Sonntag, 8. September 2013

Wandrers Nachtlied - Der Hauch


Wandrers Nachtlied

So:

Der du von dem Himmel bist,
Alle Freud und Schmerzen stillest,
Den, der doppelt elend ist,
Doppelt mit Erquickung füllest;
Ach, ich bin des Treibens müde!
Was soll all die Qual und Lust?
Süßer Friede,
Komm, ach komm in meine Brust!


Am Hang des Ettersberg am 12. Februar 1776

Wahnsinn, wenn ich mir vorstelle, wie viele Menschen etwas mehr 
als 150 Jahre später eine solch inbrünstige Bitte an eben diesem Ort in den Himmel voller Rauch geschickt haben.

oder so:

Der du von dem Himmel bist,
Alles Leid und Schmerzen stillest,
Den, der doppelt elend ist,
Doppelt mit Erquickung füllest;
Ach, ich bin des Treibens müde!
Was soll all der Schmerz und Lust?
Süßer Friede,
Komm, ach komm in meine Brust!


Für den Druck 1789

Ein Gleiches

Über allen Gipfeln
Ist Ruh,
In allen Wipfeln
Spürest du
Kaum einen Hauch;
Die Vögelein schweigen im Walde.
Warte nur, balde
Ruhest du auch.


Am Abend des 6. Septembers 1780 mit Bleistift 
an die Holzwand der Jagdaufseherhütte auf dem 
Kickelhahn bei Ilmenau.

Johann Wolfgang von Goethe

Und die Parodie:

Liturgie vom Hauch

Einst kam ein altes Weib einher
Die hatte kein Brot zum Essen mehr
Das Brot, das fraß das Militär
Da fiel sie in die Goss', die war kalte
Da hatte sie keinen Hunger mehr.
Darauf schwiegen die Vöglein im Walde
über allen Wipfeln ist Ruh
In allen Gipfeln spürest du
Kaum einen Hauch.

 
Da kam einmal ein Totenarzt einher
Der sagte: Die Alte besteht auf ihrem Schein
Da grub man die hungrige Alte ein
So sagte das alte Weib nichts mehr
Nur der Arzt lachte noch über die Alte.
Auch die Vöglein schwiegen im Walde
über allen Wipfeln ist Ruh
In allen Gipfeln spürest du
Kaum einen Hauch.

 
Da kam einmal ein einziger Mann einher
Der hatte für die Ordnung keinen Sinn
Der fand in der Sache einen Haken drin
Der war eine Art Freund für die Alte
Der sagte, ein Mensch müsse essen können, bitte sehr
Darauf schwiegen die Vöglein im Walde
über allen Wipfeln ist Ruh
In allen Gipfeln spürest du
Kaum einen Hauch.

 
Da kam mit einemmal ein Kommissar einher
Der hatte einen Gummiknüpel dabei
Und zerklopfte dem Mann seinen Hinterkopf zu Brei
Und da sagte auch dieser Mann nichts mehr
Doch der Kommissar sagte, daß es schallte:
Und jetzt schweigen die Vöglein im Walde
über allen Wipfeln ist Ruh
In allen Gipfeln spürest du
Kaum einen Hauch.

 
Da kamen einmal drei bärtige Männer einher
Die sagten, das sei nicht eines einzigen Mannes Sache allein.
Und sie sagten es so lang, bis es knallte
Aber dann krochen Maden durch ihr Fleisch in ihr Bein
Da sagten die bärtigen Männer nichts mehr.
Darauf schwiegen die Vöglein im Walde
über allen Wipfeln ist Ruh
In allen Gipfeln spürest du
Kaum einen Hauch.

 
Da kamen mit einemmal viele Männer einher
Die wollten einmal reden mit dem Militär
Doch das Militär redete mit dem Maschinengewehr
Und da sagten alle die Männer nichts mehr.
Doch sie hatten auf der Stirn noch eine Falte.
Darauf schwiegen die Vöglein im Walde
über allen Wipfeln ist Ruh
In allen Gipfeln spürest du
Kaum einen Hauch.

 
Da kam einmal ein großer roter Bär einher
Der wußte nichts von den Bräuchen hier,
das brauchte er nicht als Bär.
Doch er war nicht von gestern und ging nicht
auf jeden Teer
Und der fraß die Vöglein im Walde.
Da schwiegen die Vöglein nicht mehr
über allen Wipfeln ist Unruh
In allen Gipfeln spürest du
Jetzt einen Hauch.

 

Bertolt Brecht, 1926

Und noch eins:

Small Bang

Das Gedicht hörte, wie es geschrieben wurde,
es sah die riesige Hand,
aus der es anscheinend entstand, Wort für Wort,
es hielt mit sich selbst kaum Schritt.


Schritt, sah es stehen, und sagte
sich echoend Schritt, Schritt, aber schon
war die Hand wieder weiter, gejagt
von der Peitsche des Schreibens,
dem Heimweh nach Form.


Es schmerzt, nicht fertig zu sein,
wenn man nirgendwoher kommt.
Atemlos liegen die Wörter auf dem Tisch,
die Hand verschwindet, kommt wieder,
verschwindet,
das Gedicht erinnert sich an nichts,


und der Kopf, so weit oben,
als nichts anderes erkennbar
als die Maske von Chaos und Ursprung,
wendet sich ab von den Zeilen,


und sagt in seinem Atem
die Kadenz des Denkens.
Und schließt das Gedicht,
ein Hauch.


von Cees Nooteboom
 

Samstag, 7. September 2013

STRICHMÄNNCHEN - Lawrence Stephen Lowry



DIE STREICHHOLZMÄNNCHEN



Aus der Mühle kommend 1930

Lawrence Stephen Lowry (* 1. November 1887 in Manchester; † 23. Februar 1976 in Mottram, Longdendale), vorwiegend als L. S. Lowry bekannt, war ein englischer Künstler, der im Stadtteil Old Trafford in Manchester geboren wurde. Der Großteil seiner Bilder stellt die Stadt Salford dar, in der der Künstler über 30 Jahre lang gelebt und gearbeitet hat. 
Wiki



Wartesaal des Ancoats-Spitals (1952)


Ian McKellen über L.S. Lowry


Sir Ian McKellen hat sich stark dafür eingesetzt, dass die Tate Gallerie ihren Bestand an Lowrys Bilder der Öffentlichkeit zugänglich macht. "Over the years, silly lies have been thrown around that he was only a Sunday painter, an amateur, untrained and naive.." (Über die Jahre sind dumme Lügen geäußert worden, dass er nur ein Sonntagsmaler, ein Amateur, ungeschult und naiv sei...)

"I was brought up in industrial south Lancashire, down the cobbled road from where L.S. Lowry lived and painted... He did not paint the weather, nor ever the night...  His constant light is more Brechtian and presents the people in the paintings as if they have been lit for a performance where each character counts, where there are no stars but many walk-ons. The streets are white or grey, the better to present their silhouette.  Whether sketched from afar in a crowd or painted in oily close-up, Lowry’s people dominate his work... And across the bottom of the canvas, he often marks the limits of the street scene with curbstones or a pavement that feel like the edge of the stage where the footlights illuminate the action."
(Ich bin im industriellen Süd- Lancashire groß geworden, die Kopfsteinpflasterstrasse runter, wo L.S. Lowry lebte und arbeitete... Sein gleichmäßiges Licht ist eher Brechtisch und zeigt die Leute in den Bildern, als wären sie für eine Vorstellung ausgeleuchtet, wo jeder Darsteller zählt, wo es keine Stars gibt nur viele Statisten. Die Strassen sind weiss oder grau, um ihre Shilluetten deutlicher zu zeigen. Ob von fern in der Menge gezeichnet oder in Öl als Großaufnahme, Lowrys Menschen dominieren seine Arbeit... Und am unteren Bildrand kennzeichnet er oft den Rand der Strasse mit Bordsteinen oder Pflaster, die das Gefühl erwecken, als sei dort die Bühne zu Ende, dort wo die Rampenlichter die Handlung illuminieren.)


 Die Begräbnisgesellschaft 1953

STATUS QUO haben ihren Song "Pictures of Matchstick Men" (Bilder von Strichmännchen") über L.S. Lowry geschrieben.



Der Spielplatz (1945) Photograph: Christies/PA

Der gebräuchlichste Verdienstorden, den die Königin auf Vorschlag der jeweiligen Regierung verleiht, ist der Order of the British Empire. Der Geehrte kann ihn jeweils durch einen Kürzelzusatz zum Namen kenntlich machen: Die Klassifizierung beginnt mit dem „Member of the Order“ (MBE) und steigert sich über den „Officer“ (OBE) zum „Commander“ (CBE). Höherrangig ist die Erhebung zum adligen Ritter (Knight oder Dame) auf Lebenszeit innerhalb des Order of the British Empire, die durch ein „Sir“ vor dem männlichen, ein „Dame“ vor dem weiblichen Vornamen der Ordensträger gekennzeichnet wird. Der Regisseur Alfred Hitchcock lehnte die Auszeichnung mit einem CBE im Jahr 1962 ab, nahm die Verleihung der Ritterwürde später kurz vor seinem Tod hingegen an. Der Maler LS Lowry hält ausweislich der veröffentlichten Namensliste den Rekord in der Ablehnung von Ordenswürden: Er wies fünfmal die Verleihung von verschiedenen Ehrentiteln ab.

Wir wollen Ihre Orden nicht, Majestät!
Johannes Leithäuser in der Frankfurter Allgemeinen vom 7.9. 2013

 

 Und diese merkwürdigen Zeichnungen wurden in seinem Nachlass gefunden. Lowry war sein Leben lang Junggeselle.


Freitag, 6. September 2013

Paco Peregrine



  NUR MAL SO ZWISCHENDRIN. 
 
PACO PEREGRIN
 
BEAUTIFUL MONSTERS.

SCHÖNE UNGEHEUER










                   All photographs © Paco Peregrin

Shakespeare


JUHU!



Ungefähr 2000 Seiten Shakespeare - Und ich bin durch!
Ich liebe Shakespeare, immer noch.
Ich liebe Grit, meine allerbeste Kollaborateurin, die mich und mein Meckern und meine Krisen und mein Rumgejammere erträgt und immer, wirklich immer leicht bleibt.
Ich liebe mich, weil ich es geschafft habe!

Heißes Blut erzeugt
Heiße Gedanken,
Und heiße Gedanken
Erzeugen heiße Werke,
Und heiße Werke
Sind Liebe.

Donnerstag, 5. September 2013

Theater hat auch VORFREUDE


Ich liebe Wiki! Sie hat oft die schönsten, weil trockensten Definitionen für fast alles, was ich kurz und bündig definieren möchte.

Heute also Vorfreude: Die Vorfreude ist eine Emotion, die durch die Erwartung eines künftigen, positiven Ereignisses gekennzeichnet ist. Sie wird durch das Eintreffen dieses Ereignisses beendet. Die Vorfreude geht sowohl semantisch als auch zeitlich der Freude voran. 

Manchmal geht sie auch der Enttäuschung voran und ich finde es ist gut, dass ich im
Vornherein nicht weiß, welches Gefühl folgen wird, denn sonst würde sie ja manches Mal Vorenttäuschung heißen, und das ist doch ein wirklich häßlich klingendes Wort.

Ich bin, ein Geschenk für das ich unendlich dankbar bin, ein 'das Glas ist doch nun wirklich halbvoll' Mensch. "Hätte immer noch schlimmer kommen können", "Da bin ich gerade noch einmal davon gekommen," "Das wird schon wieder" und ähnliche, durch nichts beweisbare, und doch wahrhaft gefühlte, hoffnungsvolle Phrasen und ein exzellent schlechtes Gedächtnis, erlauben es mir, auch in meinem nunmehr ziemlich hohen Alter, Vorfreude bis zum Exzess zu geniessen. Ja, wenn ich dann einmal wirklich enttäuscht werde, sitzt das tief und das sprichwörtliche Elefantengedächtnis ist dann wirklich eine Crux (Hier hilft Wiki wiedereinmal: Als experimentum crucis (lat. „Kreuzesversuch“) bezeichnet man in der Wissenschaftstheorie ein Experiment, dessen Scheitern die dem Experiment zugrunde liegende Theorie falsifiziert oder überwindet.), ist also ein Kreuz, das ich trage muß, damit mich meine Vorfreude nicht völlig den Boden der Realitäten verlieren läßt.

http://www.fr-online.de/natur/gedaechtnis-von-elefanten-der-elefant-vergisst-nie,5028038,16907966.html

Seit einem halben Jahr sitze ich nun, und, Gott sei Dank, nicht ich allein, sondern eine Freundin und ich, an einer Fassung  aller Königsdramen Shakespeares. Erst nur gelegentlich, dann, mit nahendem Abgabetermin, in immer größerer Dringlichkeit fast ganztägig. Grob siebenhundert Seiten wunderbarer Worte, bestürzender Gedanken und angefüllt mit einer historischen Personage, die mir und meiner Kollaborateurin den Kopf rauchen läßt.
(Versucht mal eine Zusammenfassung des Krieges der Rosen zu lesen, und dann, zehn Minuten später, das Gelesene zu wiederholen. Hoffnungslos. Der Mensch ist ein unzuverlässiges Ding und will sich nicht an die erhofften logischen Abläufe halten.)
Aber ich vorfreue mich auf die Proben. Freue mich darauf, Menschen, die ich bisher nur flüchtig kenne, mit diesem Wust zu konfrontieren. Freue mich darauf, wie sie meine Erwartungen übertreffen, unterlaufen, umgehen werden.
Vorfreude schönste Freude. Oder?


Dienstag, 3. September 2013

DER LÄCHELNDE LÖWENMENSCH



Ich habe lange Zeit mit einer Katze, namens Emma (weil alle Tauben aussehen, als
würden sie Emma heissen) gelebt und diese uralte Statuette hat ganz
verblüffende Ähnlichkeit mit eben dieser, meiner liebsten, Katze.



Fundort: Schwäbisch Alp bei Ulm
Größe: 29,6 cm
Material: Elfenbein
Gefertigt aus dem Stoßzahn eines Mammuts, daher die leicht gebogenen Form 

Alter: circa 30 000 Jahre

 



Meine Katze hatte genau diesen lächelnden Mund

DIE GESCHICHTE DES SHI; DER LÖWEN ISST

WIKI:
Die Geschichte des Shi, der Löwen isst (chinesisch 施氏食獅史 Shī Shì shí shī shǐ
ist ein berühmtes Beispiel von Zhào Yuánrèn für Homophone. Es ist in klassischem Chinesisch geschrieben und besteht aus 92 Zeichen, die alle die Lesung shi in verschiedenen Tönen im Hochchinesischen haben. 
Durch Veränderungen der Aussprache im Chinesischen hat sich eine hohe Anzahl 
von Homophonen im Chinesischen entwickelt, so dass der Text komplett 
unverständlich wird, falls er ausgesprochen oder romanisiert wird.

Lautumschreibung des chinesischen Textes:

Shī Shì shí shī shǐ

Shíshì shīshì Shī Shì, shì shī, shì shí shí shī.
Shì shíshí shì shì shì shī.
Shí shí, shì shí shī shì shì.
Shì shí, shì Shī Shì shì shì.
Shì shì shì shí shī, shì shǐ shì, shǐ shì shí shī shìshì.
Shì shí shì shí shī shī, shì shíshì.
Shíshì shī, Shì shǐ shì shì shíshì.
Shíshì shì, Shì shǐ shì shí shì shí shī.
Shí shí, shǐ shí shì shí shī, shí shí shí shī shī.
Shì shì shì shì.


Ungefähre Übersetzung ins Deutsche:

Die Geschichte des Shi, der Löwen isst

Steinhöhlendichter Shi, süchtig nach Löwen, schwört, zehn Löwen zu essen.
Oft geht er auf den Markt, um Löwen zu sichten.
Um zehn Uhr passieren gerade zehn Löwen den Markt.
Zu dieser Zeit passiert auch Shi gerade den Markt.
Er sieht die zehn Löwen, kraft seiner Pfeile schickt er die zehn Löwen in den Tod.
Er bringt die zehn Löwenleichen zur Steinhöhle.
Die Steinhöhle ist feucht. Er befiehlt seinem Diener, diese abzutrocknen.
Nachdem die Steinhöhle abgetrocknet worden ist, versucht er, die zehn Löwen zu essen.
Beim Essen merkt er, dass diese zehn Löwen eigentlich zehn Steinlöwenleichen* sind.
Versuche das zu erklären.

 
Zhào Yuánrèn (1892-1982)

* Wiki Anmerkung: Der Wächterlöwe oder auch Steinlöwe (chin. 石狮 Shíshī) 
ist eine beliebte Tierdarstellung in der chinesischen Kunst.

Wenn hinter Robben Robben robben, robben Robben Robben hinterher.
 

Bundestagswahl 2013 - Welches Schweinderl hätten Sie denn gern?


Es wird niemals so viel gelogen wie vor der Wahl, während des Krieges und nach der Jagd.
Otto von Bismarck

Die Bundestagswahl naht! 

Als ehemalige Bürgerin der nun, Gott sei Dank, nicht mehr existierenden, DDR bin ich immer noch hochmotiviert, was das Wählen betrifft. Alle Ergebnisse unter 99 % beglücken mich, da sie zumindest den Anschein von Demokratie wahren. Aber in diesem Jahr muß ich endgültig eingestehen, dass ich hilflos und unentschieden vor den mir angebotenen Wahlmöglichkeiten stehe.  
Wiki sagt: Eine Wahlveranstaltung hat mehr Aufgaben als die Auswahl von Personal. Sie politisiert und mobilisiert die Wähler, und sie legimitiert das politische System. Selbst Diktaturen veranstalten Wahlen, um den Anschein von Legitimität zu erzeugen, obwohl die Auswahl des politischen Personals in Diktaturen normalerweise bereits im Vorfeld getroffen  wird.

Die Wahl zum 18. Deutschen Bundestag findet entsprechend der Anordnung des Bundespräsidenten über die Bundestagswahl 2013 vom 8. Februar 2013 (BGBl. I S. 165) am Sonntag, dem 22. September 2013, statt.

Es gibt ein unfehlbares Rezept, eine Sache gerecht unter zwei Menschen aufzuteilen: Einer von ihnen darf die Portionen bestimmen, und der andere hat die Wahl.
Gustav Stresemann


SPD, CDU/CSU, Die Linke, Die Grünen und die FDP sind hinlänglich bekannt und beliebt oder unbeliebt, je nach Neigung und sozialer Lage. Aber die in den folgenden Videos sich anbiedernden Parteien gibt es auch noch! Soweit ich das herausfinden konnte, ist keiner der Spots eine absichtliche Satire. Man mag es kaum glauben.

Wahlwerbespot der Piratenpartei

 http://www.youtube.com/watch?v=__iK_0jWVHQ

Wahlwerbespot von BIG - Bündnis für Innovation und Gerechtigkeit

http://www.youtube.com/watch?v=S65lc215sTY

Wahlwerbespot der PBC - Partei Bibeltreuer Christen

http://www.youtube.com/watch?v=jznuPFTmnJA&feature=youtube_gdata_player
  
Wahlwerbespot der FREIE WÄHLER Bundesvereinigung

http://www.youtube.com/watch?v=N6__DGciX6Q 
  
Wahlwerbespot der Partei Die Violetten für spirituelle Politik

http://www.youtube.com/watch?v=FQEg-L-zxjU

Wahlwerbespot der ÖDP - Ökologisch Demokratischen Partei

http://www.oedp-nrw.de/wahlen/landtagswahl-2012/wahlwerbespot/ 

Wahlwerbespot der MLDP

http://www.youtube.com/watch?v=5PkR3lA8sEM 

Wahlwerbespot  der AfD - Alternative für Deutschland

http://www.youtube.com/watch?v=6GemKdWc2kg

Wahlwerbespot der NPD - Nationaldemokratische Partei Deutschlands

http://www.youtube.com/watch?v=tJ_1FTAtJTA

Wahlwerbespot für Die Republikaner

http://www.youtube.com/watch?v=THaEqd2-FkQ

Und es geht noch schlimmer:

Wahlwerbespot der Partei DIE RECHTE

http://www.youtube.com/watch?v=jcD9AwvswpA

Wer die Wahl hat, hat die Qual! Oder?

Montag, 2. September 2013

Bürgerkrieg - Heinrich VI. - Aktueller geht es nicht.



Nach tagelanger Lektüre der neuesten und schrecklichen Nachrichten über die blutigen Auseinandersetzungen in Ägypten und Syrien und das mögliche, und von mir mit großer Skepsis betrachtete, Eingreifen der USA in den Bürgerkrieg der in Syrien tobt, fühle ich mich meinungslos und überfordert.
Wer hasst wen und warum? Wer hat Recht, eine fast absurde Frage? Wer verfolgt welche und wessen Interessen?
Und dann lese ich eine Szene bei Shakespeare in seinem "Historiendrama" Heinrich VI., und ich bin mir durchaus bewusst, dass dies absurd und abgehoben klingen mag, aber plötzlich fühle ich mich nicht mehr ganz so allein in meinem hilflosen Nichtbegreifen.

Das Folgende ist nur unwesentlich gekürzt, die Übersetzung stammt von Frank Günther:

DIE ROSENKRIEGE, 
Inbegriff jeden Bürgerkrieges, in Kurzform: der König klagt, die von ihm regierten bringen sich gegenseitig um:

Der Krieg Der Rosen 1908 Henry Payne
England war lang im Wahnsinn, schlug sich selbst:
Der Bruder, blind, vergoss des Bruders Blut;
Der Vater würgte rasch den eignen Sohn;
Der Sohn, gedrungen, ward des Vaters Schlächter...



KÖNIG HEINRICH:

Wollt, ich wär tot, wenn’s Gottes Wille wär!
Denn was nur bringt die Welt als Leiden und Beschwer?
O Gott! Mir ist, als wär es ein beglücktes Leben,
Nichts beßres als ein biedrer Hirt zu sein;
Auf Hügeln hinzusitzen wie jetzt ich,
Mir Sonnenuhrn zu schnitzen, Span um Span,
Dran die Minuten sehn, wie sie verrinnen -
Wieviel davon die Stunde voll wohl machen,
Wie viele Stunden einen Tag vollenden,
Wie viele Tage wohl ein Jahr beschließen,
Wie viele Jahr ein Mensch wohl leben mag.
Wenn das geklärt ist, dann die Zeit sich ordnen -
So viele Stunden muß ich Herden hüten;
So viele Stunden muß ich Ruhe halten;
So viele Stunden muß ich Andacht üben;
So viele Stunden muß ich mich vergnügen;
So viele Tage warn die Schafe trächtig;
So viele Wochen, bis die Närrchen lammen;
So viele Jahre, bis ich Wolle schere:
Minuten, Stunden, Tage, Wochen, Jahre,
Dahingebracht zum Zweck, drum sie bestehn,
Sie brächten so das Weißhaar still zu Grab.
Ach, welch ein Leben wär’s! Wie süß! Wie lieblich!

Ein SOHN, der seinen Vater erschlagen hat, tritt auf, mit der Leiche in den Armen.


SOHN:

Der Mann hier, den im Zweikampf ich erschlug,

Der mag so manches Goldstück bei sich tragen,
Und ich, der zufällig sie ihm nun nimmt,
Mag noch vor Nacht samt Leben sie verliern
An sonstwen, wie der Tote hier an mich.
Wer ist’s? O Gott! Mein Vater sieht mich an,
Den ich im Kampf erschlug und wußt es nicht.
O Leidenszeit, die solche Taten zeugt!
Vergib mir, Gott, ich wußt nicht, was ich tat;
Und Vater, du vergib, ich wußte nichts von dir.
Mit Tränen will ich ’s Blutmal von dir waschen,
Und nun kein Wort, bis sich verströmt ihr Fluß.

KÖNIG HEINRICH: 

O Jammerschauspiel! O blutnasse Zeiten!
Weine, schmerzweher Mann; Träne um Träne helf ich;
Daß Herz und Aug, wie ‘s Bürgerkriegsland, blind
Uns werd vor Tränen und am Leid zerbrech.

Ein VATER, der seinen Sohn erschlagen hat, tritt auf, mit der Leiche in den Armen.

VATER: 

Du, der du mir so stark hast widerstanden, 
Gib mir dein Gold, wenn du an Gold was hast,
Denn ich hab’s mir erkauft mit hundert Hieben.
Doch laß mich sehn: ist das ein Feindgesicht?
Ach, nein, nein, nein; es ist mein einzger Sohn!
O Gott, erbarm dich dieser Elendszeit!
Was doch für Mord so roh, so schlächterhaft,

Abartig, meuterisch und unnatürlich
Dies tödliche Zerwürfnis täglich zeugt!

KÖNIG HEINRICH:
Weh über Weh! Leid übers Leid hinaus!
Erbarm, erbarm dich, gütger Gott, Erbarmen!
Die Rosen rot und weiß stehn ihm im Antlitz,
Die Schicksalsfarben der entzweiten Häuser:
So welk doch eine, blüh die andre Rose!
Wenn ihr im Krieg seid, welken tausend Leben.

SOHN:
Wie wird nur Mutter um des Vaters Tod
Über mich herfalln und nie Ruh mehr finden!

VATER:
Wie wird nur meine Frau um Sohnesmord
Tränmeere weinen und nie Ruh mehr finden!

SOHN:
Hat je ein Sohn so Vaters Tod beklagt?

VATER:
Hat je ein Vater so den Sohn beweint?

KÖNIG HEINRICH:
Hat je ein König so ums Volk gelitten?
Euer Leid ist tief; doch zehnmal tiefer meins.
Herztrübe Männer, ganz zerbrochen schier,
Hier sitzt ein König, mehr gebeugt als ihr. 



Sonntag, 1. September 2013

ERMUTIGUNG


     Gestern war ich, während der Langen Nacht der Museen, zum ersten Mal im 
     ehemaligen geheimen Staatssicherheits - Untersuchungsgefängnis in Berlin
     Hohenschönhausen. 
     Erst Großküche der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt, dann Speziallager
     Nr. 3 der Sowjetischen Armee, ab 1946/47 zentrales Untersuchungs-
     gefängnis der sowjetischen Besatzungsmacht für Deutschland, wurde es 
     1951 von der Staatssicherheit übernommen, zunächst noch unter
     sowjetischer Kontrolle, ab 1953 selbstverwaltet. 
     Ich muß, auch wenn es nur der Besuch einer Gedenkstätte war, das Wort
     Grauen benutzen, ja, man weiß das alles längst und hat Freunde berichten
     gehört und Bücher gelesen, doch der Körper hat eine eigene Art Erfahrungen
     zu machen.
     Nachdem wir einem Rundgang-Führer entflohen waren, der versuchte den
     Schrecken durch schnoddriges und ungenaues Gequatsche zu bannen, sind
     wir zwei Stunden mit einem anderen durch die Gebäude gegangen, der
     mit unpathetischer Genauigkeit und respektvoller Empathie über das 
     Unerträgliche sprach.
     Er kam immer wieder auf die "Inszenierung" der Demütigung zu sprechen.

     Die Staatssicherheit hat sehr viel mit theatralischen Mitteln gearbeitet, und
     ihre Mitarbeiter haben regelrecht szenischen Unterricht gehabt. Wer hat 
     die unterrichtet? Theater des Grauens bekommt hier ein anderes, häßliches 
     Gesicht.
     Sicher, ich weiß, dass Geheimdienste zu vielen Orten und Zeiten, solche
     Methoden angewendet haben. Aber dies hier, war da, wo ich wohnte, in der 
     Zeit, in der ich lebte, Menschen angetan, mit denen ich das Land teilte, 
     auch Freunden, Liebsten.



ERMUTIGUNG


Du, laß dich nicht verhärten
in dieser harten Zeit.
Die allzu hart sind, brechen,
die allzu spitz sind, stechen
und brechen ab sogleich. 

Du, laß dich nicht verbittern
in dieser bittren Zeit.
Die Herrschenden erzittern
- sitzt du erst hinter Gittern -
doch nicht vor deinem Leid.

Du, laß dich nicht erschrecken
in dieser Schreckenszeit.
Das wolln sie doch bezwecken
daß wir die Waffen strecken
schon vor dem großen Streit.

Du, laß dich nicht verbrauchen,
gebrauche deine Zeit.
Du kannst nicht untertauchen,
du brauchst uns und wir brauchen
grad deine Heiterkeit.  

Wir wolln es nicht verschweigen
in dieser Schweigezeit.
Das Grün bricht aus den Zweigen,
wir wolln das allen zeigen,
dann wissen sie Bescheid

Wolf Biermann

Von der Website der Stiftung Gedenkstätte Hohenschönhausen über:
KURT MÜLLER 

Kurt Müller war einer der ranghöchsten kommunistischen Führer in Deutschland, die im Zuge der stalinistischen Säuberungen in der DDR in Haft kamen. 1903 in Berlin geboren, trat der gelernte Werkzeugmacher 1920 in die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) ein, für deren Jugendverband er im In- und Ausland als hauptamtlicher Funktionär tätig war. 1932 wurde er als Mitglied einer angeblich "parteifeindlichen Gruppe" aller Funktionen enthoben und als Arbeiter in das sowjetische Autowerk Gorki verschickt. Nach seiner Rückkehr leitete er einige Monate die illegale Arbeit der KPD in Südwestdeutschland. 1934 wurde er durch die Geheime Staatspolizei (Gestapo) verhaftet und saß bis 1945 in verschiedenen Zuchthäusern und Konzentrationslagern ein, die letzten fünf Jahre im KZ Sachsenhausen. Nach seiner Freilassung wurde Müller stellvertretender Vorsitzender der KPD in Westdeutschland und kam 1949 in den ersten Deutschen Bundestag. Im März 1950 beorderte ihn die Führung der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) nach Ost-Berlin und ließ ihn unter Missachtung seiner parlamentarischen Immunität vom DDR-Staatssicherheitsdienst verhaften. Er kam zunächst in die Untersuchungshaftanstalt in der Albrechtstraße in Berlin-Mitte, wo er zeitweise vom damaligen Staatssekretär im Ministerium für Staatssicherheit (MfS) Erich Mielke persönlich verhört wurde. Im August 1950 wurde er dem sowjetischen Ministerium für Staatssicherheit (MGB) übergeben und in deren zentrales Untersuchungsgefängnis in Berlin-Hohenschönhausen, das so genannte U-Boot, überführt. 1951 kam er schließlich in das neue sowjetische Zentralgefängnis in Berlin-Karlshorst. In monatelangen Verhören und unter Anwendung verschiedener Foltermethoden sollte Müller zu einem der Hauptangeklagten eines geplanten Schauprozesses in der DDR gemacht werden. Unter anderem sollte er zugeben, Agent der Gestapo gewesen zu sein und im Auftrag Trotzkis Terrorakte gegen Stalin und andere sowjetische Parteiführer vorbereitet zu haben. Außerdem sollte er erklären, Spionageaufträge Titos und des englischen und amerikanischen Geheimdienstes ausgeführt zu haben. Der Schauprozess wurde jedoch – unter anderem aufgrund von Stalins Tod – nicht durchgeführt. Ein Sondergericht in Moskau verurteilte Müller 1955 statt dessen per Fernurteil zu 25 Jahren Haft. Im Zusammenhang mit der Freilassung der letzten deutschen Kriegs- und Zivilgefangenen durch die Sowjetunion konnte Müller einige Zeit später in die Bundesrepublik zurückkehren. In einem offenen Brief an den damaligen DDR-Ministerpräsidenten Otto Grotewohl prangerte er 1956 die unmenschlichen Haftbedingungen in Berlin-Hohenschönhausen an und forderte vergeblich seine Rehabilitierung sowie die Bestrafung der Verantwortlichen. 1957 trat er der SPD bei und arbeitete bis ins hohe Alter als wissenschaftlicher Mitarbeiter der Friedrich-Ebert-Stiftung. Kurt Müller starb 1990 in Konstanz. 

Brief Kurt Müllers 1956 an den DDR-Ministerpräsidenten Otto Grotewohl

"Meine Verhaftung am 22. März 1950 in Berlin und die gegen mich durchgeführten Maßnahmen der „Untersuchung“, wie der Strafvollstreckung, stellen Verbrechen dar. Dieser Verbrechen haben sich Funktionäre des Staatsapparates und andere schuldig gemacht."





Samstag, 31. August 2013

Theater ist manchmal sehr eitel


Der Völker Herz ist wankelmütig, Fürstin,
Sie lieben die Veränderung, sie glauben
Durch eine neue Herrschaft zu gewinnen.
Der Lüge kecke Zuversicht reißt hin,
Das Wunderbare findet Gunst und Glauben.

Vor einiger Zeit habe ich im Deutschen Theater einen beglückenden Abend erlebt, Ödipus Stadt in der Regie von Stephan Kimmig. ( Blog vom 10.11.2012 ) Entsprechend frohgemut wanderte ich also heute gegen Sieben durch Berlin Mitte, um die Premiere des Doppelprojektes Hieron / Demetrius von Mario Salazar / Friedrich Schiller, erarbeitet von eben diesem Regisseur, zu besuchen, nur um drei Stunden und einige lange Minuten später, grummelnd und schlecht gelaunt wieder nach Hause zu stampfen. Mist. Schade. Mist.

Hieron ist einfach gestrickt, ein wenig orwellsches 1984, ein bisschen Wolfgang Engler Bürger, ohne Arbeit. Man hatte eine Bonmot und schrieb dann ein Stück dazu. Ich hab's verstanden. Glaube ich. Gut gespielt, aber zu schnell und zu mühelos zu durchschauen. Mehr Wörter als Gedanken und dazu ein bedeutsames, sich monoton bewegendes Bühnenbild und kommentierender Soundtrack knapp über der Hörgrenze.
Pause.
Dann Demetrius, ein Schiller-Fragment, das aus allen Nähten platzt, die Wörter stürmen den Figuren aus den Mündern, schlagen ein und erkalten. Groß und auch absurd, da jeder seine, meist völlig egoistischen, Intentionen in dieser hochpathetischen Sprache mitteilt und sie dadurch noch klarer und mieser erscheinen. Gegen Ende nur noch Fetzen von Handlung, aber immer noch nachvollziehbar. Herrlich.

Die Mehrheit?
Was ist die Mehrheit? Mehrheit ist der Unsinn,
Verstand ist stets bei wen'gen nur gewesen.
Bekümmert sich ums Ganze, wer nichts hat?
Hat der Bettler eine Freiheit, eine Wahl?
Er muß dem Mächtigen, der ihn bezahlt,
Um Brot und Stiefel seine Stimm verkaufen.
Man soll die Stimmen wägen und nicht zählen;
Der Staat muß untergehn, früh oder spät,
Wo Mehrheit siegt und Unverstand entscheidet.
Wenn dann nach Odowalsky & Ossolinsky gerufen wird, dreht es sich fast zur Boulevard Komödie.
Nur leider doch nicht, heute und hier ist es angestrengt, anstrengend und eigenartig stümperhaft. Schauspieler ziehen sich aus und an, und sind offenbar angewiesen, während sie dies tun, kein Wort zu sprechen. Pause. Ein Hemd anzuziehen spannend zu gestalten, verlangt schon Einiges. Umbauten finden statt, ohne Kunstfertigkeit und eine Darstellerin muß, ohne weiteren Anlaß als diesen Umbau, ein langes, nicht sonderlich schönes polnisches Lied verhunzen. Pause. Mittlerweile habe ich das Vorhergeschehene schon fast wieder vergessen. Der Umbau ist letztlich zu Ende, der nächste Kollege tritt endlich auf, die Sängerin geht ab und der Neue macht erstmal wieder eine lange Pause bevor er spricht. 
Ich sage mal, Pausen muß man sich verdienen. Einfach nur nix sagen, nenne ich eine Leere oder, gröber, ein Loch. Pausen heißen so, weil sie sprachlose Spannungen zwischen Gedanken sind, die Sprache muß sich erst den Weg bahnen, oder jemand ist sprachlos aus Erschütterung oder Erstaunen (da fehlen mir die Worte, es hat mir die Sprache verschlagen, etc.), oder was auch immer Sprechen unmöglich, unnötig oder hinderlich macht. Aber einfach nur schweigen und sich schön Zeit lassen, in dem Gefühl, dass die eigene Anwesenheit interessant genug sei, finde ich nichts anderes als eitel. Warum soll ich Vergnügen dabei empfinden, jemandem, in den ich nicht verliebt bin, minutenlang anzustarren? Warum? Weil es gut für mich ist? Mich zum Nachdenken zwingt? Ich möchte hier freundlich darum bitten, im Theater nicht wie ein zu belehrender Grundschüler behandelt zu werden. Packt mich, schüttelt mich, reizt mich, aber tut nicht so, als wärt ihr schlauer als ich. Und wenn ihr es seid, dann seid nicht so stolz darauf.





Wiki notiert: Demetrius ist ein Dramenfragment von Friedrich von Schiller, das am 15. Februar 1857 am Hoftheater in Weimar uraufgeführt wurde. Es beschreibt die historische Figur des Demetrius, der kurze Zeit 1605/06 russischer Zar war. 
Bei einer Rede im polnischen Reichstag erklärt Demetrius seinen Anspruch auf den Zarenthron. Er erhofft sich Hilfe von Polen. Er sei der Sohn Zar Iwans IV. und nicht als Kind 1591 ermordet worden, sondern in einem Kloster aufgewachsen und dann beim Fürsten von Sendomir in Dienst getreten. Er sei dieser Zar Demetrius. Durch eine beeindruckende Rede überzeugt er den Reichstag und den König. Obwohl ein Reichstagsbeschluss am Veto Fürst Sapiehas scheitert, zieht Polen gegen Moskau ins Feld. Die Polen wollen mit Demetrius den Emporkömmling Boris Godunow vom Thron stürzen. Treibende Kraft ist Demetrius’ Verlobte Marina, die Tochter Mnischeks. Marfa, Witwe Zar Iwans, von Godunow in ein Kloster verbannt, beweint seit Jahren den scheinbar ermordeten Sohn, als sie die Nachricht erhält, dass Demetrius lebt.
Den weiteren Verlauf der Handlung hat Schiller nur skizziert: Boris erhält Nachricht von den Erfolgen des Demetrius und tötet sich durch Gift. Der neue Zar ist so lange ein gütiger Herrscher, bis er erfährt, dass sein Thronanspruch nicht legitim ist: Er ist nicht Iwans Sohn, sondern wurde von der Fraktion der Godunow-Gegner als Werkzeug benutzt. Als er durch seine Mutter Marfa identifiziert werden sollte, erkennt diese ihn nicht. Trotz der fehlenden Legitimation bittet er sie, ihn als seinen Sohn anzuerkennen. Marfa folgt ihrem Gewissen und erkennt ihn nicht an.