Dienstag, 21. November 2017

Ägypten 6 - Gesichter

Die meisten der Tempel, die wir besucht haben, waren über und über bedeckt mit Reliefs von Personen ohne Gesicht, denn das war in penibler Kleinarbeit weggekratzt worden. Frühe Christen, neu zur Macht gekommen und später Muslime, sahen es als ihre Pflicht an, die Züge ihrer heidnischen Vorfahren auszumerzen. Die Gründlichkeit mit der sie dabei vorgingen ist bedrückend.


Die Religion des alten Ägyptens, ist eine Religion der geschriebenen Sprache und des Bildes. Sie wirkt auf mich geradezu geschwätzig. Hieroglyphen in Masse, Cartouchen mit dem Namen des jeweiligen Pharaos im Dutzend, Statuen in vielzähliger Wiederholung. Wenn ein Name, ein Abbild oft genug angesehen oder ausgesprochen wird, wird man sich seiner erinnern. Und trotz der Verwüstungen durch Zeit und religiöse Ignoranz, haben sie es geschafft. Wir kennen ihre Namen. Ramses, Amenhotep, Amenophis etc..


Kairos Strassen und die von Luxor und Assuan sind bevölkert von diesen Gesichtern. Da geht Nofretete, dicht verschleiert mit vier Kindern, da läuft ein Schreiber, der jetzt Souveniers verkauft, da fährt ein Pharao Taxi.





Hathor, Göttin der Liebe, ihre Ohren sind besonders wunderbar.









Ein Lächeln ohne Zeit. Sie weiß etwas, was ich nicht weiß.



Ein dicker Gott. Selten und erfreulich.



Dies alles war einmal bunt. Zinserling hat uns die edle, weiße Antke ins Gehirn gepflanzt, Aber das ist Quatsch. Und auch in Ägypten wurde kräftig coloriert.






Ein Kind, erkennbar an der Locke und dem fragenden Finger am Mund




Der Schönste zum Schluß: ECHNATON



Viele myseriöse Geschichten ranken sich um seinen Namen. Der bedeutet in etwa: der, dem Aton nützlich ist. Eigentlich hieß er Amenhotep, der vierte dieses Namens. Er war wie alle Pharaonen vor ihm. Und dann war er es nicht mehr. Nur EINEN Gott sollte es nunmehr geben, eine neue Hauptstadt wurde gebaut, Achetaton nahe Amarna. Nofretete war seine Ehefrau.



Oh alleiniger Gott,
von dessen Art es keinen anderen gibt!
Du erschaffst die Erde nach deinem Wunsch,
und zwar ganz allein, mit allen Menschen,
mit allem Vieh und Wild,
die auf der Erde sind und auf Beinen laufen
oder sich erheben und mit ihren Flügeln fliegen.




Eigenartig modern diese Überhöhung, Übertreibung. Langes Gesicht, dicke Lippen, Mandelaugen. Ein perfektes männliches Model für heutige Laufstege. Aber dann dieser birnenförmige Bauch? ( Siehe: http://johannaschall.blogspot.de/2017/11/agypten-1-kairo.html )




Echnaton war der erste radikale Ausradierer. Er entschied sich für den EINEN Gott und sandte Gefolgsleute aus, die Namen seiner nun ungläubigen Vorgänger auszukratzen.
EinGott-Religionen haben dafür wohl eine Schwäche.




Eine höchst geheimnisvolle Episode der ägyptischen Frühgeschichte. Vieles werden wir nie erfahren, weil halt auch seine Nachfolger, die zum alten Glauben zurückkehrten, hervorragende Ausradierer wurden.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen