Samstag, 11. Juli 2015

Theater hat Vertrauen


"Versuch's doch mal so." 
"Das funktioniert nicht."
"So wär es vielleicht besser."
"Nee, ist langweilig."
"Nochmal."
"Schneller!" 
"Anschlüsse!"
"Scheiße!"
"Hast Du 'ne Idee?"
"Das war gut, das lassen wir weg."
"Geht gar nicht!"
"Wunderbar!" 
Kicher, kicher, kicher....
"Wunderbar!"
"Oder doch besser so?"

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"Anstatt uns auf eure Gegensätze zu konzentrieren, laßt uns auf eure gemeinsame Liebe zum Theater zurückkommen."
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Regisseur und Spieler, ein delikates Paar, balancierend auf dem schmalen scharfen Grat zwischen Einlassen und Unterordnen für den einen, zwischen Fordern, Fördern und Mißbrauch für den anderen. Vollständige gegenseitige Abhängigkeit mit all den implizierten Gefährdungen und Möglichkeiten.

Wie ein Paar, das sich bei einem schrägen Speed-Dating* trifft - erste Probe, der Regisseur stellt sich vor, man kann es auch Konzeption nennen - "Wenn ich mich theoretisch ausziehe, machst Du Dich echt für mich nackt?". Zweite Probe, der Schauspieler, selbst der erfahrenste, gibt Talentbeweise. Angst ist im Raum. Und die muß da raus.

Es wird erzählt, dass einst zwei Schauspieler vor sich hinprobierten und irgenwie wurde einer von beiden nach unten, in den Zuschauerraum geschickt, um zu gucken, ob der andere in der Mitte stand - und da ist er unten geblieben und hat angefangen, den oben gebliebenen hin und her zu bewegen - die Geburt des Regisseurs. Hybris, die notwendige Vorraussetzung für die Berufs-Eignung.

"Eine gemeinsame Sprache zu finden", die poetisch-hoffnungsvolle Umschreibung dafür, dass der eine ums Verrecken nicht weiß, was der andere meint und der, oft selbst nicht sicher ist, was genau er gerade sagen will. 

Eines meiner besten Premierengeschenke, überreicht von einer Praktikantin mit Humor, war ein Textbuch, in das sie meine Regieanweisungen eingebaut hatte. Mein Gott, was ich in Proben so von mir gebe! Ja, hin und wieder ein guter Gedanke, aber auch grammatikalische Monstrositäten, frei erfundene Wörter, z.B. "ein Schnurpelchen mehr, du weißt schon...", und Assoziationsketten, die mir in der realen Welt eine krankenkassen-finanzierte Unterkunft mit weichen Wänden und reichlich Tabletten sichern würden. Artikel aus der "Brigitte", obskure Filme, Kindheitserinnerungen, wahre und im Augenblick erfundene, Farben, Gerüche, Fetzen aus mitgehörten Gesprächen, Zitate, Traumsequenzen, ordinäre Witze. Gut dass nur ich in meinem Kopf lebe. Im besten Fall ist das Gegenüber ebenso wirr und manisch. Im schlimmsten,, leerer Blick, Panik, Aggression oder hilflose Unterwerfung. Das ist wirklich der schlimmste Fall. Wenn du einen Schauspieler verlierst. Ist mir passiert. Nicht oft, aber zu oft. Gräme mich immer noch, über jeden von ihnen.

Vertrauen*, ein Geschenk, überreicht ohne Sicherheiten, großzügig gegeben und sorgfältig entgegengenommen. Ohne Vertrauen funktioniert die Chose nicht. Beidseitig. Risikobewußt und kindlich.

*Unter Speed-Dating versteht man eine ursprünglich aus den USA stammende Methode, schnell neue Flirt- oder Beziehungspartner, aber auch Geschäftskontakte zu finden. Als Urheber (seit 1998) gilt Rabbi Yaacov Deyo, Mitglied der orthodox-jüdischen Organisation Aish HaTorah mit Sitz in Los Angeles (Kalifornien, USA). Sein Ziel war eine Kontaktplattform für die jüdische Gemeinde, damit sich Alleinstehende jüdischen Glaubens schneller und effizienter kennenlernen können mit der Aussicht, schließlich zu heiraten und damit die Zahl jüdischer Ehen zu erhöhen. WIKI

*Vertrauen ist in psychologisch-­persönlichkeits­theoretischer Perspektive definiert als subjektive Überzeugung von der (oder auch als Gefühl für oder Glaube an die) Richtigkeit, Wahrheit bzw. Redlichkeit von Personen, von Handlungen, Einsichten und Aussagen eines anderen oder von sich selbst (Selbstvertrauen). Zum Vertrauen gehört auch die Überzeugung der Möglichkeit von Handlungen und der Fähigkeit zu Handlungen. Man spricht dann eher von Zutrauen. Als das Gegenteil des Vertrauens gilt das Misstrauen. WIKI

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