Probe von "Cyrano de Bergerac", erster Akt, die erste Begegnung zwischen Cyrano und Christian, zwischen dem Titelhelden und dem romantischen Helden, beide lieben ein und dieselbe Frau, wenn auch auf höchst unterschiedliche Weise. Zwei Liebes-Weisen stossen aufeinander.
Der eine hält sich für häßlich, der andere sich für dumm. Selbstverachtung im Doppelpack, da liegt ihre Ähnlichkeit. Sie teilen die Hoffnung, dass, wenn nur dies Eine anders wäre, ihr Leben ins rechte Lot käme. 'Wäre ich jünger, schöner, stärker, hätte ich dies, hätte ich das - dann wäre ich glücklich.' Stoßseufzer, Illusion, aber auch verzweifelte Ausrede oder Entschuldigung, das Änderbare zu verändern.
Der eine ist ein Meister der defensiven Abwehr, der schützenden Ironie, immer ein Bonmot im Anschlag und wenn das nicht reicht, dann eben eins in die Fresse.
Der andere sagt von sich selbst: "Ich bin so dumm dass es schon weh tun müßte." und " Ich liebe.". Keine Ornamente, kein aber, keine Einschränkungen, keine Selbstironie. Er ist ohne Arg und eben halt nicht dumm.
Das ist arg schwer.
Wenn uns ein Mensch begegnet, dessen Worte mit seinen Absichten übereinstimmen, der arglos ist, ohne Arg, ohne Böses, ohne Verstelltes, macht uns das fassungslos. Es heißt auch nicht, dass dies ein besonders angenehmer Mensch sein muß, aber er ist uns fremd.
Wie ein anderer "guter Tor", Siegfried, der sich arglos das Zeichen seiner Schwäche anzeichnen läßt, wird Christian an einem Betrug teilnehmen und schlußendlich getötet werden.
Das Wort arglos hat sich in seiner Gebrauchszeit verändert, beschrieb es einst jemanden, der nichts Böses will, wird es heute zu "er ahnt nichts Böses" verkleinert. Einst eine aktive Haltung, ist nun die Unfähigkeit das Böse, das doch gewiss kommt, zu sehen. Einst stark, nun blind oder blöde.
Max Slevogt Siegfrieds Tod 1924
Wiki schreibt:
Arglosigkeit ist ein Zustand, in dem der Betroffene nichts Böses ahnt, eine bevorstehende Gefahr nicht als solche zu erkennen vermag.
Das Wort Arglosigkeit leitet sich von arg in der Bedeutung von böse ab. Es wird in der Regel synonym mit nichts Böses ahnend, treuherzig oder vertrauensvoll gebraucht, bedeutet in einer veraltenden Bedeutung jedoch auch aktiv nichts Böses wollend.
argwohnlos
argwillig, malevolus, böswillig, übelwollend, als Verb argwilligen
Der Argwohn, des -es, plur. doch nur selten, die -e, die nachtheilige, mit Ungewißheit verbundene Meinung von den Gesinnungen einer Person, besonders so fern diese Meinung ungegründet ist, wodurch sie sich von dem Verdachte unterscheidet. Grammatisch-Kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart
Argwohn Josephs
Und der Engel sprach und gab sich Müh
an dem Mann, der seine Fäuste ballte:
Aber siehst du nicht an jeder Falte,
daß sie kühl ist wie die Gottesfrüh.
Doch der andre sah ihn finster an,
murmelnd nur: Was hat sie so verwandelt?
Doch da schrie der Engel: Zimmermann,
merkst du´s noch nicht, daß der Herrgott handelt?
Weil du Bretter machst, in deinem Stolze,
willst du wirklich den zu Rede stelln,
der bescheiden aus dem gleichen Holze
Blätter treiben macht und Knospen schwelln?
Er begriff. Und wie er jetzt die Blicke,
recht erschrocken, zu dem Engel hob,
war der fort. Da schob er seine dicke
Mütze langsam ab. Dann sang er Lob.
an dem Mann, der seine Fäuste ballte:
Aber siehst du nicht an jeder Falte,
daß sie kühl ist wie die Gottesfrüh.
Doch der andre sah ihn finster an,
murmelnd nur: Was hat sie so verwandelt?
Doch da schrie der Engel: Zimmermann,
merkst du´s noch nicht, daß der Herrgott handelt?
Weil du Bretter machst, in deinem Stolze,
willst du wirklich den zu Rede stelln,
der bescheiden aus dem gleichen Holze
Blätter treiben macht und Knospen schwelln?
Er begriff. Und wie er jetzt die Blicke,
recht erschrocken, zu dem Engel hob,
war der fort. Da schob er seine dicke
Mütze langsam ab. Dann sang er Lob.
Rainer Maria Rilke
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