Und die Mutter blicket stumm
Auf dem ganzen Tisch herum.
Struwelpeter Heinrich Hoffmann
Irgendetwas an diesen unzähligen Muttertagsgruß-Postings auf Facebook und anderswo hat mich ganz wuschig gemacht. Sie reichten von farbigen Blümchenbildern, gestellten Mama-Kind-Portraits bis zu pflichtgemäß von Herzen kommenden Aussagen wie "Hast du gut gemacht!", "Der besten Mama der Welt!" und was es noch an formelhaften, unpersönlichen Liebeserklärungen gibt.
Ich mag meine Mutter, sehr sogar, also warum reagiere ich so genervt? Sicher, der pompöse Ton der meisten Grüße ist lahm. Sicher, ich schätze, außer Weihnachten überhaupt keine organisierten Festtage, sicher, die Wurzeln des Muttertages sind suppig und unfeierlich. *
Aber dies alles ist es nicht allein. Da klingt so ein komischer Ton mit in den Grüßen, als wäre die Leistung, so etwas Herrliches wie das jeweilige Kind erzeugt und erzogen zu haben, der einzige für dieses Kind greifbare Identifikationspunkt an bzw. in der Mutter. Es klingt also wie verbrämtes Selbstlob. Ich bin toll, also muß Mama ja was richtig gemacht haben.
MEINE MUTTER
Ach weh, meine Mutter reißt mich ein.
Da hab ich Stein auf Stein gelegt
und stand schon wie ein kleines Haus,
um das sich groß der Tag bewegt;
sogar allein.
Nun kommt die Mutter, kommt und reißt mich ein.
Sie reißt mich ein, indem sie kommt und schaut.
Sie sieht nicht, dass da einer baut.
Sie geht mir mitten durch die Wand von Stein.
Ach wehe, meine Mutter reißt mich ein.
Die Vögel fliegen leichter um mich her;
die fremden Hunde wissen: der ist der.
Nur einzig meine Mutter kennt es nicht,
mein langsam mehr gewordenes Gesicht.
Von ihr zu mir war nie ein warmer Wind;
sie lebt nicht dorten, wo die Lüfte sind.
Sie liegt in einem hohen Herzverschlag,
und Christus kommt und wäscht sie jeden Tag
Da hab ich Stein auf Stein gelegt
und stand schon wie ein kleines Haus,
um das sich groß der Tag bewegt;
sogar allein.
Nun kommt die Mutter, kommt und reißt mich ein.
Sie reißt mich ein, indem sie kommt und schaut.
Sie sieht nicht, dass da einer baut.
Sie geht mir mitten durch die Wand von Stein.
Ach wehe, meine Mutter reißt mich ein.
Die Vögel fliegen leichter um mich her;
die fremden Hunde wissen: der ist der.
Nur einzig meine Mutter kennt es nicht,
mein langsam mehr gewordenes Gesicht.
Von ihr zu mir war nie ein warmer Wind;
sie lebt nicht dorten, wo die Lüfte sind.
Sie liegt in einem hohen Herzverschlag,
und Christus kommt und wäscht sie jeden Tag
Rainer Maria Rilke
Das liebe Wiki sagt: * In Deutschland wurde der Muttertag 1922/23 vom Verband Deutscher Blumengeschäftsinhaber mit Plakaten „Ehret die Mutter“ in den Schaufenstern etabliert und – betont unpolitisch – als Tag der Blumenwünsche gefeiert. Mit Plakaten in Schaufenstern, kleineren Werbekampagnen und Veranstaltungen bis hin zu Muttertagspoesie wurde dem ersten deutschen Muttertag am 13. Mai 1923 durch den Vorsitzenden des Verbandes, Rudolf Knauer, der Weg bereitet. Ab 1926 wurde die Propagierung des Muttertages an die Arbeitsgemeinschaft für Volksgesundung übertragen, um „Kirche und Schule zu gewinnen und die Regierung dahin zu bringen, den Muttertag am zweiten Sonntag im Mai als offiziellen Feiertag festzulegen“.
Während der Zeit des Nationalsozialismus wurde die Feier des Muttertags mit der Idee der „germanischen Herrenrasse“ verknüpft. Besonders kinderreiche Mütter wurden als Heldinnen des Volkes zelebriert, da sie den „arischen Nachwuchs“ fördern sollten. 1933 wurde der Muttertag zum öffentlichen Feiertag erklärt und erstmals am 3. Maisonntag 1934 als „Gedenk- und Ehrentag der deutschen Mütter“ mit der Einführung des Reichsmütterdienstes in der Reichsfrauenführung begangen.
Else Lasker-Schüler
Ich werde jetzt immer ganz allein sein
Wie der große Engel
Der neben mir ging
LöschenAch, ist das schön. Deshalb hier noch das ganze Gedicht.
War sie der grosse Engel
Der neben mir ging?
Oder liegt meine Mutter begraben
Unter dem Himmel von Rauch -
Nie blüht es blau über ihrem Tode.
Wenn meine Augen doch hell schienen
Und ihr Licht brächten!
Wäre mein Lächeln nicht versunken im Antlitz
Ich würde es über ihr Grab hängen.
Aber ich weiss einen Stern,
Auf dem immer Tag ist
Den will ich über ihre Erde tragen.
Ich werde jetzt immer ganz allein sein
Wie der grosse Engel,
Der neben mir ging.
Dann doch auch noch dieses:
LöschenO Mutter, wenn du leben würdest,
Dann möcht ich spielen in deinem Schoß.
Mir ist bang und mein Herz schmerzt
Von der vielen Pein.
Überall sprießt Blutlaub.
Wo soll mein Kind hin?
Ich baute keinen Pfad froh,
Alle Erde ist aufgewühlt.
Liebe, liebe Mutter.
"Der Dr. Martin Luther
AntwortenLöschenhaut seiner Mutter
mit der Axt aufs Schulterblatt;
hei, wie bullert dat!"