Freitag, 12. Juli 2013

Margaret Bourke-White 2 - Schönheit


 
   “The camera is a remarkable instrument. Saturate yourself with your 

    subject and the camera will all but take you by the hand.”
   "Die Kamera ist ein erstaunliches Instrument. Fülle dich mit Deinem
     Subjekt und die Kamera, wird Dich nahezu an der Hand nehmen."

    Schönheit ist ein flatterhafter, schwer fassbarer Begriff. 
    Schönheit ist Hoffnung. Hoffnung, dass es besser ausgehen wird, als 
    wahrscheinlich. Schönheit ist Hoffnung auf die Unendlichkeit des
    Moments. Schönheit ist der Moment, wo noch alle Möglichkeiten offen
    stehen. Schönheit ist der Augenblick bevor ...


Arbeiter im Gold-Bergwerk - LIFE Magazin Johannesburg, Südafrika, 1950
©  TIME INC., courtesy of Monroe Gallery of Photography

 Schwarzer, Neger, Afro-Amerikaner, Afro-Deutscher, schwarzer Deutscher, geschwärzter Deutscher. Kohle oder Pigment, egal, die Schönheit ist flüchtig, aber real und atemberaubend.

Bergarbeiter in Gelsenkirchen 1945

Alle Photographien © Margaret Bourke-White

Dienstag, 9. Juli 2013

Hans Christian Andersen - Amor - Caravaggio


OMNIA VINCIT AMOR


Amor Vincit Omnia Caravaggio 1601/02

Omnia vincit amor et nos cedamus amori!
Die Liebe besiegt alles, unterwerfen wir uns der Liebe!
Virgil Eclogen 10,69, Bucolica 

DER UNARTIGE KNABE

Es war einmal ein alter Dichter, so recht ein guter alter Dichter. Eines Abends als er zu Hause saß, entstand draußen ein schrecklich böses Wetter; der Regen strömte hernieder, aber der Dichter saß warm und gut bei seinem Ofen, wo das Feuer brannte und die Äpfel zischten.
"Es bleibt kein trockner Faden auf den Armen, die bei diesem Wetter nicht zu Hause sind!" sagte er, denn er war ein guter Dichter.
"O, öffne mir! mich friert und ich bin ganz nass!" rief draußen ein kleines Kind. Es weinte und klopfte draußen an die Tür, während der Regen herabströmte und der Wind mit allen Fenstern klirrte. "Du kleines Wesen!" sagte der alte Dichter, als er die Tür öffnete. Da stand ein kleiner Knabe, der war ganz nackt, und das Wasser floss aus seinen langen gelben Locken. Er zitterte vor Kälte; wäre er nicht hereingekommen, hätte er in dem bösen Wetter sicher umkommen müssen.
"Du armer Junge!" sagte der freundliche Dichter und nahm ihn bei der Hand. "Komm zu mir, ich werde dich schon erwärmen! Wein und einen Apfel sollst du haben, denn du bist ein prächtiger Knabe!"
Das war er auch. Seine Augen sahen wie zwei klare Sterne aus, und obgleich das Wasser aus seinen gelben Locken herabfloss, ringelten sie sich doch. Er sah aus wie ein kleines Engelskind, war aber bleich vor Kälte und zitterte über den ganzen Körper. In der Hand trug er einen herrlichen Bogen, aber der war vom Regen ganz verdorben, alle Farben auf den schönen Pfeilen liefen vom nassen Wetter in einander.
Der alte Dichter setzte sich an den Ofen, nahm den kleinen Knaben auf seinen Schoß, drückte das Wasser aus seinen Locken, wärmte ihm die Hände in den seinen und kochte ihm süßen Wein. Da erholte er sich, bekam rote Wangen, sprang auf den Fußboden nieder und tanzte rings um den alten Dichter herum.
"Du bist ein lustiger Knabe!" sagte der Alte. "Wie heißt du!"
"Ich heiße Amor!" erwiderte er. "Kennst du mich nicht? Dort liegt mein Bogen; glaube mir, damit schieße ich! Sieh, nun wird das Wetter draußen wieder gut, der Mond scheint."
"Aber Dein Bogen ist verdorben!" sagte der alte Dichter." "Das wäre schlimm!" sagte der kleine Knabe, nahm ihn auf und besah ihn. "O, der ist ganz trocken, der hat gar keinen Schaden gelitten; die Sehne sitzt ganz stramm; nun werde ich ihn probieren!" Dann spannte er ihn, legte einen Pfeil darauf, zielte und schoss dem guten alten Dichter gerade in das Herz: "Siehst du wohl, dass mein Bogen nicht verdorben war?" sagte er, lachte ganz laut und lief seines Weges. Der unartige Knabe, so den alten Dichter zu schießen, der ihn in die warme Stube hereingenommen, so gut gegen ihn gewesen war und ihm den schönsten Wein und die besten Äpfel gegeben hatte.
Der gute Dichter lag auf dem Fußboden und weinte, er war wirklich gerade in das Herz geschossen: "Pfui! was ist dieser Amor für ein unartiger Knabe, das werde ich allen guten Kindern erzählen, damit sie sich in Acht nehmen können und nie mit ihm spielen, denn er tut ihnen etwas zu Leide!"
Alle guten Kinder, Mädchen und Knaben, welche er dieses Erzählte, nahmen sich auch vor dem bösen Amor in Acht, aber er führte sie doch an, denn er ist schlau. Wenn die Studenten von den Vorlesungen kommen, läuft er ihnen zur Seite, mit einem Buche unter dem Arm und hat einen schwarzen Rock an. Sie können ihn gar nicht erkennen, und dann fassen sie ihn unter dem Arm und glauben, dass er auch ein Student sei, aber dann sticht er ihnen den Pfeil in die Brust. Wenn die Mädchen vor dem Prediger kommen und wenn sie eingesegnet werden, so ist er auch hinter ihnen.

Ja, er ist immer hinter den Leuten her! Er sitzt in der großen Lampenkrone im Theater und brennt lichterloh, so dass die Leute glauben, er sei eine Lampe, aber später sehen sie den Irrtum ein. Er läuft im Schlossgarten und auf den Wällen umher, ja, er hat auch einen deinem Vater und deiner Mutter gerade in das Herz geschossen! Frage sie nur danach, so wirst du hören, was sie sagen. Ja, es ist ein böser Knabe, dieser Amor, mit ihm musst du nie etwas zu schaffen haben; er ist hinter Jedermann her. Denk einmal, er schoss sogar einmal einen Pfeil auf die alte Großmutter ab, aber das ist lange her, dass es geschehen ist. Die Wunde ist zwar geheilt, doch vergisst sie es nie. Pfui, der böse Amor! Aber nun kennst du ihn und weißt, was er für ein unartiger Knabe ist!

Hans Christian Andersen

Montag, 8. Juli 2013

Raphael Soyer - Gottfried Benn



Raphael Soyer Café-Szene 1946

Nachtcafé

824: Der Frauen Liebe und Leben.
Das Cello trinkt rasch mal. Die Flöte
rülpst tief drei Takte lang: das schöne Abendbrot.
Die Trommel liest den Kriminalroman zu Ende.

Grüne Zähne, Pickel im Gesicht
winkt einer Lidrandentzündung.

Fett im Haar
spricht zu offenem Mund mit Rachenmandel
Glaube Liebe Hoffnung um den Hals.

Junger Kropf ist Sattelnase gut.
Er bezahlt für sie drei Biere.

Bartflechte kauft Nelken,
Doppelkinn zu erweichen.

B-moll: die 35. Sonate
Zwei Augen brüllen auf:
Spritzt nicht das Blut von Chopin in den Saal,
damit das Pack drauf rumlatscht!
Schluß! He, Gigi! -

Die Tür fließt hin: Ein Weib.
Wüste ausgedörrt. Kanaanitisch braun.
Keusch. Höhlenreich. Ein Duft kommt mit.
Kaum Duft.
Es ist nur eine süße Verwölbung der Luft
gegen mein Gehirn.

Eine Fettleibigkeit trippelt hinterher.

Gottfried Benn 1912

Sonntag, 7. Juli 2013

Staatsbürgerkunde 1961


Stellen Sie die Armee eines kapitalistischen Landes der eines sozialistischen Landes gegenüber!

Am 24.3.1961 in einer Schule in Mecklenburg war dies das Thema eines Staatsbürgerkunde (Stabü) - Aufsatzes. Die Schreiberin war gerade sechzehn geworden, hörte begeistert Radio Luxemburg, las Schiller auf dem Klo, um dort ungestört weinen zu können, hatte überhaupt ihre ganz eigenen sechzehnjährigen Gedanken und Ideen und war doch, ohne größere Mühe, in der Lage über den oben zitierten Satz einen längeren Text zu schreiben. Lerne lügen ohne zu denken, könnte man das nennen. Ähnliche Hohlsätze, Worthülsen, Sinnverquarkungen haben die meisten DDR-Kinder meiner Generation, zu ähnlichen idiotischen Aufgabenstellungen, fleissig von sich gegeben. Ich schließe mich selbst dabei ein. Manche von uns haben geglaubt, manche haben sich gewehrt, aber viele haben im Wissen um die verlangte Verlogenheit ohne Skrupel das Erwünschte geliefert und sind dann nach Hause gegangen und haben sich darüber lustig gemacht. Welch ein schizophrener Irrsinn.
Ich lese das heute, lache lauthals, erkenne mich wieder und erschrecke.

Der Aufsatz:

Jeder Staat hat seine Machtmittel: Polizei, Gesetze, Regierung, Gericht und auch die Armee. Der Charakter der Armee ist von der jeweils im Lande herrschenden Gesellschaftsordnung abhängig. * In Ländern mit antagonistischen Klassen (sehr gegensätzlich, nicht vereinbar) stellt die Amee nicht nur eine Verteidigungs-, sondern in weit größerem Maße, eine Angriffsarmee dar. Länder mit antagonistischen Klassen sind die kapitalistischen Länder. ** Der Kapitalismus hat sein größtes Geschäft am Krieg. Also ist die Armee dort eine Ver Angriffsarmee. In den sozialistischen Ländern dagegen ist nur im Frieden an ein Vorwärtskommen zu denken. Alle Betriebe sind auf friedliche Produktion eingestellt. Wir brauchen ja die Menschen und Materialien, um unseren Wirtschaftsbedarf zu decken. Der Sozialismus kann nur im Frieden existieren. Dementsprechend ist auch der Charakter der Armeen in friedliebenden Ländern, z.B.  bei uns in der DDR. Eine Armee brauchen auch wir; jedoch nicht zum Angreifen sondern zur Verteidigung, zum Schutz unseres Landes und seiner Errungenschaften. Der Oberbefehlshaber unserer Armee war früher Arbeiter. (Ich glaube Maurer.) Dies allein sagt schon genug. In den kapitalistischen Ländern, z.B. in Westdeutschland, sind jetzt viele Offiziere usw. in Machtstellung, die auch im 2. Weltkrieg schon mit am Ruder waren; z.B. der Bonner Kriegsminister Strauß. Schon alleine durch die Menschen, die in den beiden Armeen zu bestimmen haben, kann man seine Schlüsse auf deren Charakter ziehen. Außerdem haben wir andere Beweise, daß die Bundeswehr eine Angriffsarmee ist. Plant man doch in der DBR (?) schon wieder einen neuen Feldzug in Richtung Osten! Wie sollte das ohne die Bundeswehr geschehen? Und von Verteidigung kann in dem Falle auch gar nicht die Rede sein; obwohl die Bundeswehr an und für sich von sich selbst behauptet, sie sei eine Verteidigungsarmee. Jedoch die Tatsachen sprechen dagegen.

* Wir kennen Angriffs- uund Verteidigungsarmeen.

** Auch in der DDR gibt es verschiedene Klassen. Jedoch arbeiten diese
   miteinander und nicht gegeneinander. 
http://www.google.de/imgres?hl=de&biw=1115&bih=593&tbm=isch&tbnid=PxOJJVZTLV7MOM:&imgrefurl=http://www.poolalarm.de/kindersuchdienst/ddr-schule.htm&docid=EQK26ZAa1Sfj1M&imgurl=http://www.poolalarm.de/kindersuchdienst/schule-bilder/schule-schiessuebung.jpg&w=500&h=386&ei=-YzZUfWvA4_QsgaF-4CYAQ&zoom=1&iact=hc&vpx=184&vpy=242&dur=1940&hovh=197&hovw=256&tx=150&ty=87&page=1&tbnh=143&tbnw=182&start=0&ndsp=18&ved=1t:429,r:1,s:0,i:88 

Josef Sudek / Ei - nfach?


EIN EI

 1930

Ich glaube, dass Photographie banale Dinge liebt, und ich liebe das Leben der Dinge. J.S.

 1961

ei Interjektion; (meist im Umgang mit Kindern) verwendet, um Erstaunen o. Ä. auszudrücken oder um ein Kind zu trösten 


die einsamkeit

das muß schon einige zeit her sein,
daß ich von einsamkeit gelesen habe,
denn längst ist einsamkeit nicht mehr
so fern (von mir),
daß ich es lesen muß
um etwas davon zu hören.
sie geht mir tag und nacht
nicht mehr aus den ohren.
 
Ernst Jandl

 1950-54

 1951

 Auf dem Fensterbrett meines Studios 1950-54


Josef Sudek

Ale Photographien © Josef Sudek

Der tschechische Fotograf Josef Sudek wird am 17. März 1896 im böhmischen Kolín geboren. Mit 14 Jahren geht Sudek nach Prag, macht eine Buchbinderlehre und arbeitet von 1913-15 als Druckereiarbeiter. Er ist bereits engagierter Amateur-fotograf, als er zu seinem insgesamt drei Jahre währenden Kriegsdienst im Ersten Weltkrieges antritt. Infolge einer schweren Verletzung verliert Josef Sudek seinen rechten Arm. Da er nun seinen gelernten Beruf nicht mehr ausüben kann, entscheidet er sich, Fotograf zu werden. Er absolviert von 1922-24 ein Studium an der Staatlichen Grafikschule in Prag und ist Gründungsmitglied der Tschechischen Fotografischen Gesellschaft. Josef Sudek und sein Freund Jaromír Funke werden die beiden wichtigsten Vertreter der tschechischen Avantgarde und sind Verfechter einer unverfälschten, dokumentarischen Fotografie, welche im Gegensatz zur "gefälligen" Kunstfotografie steht. 1927 richtet Josef Sudek ein kleines Atelier in Prag ein und veröffentlicht ein Portfolio über die Bauarbeiten am Prager Veitsdom.
1940 kennzeichnet einen Wendepunkt in Josef Sudeks Werk: Er zieht sich immer mehr in die eigene hermetische Welt seines Ateliers zurück und konzentriert sich auf private Themen. Seine größte Meisterschaft erreicht Sudek in seinen Stillleben, die gekennzeichnet sind durch höchste lichtplastische Sensibilität. Oft sind auf den Aufnahmen nur wenige, ganz alltägliche Gegenstände, wie ein Glas Wasser und ein weißes Ei, zu sehen – Josef Sudek schafft es jedoch, diese mit Bedeutung aufzuladen und ihnen eine geheimnisvoll- irreale Wirkung zu verleihen. Ab 1950 fotografiert Sudek mit einer Panoramakamera. Die Ergebnisse erscheinen neun Jahre später in dem Buch "Praha panoramatická". 1961 erhält Sudek als erster Fotograf die Auszeichnung "Verdienter Künstler" der Tschechoslowakischen Republik.
Er stirbt am 15. September 1976 in Prag.

 
Ei und Dekanter 1954

Das Liebesbrief-Ei

Ein Huhn verspürte große Lust
unter den Federn in der Brust,
aus Liebe dem Freund, einem Hahn zu schreiben,
er solle nicht länger in Düsseldorf bleiben.
Er solle doch lieber hier - zu ihr eilen
und mit ihr die einsame Stange teilen,
auf der sie schlief.
Das stand in dem Brief. Wir müssen noch sagen: Es fehlte ihr an gar nichts.
Außer an Briefpapier.
Da schrieb sie ganz einfach und deutlich mit Blei
den Liebesbrief auf ein Hühnerei.
Jetzt noch mit einer Marke bekleben
und dann auf dem Postamt abgeben.
Da knallte der Postmann den Stempel aufs Ei.
Da war sie vorbei,
die Liebelei.

Janosch
 

Freitag, 5. Juli 2013

Kleinigkeiten



    Ich habe heute:
    - meiner Lieblingsnichte beim Reiten zugeschaut.
    - einen sehr großen Hund spazierengeführt.
    - eine Stunde lang eine Katze gestreichelt.
    - ein bisschen in einem Buch gelesen.
    - einen Tisch für acht Menschen gedeckt.
    - ein  Gespräch geführt.
    - ein Brot aufgeschnitten.
    - 24 Mücken erschlagen.
    - zwei Prinzessinnen vor einem aggressiven Frosch 
      gerettet.


      DIE FRÖSCHE

     Ein großer Teich war zugefroren,
   die Fröschlein in der Tiefe verloren,
   durften nicht ferner quaken noch springen,
   versprachen sich aber im halben Traum,
   fänden sie nur da oben Raum,
   wie Nachtigallen wollten sie singen.
   Der Tauwind kam, das Eis zerschmolz,
   nun ruderten sie und landeten stolz
   und saßen am Ufer weit und breit
   und quakten wie vor alter Zeit.


   Johann Wolfgang von Goethe

Donnerstag, 4. Juli 2013

Kaspar Hauser Nachtrag - DaDa - Hans Arp - weh unser guter kaspar ist tot



Die Schwalbenhode
Hans Arp 1887-1966

1.
weh unser guter kaspar ist tot
wer verbirgt nun die brennende fahne im zopf und wer dreht die kaffeemühle
wer lockt nun das idyllische reh
auf dem meer verwirrte er die schiffe mit dem wörtchen parapluie und die winde nannte er bienenvater
weh weh weh unser guter kaspar ist tot heiliger bimbam kaspar ist tot
die heufische klappern in den glocken wenn man seinen vornamen ausspricht darum seufze ich weiter kaspar kaspar kaspar
warum bist du ein stern geworden oder eine kette aus wasser an einem heißen wirbelwind oder ein euter aus schwarzem licht
oder ein durchsichtiger ziegel an der stöhnenden trommel des felsigen wesens
jetzt vertrocknen unsere scheitel und sohlen und die feen liegen halbverkohlt auf den scheiterhaufen

2.
jetzt donnert hinter der sonne
die schwarze kegelbahn und keiner zieht mehr die kompasse und die räder der schiebkarren auf
wer ißt nun mit der ratte am einsamen tisch wer verjagt den teufel wenn er die pferde verführen will wer erklärt uns die monogramme in den sternen
seine büste wird die kamine aller wahrhaft edlen menschen zieren doch das ist kein trost und schnupftabak für einen totenkopf

3.
auf den wasserkanzeln bewegen die kaskadeure ihre fähnchen wie figura 5 zeigt
die abenteuer mit falschen bärten und diamantenen hufen bestiegen vermittels aufgeblasener walfischhäute schneidend das podium
der große geisterlöwe harun el raschid sprich harun al radi gähnte dreimal und zeigte seine vom rauchen schwarz gewordenen zähne
die merzerisierten klapperschlangen wickelten sich von ihren spulen mähten ihr getreide und verschlossen es in steine
aus dem saum des todes traten die augen der jungen sterne
nach der geißelung auf der sonnenbacke tanzten die hufe des esels auf flaschenköpfen
die toten fielen wie flocken von ledernen türmen
wieviel totengerippe drehten die räder der tore
als der wasserfall dreimal gekräht hatte erblich seine tapete bis auf das blut und die matrosenmatritze zersprang
aus der tiefe stiegen die schränke und breiteten ihre anker aus
endlich wagte das meer die ohnmacht der bittern kompasse
die glitzernden engel drehten sich in ihren angeln
die gläsernen eulen reichten sich den tod von schnabel zu schnabel
die vögel hingen ihre glasschweife wie wasserfälle aus den felsen
die bäuerinnen trugen ausgebrannte ausgestopfte sonnen in ihrem haar den bäuerinnen nur in ihren kröpfen nur in ihren nickhäuten nur in ihrer lieben kleinen stadt jerusalem wachspuppen auszusetzen erlaubt war

4.
die edelfrau pumpt feierlich wolken in säcke aus leder und stein
lautlos winden riesenkräne trillernde lerchen in den himmel die sandtürme sind mit wattepuppen verstopft
in den schleusen stauen sich ammonshörner diskusse und mühlsteine
die schiffe heißen hans und grete und fahren ahnungslos weiter
der drache trägt die inschrift kunigundula und wird an der leine geführt
den städten sind die füße abgesägt
den kirchtürmen nur volle bewegungsfreiheit in den kellern gegeben
darum sind wir auch nicht verpflichtet die krallen hörner und wetterfahnen zu putzen

5.
obwohl der mond mir wie ein spiegel gegenüberhängt schmerzt mich der engel im auge
auf den tischen laufen die sämereien auf und pochst du an die pflanzen so springen ihre blumen hervor
die löwen verenden vor ihren schilderhäusern mit gießkannen voll diamanten zwischen den krallen
die führer tragen schürzen aus holz

die vögel tragen schuhe aus holz
die vögel sind voll widerhall
unaufhörlich rollen ihnen die eier aus ihren kleinen herzen ihre sohlen stehen auf schreitenden flammen
reißt die schneekette so rufen sie den herrgott an
senkt sich das himmelsrad so treten ihre hufe auf schwarze körner

im januar schneit es graphit in das ziegenfell
im februar zeigt sich der strauß aus kreideweißem licht und weißen sternen
im märz balzt der würgeengel und die ziegel und falter flattern fort
und die sterne schaukeln in ihren ringen
und die windfangblumen rasseln in ihren ketten
und die prinzessinnen singen in ihren nebeltöpfen
wer eilt auf kleinen fingern und flügeln den morgenwinden nach 



Hans Arp


Die Schwalbenhode, 4.

Tapa tapa tapa
Pata pata
Maurulam katapultilem i lamm
Haba habs tapa
Mesopotainem masculini
Bosco & belachini
Haba habs tapa
Woge du welle
Haha haha


Mittwoch, 3. Juli 2013

Kaspar Hauser - Ein solcher Reiter möcht ich sein...


Ich sitze gegen 22.00 Uhr an einem warmen mittsommerlichen Abend an einer brandenburgischen Dorfstrasse ein sehr angenehmes gemeinschaftliches Essen verdauend. Vor etwa einer Stunde haben alle Vögel abrupt beschlossen, schlafen zu fliegen, oder jedenfalls keinen Piep mehr von sich zu geben, es herrscht nahezu vollendete Stille, nur drei Katzen gehen geräuschlos ihren Geschäften nach, eine tanzt sogar lautlos, vielleicht spielt sie auch nur mit einer Mücke. Stille. Allein. Alleinsein kann wunderschön sein.
Aber nur im Wissen um die wiederherstellbare Anwesenheit anderer. Unfreiwillig allein zu sein, wahrhaft einsam, alleingelassen, und das auch noch länger als vorstellbar, ist eine wahrhaft erschreckende Vorstellung. Der Graf von Monte Christo, Robinson Crusoe... 
Mit 12 las ich durch Zufall "Kaspar Hauser. Beispiel eines Verbrechens am Seelenleben des Menschen" von Anselm Feuerbach - die badischen Intrigen ließen mich kalt, aber die Vorstellung von jahrelanger Isolation, von Dunkelheit und Enge, vom Hungern nach Außeneindrücken, hat mich so sehr beeindruckt, dass ich mich heute noch an das Gefühl von damals erinnern kann. Ich habe das Buch übrigens nicht gelesen, weil ich frühreif oder irgendwie sonderlich intelligent war, sondern weil ich glaubte, es sei eine Gruselgeschichte.

Nürnberg 1828, auf dem Markt steht ein Knabe und ruft: "He Bue!" und sagt: „A söchtener Reuter möcht i wern, wie mein Voater gwen is“ („Ein solcher Reiter möchte ich werden, wie mein Vater gewesen ist“). 
Am 26. Mai 1828 fand man in Nürnberg einen jungen Mann, der – "in höchst auffallender Haltung des Körpers dastand und, einem Betrunkenen ähnlich, sich vorwärts zu bewegen mühte, ohne gehörig aufrecht stehen und seine Füße regieren zu können. ... Er schien zu hören, ohne zu verstehen, zu sehen, ohne etwas zu bemerken, sich mit den Füßen zu bewegen, ohne sie zum Gehen gebrauchen zu können. Seine Sprache waren meistens Tränen, Schmerzenslaute, unverständliche Töne ...." * 
War Kaspar Hauser, unschuldiges Opfer verbrecherischer dynastischer Machenschaften oder durchtriebener Betrüger, oder einfach jemand, der in eine Situation hineinstolperte, die von der Sensationsgier anderer immer mehr und mehr kompliziert wurde? So viele Bücher, so viele Varianten von Antworten. Aber als Matrize für Poesie war und ist er ganz wunderbar geeignet. Der einsame Mann über den man nichts wirklich Sicheres weiss, sollte Absprungspunkt vielfältiger Phantasien sein.
Der Knabe
 
Ich möchte einer werden so wie die,
die durch die Nacht mit wilden Pferden fahren,
mit Fackeln, die gleich aufgegangenen Haaren
in ihres Jagens großem Winde wehn.
Vorn möcht ich stehen wie in einem Kahne,
groß und wie eine Fahne aufgerollt.
Dunkel, aber mit einem Helm von Gold,
der unruhig glänzt. Und hinter mir gereiht
zehn Männer aus derselben Dunkelheit
mit Helmen, die, wie meiner, unstät sind,
bald klar wie Glas, bald dunkel, alt und blind.
Und einer steht bei mir und bläst uns Raum
mit der Trompete, welche blitzt und schreit,
und bläst uns eine schwarze Einsamkeit,
durch die wir rasen wie ein rascher Traum:
Die Häuser fallen hinter uns ins Knie,
die Gassen biegen sich uns schief entgegen,
die Plätze weichen aus: wir fassen sie,
und unsre Rosse rauschen wie ein Regen.
 
Rainer Maria Rilke (1906) 
 
Aquarell - Kaspar Hauser - 22. April 1829
Kaspar Hauser Lied
Für Bessie Loos
 
Er wahrlich liebte die Sonne, die purpurn den Hügel hinabstieg,
Die Wege des Walds, den singenden Schwarzvogel
Und die Freude des Grüns.
 
Ernsthaft war sein Wohnen im Schatten des Baums
Und rein sein Antlitz.
Gott sprach eine sanfte Flamme zu seinem Herzen:
O Mensch!
 
Stille fand sein Schritt die Stadt am Abend;
Die dunkle Klage seines Munds:
Ich will ein Reiter werden.
 
Ihm aber folgte Busch und Tier,
Haus und Dämmergarten weißer Menschen
Und sein Mörder suchte nach ihm.
 
Frühling und Sommer und schön der Herbst
Des Gerechten, sein leiser Schritt
An den dunklen Zimmern Träumender hin.
Nachts blieb er mit seinem Stern allein;
 
Sah, daß Schnee fiel in kahles Gezweig
Und im dämmernden Hausflur den Schatten des Mörders.
 
Silbern sank des Ungebornen Haupt hin.
Georg Trakl (1913) 
 
http://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/findelkind-kaspar-hauser-der-prinz-und-der-bettelknabe-11735165.html 

Der arme Kaspar

Ich geh - wohin?
Ich kam - woher?
Bin aussen und inn,
Bin voll und leer.
Geboren - wo?
Erkoren - wann?
Ich schlief im Stroh
Bei Weib und Mann.
Ich liebe dich,
Und liebst du mich?
Ich trübe dich,
Betrübst du mich?
Ich steh und fall,
Ich werde sein.
Ich bin ein All
Und bin allein.
Ich war. Ich bin.
Viel leicht. Viel schwer.
Ich geh - wohin?
Ich kam - woher?

Klabund

* Anselm Feuerbach
 

Sonntag, 30. Juni 2013

Ferien, Urlaub!



Lehnschulzenhof Viesen in Rosenau
gebaut 1730

Die Lieblingsnichte und ich fahren in den Urlaub nach Rosenau. Der Ort liegt im Brandenburgischen und hat 180 Einwohner, eine Feldsteinkirche, ein Mahnmal für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs und eins für die des darauffolgenden. Und Felder, Wiesen, Bäume, einen See. Die Nichte wird reiten und ich schaue zu! 
O selige Faulheit.

Und das werde ich lesen: Theodor Fontane - Wanderungen durch die Mark
Brandenburg

Und bloggen kann ich in aller Ruhe. 





Ferien: Wiki schreibt dazu:
Mit Ferien werden Zeiträume bezeichnet, in denen eine Einrichtung vollständig schließt, um ihren Angehörigen andere Tätigkeiten, insbesondere Erholung zu ermöglichen. Zu unterscheiden sind sie vom Urlaub, der jeweils nur einzelnen Angehörigen der Einrichtung gewährt wird. 

Ich bin meine eigene Einrichtung und habe also nun Ferien und Urlaub!

Historisches Leikon der Schweiz:
Etymologisch geht der Begriff Ferien auf das lat. Wort feriae (= Festtage, Feste) zurück. Im MA und in der frühen Neuzeit unterschied man zwischen feriae sacrae, feriae profanae und weiteren Feiertagen, an denen das öffentl. Leben (Gerichte, Vertragsverhandlungen, Universitäten, Schulen) ruhte. Vom ausgehenden 19. Jh. an wurde das Wort F. auch synonym oder in Kombination mit Urlaub (mittelhochdt. urloup = Erlaubnis, Erlaubnis zu gehen, Abschied) für die Arbeitsunterbrechung Berufstätiger verwendet.

Donnerstag, 27. Juni 2013

Siebenschläfer


   Regnet's am Siebenschläfertag - es sieben Wochen 
  regnen mag.
Wie das Wetter an diesem Tag, so soll es sieben Wochen bleiben.
Regnet's am Siebenschläfertag, / es sieben Wochen regnen mag.
Siebenschläfer Regen / sieben Wochen Regen.
Werden die sieben Schläfer nass / regnet's noch lange Fass um Fass.
Ist der Siebenschläfer nass, / regnet's ohne Unterlass.
Wenn die Siebenschläfer Regen kochen, / so regnets vier ganze Wochen.

   Der Siebenschläfertag ist am 27. Juni und ein Gedenktag für die Sieben 
   Schläfer von Ephesus. Die gleichnamige alte Bauernregel besitzt ihre Relevanz 
   als Lostag jeweils etwa 10 Tage später um den 5. Juli, aufgrund der 
   gregorianischen Kalenderreform. (Wiki)

   Lostage (auch: Lurtage) sind feststehende Tage im Kalender, die nach altem 
   Volksglauben Vorhersagen über die Wetterverhältnisse der folgenden Wochen 
   und Monate ermöglichen. (Wiki)
   
   Die Wetterregel hat eine hohe Genauigkeit: In 80% der Jahre trifft sie für 
   Süddeutschland, in gut zwei Drittel aller Sommer für den Norden zu.

   Statistische Analysen ergaben, dass die Regel zwar nicht für den 
   Siebenschläfertag selbst, jedoch für die erste Juliwoche in Süddeutschland in 
   60–70 % der Fälle zutrifft, was mit dem so genannten Jetstream 
   zusammenhängt, der sich üblicherweise Ende Juni/Anfang Juli für einige Zeit 
   stabilisiert. Liegt er im Norden, so werden Tiefdruckgebiete meist in Richtung 
   Nordeuropa abgelenkt und Hochs dominieren das Wetter im südlichen 
   Mitteleuropa, liegt er weiter südlich, so können Tiefs über Mitteleuropa 
   hinwegziehen. Für Norddeutschland mit dem stärker maritim geprägten Klima 
   ist die Regel aber dennoch nicht anwendbar. (Europäisches Segelinformations-
   system)

   Werden die Siebenschläfer nass - regnet's noch lange 
  Fass um Fass.
   
   Maximian, Malchus, Martinian, Dionysius, Johannes, Serapion und Constantin 
   waren sieben Brüder, Schafhirten und bekennende Christen. Für ihr Bekenntnis 
   hat man sie zusammen mit einem Hund 251 n. Chr. in einer Höhle auf dem Berg 
   Celion nahe Ephesus eingemauert.   

   Etwa zweihundert Jahre später, Christen und Muslims sind sich uneinig über die 
   genaue Zahl der Jahre, wurde die Höhle geöffnet und - hier folgt nun das 
   Wunder - die Sieben erwachten aus tiefem Schlaf zu neuem Leben in einer
   nunmehr christianisierten Welt.

   "Du sollst wissen, dass der Herr uns um deinetwillen auferweckt hat vor dem 

   Tag der großen Auferstehung, damit du ohne jeden Zweifel glaubst, dass es 
   eine Auferstehung der Toten gibt. Denn siehe, wir sind wirklich auferstanden 
   und leben, und wie das Kind im Mutterleib keinen Schaden spürt und lebt, so 
   lagen auch wir und lebten und schliefen und spürten nichts."

   Allerdings starben sie dann doch kurze Zeit später ein zweites und endgültiges 
   Mal.
 
   Ist der Siebenschläfer nass - regnet's ohne 
  Unterlass. 
   
   Von sieben Schläfern berichtet auch eine von Grimm mitgeteilte deutsche Sage:

   Die sieben schlafenden Männer in der Höhle In ganz Deutschland weiß man    

   folgende wunderbare Begebenheit: An der äußersten Meeresküste liegt unter 
   einem ragenden Felsen eine Höhle, in der, man kann nicht mehr sagen seit 
   welcher Zeit, langeher sieben Männer schlafen; ihre Leiber bleiben unverwest, 
   ihre Kleider verschleißen nicht, und das Volk verehrt sie hoch. Der Tracht nach 
   scheinen sie Römer zu sein. Einen reizte die Begierde, daß er der Schläfer 
   einem das Gewand ausziehen wollte; alsbald erdorrten ihm die Arme, und die 
   Leute erschraken so, daß niemand näher zu treten wagte. Die Vorsehung 
   bewahrt sie zu einem heiligen Zweck auf, und dereinst sollen sie vielleicht 
   aufstehen und den heidnischen Völkern die heilige Lehre verkündigen.”   
   (Deutsche Sagen Nr. 392)    


 Schlafmaus oder Siebenschläfer © H. Sommer

SIEBENSCHLÄFER  
 
Sechs Begünstigte des Hofes
Fliehen vor des Kaisers Grimme,
Der als Gott sich läßt verehren,
Doch als Gott sich nicht bewähret:
Denn ihn hindert eine Fliege,
Guter Bissen sich zu freuen.
Seine Diener scheuchen wedelnd,
Nicht verjagen sie die Fliege.
Sie umschwärmt ihn, sticht und irret
Und verwirrt die ganze Tafel,
Kehret wieder wie des häm'schen
Fliegengottes Abgesandter.

Nun - so sagen sich die Knaben -
Sollt ein Flieglein Gott verhindern?
Sollt ein Gott auch trinken, speisen,
Wie wir andern? Nein, der Eine,
Der die Sonn erschuf, den Mond auch,
Und der Sterne Glut uns wölbte,
Dieser ist's, wir fliehn! - Die zarten
Leicht beschuht', beputzten Knaben
Nimmt ein Schäfer auf, verbirgt sie
Und sich selbst in Felsenhöhle.
Schäfershund, er will nicht weichen,
Weggescheucht, den Fuß zerschmettert,
Drängt er sich an seinen Herren
Und gesellt sich zum Verborgnen,
Zu den Lieblingen des Schlafes.

Und der Fürst, dem sie entflohen,
Liebentrüstet, sinnt auf Strafen,
Weiset ab so Schwert als Feuer,
In die Höhle sie mit Ziegeln
Und mit Kalk sie läßt vermauern.

Aber jene schlafen immer,
Und der Engel, ihr Beschützer,
Sagt vor Gottes Thron berichtend:
»So zur Rechten, so zur Linken
Hab ich immer sie gewendet,
Daß die schönen jungen Glieder
Nicht des Moders Qualm verletze.
Spalten riß ich in die Felsen,
Daß die Sonne, steigend, sinkend,
Junge Wangen frisch erneute:
Und so liegen sie beseligt. -
Auch, auf heilen Vorderpfoten,
Schläft das Hündlein süßen Schlummer.«

Jahre fliehen, Jahre kommen,
Wachen endlich auf die Knaben,
Und die Mauer, die vermorschte,
Altershalben ist gefallen.
Und Jamblika sagt, der Schöne,
Ausgebildete vor allen,
Als der Schäfer fürchtend zaudert:
»Lauf ich hin! und hol euch Speise,
Leben wag ich und das Goldstück!«
Ephesus, gar manches Jahr schon,
Ehrt die Lehre des Propheten
Jesus. (Friede sei dem Guten!)

Und er lief, da war der Tore
Wart und Turn und alles anders.
Doch zum nächsten Bäckerladen.
Wandt er sich nach Brot in Eile. -
»Schelm!« so rief der Bäcker, »hast du,
Jüngling, einen Schatz gefunden!
Gib mir, dich verrät das Goldstück,
Mir die Hälfte zum Versöhnen!«

Und sie hadern. - Vor den König
Kommt der Handel; auch der König
Will nun teilen wie der Bäcker.

Nun betätigt sich das Wunder
Nach und nach aus hundert Zeichen.
An dem selbsterbauten Palast
Weiß er sich sein Recht zu sichern.
Denn ein Pfeiler, durchgegraben,
Führt zu scharfbenamsten Schätzen.
Gleich versammeln sich Geschlechter,
Ihre Sippschaft zu beweisen.
Und als Ururvater prangend
Steht Jamblikas Jugendfülle.
Wie von Ahnherrn hört er sprechen
Hier von seinem Sohn und Enkeln.
Der Urenkel Schar umgibt ihn,
Als ein Volk von tapfern Männern,
Ihn, den jüngsten, zu verehren.
Und ein Merkmal übers andre
Dringt sich auf, Beweis vollendend;
Sich und den Gefährten hat er
Die Persönlichkeit bestätigt.

Nun zur Höhle kehrt er wieder,
Volk und König ihn geleiten. -
Nicht zum König, nicht zum Volke
Kehrt der Auserwählte wieder:
Denn die Sieben, die von lang her,
Achte waren's mit dem Hunde,
Sich von aller Welt gesondert,
Gabriels geheim Vermögen
Hat, gemäß dem Willen Gottes,
Sie dem Paradies geeignet,
Und die Höhle schien vermauert.

Johann Wolfgang von Goethe