Donnerstag, 5. Januar 2012

Foundation - Trilogie von Isaac Asimov und "Die letzte Frage"

Diese Trilogie ist Teil eines Riesen-Werkes von Isaac Asimov, dass beginnend mit den Robotergeschichten und -romanen, den Imperiumsromanen und kulminierend in der Foundation-Trilogie, eine fiktive Zukunft der Menschheit für die nächsten 25 000 Jahre entwirft. 
Im ersten Roman, in dem Daneel Olivaw, der Roboter geschaffen wird "Der Mann von drüben" / "The Caves of Steel", erfährt der Leser, dass New York seit 3.300 Jahren existiert. Da New York im 17.Jahrhundert gegründet wurde, findet die Geschichte also um das Jahr 5.000 unserer Zeitrechnung statt. Im letzten Band "Die Rückkehr zur Erde" / "Foundation and Earth" teilt Daneel Golan Trevize mit, dass er seit 20.000 Jahren existiert. Das Treffen der beiden findet also ungefähr im Jahr 25.000 statt. (Quelle: Wiki)

Nebenbei: die arabische Übersetzung der Trilogie trägt den Titel Al-Qaida, was soviel wie Fundament, Basis oder im militärischen Sinne Stützpunkt heißt.

Ich liebe Bücher die phantastische Welten erschaffen und sie, wenn auch vielleicht fremd und seltsam, so doch in sich stimmig und reichhaltig werden lassen. Ich muß diese Welten glauben können, innerhalb ihrer Regeln und Gesetze, dann bin ich bereit zu versinken und mitzuphantasieren. "Herr der Ringe" mochte ich auch wegen seiner unglaublich detaillreichen Anhänge und Karten, und auch wenn der britisch-koloniale Rassismus von Tolkien unüberlesbar ist, so kann er halt doch wunderbare Geschichten erfinden.

Isaac Asimov, er sieht herrlich amerikanisch aus für einen in Russland geborenen Juden, oder?

Asimov war Humanist und Rationalist, und wie weit er sich auch in Raum und Zeit fortbewegt, das spürt man in jedem seiner Bücher. 
Er entwarf Möglichkeiten, trieb Trends heutiger Entwicklungen bis in ihr denkbares zukünftiges Extrem, er entwickelte lange, sehr lange Handlungsstränge mit unzähligen Figuren, aber im Zentrum gibt er mir immer einige seltsame, schräge Gestalten, Menschen oder auch Roboter, mit denen ich mitlaufen und die ich mögen kann.
Nirgends ein Alien, nur Menschen, die sich zu fremdartigen Wesen entwickelt haben. Keine sinnlosen Weltraumschlachten mit grandiosen Superwaffen und lahmen Helden. Aber dafür weitergesponnene Erfindungen auf der Basis heutiger (Er starb 1992.) wissenschaftlicher Erkenntnisse - der Mann war immerhin studierter Chemiker und hat auch massig populärwissenschaftliche Bücher geschrieben. Übrigens auch sehr schöne und verständliche für Kinder.
Man muß nur achtgeben, dass man genug Zeit hat, wenn man mit diesen Büchern anfängt, sie sind sehr dick und sehr spannend und nächtelang durchzulesen, hat Wirkung auf die Konzentration tagsüber, wie wir alle wissen.

Daneel Olivaw
Zum Kennenlernen: seine, nach eigener Aussage, Lieblingsgeschichte:

Die Letzte Frage - The Last Question
(Uber den deutschen Titel "Wenn die Sterne verlöschen" möchte ich lieber nichts sagen.)

Die letzte Frage wurde halb zum Scherz das erste Mal am 21. Mai 2061 gestellt, zu einer Zeit, als die Menschheit zum erstenmal einen Schritt auf das Licht zu machte. Bei Whisky mit Soda war um fünf Dollar gewettet worden; die Frage tauchte dabei als Ergebnis auf, und es trug sich wie folgt zu:
Alexander Adell und Bertram Lupov gehörten zu den treu ergebenen Bedienungsleuten von Multivac. Soweit es Menschen möglich war, wußten sie, was sich hinter der kalten, klickenden. leuchtenden Stirnfläche des riesenhaften Computers befand. Kilometer und Kilometer von Stirnfläche. Sie hatten zumindest eine schwache Vorstellung vom Übersichtsplan der Relais und Schaltkreise, der schon seit langem über den Punkt hinaus war, an dem sich ein einzelner Mensch noch einen deutlichen Begriff vom Ganzen machen konnte.
Multivac regulierte und korrigierte sich selbst. Das mußte er, weil ihn kein Mensch mehr schnell oder auch nur angemessen genug einstellen und korrigieren konnte. -- Adell und Lupov bedienten also den Riesen nur leichthin und oberflächlich, doch so gut es Menschen eben konnten. Sie fütterten ihn mit Daten, richteten die Fragen nach seinen Erfordernissen ein und übersetzten die Antworten, die ausgegeben wurden. Sie und die anderen Mitarbeiter hatten sicherlich das Recht, teilzuhaben an der Herrlichkeit des Multivac.
Jahrzehnte hindurch hatte Multivac geholfen. die Schiffe zu entwerfen und die Flugbahnen zu berechnen, mit deren Hilfe der Mensch Mond, Mars und Venus erreicht hatte. aber die dürftigen Rohstoffquellen der Erde reichten dann nicht mehr aus, die Schiffe zu versorgen. Die langen Reisen zehrten zuviel Energie auf. Die Erde verwertete ihre Kohle, ihr Uran immer rationeller, aber beides war nur begrenzt vorhanden.
Multivac lernte jedoch langsam, tiefere Fragen gründlicher zu beantworten, und am 14. Mai 2061 wurde Wirklichkeit, was nur Theorie gewesen war.
Die Sonnenenergie wurde gespeichert, umgewandelt und vom gesamten Planeten direkt verwendet. Die ganze Erde löschte brennende Kohle, hielt die Spaltung des Urans an und legte den Schalter um, der alles an eine kleine Station anschloß, die einen Durchmesser von eineinhalb Kilometern hatte und in halber Mondentfernung die Erde umkreiste. Die ganze Erde lief nun mit Sonnenkraft.
Sieben Tage hatten nicht genügt, um der Herrlichkeit etwas von ihrem Glanz zu nehmen, und Adell und Lupov war es schließlich gelungen, der öffentlichen Veranstaltung zu entfliehen und sich in der Stille der unterirdischen Zimmer zu treffen, wo sie niemand suchen würde, wo Teile des mächtigen, eingegrabenen Körpers von Multivac zu sehen waren. Multivac war ohne Bedienung, lief vor sich hin, sortierte mit zufriedenem Klicken Daten und hatte die Ruhepause auch verdient. Die Jungs waren ganz dieser Meinung. Sie hatten eigentlich nicht die Absicht gehabt, sie zu stören.
Sie hatten eine Flasche mitgebracht und wollten sich im Augenblick nur gemeinsam mit Hilfe der Flasche entspannen.
"Verblüffend, wenn man es sich überlegt", sagte Adell. Sein breites Gesicht zeigte Spuren von Müdigkeit, und er rührte mit einem Glasstab langsam sein Getränk um und sah sich die Eiswürfel an, die sich schwerfällig streiften. "Die ganze Energie, die wir wahrscheinlich immer frei verwenden können. Wenn wir wollen, können wir genug Energie abzapfen, um die ganze Erde zu einem großen Tropfen von flüssigem Eisen zusammenzuschmelzen. und uns würde die Energie nie fehlen, die dabei verbraucht würde. All die Energie, die wir nur brauchen können. für immer und ewig."
Lupov legte den Kopf zur Seite. Das machte er aus Angewohnheit immer, wenn er widersprechen wollte, und jetzt wollte er widersprechen, zum Teil auch, weil er Gläser und Eis hatte tragen müssen.
"Für immer und ewig nicht", sagte er.
"Ach, zum Teufel, beinahe für immer. Bis sich die Sonne erschöpft, Bert."
"Das ist nicht für immer."
"Also schön. Milliarden von Jahren. Vielleicht zwanzig Milliarden. Bist du zufrieden?"
Lupov fuhr sich mit den Fingern durch das sich lichtende Haar, als wolle er sich davon überzeugen, daß noch welches vorhanden war und nippte leicht an seinem Getränk -- "Zwanzig Milliarden Jahre ist nicht für immer und ewig."
"Na, solange wir leben, wird sie wohl reichen."
"Kohle und Uran aber auch."
"Na schön, aber jetzt können wir jedes einzelne Raumschiff an die Sonnenstation dranhägen, und es kann eine Millon mal zum Pluto und zurück ohne Treibstoffsorgen. Mit Kohle und Uran schaffst du das nicht. Kannst ja Multivac fragen, wenn du mir nicht glaubst."
"Da brauch' ich Multivac nicht zu fragen. Ich weiß das."
"Dann hör auf damit, das schlechtzumachen, was Multivac für uns getan hat", sagte Adell und wurde wütend. "Hat's schon gutgemacht."
"Wer streitet es denn ab? Ich sage nur, daß die Sonne nicht ewig reicht. Mehr sag' ich gar nicht. Für zwanzig Milliarden Jahre sind wir in Sicherheit. Aber was dann?" Lupov streckte seinem Gegenüber einen leicht zitternden Zeigefinger entgegen, "Und sag bloß nicht, daß wir dann auf eine andere Sonne umschalten."
Eine Weile herrschte Ruhe. Adell führe nur gelegentlich sein Glas an die Lippen, und Lupov fielen langsam die Augen zu.
Dann riß Lupov die Augen auf. "Du denkst dir doch, daß wir auf eine, andere Sonne umschalten, wenn unsere fertig ist?"
"Ich denke gar nichts."
"Klar denkst du das. Du bist schwach in Logik, das ist das Problem mit dir. Du bist wie der Kerl in der Geschichte, der plötzlich von einem Regenguß überrscht wurde, in ein Wäldchen rannte und sich unter einen Baum stellte. Weißt du, er machte sich keine Sorgen, weil er meinte, wenn ein Baum ganz durchnäßt wäre, würde er sich einfach unter einen anderen stellen."
"Versteh' schon", sagte Adell. "Brauchst nicht zu schreien. Wenn die Sonne fertig ist, werden die anderen Sterne auch weg sein."
"Das werden sie sein, verdammt noch mal". murmelte Lupov. "Es fing alles mit der kosmischen Urexplosion an, was immer das auch gewesen war, und wird zu einem Ende kommen, wenn die Sterne verlöschen. Manche verlöschen schneller als andere. Zum Teufel. die Riesen überdauern nicht einmal hundert Millonen Jahre. Die Sonne wird zwanzig Millarden Jahre überdauern, und die Zwerge vielleicht alles in allem hundert Millarden. Aber nehmen wir eine Billion Jahre, und alles wird finster sein. Ganz einfach, die Entropie muß das Maximum erreichen."
"Über Entropie weiß ich ganz genau Bescheid", sagte Adell, der sich nichts nachsagen lassen wollte.
"Den Teufel weißt du."
"Ich weiß soviel wie du."
"Dann weißt du, daß eines Tages alles erschöpft sein wird."
"Na schön. Und wer behauptet das Gegenteil?"
"Du, du armseliger Tropf. Du hast gesagt, wir haben all die Energie, die wir brauchen; für immer und ewig hast du gesagt."
Jetzt war es Adell, der widersprach. "Vielleicht können wir eines Tages wieder was aufbauen", sagte er.
"Niemals."
"Warum nicht? Eines Tages."
"Frag Multivac."
"Niemals."
"Frag doch Multivac. Du traust dich ja nicht. Fünf Dollar darauf, daß es nicht gemacht werden kann."
Adell war gerade betrunken genug, es zu versuchen, und nüchtern genug, die notwendigen Symbole und Vorgänge in eine Frage zu fassen, die, in Worten ausgedrückt, etwa so ausgesehen hätte: wird die Menschheit eines Tages fähig sein, ohne den Netto-Aufwand an Energie der Sonne wieder volle Jugendkraft zu geben, nachdem sie an Altersschwäche eingegangen war?
Oder vielleicht konnte man es einfach ausdrücken: wie kann das Netto-Maß der Entropie des Universums in großem Umfang herabgesetzt werden?
Multivac verstummte völlig. Das schwache Glitzern der Lampen verlosch, und die fernen Geräusche klickender Relais erstarb.
Eben als die erschrockenen Techniker kaum noch den Atem anhalten konnten, kam plötzlich Leben in den Fernschreiber, der an diesen Teil von Multivac angeschlossen war. Fünf Wörter wurden ausgedruckt: Daten unzureichend für sinnvolle Antwort.
"Mit der Wette ist's nichts", flüsterte Lupov. Sie machten sich rasch aus dem Staub.
Am nächsten Morgen litten die beiden unter bohrendem Kopfschmerz und pelzigem Mund und hatten den Vorfall vergessen.

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Jerrodd, Jerrodine und Jerrodette I und II sahen zu, wie sich das sternenübersäte Bild auf der Sichtscheibe änderte, als die Reise durch den Hyperraum nach ihrem nichtzeitlichen Ablauf beendet war. Auf einmal wich die gleichmäßige Staubwolke von Sternen der Vorherrschaft einer einzelnen, hellen Marmorscheibe, die in der Mitte erschien.
"Das ist X-23", sagte Jerrodd voller Zuversicht. Die schmalen Hände verkrampften sich hinter seinem Rücken, bis sich die Knöchel weiß abzeichneten.
Die kleinen Jerrodettes, beides Mädchen, hatten zum ersten Mal in ihrem Leben eine Reise durch den Hyperraum erlebt und waren auf Grund der vorübergehenden Empfindung, daß sich Inneres und Äußeres verkehre, etwas befangen. Sie unterdrück- ten ihr Kichern, tobten wie wild um ihre Mutter herum und kreischten: "Wir haben X-23 erreicht -- wir haben X-23 erreicht -- wir haben..."
"Ruhig. Kinder", sagte Jerrodine scharf. "Bist du sicher, Jerrodd?"
"Was soll ich denn sonst sein?" fragte Jerrodd und blickte zu dem unscheinbaren Metallwulst gleich unter der Decke hinauf. Er lief die ganze Länge des Zimmers entlang und verschwand auf beiden Seiten durch die Wände. Er war so lang wie das Schiff.
Jerrodd wußte über den dicken Metallstab eigentlich nur, daß mann ihn Microvac nannte, daß man ihm, wenn man wollte. Fragen stellen konnte, daß er, auch wenn man das nicht tat, die Aufgabe hatte, das Schiff zu einem vorbestimmten Ziel zu leiten, die Energie der verschiedenen untergalaktischen Kraftwerke aufzunehmen und die Gleichungen für die Sprünge durch den Hyperraum zu berechnen.
Jerrodd und seine Famile brauchten nur abzuwarten, sie lebten in dem bequemen Wohnteil des Schiffs.
Jemand hatte Jerrodd einmal erzäht, daß das "AC" am Ende von "Microvac" im alten Englisch die Äbkürzung für "Analogcomputer" gewesen war, aber er war dabei, selbst das zu vergessen.
Jerrodine blickte mit feuchten Äugen zur Sichtscheibe. "Ich kann mir nicht helfen, mir kommt's komisch vor, die Erde zu verlassen."
"Warum, um Himmels willen?" wollte Jerrodd wissen. "Dort hatten wir nichts. Auf X-23 werden wir alles haben. Du wirst nicht allein sein. Du brauchst kein Pionier sein. Auf dem Planeten gibt es schon über eine Million Leute. Mein Gott, unsere Urenkel werden sich nach neuen Welten umsehen, weil X-23 überbevölkert sein wird." Er schwieg nachdenklich und fuhr dann fort: "Ich sag' dir, so wie sich das Geschlecht vermehrt, ist es ein Glück, daß die Computer interstellars Reisen gelöst haben."
"Weiß ich", sagte Jerrodine kläglich.
Jerodette I sagte schnell: "Unser Microvac ist der beste Microvac in der Welt."
"Glaub ich auch", sagt Jerrodd und zauste ihr das Haar.
Es war wirklich ein gutes Gefühl, einen eigenen Microvac zu haben, und Jerrodd war froh, seiner Generation anzugehören und keiner anderen. Als sein Vater jung war, gab es nur Computer, die riesige Anlagen waren. Jeder einzelne bedeckte mehr als hundertfünfzig Quadratkilometer Land. Pro Planet gab es nur einen. Planetarische ACs nannte man sie. Tausend Jahre lang waren sie ständig gewachsen, und dann kam ganz plötzlich die Verfeinerung. An die Stelle von Transistoren traten Molekuarröhren, so daß selbst der größte planetarische AC nur halb soviel Platz wie ein Raumschiff einnahm.
Jerrod erlebte ein Hochgefühl, wie es immer über ihn kam, wenn er daran dachte, daß sein eigener Microvac um ein Vielfaches komplizierter als der alte und primtive Multivac war, der die Sonne gezähmt hatte, und daß er fast so kompliziert wie der planetarische AC der Erde (der größte) war, der das Problem des Reisens durch den Hyperraum gelöst und Fahrten zu den Sternen ermöglicht hatte.
"So viele Sterne, so viele Planeten", seufzt Jerrodine, in Gedanken vertieft. "Ich kann mir denken, so wie es jetzt um uns steht, werden Familien für immer und ewig zu neuen Planeten aufbrechen."
"Nicht für immer", sagte Jerrodd mit einem Lächeln. "Irgendwann wird alles aufhören aber erst nach Milliarden von Jahren. Nach vielen Milliarden. Weißt du, selbst die Sterne verlöschen einmal. Die Entropie muß zunehmen."
"Was ist Entropie, Daddy?" gellte Jerrodette II.
"Meine kleine Süße, Entropie ist einfach ein Wort, das das Maß bezeichnet, in dem das Universum sich erschöpft. Weißt du, alles erschöpft sich, wie dein kleiner Funksprechroboter, erinnerst du dich?"
"Kannst du nicht einfach eine neue Kraftzelle reintun, wie in meinen Roboter?"
"Die Sterne sind eben die Kraftzellen, Liebling, Wenn die weg sind, dann gibt's keine Kraftzellen mehr."
Jerrodette I stieß sofort ein Geheul aus. "Laß sie das nicht tun, Daddy. Laß die Sterne nicht verlöschen."
"Schau, was du wieder angestellt hast", flüsterte die erzürnte Jerrodine.
"Wie konnte ich denn wissen, daß es sie erschrecken würde?" flüsterte Jerrodd zurück.
"Frag den Microvac", jammerte Jerrodette I. "Frag ihn, wie man die Sterne wieder anmachen kann."
"Mach nur", sagte Jerrodine. "Das wird sie beruhigen." (Jerrodette II fing auch schon an zu weinen.)
Jerrodd zuckte mit den Schultern. "Schon gut, ihr Süßen. Ich frag' Microvac. Macht euch keine Sorgen, er wird's uns sagen."
Er fragte den Microvac und fügte rasch hinzu: "Druck die Antwort aus."
Jerrodd nahm den Streifen dünnen Cellufilms in die hohlen Hände und sagte fröhlich: "Schaut mal, der Microvac sagt, daß er sich um alles kümmern wird, wenn es an der Zeit ist. Macht euch also keine Gedanken."
Jerrodine sagte: "Und jetzt ist's Zeit fürs Bett, Kinder. Wir werden bald in unserer neuen Heimat sein."
Jerrodd las noch einmal die Worte auf dem Cellufilm, bevor er ihn vernichtete: Daten unzureichend für sinnvolle Antwort.
Er zuckte mit den Schultern und blickte auf die Sichtscheibe, X-23 war nahe.

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VJ-23X von Lameth starrte in die schwarzen Tiefen der dreidimensionalen kleinen Karte der Milchstraße und sagte: "Ich frage mich, ob es nicht lächerlich ist, sich solche Sorgen wegen der Sache zu machen."
MQ-I7J von Nicron schüttelte den Kopf. "Ich glaube nicht, Du weißt, daß die Milchstraße bei der jetzigen Geschwindigkeit der Ausbreitung in fünf Jahren voll sein wird."
Beide waren anscheinend Anfang zwanzig beide waren groß und von vollendeter Gestalt.
"Trotzdem", sagte VJ-23X, "zögerte ich, dem Galaktischen Rat einen pessimistischen Bericht zu unterbreiten."
"Ich würde gar keinen anderen Bericht in Betracht ziehen. Rüttle sie ein wenig auf. Wir müssen sie aufrütteln."
VJ-23X seufzte. "Der Raum ist unendlich. Hundert Milliarden Milchstraßen gibt es, die in Besitz genommen werden können. Und mehr."
"Hundert Milliarden ist nicht unendlich, und mit der Zeit werden es immer weniger. Denk nach! Vor zwanzigtausend Jahren löste die Menschheit zum erstenmal das Problem, wie man sich die Energie der Sterne zunutze machen kann, und ein paar Jahrhunderte später wurden interstellare Reisen möglich. Die Menschheit brauchte eine Million Jahre, um eine kleine Welt zu fülen, und dann nur fünfzehntausend, um den Rest der Milchstraße zu füllen -- Jetzt verdoppelt sich die Bevölkerung alle zehn Jahre..."
VJ-23X unterbrach ihn. "Das haben wir der Unsterblichkeit zu verdanken."
"Sehr gut. Es gibt Unsterblichkeit, und wir müssen sie miteinbeziehen. Ich gebe zu, daß diese Unsterblichkeit auch ihre Schattenseiten hat. Der Galaktische AC hat viele Probleme für uns gelöst, aber in der Lösung der Frage, wie Alter und Tod zu überwinden seien, hat er all die anderen Lösungen übertroffen."
"Ich nehme aber an, daß du dennoch das Leben nicht aufgeben willst?"
"Ganz und gar nicht", stieß MQ-17J hervor und wurde sofort leiser. "Noch nicht. Ich bin auf keinen Fall alt genug. Wie alt bist du?"
"Zweihundertdreiundzwanzig. Und du?"
"Ich bin noch unter zweihundert. -- Um aber zu meinem Punkt zurückzukommen. Die Bevölkerung verdoppelt sich alle zehn Jahre. Sobald diese Milchstraße voll ist, werden wir die nächste in zehn Jahren gefüllt haben. Noch zehn Jahre, und wir werden zwei weitere gefüllt haben. Nach einem Jahrzhnt vier weitere. In hundert Jahren werden wir tausend Galaxien gefüllt haben. In tausend Jahren eine Million Milchstraßen. In zehntausend Jahren das ganze bekannte Universum. Und dann was?"
VJ-23X sagte: "Als Nebenfrage erhebt sich das Transportproblem. Ich frage mich, wieviel Sonnenkrafteinheiten gebraucht werden, um eine Galaxie von Personen von einer Milchstraße zur nächsten zu schaffen."
"Ein guter Einwand. Die Menschheit verbraucht pro Jahr schon zwei Sonnenkrafteinheiten."
"Das meiste bleibt ungenutzt. Schließlich strahlt unsere Milchstraße allein schon tausend Einheiten Sonnenkraft pro Jahr aus, und wir verwenden nur zvei davon."
"Zugegeben, aber selbst bei hundertprozentiger Effektivität schieben wir das Ende nur auf. Unser Energiebedarf steigt in geometrischer Reihe sogar noch schneller als unsere Bevölkerung an. Noch bevor uns die Milchstraßen ausgehen, wird uns die Energie ausgehen. Ein guter Einwand. Ein sehr guter Einwand."
"Wir werden einfach aus interstellarem Gas neue Sterne bauen müssen."
"Oder aus Wärme, die sich verteilt hat?" fragte MQ-17J spöttisch.
"Vielleicht gibt es einen Weg, die Entropie umzukehren. Wir sollten den Galaktischen AC fragen."
VJ-23X war es eigentlich nicht ernst damit, aber MQ-17J zog seinen AC-Anschluß aus der Tasche und legte ihn vor sich auf den Tisch.
"Ich habe beinahe Lust dazu", sagte er. "Das Menschengeschlecht wird dem eines Tages ins Gesicht sehen müssen."
Er warf einen melancholischen Blick auf seinen kleinen AC-Anschluß. Er war nur fünf Kubikzentimeter groß und stellte für sich allein genommen nichts dar, war aber über den Hyperraum mit dem großen Galaktischen AC verbunden, der der gesamten Menschheit diente.
MQ-17J schwieg und fragte sich, ob er eines Tages in seinem unsterblichen Leben dazu käme, den Galaktischen AC zu sehen. Er befand sich auf einer eigenen kleinen Welt, ein Spinnennetz von Kraftstrahlen, die die Materie hielten, in der Wellen von Submesonen die Stelle der alten schwerfälligen Molekularröhren einnahmen. Man wußte, daß der Galaktische AC trotz seiner fast ätherischen Arbeitsweise volle dreihundert Meter Durchmesser aufwies.
MQ-17J fragte plötzlich seinen AC-Anschluß: "Kann die Entropie jemals umgekehrt werden?"
VJ-23X sah überrascht aus und meinte sofort: "Ach, hör mal, ich wollte dich das nicht wirklich fragen lassen."
"Warum nicht?"
"Wir wissen beide, daß die Entropie nicht umgekehrt werden kann. Man kann Rauch und Asche nicht in einen Baum zurückverwandeln."
"Gibt es auf eurer Welt Bäume?" fragte MQ-17J. Der Ton des Galaktischen AC ließ sie erstaunt verstummen. Seine Stimme drang aus dem kleinen AC-Anschluß auf dem Schreibtisch. Sie sagte: Die Daten reichen für eine sinnvolle Antwort nicht aus.
VJ-23X sagte: "Siehst du!"
Darauf wandten sich die beiden Männer wieder der Frage des Berichts zu, den sie für den Galaktischen Rat abfassen wollten.

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Zee Primes Geist durchmaß die neue Milchstraße mit schwachem Interesse für die zahllosen Sternwirbel, die sie sprenkelten. Er hatte sie noch nie zuvor gesehen. Ob er wohl je alle sehen würde? So viele, jede mit ihrer Menschenfracht, -- aber eine Fracht, die fast nur Leergewicht war. Immer mehr traf man den Kern der Menscheit hier draußen im Raum.
Geister, nicht Körper! Die unsterblichen Körper blieben auf den Planeten zurück, von einer Ewigkeit zur anderen getragen. Manchmal erhoben sie sich zu körperlicher Tätigkeit, doch wurde das seltener. Nur wenige neue Wesen entstanden, um sich der unglaublich riesigen Menge anzuschließen, aber was machte das? Im Universum war nur wenig Platz für neue Wesen.
Als Zee Prime auf die zarten Ranken eines anderen Geistes stieß, wurde ihm das Träumen vertrieben.
"Ich bin Zee Prime", sagte Zee Prime. "Und du?"
"Ich bin Dee Sub Wun, Deine Milchstraße?"
"Wir nennen sie nur die Milchstraße. Und du?"
"Wir auch. Alle Menschen nennen ihre Galaxie ihre Milchstraße und sonst nichts weiter. Warum auch nicht?"
"Richtig. Da sich alle Milchstraßen gleichen."
"Nicht alle Milchstraßen. Aus einer bestimmten Galaxie muß die Menschheit stammen. Das macht sie anders."
Zee Prime sagte: "Aus welcher?"
"Kann ich nicht sagen. Der Universal-AC müßte es wissen."
"Sollen wir ihn fragen? Ich bin plötzlich neugierig."
Zee Primes Wahrnehmungsvermögen weitete sich, bis selbst die Milchstraßen schrumpften und vor einem viel größeten Hintergrund zu lose verstreutem Staub wurden. Viele Hunderte Milliarden von ihnen, alle mit ihren unsterblichen Wesen. Sie alle trugen ihre Fracht an Intelligenzen, deren Geister frei durch den Raum trieben. Und doch war eine unter ihnen als ursprüngliche Galaxie einzigartig. Für eine von ihnen hatte es in unbestimmter, ferner Vergangenheit eine Zeit gegeben, in der sie die einzige Milchstraße war, die von Menschen bevölkert war.
Zee Prime packte die Neugier, diese Milchstraße zu sehen, und er rief: "Universal-AC! Aus welcher Milchstraße stammte die Menschheit?"
Der Universal-AC hörte, da auf jeder Welt und durch den ganzen Raum seine Rezeptoren bereit waren, und jeder Rezeptor führte durch den Hyperraum zu einem unbekannten Punkt, an den sich der Universal-AC zurückgezogen hatte.
Zee Prime kannte nur einen einzigen Menschen, dessen Gedanken bis in fühlbare Nähe zum Universal-AC vorgedrungen waren, und der berichtete nur von einer glänzenden Kugel, die einen Durchmesser von einem halben Meter hatte.
"Aber wie kann die der ganze Universal-AC sein?" hatte Zee Prime gefragt.
"Das meiste von ihm", war die Antwort gewesen, "befindet sich im Hyperraum. Welche Form er dort hat, kann ich mir nicht vorstellen."
Niemand konnte es, da, wie Zee Prime wußte, der Tag schon lang vergangen war, an dem Menschen noch an der Herstellung eines Universal-AC beteiligt waren. Jeder Universal-AC entwarf und formte seinen Nachfolger. Jeder sammelte in den Millionen Jahren seines Daseins die notwendigen Daten, um einen besseren und komplizierteren, fähigeren Nachfolger zu bauen, in dem sein eigener Vorrat an Daten und seine Eigenart aufgehen konnten.
Der Universal-AC unterbrach Zee Primes schweifende Gedanken. Nicht durch Worte, sondern durch Führung. Zee Primes Geist wurde in den blassen Ozean der Milchstraßen geführt, und eine bestimmte vergrößerte sich so, daß Sterne zu erkennen waren.
Aus unendlicher Ferne, aber unendlich klar kam ein Gedanke. "Die ursprüngliche Milchstrasse des Menschen."
Im Grunde glich sie allen anderen, und Zee Prime unterdrückte seine Enttäuschung.
Dee Sub Wun, dessen Geist den anderen begleitet hatte, sagte plötzlich: "Und ist einer dieser Sterne der ursprüngliche Stern des Menschen?"
Der Universal-AC sagte: "Der ursprüngliche Stern des Menschen wurde zu einer Nova, er ist jetzt ein weisser Zwerg."
"Sind die Menschen dort gestorben?" fragte Zee Prime verblüfft und ohne nachzudenken.
Der Universal-AC sagte: "Wie immer in solchen Fällen wurde für ihre leiblichen Körper eine neue Welt geschaffen."
"Ja, natürlich", sagte Zee Prime, aber trotzdem überwältigte ihn das Gefühl, etwas verloren zu haben. Sein Geist ließ die ursprüngliche Milchstraße des Menschen los, ließ sie zurückspringen und zwischen den verschwommenen Pünktchen verschwinden. Er wollte sie nie wieder sehen.
Dee Sub Wun sagte: "Was ist los?"
"Die Sterne sterben. Der ursprüngliche Stern ist tot."
"Sie müssen alle sterben. Warum auch nicht?"
"Aber venn alle Energie verschwunden ist, werden unsere Körper schließlich sterben, und du und ich mit ihnen."
"Bis dahin sind es noch Milliarden von Jahren."
"Ich möchte aber, daß es selbst nach Milliarden von Jahren nicht geschieht, Universal-AC! Wie viele Sterne können vor dem Sterben bewahrt werden?"
Belustigt sagte Dee Sub Wun: "Du fragst, wie die Richtung der Entropie umgekehrt werden kann."
Und der Universal-AC antwortete: "Bis jetzt reichen die Daten noch immer nicht für eine sinnvolle Antwort aus."
Zee Primes Gedanken flohen zurück zu seiner eigenen Milchstraße. Kein weiterer Gedanke beschäftige sich mit Dee Sub Wun, dessen Körper vielleicht in einer Milchstraße wartete, die eine Billion Lichtjahre entfernt war, oder auf dem Stern neben dem von Zee Prime. Es war gleich.
Zee Prime fing traurig an, interstellaren Wasserstoff zu sammeln, aus dem er seinen eigenen kleinen Stern bauen konnte. Wenn die Sterne eines Tages sterben mußten, so konnten einige wenigstens noch gebaut werden.

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Der Mensch bewegte die Gedanken in sich, und der Mensch war in geistiger Hinsicht eins. Er bestand aus Billionen und Aberbillionen altersloser Körper, die jeder an seinem Platz still und unzerstörbar ruhten, von vollkommenen Automaten versorgt, die ebenso unzerstörbar waren, während sich die Geister der Körper freiwillig und unterscheidbar ineinander verschmolzen.
Der Mensch sagte: "Das Universum stirbt."
Der Mensch sah sich die verblassenden Milchstraßen an. Die Riesensterne, die Verschwender, waren schon seit langem verschwunden, in der dunkelsten aller dunklen Vergangenheiten. Fast alle Sterne waren weiße Zwerge und dämmerten dem Ende entgegen.
Zwischen den Sternen waren aus Staub neue Sterne gebaut worden, einige durch natürliche Vorgänge, andere durch den Menschen, und auch die schwanden. Weiße Zwerge mochten noch ineinandergeschleudert werden, und mit den riesigen Kräften, die dabei frei wurden, konnten neue Sterne gebaut werden, aber auf tausend zerstörte weiße Zwerge kam nur ein Stern, und auch die würden ihr Ende finden.
Der Mensch sagte: "Geleitet vom Kosmischen AC wird mit der Energie, die noch im Universum ist, haushälterisch umgegangen, und sie wird noch für Milliarden von Jahren reichen."
"Aber auch so", sagte der Mensch, "wird schließlich alles ein Ende finden. Wie haushälterisch auch mit ihr umgegangen wird, wie sie auch gestreckt wird, verbrauchte Energie kann nicht wiedergebracht werden. Die Entropie muß immerfort bis zu ihrem Höchstwert ansteigen."
Der Mensch sagte: "Kann die Entropie nicht umgekehrt werden? Fragen wir den Kosmischen AC."
Der Kosmische AC umgab sie, jedoch nicht räumlich. Nicht ein Stück von ihm befand sich im Raum. Er war im Hyperraum und bestand aus etwas, was weder Materie noch Energie war. Die Frage nach seiner Größe und Art hatte nach den Begriffen, die der Mensch verstand, längst keinen Sinn mehr.
"Kosmischer AC", sagte der Mensch, "wie kann die Enrropie umgekehrt werden?"
Der Kosmische AC sagte: "Bis jetzt reichen die Daten noch immer nicht für eine sinnvolle Antwort aus."
Der Mensch sagte: "Sammle weitere Daten."
Der Kosmische AC sagte: "Das werde ich tun. Ich tue es seit hundert milliarden Jahren. Meinen Vorgängern und mir wurde diese Frage oft gestellt. Alle Daten, über die ich verfüge, bleiben unzulänglich."
"Werden die Daten einmal reichen", sagte der Mensch, "oder ist das Problem unter allen denkbaren Umständen unlösbar?"
Der Kosmische AC sagte: "Kein Problem ist unter allen denkbaren Umständen unlösbar."
Der Mensch sagte: "Wann wirst du genug Daten haben, um die Frage zu beantworten?"
Der Kosmische AC sagte: "Bis jetzt reichen die Daten noch immer nicht für eine sinnvolle Antwort aus."
"Wirst du weiter daran arbeiten?" fragte der Mensch.
Der Kosmische AC sagte: "Werde ich."
Der Mensch sagte: "Wir werden warten."

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Die Sterne und Milchstraßen starben und erloschen, und der Raum wurde nach zehn Billionen Jahren des Vergehens schwarz.
Der Mensch verschmolz einer nach dem anderen mit dem AC. Jeder leibliche Körper verlor auf eine Art seine geistige Identität, daß es irgendwie kein Verlust, sondern ein Gewinn war.
Der letzte Geist des Menschen hielt vor dem Verschmelzen inne, musterte einen Raum, der nichts als den Rest eines letzten dunklen Sterns und unglaublich feine Materie enthielt, die ganz zufällig durch die letzten Zuckungen vergehender Wärme bewegt wurde, die sich asymptotisch dem absoluten Nullpunkt näherte.
Der Mensch sagte: "AC, ist das das Ende? Kann dieses Chaos nicht noch einmal in ein Universum umgekehrt werden? Kann das nicht gemacht werden?"
AC sagte: "Bis jetzt reichen die Daten noch immer nicht für eine sinnvolle Antwort aus."
Der letzte Geist des Menschen verschmolz, und es gab nur AC -- und zwar im Hyperraum.
Materie und Energie hatten ihr Ende gefunden, und mit ihnen Raum und Zeit. Selbst das AC existierte nur wegen der einen letzten Frage, die es seit der Zeit nie beantwortet hatte, als vor zehn Billionen Jahren ein halb betrunkener Computerfachmann einem Computer die Frage gestellt hatte, der, verglichen mit dem AC, viel weniger war als ein Mensch, verglichen mit dem Menschen.
Alle anderen Fragen waren beantwortet worden, und bis diese letzte Frage nicht beantwortet war, mochte das AC seine Bewußtheit nicht aufgeben.
Alle zusammengetragenen Daten waren endgültig geworden. Es gab nichts mehr zusammenzutragen.
Aber alle zusammengetragenen Daten mußten noch vollständig miteinander in Beziehung gesetzt werden und in alle möglichen Verhältnisse gebracht werden.
Damit wurde ein zeitoser Zwischenraum zugebracht.
Und dann begab sich, daß AC lernte, wie die Richtung der Entropie umgekehrt werden konnte. Aber jetzt gab es keinen Menschen mehr, dem AC die Antwort auf die letzte Frage mitteilen konnte. Es machte nichts. Die Antwort würde es durch ihr Beispiel zeigen und auch dafür Sorge tragen.
Einen weiteren zeitlosen Zwischenraum hindurch dachte AC nach, wie es am besten zu machen sei. AC stellte sorgfältig einen Plan auf.
Die Bewußtheit des AC umfaßte alles, was einst ein Universum gewesen war und schwebte über dem, was jetzt Chaos war. Es mußte Schritt für Schritt getan werden.
Und AC sprach: "Es werde Licht!"
Und es ward Licht...

© Isaak Asimov


Mittwoch, 4. Januar 2012

Schlaf oder kein Schlaf


Aus Anlass meiner heutigen Schlaflosigkeit:

SCHLAF

Nun trifft es mich, wie's jeden traf,
Ich liege wach, es meidet mich der Schlaf,
Nur im Vorbeigehn flüstert er mir zu:
"Sei nicht in Sorg', ich sammle deine Ruh',
Und tret' ich ehstens wieder in dein Haus,
So zahl' ich alles dir auf einmal aus."

Theodor Fontane 

 Gustav Courbet Der Schlaf


HALBER SCHLAF

Die Finsternis raschelt wie ein Gewand,
Die Bäume torkeln am Himmelsrand.

Rette dich in ans Herz der Nacht,
Grabe dich schnell in das Dunkele ein,
Wie in Waben. Mache dich klein,
Steige aus deinem Bette.

Etwas will über die Brücken,
Es scharret mit Hufen krumm,
Die Sterne erschraken so weiß.

Und der Mond wie ein Greis
Watschelt oben herum
Mit dem höckrigen Rücken.

Georg Heym 

 Heinrich Fuseli 1781 Nachtmahr


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Rose, oh reiner Widerspruch, Lust 
Niemandes Schlaf zu sein unter soviel 
Lidern.

Rainer Maria Rilke 
Spruch auf seinem Grabstein auf dem französischen Bergfriedhof von Rarogne


"In den späten 1920er Jahren, raste eine ägyptische Frau namens Nimet Eloui, Tochter eines Hofmeisters des Sultan Hussein von Ägypten, mit ihrem Auto mit unbändiger Geschwindigkeit über die Schweizer Berge. Am Beifahrersitz: Der Schriftsteller Rainer Maria Rilke, der sich vor der Geschwindigkeit, mit der die Fahrerin das Auto steuerte, fürchtete. Diese Dame dürfte dennoch eine große Faszination auf Rilke ausgeübt haben, immerhin geht die Geschichte darum, dass er dieser Nimet Eloui Rosen gepflückt haben soll. Dabei hat er sich an einem spitzen Dorn verletzt, eine Blutvergiftung zugezogen, konnte seine Arme nicht mehr bewegen..."
Ralph Freedman "Life of a poet: Rainer Maria Rilke"
Er starb zwar an Leukämie, aber einige behaupten, dass er selbst geglaubt haben soll,
dass er an eben diesem Rosendornstich stürbe.

Wir, in den ringenden Nächten,
wir fallen von Nähe zu Nähe;
und wo die Liebende taut,
sind wir ein stürzender Stein.


Dienstag, 3. Januar 2012

Diane Arbus zum Vierten - Nudisten


Aus Anlass der ungewöhnlich warmen Witterung:

 Familie am Abend in einem Nudisten Camp. 1965
 
 
Kellnerin in einem Nudisten Camp. New Jersey. 1963 

"...wenn der sündenfall in der trennung von gott und dem teufel besteht muss die schlange aus der mitte des apfels aufgetaucht sein als eva hineinbiß wie der ursprüngliche wurm ihn in zwei hälften spaltend und und alles in paare von gegensätzen trennend was einst eins war, so dass die welt eine arche Noah ist auf dem meer der ewigkeit mit sich tragend all die endlosen paare von dingen, unvereinbar und untrennbar, und hitze wird sich immer nach kälte sehnen und das hinten sich nach dem vorn und lächeln sich nach tränen und der köter sich nach jeff und nein sich nach ja mit der unaussprechlichsten nostalgie die es gibt.

"...If the fall of man consists in the separation of god and the devil the serpent must have appeared out of the middle of the apple when eve bit like the original worm in it, splitting it in half and sundering everything which was once one into a pair of opposites, so that the world is a Noah's arc on the sea of eternity containing all the endless pairs of things, irreconcilable and inseparable, and heat will always long for cold and the back for the front and smiles for tears and mutt for jeff and no for yes with the most unutterable nostalgia there is.
Diane Arbus, aus einem Brief an Marvin Israel, um 1960

Rentner und seine Frau eines Morgens zu Hause in einem Nudisten Camp. New Jersey. 1963. 

 Junges Mädchen im Nudisten Camp
 
Ehepaar im Wald in einem Nudisten Camp. New Jersey.
1963

Nudistin mit Schwanen-Sonnenbrille. Pennsylvania. 1965


Alle Photographien © Diane Arbus

Montag, 2. Januar 2012

Im Weißen Rössl - Eine Schimpftirade

Wenn man Operetten nicht leiden kann, sollte man sie nicht inszenieren oder muß halt eine so überzeugende und witzige Form der Dekonstruktion erfinden, dass die Abneigung oder Haßliebe wieder Kunst hervorbringt.
Sonst entsteht das, was ich gestern Abend drei Stunden lang in der Komischen Oper betrachten durfte, nämlich langweiliges, ungelenk inszeniertes, überaufwendiges Schmeater. Dass Sebastian Hartmann Deutsche doof findet und das Operettengenre ebenso, ist nicht interessant genug, um so viel versenkte Lebenszeit und so viel Bühnenbild zu rechtfertigen. Ironie ist nicht abendfüllend.
Man, eine Riesenduschkabine, damit 20 Leute vom Chor einmal reinrennen, kurzer schwacher Lacher und dann ungeschickter, nicht unauffälliger Abgang. Die Zimmer-mädchen tragen Toga, hin- und wieder tauchen Barockkostüme auf, warum auch immer, zusammengeschustert und witzig sein gewollt.
Nichts ist wichtig, die Entstehungszeit nicht, die Jetztzeit eigentlich auch nicht, Gott behüte die Geschichte oder theatralische Situationen. Der Einfall regiert!

Gott sei Dank singt und spielt Dagmar Manzel! Falls ihr "Kiss me Kate" am selben Haus noch nicht gesehen habt, unbedingt nachholen! Was für eine Stimme, was für eine tolle Frau, ach was für ein Weib. Im Februar folgen "Die Sieben Todsünden"!
Aber falls sie mal das Bielefelder Telephonbuch vortragen sollte, ich würde auch hingehen und bin sicher, es wäre spannend.

aus "Kiss me Kate"

Max Hopp ist der verliebte Kellner, nur dass er halt nie kellnert, sondern mit viel Einsatz unablässig Humor produzieren muß. Schade, ich sehe den gern. 
Dann gibt es noch eine große Rolle, die gar nicht singen kann und auch nicht tanzen, aber beides tut. Oft.
Gelacht wurde nicht viel, aber geklatscht dann doch. Die Mysterien des Publikums. Obwohl bei der Menge von Ohrwürmern und mit der Qualität eines Teils der Besetzung hätte der Saal eigentlich vor Bravos explodieren müssen. Naja.

Im weißen Rössl am Wolfgangsee (Ralph Benatzky)
Was kann der Sigismund dafür, dass er so schön ist? (Robert Gilbert)
Im Salzkammergut, da kann man gut lustig sein (Ralph Benatzky)
Es muss was Wunderbares sein (Ralph Benatzky)
Mein Liebeslied muss ein Walzer sein (Robert Stolz)
Die ganze Welt ist himmelblau (Robert Stolz)

Ursli Pfister hat 1994 eine wunderbare minimalistische Variante des Rössls in der Bar jeder Vernunft inszeniert. Toll. Mit Max Raabe, den Geschwistern Pfister, Meret Becker, otto Sander und, ich glaube, Schmiedinger als Kaiser. Das war hier Irm Hermann, und das war auch sehr schön, sehr zart und fies.

Samstag, 31. Dezember 2011

Listen


LISTEN


TOP TEN Oder Mehr

Nelly!

Judith und Ötti und Katharina und Jenny und Sonja und meine Mutter und Dagmar und Ines und Anna (Mannoman!) und Martin und Armin und natürlich Pia und und und.

"Meister und Margaritha" in Ingolstadt, alles, fast alles, das Stück, das Ensemble, Grit, die Arbeit.

Der erste Besuch im Neuen Museum in Berlin, Mr. Chipperfield is a great artist! Überhaupt, dass mich Ötti wieder in Museen gelockt hat.

Hitze in Korfu, Kensington Market and Chinatown in Toronto, Museen und Katka und Jasmin in Basel, Diebe in London, Theaterschnee und Theaterspieler in Magdeburg und der "Reigen" von Claudia, Regensburg, weil es so hübsch ist und Silvia da wohnt, Berlin, weil ich Berliner bin.

Viele unterbezahlte, überbeschäftigte Theaterleute, die einen das nicht spüren lassen, sondern sich den Arsch und das Herz aufreissen und dabei auch noch Spass haben.

Bücher alte und neue. Filme. Und ganz viel Musik.

Goldene Drachen und andere mythische Tiere

Starker Kaffee, Zigaretten (Gauloises) und dieser Blog

Arabische Hoffnungen und hoffnungsvolle arabische Frauen, Okkupierte Orte und Okkupierende, Widerstand ohne Ideologie, aber nicht ohne Intelligenz.


e.e. cummings für mich wiederentdeckt, viele Gedichte gelesen!

Gesund gewesen!

Und manches, was nicht hierher gehört.

"It's more fun to be a pirate than to join the navy." Steve Jobs


BOTTOM TEN Oder Mehr

Politik, Kapitalismus, Mord, Lügen, Totschlag, staatliche Attentate, Armut, Hunger, Kriege, Hass, Ignoranz, Fundamentalismus jeglicher Couleur, Verdummung, Hochmut, Gier, Fukushima, Nord-Korea und der neue Führer, die religiöse Rechte in den USA, die Macht des Geldes oder besser, die Macht derer, die durch Geld Macht haben. Und, immer noch, AIDS und die vielen, die keine Medikamente bekommen (Siehe Geld und Macht)

Loriot, Christpher Hitchens, Christa Wolf, Steve Jobs, Amy Winehouse, Peter Falk, Gerry Rafferty, Vaclav Havel und andere sind gegangen.

“Do I fear death? No, I am not afraid of being dead because there's nothing to be afraid of, I won't know it. I fear dying, of dying I feel a sense of waste about it and I fear a sordid death, where I am incapacitated or imbecilic at the end which isn't something to be afraid of, it's something to be terrified of.” Ch. Hitchens

Rostocker Kulturpolitik und auch die an einigen anderen Orten.

19% Umsatzsteuer für Theaterregisseure 


Gebrochene Versprechungen und manches, was nicht hierher gehört.

"Was für eine vorzügliche Einrichtung, daß die Gedanken nicht als sichtbare Schrift über unsere Stirne laufen. Leicht würde jedes Beisammensein ... zum Mördertreffen."  Chr. Wolf Kein Ort. Nirgends




2011 / 2012 - Wenn ich mir was wünschen dürfte



Ich wünschte, ich könnte so geheimnisvoll schreiben wie eine Katze.
Edgar Allen Poe


Ich wünschte, jeder spürte den Schmerz, den er einem anderen zufügt.
Ich wünschte, Kettenrauchen wäre gut für die Gesundheit.
Ich wünschte, Zähne wüchsen immer wieder nach.
Ich wünschte, Zellulitis würde durch unmäßiges Essen von Schokolade verschwinden.
Ich wünsche nicht nochmal 20 zu sein. Ganz sicher nicht.
Ich wünschte, Theater wäre hilfreicher. 
Ich wünschte, Theater wäre unterhaltsamer. 
Ich wünschte, Theaterkritiker hätten mehr Humor und wenigstens ein wenig Enthusiasmus.
Ich wünschte, deutsche Menschen hätten mehr Humor und wenigstens ein wenig Enthusiasmus. 
Ich wünschte, alle, die gesund seien wollen, wären es auch.
Ich wünschte, ich wünschte nicht so manchem die Pest an den Hals.
Ich wünschte, ich wäre cool, wenigstens gelegentlich.  
Ich wünschte, drei mal drei wäre manchmal sieben, nur so.
Ich wünschte, ich könnte beim Fleischer "ein bisschen Frieden" verlangen und er fragte mich: "Kann's ein bisschen mehr sein?"
Ich wünschte, jemand würde mir mal wieder Blumen schenken.
Ich wünschte, daß uns endlich Aliens besuchen kämen.
Ich wünschte, die Nachwelt würde den Mimen Kränze flechten. Nicht allen.
  Ich wünschte, gute Bücher hätten keine letzte Seite.
Ich wünschte, ich könnte Berlin überall mithinnehmen.
Ich wünschte, ich wäre noch da, um solch eine Wunschliste für 2080 zu schreiben. 
 
Wenn ich mir was wünschen dürfte

Man hat uns nicht gefragt,
als wir noch kein Gesicht,
ob wir leben wollen,
oder lieber nicht.

Jetzt gehe ich ganz allein,

durch eine große Stadt,
und ich weiß nicht einmal,
ob diese Stadt mich lieb hat?

Dann schau ich in die Stuben,

durch Tür und Fensterglas,
und ich höre, warte,
auf etwas, (aber was)

Wenn ich mir was wünschen dürfte,

käm ich in Verlegenheit,
was ich mir denn wünschen sollte,
eine schlimme, oder gute Zeit?

Wenn ich mir was wünschen dürfte,

möchte ich etwas glücklich sein,
denn sobald ich gar zu glücklich wär,
hät ich Heimweh nach dem Traurigsein.

Menschenskind,

warum glaubst du bloß,
gerade dein Leid, dein Schmerz,
währen riesengroß,

Wünsch dir nichts!
Dummes Menschenkind,
Wünsche sind nur schön,
solang sie unerfüllbar sind.

Friedrich Hollaender 1931 


Eine der letzten Tonaufnahmen von Marlene Dietrich:

Und circa 50 Jahre früher:


Freitag, 30. Dezember 2011

Der vorletzte Dodo


Der Vorletze. Die Vorletzte. Das Vorletzte. 
Der, die, das direkt vor dem Letzten einer Reihe oder Gruppe. Die Letzten werden die Ersten sein, sagt man. Und die Vorletzten die Zweiten? Oder werden sie einfach nur dem Vergessen anheimfallen, nicht mal schwach genug oder arm dran genug, um es auf den letzten Platz zu schaffen?
Den Letzten ist eine gewisse Tragik eigen, 'der letzte seiner Art', der letzte Tag des Jahres, der, der als Letzter die Ziellinie erreicht oder wenigstens nehmen sie eine extreme Position ein, z.B. die von, "das ist ja das Letze". Das Hinterletze wäre auch noch was, aber das Vorletzte?
Als der vorletzte Dodo starb, war immerhin noch einer übrig, nicht mehr in der Lage sich fortzupflanzen und darum ein tragischer Fall. Einsam und dem Untergang geweiht. Aber niemand fragt nach dem Vorletzten. Niemand. Zu früh Gekommene oder, in diesem Fall, Gegangene, bestraft das Leben wohl auch.

Der Dodo

Der Dodo

Um 1590. Der Dodo lebt auf den Inseln Mauritius und Reunion im Indischen Ozean und hat keine natürlichen Feinde, er kann nicht fliegen und ist, da er nie Aggression erlebt hat, äußerst zutraulich. Er nistet zu ebener Erde und lebt, groß und bis zu 20 Kilo schwer, so vor sich hin. 
Dann kamen die Europäer und, mit ihren Schiffen, die Ratten und Haustiere. Die aßen gern Eier. Und obwohl sein Fleisch nicht sehr wohlschmeckend war, eignete es sich doch gut als Frischfleisch für Seefahrten.
100 Jahre später starb, erst der vorletzte und dann der letzte Dodo. Und niemand bemerkte es, bis Lewis Caroll 1865 in Alice im Wunderland ein Proporzwettrennen erfand, in dem Dodo und Brachvogel und andere Tier mit Alice einen Proporzwettlauf veranstalten.
BRACHVOGEL:        
Unter diesen Konditionen votiere ich für umgehenden Rekurs auf effizientere
Maßnahmen. Nur durch energische Initiative kann eine derart prekäre Situation ‑ 
DODO:                       
Sprich deutsch!

BRACHVOGEL:        
Ich wollte sagen, daß das beste Mittel zum Trockenwerden ein Proporz‑ Wettlauf wäre. 
ALICE:                       
Proporz‑Wettlauf?

BRACHVOGEL:      

Man kann es am besten erklären, indem man es macht.

ELSTER:                  
Man legt zuerst die Rennbahn fest, eine Art Kreis... 
BRACHVOGEL:        
Auf die genaue Form kommt es nicht an. 
ELSTER:                    
... die Mitspieler müssen sich auf der Bahn aufstellen.                                   

BRACHVOGEL:        
Irgendwo, wie es sich gerade trifft.                                  

DODO:                        
Es gibt kein Eins ‑ zwei ‑ drei ‑los!",

BRACHVOGEL:        
- sondern jeder beginnt zu laufen, wann er will

SCHILDKRÖTE:        
- und hört auf, wie es ihm einfällt.

ELSTER:                    
So daß gar nicht leicht zu entscheiden ist,
DODO:                        
- wann der Wettlauf zu Ende ist.
BRACHVOGEL:        
Ende des Wettlaufs! 
ALLE:                         
Wer ist Sieger?

BRACHVOGEL:       
Alle sind Sieger. Jeder muß einen Preis bekommen.
ALLE:                          
Wer soll die Preise stiften?
BRACHVOGEL:        
Du natürlich.
ALLE:
Preise! Preise! 
Erhebt das Glas auf die unzähligen Vorletzten und vielleicht auch auf die Zweiten.  
"Alle sind Sieger. Jeder muß einen Preis bekommen."

Donnerstag, 29. Dezember 2011

100 000 in Worten einhunderttausend Klicks


Ich weiss, es ist albern, aber ich freue mich trotzdem!
Es macht immer noch Spaß und scheinbar nicht nur mir.

Yeppee!!!

Drive - ein Film mit Ryan Gosling


Heute war ich im Kino, Sneakpreview, 3,50 €, man kauft eine billige Katze im sprichwörtlichen Sack, manchmal klappt es, manchmal...

Erste Einstellung, Auto, die Kamera blickt in den Rückspiegel, ein Augenpaar - Ryan Gosling, Hurra! Seit ich morgens um 3 im kanadischen Fernsehen zufällig auf den "Believer" gestoßen bin, der es leider nie in die deutschen Kinos geschafft hat, laufe ich sklavisch in jeden seiner Filme. 

Ach, hätte ich diesen doch ausgelassen! Ambitionierter Mulch, der zur Mitte hin in exzessive Gewaltphantasien kippt und derartig stolz auf seine künstlerische Langsamkeit und Bedeutungsschwere ist, dass man sich wünscht, dem Regisseur, einem Herrn Nicolas Winding Refn, ganz direkt und persönlich ins Gesicht gähnen zu können. Tolle Schauspieler blicken einander voller tiefer Hintergedanken sehr, sehr lange an, entäußern hier und da ein Lächeln, das von Carey Mulligan ist übrigens ganz bezaubernd, und nach gefühlten 10 Minuten murmeln sie dann ein leises "ok". Och. Nö.

Aber: Ryan Gosling ist nichtsdestotrotz ein außerordentlicher Schauspieler!

Aber: Für Freunde des gehobenen Kitsches: The Notebook alias "Wie ein einziger Tag"

Aber: Wenn auch nicht in Deutsch erhältlich: The Believer, die Geschichte eines orthodox erzogenen Juden, der aus Überzeugung einer Nazi-Organisation beitritt. Das Drehbuch basiert auf der Lebensgeschichte von Dan Burrow, einem amerikanischen Juden, der nach Verlassen der Amerikanischen Nazipartei, dann in den Klu-Klux-Clan eintrat und Selbstmord beging, als ein Reporter seine Geschichte in der New York Times veröffentlichte. Ein hochkomplizierter und sehr verstörender Film, der provozierende Gedanken durchspielt bis zu ihrem schrecklichen Ende, ohne sich jedoch eitel in der Provokation zu wälzen.

Aber: Für die, die einen guten Thriller schätzen: Murder bei Numbers oder "Mord nach Plan" mit einer tollen Sandra Bullock.

Aber: Blue Valentine, ein kleiner großer Film über das Versterben der Liebe.

Aber: Singen kann der Mann auch. Er hat mit einem Freund (Zach Shields) eine Band "Dead Man's Bones", selbstkomponierte, manuelle Musik mit Kinderchören. Fein, wirklich!


Aber: Gut aussehen tut auch. (Und er ist Kanadier!)