Da geht man durch eine vielgepriesene und vorbeschimpfte Ausstellung im C/O Berlin in der Oranienburger Strasse, Photographien von Larry Clark, Amerikaner aus Tulsa/Oklahoma, und man liest, dass er seit 50 Jahren Jugendliche abbildet, oft nackt, oft sich eine Spritze setzend, oft so wie man sich das vorstellt und die erwartete, vorangekündigte Provokation stellt sich nicht ein und man schwatzt und schweift nebensächlich über die teils riesenhaften Computerdrucke, deren matter Nichtglanz leider auch noch nahezu durch Verglasung aufgehoben wird und man will schon gehen und nörgelt vor sich hin und dann im zweiten Stock, rechts, hinten: Edward Burtynskys Bilder, und ich habe mir sagen lassen, dass Andreas Gurski der "Erfinder" dieser Art Bildlichkeit ist, aber da ich den nicht kenne, bin ich hier und jetzt überwältigt.
Schiffsverschrottung #23 (Bangladesch) aus der Schiffs-Serie © Edward Burtynsky
Wir haben Glück, unsere Augen zeigen uns meist überblickbare Ausschnitte von Welt, Schärfen werden gezogen, Dinge werden übersehen, Focus wird gewählt, sie konfrontieren uns nicht ständig mit der Masse unserer Umwelt, der puren Menge von Dingen, die uns umgeben. Burtynsky sucht danach, findet Orte der Ansammlung, des "Zuviel" und sieht deren schreckliche Schönheit.
VW - Parkplatz © Edward Burtynsky
Der Titel der Ausstellung ist Öl - wo es gebohrt und gefördert, wo es bearbeitet wird, wie Dinge daraus hergestellt werden, und wie diese Dinge verschrottet, in ihre Einzelteile zerlegt werden. Von der Geburt bis zum Tod, nur dass diese Leichen nicht so leicht zerfallen, wie unsere menschlichen es tun, mumifizierte einstige Zukunft.
Golf von Mexiko, Ölspill, 2010 © Edward Burtynsky
Wiki sagt: Die Ölpest im Golf von Mexiko 2010 wurde durch die Explosion der Ölbohrplattform Deepwater Horizon am 20. April 2010 ausgelöst. Die vom 20. April bis zum 16. Juli 2010 aus dem Bohrloch im Macando-Ölfeld in den Golf ausgetretene Ölmenge wird auf 800 Millionen Liter geschätzt.
Die Plattform wurde von Transocean im Auftrag von BP betrieben.
Aus internen Dokumenten des BP-Konzerns
geht hervor, dass zur Abdichtung des Bohrlochs trotz Warnungen von
Fachleuten bewusst eine kostengünstige Methode mit größerem Risiko von
Gasaustritt gewählt wurde.
Wer, wenn ich schriee, hörte mich denn aus der Engel
Ordnungen? und gesetzt selbst, es nähme
einer mich plötzlich ans Herz: ich verginge von seinem
stärkeren Dasein. Denn das Schöne ist nichts
als des Schrecklichen Anfang, den wir noch grade ertragen,
und wir bewundern es so, weil es gelassen verschmäht,
uns zu zerstören. Ein jeder Engel ist schrecklich.
Und so verhalt ich mich denn und verschlucke den Lockruf
dunkelen Schluchzens. Ach, wen vermögen
wir denn zu brauchen? Engel nicht, Menschen nicht,
und die findigen Tiere merken es schon,
daß wir nicht sehr verläßlich zu Haus sind
in der gedeuteten Welt. Es bleibt uns vielleicht
irgend ein Baum an dem Abhang, daß wir ihn täglich
wiedersähen; es bleibt uns die Straße von gestern
und das verzogene Treusein einer Gewohnheit,
der es bei uns gefiel, und so blieb sie und ging nicht.
...
Rainer Maria Rilke aus den Duineser Elegien
Spannend. Danke für die Anregung! Da geh ich hin.
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