderen Künstler zusammenarbeiten könnten, unabhängig vom Genre, wer würde es sein?
Es müßte Picasso sein, nicht wahr? Auch: Bacon, Riveria, Kazimir Malevich, Käthe Kollwitz... es sind zu viele, um sie alle zu nennen. Ihnen nur bei der Arbeit zuzuschauen, wäre ein Vergnügen gewesen.

If you could collaborate with any other artist, regardless of genre, who would it be?
It would have to be Picasso wouldn’t it? Also: Bacon, Riveria, Kazimir Malevich, Kathe Kollwitz… but there are too many to mention.  Just to watch them work would have been a pleasure.


Bitte erklären Sie die Motivation/Inspiration hinter Ihren Zeichnungen.
All meine Arbeit wird, hoffe ich, den Beschauer dazu inspirieren, die Normalität zu intensivieren. Für mich bleibt Zeichnen/Malen die maßgeblichste Form, die ein Künstler wählen kann, um zu kommunizieren.

Please explain the motivation/inspiration behind your drawings.
All my work I hope will inspire the viewer to intensify the normal. For me drawing/painting continues to be the most relevant way that an artist can choose to communicate.


Wenn sie völlige kreative Freiheit und ein unbegrenztes Budget hätten, was wäre Ihr nächstes Projekt?
Ein politisches Wandgemälde in der Art von Diego Rivieras "Mann am Kreuzweg", nur wäre es über die Schottische Unabhängigkeit in einem unabhängigen Schottischen Parlament.

If you had complete creative license and an unlimited budget, what would your next project be?
A political mural along the lines of Diego Rivieras’ Man at the Crossroads, except it would be about Scottish independence in an independent Scottish parliament.


Quellen: The Nervous Breakdown 21 Questions with Paul Cadden
& Paul Caddens Website 
Alle Bilder © Paul Cadden

Sonntag, 18. März 2012

Revolutionsquiz


Nur so zum Spaß, es gibt nix zu gewinnen. Höchstens den Kopf zu verlieren. 
Ich hab' auch nicht alles gewusst.


Der französische König, der beim Ausbruch der Revolution herrschte und 1793 hingerichtet wurde, hiess Ludwig. Welcher Ludwig war es?

a) Ludwig XIV.
b) Ludwig XVI.
c) Ludwig XV.

Was geschah am 14. Juli 1789?

a) Ausrufung der Republik
b) Sturm auf die Tuilerien
c) Sturm auf die Bastille

Von 1795 bis 1799 regierte in Frankreich ...

a) das Triumvirat
b) der Wohlfahrtsausschuss
c) das Direktorium

1792 wurden innerhalb von 5 Tagen unter dem Befehl von, unter anderen, auch Danton ungefähr 1400 verhaftete Gegner der Revolution, aber auch viele wegen anderer Delikte einsitzende Gefangene getötet. Unter welchem Namen ist dieses Ereigniss in die Geschichte eingegangen?

a) Septembermorde
b) Schwarzer Freitag
c) Nacht der langen Messer

Wann wurde die Versammlung der Generalstände das letzte Mal vor der Revolution einberufen?

a) 1614
b) 1798
d) 1720

Am Vorabend der Revolution fand die Versammlung der Generalstände statt. Dabei gelobten die Vertreter des Dritten Standes, sie würden nicht auseinandergehen, bis Frankreich eine Verfassung habe. Wie nennt man diesen Schwur?

a) Schwur von Versailles
b) Ballhausschwur
c) Schwur von Valmy

Was geschah am 26. August 1789?

a) Erklärund der Menschen- und Bürgerrechte wurde veröffentlicht
b) Der König wurde hingerichtet
c) Charlotte Corday ersticht Marat in der Badewanne

Ein Symbol der Revolution ist die Guillotine. Benannt wurde sie nach dem Abgeordneten Joseph-Ignace Guillotin. Welchen Beruf übte er aus?

a) Anwalt
b) Arzt
c) Metzger

Von Juni 1793 bis Juli 1794 währte die blutigste Phase der Revolution, der 30 000 bis
40 000 echte oder vermeintliche Konterrevolutionäre zum Opfer fielen. Unter welchem Namen ist diese Periode bekannt?

a) La Tyrannie
b) La Horreur
c) La Terreur

1793 erhoben sich Teile der konservativ gesinnten Landbevölkerung Frankreichs gegen die Revolutionsregierung. Der Aufstand wurde bis 1796 blutig niedergeschlagen, rund 150 000 Menschen dürften dabei ihr Leben verloren haben. Nach welchem französischen Département wurde diese Rebellion benannt?

a) Vaucluse
b) Vosges
c) Vendee

Das Löwendenkmal in Luzern erinnert an ein Ereignis aus der Französischen Revolution, bei dem Hunderte von Schweizergardisten ums Leben kamen. An welches?

a) Sturm auf Versailles
b) Sturm auf die Tuilerien
c) Sturm auf die Bastille

Welche Frau veröffentlichte eine "Erklärung der Rechte der Frau und Bürgerin"?

a) Charlotte Corday
b) Théroigne de Méricourt
c) Olympe de Gouge

Was war Napoleon vor seinem Staatsstreich?

a) Konsul
b) General
c) Minister

Wer war Ehrenbürger Frankreichs?

a) Beethoven
b) Schiller
c) Marx