Dienstag, 11. Juni 2013

Emily Dickinson - "Ich lebe in der Möglichkeit"


Emily Dickinson - 
Einziges Känguru im Schönen

E.D. lebte von 1830 bis 1886 in Amherst, Massachusetts

Emily Dickinson ist einfach ihr Leben lang in Amherst geblieben, einem kleinen College-Städtchen in Massachusetts. 1830 wurde die Lyrikerin in dem vom Großvater erbauten Haus geboren, in dem sie vor 125 Jahren, am 15. Mai 1886, gestorben ist. Mit Anfang 30 beschloss sie, keinen Fuß mehr vors Gartentor zu setzen. In den letzten Jahren hat sie, ...nicht mal mehr die Zimmertür weiter als einen Spalt geöffnet. 
Tagesspiegel vom 11.6.2013

I breathed enough to learn the trick,
And now, removed from air,
I simulate the breath so well,
That one, to be quite sure

The lungs are stirless, must descend
Among the cunning cells,
And touch the pantomime himself.
How cool the bellows feels! 

Den Atem-Trick kann ich schon lang –
Und nun, der Luft beraubt –
Ahm ich das Atmen nach, so gut –
Daß einer, der nicht glaubt –

Daß Lungen still stehn – runter muß
Die List der Zellen prüfen –
Und selbst – die Pantomime tasten,
Die tauben Bälge fühlen!

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I'm nobody! Who are you?
Are you nobody too?
then there's a pair of us. Don't tell!
They'd banish us, you know.

How dreary to be somebody!
How public, like a frog
To tell your name the livelong day
To an admiring bog!

Niemand bin ich! Und du?
Ein Niemand – noch dazu?
Dann sind wir zwei im Land!
Still! Gleich wird man bekannt!

Wie öde – Jemand sein!
Sein Lebtag – Fröschen gleich −
Den eignen Namen auszuquaken −
Für den Applaus im Teich!

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I should not dare to be so sad
  So many Years again –
A Load is first impossible
When we have to put it down –
The Superhuman then withdraws
And we who never saw
The Giant at the other side 
Begin to perish now.

Ich wagte es nicht noch einmal
 
So jahrelang zu trauern –
Unmöglich wird die Last ja erst 
Wenn wir uns von ihr trennen –
Dann weicht das Übermenschliche 
Und wir die nie gesehn
Den Riesen auf der andern Seite 
Beginnen zu vergehn

Übersetzungen von Gunhild Kübler

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After great pain a formal feeling comes--
The nerves sit ceremonious like tombs;
The stiff Heart questions--was it He that bore?
And yesterday--or centuries before?   
The feet, mechanical, go round
A wooden way
Of ground, or air, or ought,
Regardless grown,
A quartz contentment, like a stone.
This is the hour of lead
Remembered if outlived,
As freezing persons recollect the snow--
First chill, then stupor, then the letting go.

Nach großem Schmerz, Gefühl verflacht zur Form--
die Nerven sitzen steif, wie Grabesnorm;
das starre Herz fragt: War es 'Er, der trug'?
Und gestern -- oder im Jahrhundertflug?

Der Fuß, mechanisch, geht im Rund
des Holzwegs Pfad
von Pflicht, von Brauch, von Grund,
gewachsen drein
ein steinernes Zufriedensein.
Von Blei ist solche Stund'
erlebt, falls überlebt,
wie Frierende den Schnee erfassen--
Erst Frost, dann Starre, dann das Fallenlassen.

Übersetzung von Walter A. Aue
 

August Sander - Antlitz der Zeit - Entgegenblicke



ANTLITZ DER ZEIT
erschienen 1929

1936 wurde das Buch von den Nationalsozialisten beschlagnahmt und die Druckstöcke vernichtet. Sanders Sohn Erich, ein überzeugter Sozialist, wurde 
1934 zu zehn Jahren Zuchthaus verurteilt und überlebte die Haft nicht. Sanders protestierte nie laut, nur einmal in höchster Verzweiflung legte er den Kopf eines frisch geschlachteten Schweines in das Fenster seines Studios, er mußte es sofort wieder entfernen.



Handlanger, 1928

“Das Wesen der gesamten Photographie ist dokumentarischer Art …” 
August Sander

Der Konditor, 1928

"Sander hat keine Menschen sondern Typen fotografiert, Menschen, die so sehr ihre Klasse, ihren Stand, ihre Kaste repräsentieren, dass das Individuum für die Gruppe genommen werden darf. Döblin weist in der Einleitung sehr treffend darauf hin, wie der Tod und die Gesellschaft die Gesichter verflachen; wie sie einander angeähnelt werden, immer mehr, immer mehr ... wie schwer es ist, noch ein Bauernmädchen von einer Proletarierfrau zu unterscheiden. Was Sander da gegeben hat, ist allerbeste Arbeit."
Peter Panter in Die Weltbühne, 25.03.1930

Welt war in dem Antlitz der Geliebten —,
aber plötzlich ist sie ausgegossen:
Welt ist draußen, Welt ist nicht zu fassen.

Warum trank ich nicht, da ich es aufhob,
aus dem vollen, dem geliebten Antlitz
Welt, die nah war, duftend meinem Munde?

Ach, ich trank. Wie trank ich unerschöpflich.
Doch auch ich war angefüllt mit zu viel
Welt, und trinkend ging ich selber über.

Rainer Maria Rilke
 
&
 
MENSCHEN DES 20. JAHRHUNDERTS
Portraitphotographien 1892 - 1952

"...die Photographie hat uns neue Möglichkeiten und andere Aufgaben als die Malerei gegeben. Sie kann die Dinge in grandioser Schönheit, aber auch in grauenhafter Wahrheit wiedergeben, kann aber auch unerhört betrügen.....
Wenn ich nun als gesunder Mensch so unbescheiden bin, die Dinge so zu sehen, wie sie sind, und nicht, wie sie sein sollen oder können, so möge man mir dies verzeihen, aber ich kann nicht anders."
August Sander

 Mann der Erde 1910


Mädchen im Zirkuswagen. Köln 1926





 Sekretärin beim Westdeutschen Rundfunk 1931

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Antlitz n. ‘Gesicht’, ahd. antlizzi (Hs. 12. Jh.), mhd. antlitze, mnd. antlitte, aengl. andwlita, andwlite, anord. andlit, annlit schwed. anlete führen ebenso wie die Bildungen ohne die Vorsilbe ant-, and- ‘(ent)gegen’ (s. ent-) asächs. wliti, aengl. wlita, wlite, anord. litr, got. wlits ‘Aussehen, Gestalt, Angesicht’ und die Verben aengl. wlītan, wlātian ‘blicken, starren’, anord. līta ‘schauen, sehen’, leita ‘suchen’, got. wlaitōn ‘umherblicken, spähen’ auf ie. *u̯leid-. Dieser nur aus germanischen Formen erschlossene Ansatz ist wohl als Erweiterung der Wurzel ie. *u̯el- ‘sehen’ aufzufassen, zu der auch lat. vultus, voltus ‘Gesicht, Miene’, air. fili (aus *ue̯lēts) ‘Seher, Dichter’ gehört. Wörtlich ist Antlitz also das ‘Entgegenblickende’.

Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache
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Alle Rechte für die Photographien bei © Die Photographische Sammlung/SK Stiftung Kultur – August Sander Archiv, Köln 
 

Freitag, 7. Juni 2013

Theater hat auch einen Trinker



Heute hat mir ein Freund in einem Cafe, mit lachenden Augen und einem Kichern in der Stimme, ein Gedicht vorgetragen. Wir hatten begonnen, uns leicht sentimental verklärte Anekdoten aus der Frühzeit unseres Arbeitslebens zu erzählen und während dieses Gespräches war die Rede auch auf die "Verordentlichung" des Theaterbetriebes gekommen. Omama und Opapa erzählen sich vom Krieg!

Und doch ist was Wahres daran. Der soziale Druck ist größer, die Angst eine andere und wir alle benehmen uns besser. Ich weiss wirklich nicht zu sagen, ob das der vielfach eingeforderten Political Correctness oder der allgemeinen Verbürgerlichung der Sitten, zuzurechnen ist, aber braver sind wir allemal. Oder vernünftiger, das kommt auf die Perspektive an. 
Ein Theater wie das DT (Das Deutsche Theater in Berlin) hatte in seinen Hochzeiten, mehrere hochbegabte Trinker, ein oder zwei wahrhafte Diven, mindestens einen Casanova und dann noch diesen und jenen mittelbegabten Irren. Feindschaften, ob ästhetisch, politisch oder sexuell begründet, wurden öffentlich ausgelebt, Theaterkräche waren die scharfe Würze der Proben und der promillebezogene Zustand eines Kollegen konnte im Guten wie im Katastrophalen über die Qualität der abendlichen Vorstellung entscheiden. 
R. L. nüchtern war ein missgelaunter und doch hervorragender Spieler, angetrunken neigte er zu Wiederholungen erfolgreicher Pointen und das mit großem Erfolg, im Vollsuff kam er dann auch mal viel zu spät und verlangte herrisch vom heimwärts strömenden Publikum die sofortige Rückkehr in den Saal. Ein anderer Kollege, R. Sch., hat sich tiefbeschämt für eine im Trunk verpasste Vorstellung entschuldigt, die er gespielt hatte, ohne am nächsten Morgen davon noch irgendeine Erinnerung zu haben. Ich spreche hier nicht dem Alkoholismus das Wort, aber diese Ansammlung von sozial ungelenken, ja sogar unfähigen Menschen, die auf der Bühne zu ganz unglaublicher Sensibilität und zirzensischer Verspieltheit fähig waren, hat oftmals ganz wunderbares Theater gezaubert.

HAMLETS GEIST

Gustav Renner war bestimmt
die beste Kraft am Toggenburger Stadttheater.
Alle kannten seine weiße Weste,
alle kannten ihn als Heldenvater

Alle lobten ihn, sogar die Kenner,
und die Damen fanden ihn sogar noch schlank.
Schade war nur, dass sich Gustav Renner,
wenn er Geld besaß, enorm betrank.

Eines Abends, als man Hamlet gab,
spielte er den Geist von Hamlets Vater,
und was man nur Dummes tun kann, tat er.
Hamlet war aufs äußerste bestürzt,
denn der Geist fiel gänzlich aus der Rolle,
und die Szene wurde abgekürzt.

Renner fragte, was man von ihm wolle?
Man versuchte hinter den Kulissen
ihn von seinem Rausche zu befreien,
legte ihn lang hin und gab ihm Kissen,
und dabei schlief Gustav Renner ein.

Die Kollegen spielten nun exakt,
weil er schlief und sie nicht länger störte.
Doch er kam! Und Zwar im nächsten Akt,
wo er absolut nicht hingehörte.

Seiner Gattin trat er auf den Fuß,
seinem Sohn zerbrach er das Florett,
und er tanzte mit Ophelia Blues,
und den König schmiss er ins Parkett.

Alle zitterten und rissen aus,
doch dem Publikum war das egal;
so etwas von donnerndem Applaus
gab’s in Toggenburg zum ersten Mal.
Und die meisten Toggenburger fanden:
Endlich hätten sie das Stück verstanden.
 
Erich Kästner

Dieter Franke und Klaus Piontek zwei so wundersame Verrückte

„An Dieter Franke muss erinnert werden, wo und wann immer sich die Gelegenheit bietet.“
Kurt Böwe (noch so einer)
 
Wenn wir in den Himmel kommen,
hat die Plag’ ein End’ genommen. Hopsasa! 
 

Donnerstag, 6. Juni 2013

Wünsche


Jeder von uns wünschte gelegentlich, dass es einfache Lösungen gäbe,
wünschte manchmal, dass der Mond aus Butterkäse und die Wolken aus 
weicher Watte wären, dass Kinder auf immer unschuldig und alte Leute wahrhaft weise wären, dass eins und eins zwei macht und dies alles einen Sinn ergibt.
Und erst wenn wir dies nicht mehr wünschen, erst dann kommt es richtig dicke.
Gelbes Haus 1888 Vincent van Gogh

Gedicht für jeden Tag im Jahr

Jeder wünscht sich jeden Morgen
irgend etwas - je nachdem.
Jeder hat seit jeher Sorgen,
jeder jeweils sein Problem.

Jeder jagt nicht jede Beute,
jeder tut nicht jede Pflicht.
Jemand freut sich jetzt und heute.
jemand anders freut sich nicht.

Jemand lebt von seiner Feder,
jemand anders lebt als Dieb.
Jedenfalls hat aber jeder
jeweils irgend jemand lieb.

Jeder Garten ist nicht Eden.
Jedes Glas ist nicht voll Wein.
Jeder aber kann für jeden
jederzeit ein Engel sein.

Ja, je lieber und je länger
jeder jedem jederzeit
jedes Glück wünscht, um so enger
leben wir in Ewigkeit.

James Krüss

Dienstag, 4. Juni 2013

Theater hat auch große Emotionen


Das Theater bedarf großer Emotionen. Aber genau die können es auch unerträglich beliebig machen. Dann wird gelitten, geschrien, geweint, geröchelt, gebrüllt, gekreischt, geächzt und gejammert und es bleibt ganz allgemein und geht niemanden etwas an, nichteinmal den, der da leidet, schreit, röchelt etcetera. Allgemeine Aufgeregtheiten, inszeniert von Leuten, die die eigenen Hysterien für wichtig genug halten, um sie uns als existenentiell zu servieren.
Gefühle sind konkret. 
Und in lebensbedrohenden Notsituationen verhalten sich Menschen selten wie in drittklassigen Schundromanen. Sie wollen überleben, suchen nach Lösungen, wollen sterben, verweigern sich der Wahrheit, sie reagieren und versuchen zu agieren, aber immer aus konkreten Gründen und ihre Äußerungsformen sind merkwürdig, individuell, klischeehaft und hilflos, je nach Möglichkeit, aber nie nur typisch.

Vor zwei Tagen in Stuttgart, Volker Lösch, dessen Hamlet mich sehr überrascht hatte ( Ich hatte die Karte kurzfristig geschenkt bekommen, vermeinte in Harald Schmidts Hamlet-Musical zu sitzen, und war dann gänzlich überwältigt von der unverschämten, klaren und zornigen Erzählweise des Abends.) hat zum Abschluss der erfolgreichen Intendanz von Hasko Weber, die Orestie inszeniert.
Wiki schreibt: Die Orestie (᾿Ορέστεια) des Dichters Aischylos ist eine griechische Tragödie. Sie entstand im Jahr 458 v. Chr. Das dreiteilige Stück behandelt das Ende des Fluchs, unter dem das Haus Atreus steht. Geschildert wird die Entwicklung des antiken Rechtsverständnisses vom Prinzip der individuellen Rache hin zu einer geordneten Rechtsprechung durch eine die Gesellschaft repräsentierende Gruppe.
Agamemnon kommt nach zehn Jahren zurück aus dem Krieg mit Troja, um sichere Winde für seine Hinfahrt zu bekommen, hatte er damals seine Tochter Iphigenie geopfert. Seine Frau Klytaimnestra ist mittlerweile mit Aigisthos liiert, und haßt Agamemnon für den Verlust der ältsten Tochter. Sie tötet ihn. Ihre jüngere Tochter Elektra fordert von ihrem Bruder Orest Rache für den Tod des Vaters. Er tötet die Mutter. Die Erynnien fordern wiederum seinen Tod, als Sühne für den Muttermord. 
Auftritt Apollo und Athena - Ein Kompromiss wird gesucht und dann auferlegt.
Löschs Prämisse: Griechenland befindet sich in der Euro-Krise, der Chor lungert im Abfall der Tourismus- und Bauindustrie, Angela Merkel wird später Pallas Athena, die Göttin der Gerechtigkeit sein, Schäuble so etwas ähnliches wie Apollo, der Gott des Kompromisses? Der Chor säuselt, in wahrhaft altbekannter Manier, leider nahezu unverstehbar, Vorwürfe in die Runde. Klytaimnestra ist geil und wütend, Agamemnon geil und bösartig, Aigisthos geil und eitel, Elektra geil und unglücklich, Orest geil und ...

Das gibt sich politisch und ist nicht einmal kabarettistisch.

Und nur Rahel Ohm als Merkel/Athena scheint zu wissen, was sie redet und auch noch den Spaß zu haben damit umzugehen und die Mittel, dass ich sie auch verstehe.

Ich mag die Idee und öde mich bei der Ausführung. Ein Einfall allein ist nicht abendfüllend.

Ach, und die Erynnien, blutdürstende Einforderinnen des Mutterrechts, sollen dann auch noch als Occupy-Bewegte durchgehen. 

Einundeinehalbe Stunde wird vorrangig hochgradig und schrill gefühlt, niemand scheint eines klaren Gedankens fähig zu sein, Blut wabert, Pappsteine rollen, Lakentogas zittern. Aber warum? Wozu das Ganze?


Die Reue des Orest, der von den Erynnien verfolgt wird
1862 - William-Adolphe Bouguereau

Sonntag, 2. Juni 2013

Klage



Ach, meine liebe Liebe, ich wünschte ich hätte Worte.

Du bist ein Schatten am Tage
und in der Nacht ein Licht;
du lebst in meiner Klage
und stirbst im Herzen nicht.

Wo ich mein Zelt aufschlage,
da wohnst du bei mir dicht;
du bist mein Schatten am Tage
und in der Nacht mein Licht.

Wo ich auch nach dir frage,
find´ ich von dir Bericht,
du lebst in meiner Klage
und stirbst im Herzen nicht.

Du bist ein Schatten am Tage
und in der Nacht ein Licht;
du lebst in meiner Klage
und stirbst im Herzen nicht.

Aus den Kindertotenliedern
von Friedrich Rückert
 

Samstag, 1. Juni 2013

KINDERTAG



    "Rettet Die Kinder" - Eglantyne Jebb 1923

      Das Kind muß die Möglichkeiten für eine normale Entwicklung erhalten,
      sowohl materiell als auch geistig.
      Das Kind, das hungrig ist, muß gefüttert werden, das Kind, das krank ist, muß
      gepflegt werden, dem Kind, das zurückgeblieben ist, muß geholfen werden,
      das straffällige Kind, muß zurückgewonnen werden, und die Waisen und die
      Heimatlosen müssen Unterkunft bekommen und Hilfe.
      Das Kind muß als erstes Fürsorge erhalten in Zeiten der Not.
      Das Kind muß in die Lage versetzt werden, einen Lebensunterhalt zu
      verdienen, und muß vor aller Form der Ausbeutung geschützt werden.
      Das Kind muß im Bewusstsein aufgezogen werden, das seine Talente dem
      Dienst an seinen Mitmenschen gewidmet sein sollten.

      1989 wurde die Charta der Rechte des Kindes durch die UNO -
      Generalversammlung angenommen. Am 2. September 1990 wurde sie
      internationales Recht. Die USA haben als einziges Mitgliedsland nicht
      unterschrieben.

      Eglantyne Doey Jebb (* 25. August 1876 in Ellesmere; † 17. Dezember 1928 
      in Genf) war eine britische Aktivistin für Kinderrechte. Sie war Gründerin 
      der Organisation Save the Children und Wegbereiterin der UN - 
      Kinderrechtskonvention. (Wiki)

 Edward Muybridge

Eure Kinder sind nicht eure Kinder.

Sie sind die Söhne und Töchter der Sehnsucht des Lebens nach sich selber.
Sie kommen durch euch, aber nicht von euch,
Und obwohl sie mit euch sind, gehören sie euch doch nicht.
Ihr dürft ihnen eure Liebe geben, aber nicht eure Gedanken,
Denn sie haben ihre eigenen Gedanken.
Ihr dürft ihren Körpern ein Haus geben, aber nicht ihren Seelen,
Denn ihre Seelen wohnen im Haus von morgen, das ihr nicht besuchen könnt, 
nicht einmal in euren Träumen.
Ihr dürft euch bemühen, wie sie zu sein, aber versucht nicht, 
sie euch ähnlich zu machen.
Denn das Leben läuft nicht rückwärts, noch verweilt es im Gestern.
Ihr seid die Bogen, von denen eure Kinder als lebende Pfeile ausgeschickt werden.
Der Schütze sieht das Ziel auf dem Pfad der Unendlichkeit,
und Er spannt euch mit Seiner Macht, damit seine Pfeile schnell und weit fliegen.
Laßt euren Bogen von der Hand des Schützen auf Freude gerichtet sein;
Denn so wie Er den Pfeil liebt, der fliegt, so liebt er auch den Bogen, der fest ist.

Khalil Gibran, arabischer Dichter, 1883-1931


Donnerstag, 30. Mai 2013

500 000



EINE HALBE MILLIONEN KLICKS!


HURRA!

Ich bin ein Klugscheißer


K.S.C.H.

Meine Großmutter ging mit uns Kindern stets äußerst respektvoll um und hat deshalb, wenn ich in Gesellschaft anderer meiner Leidenschaft für redseliges Mitteilen meines Wissens und meiner Meinungen mal wieder zu heftig nachging, nur diese vier Buchstaben in mein Ohr geflüstert, um mich durch eine öffentliche Zurechtweisung nicht zu beschämen. Zauberhaft.
Dies beweist aber auch, dass ich mit hoher Wahrscheinlichkeit schon als Klugscheißer geboren wurde und ich muß gestehen, ich bin es sogar gern.
Wobei es mir aber notwendig scheint, den Begriff Klugscheißer genau zu definieren.

Da gibt es nämlich zuerst mal den Rechthaber, dessen, meist uneingestandener, Hauptgenuß es ist, daß andere Unrecht haben. Er befindet sich in einem ständigen, als existentiell empfundenden Wettkampf. Widerspruch bereitet ihm schmerzhafte Lust, Zweifel müssen mit machtvoller Selbstgewissheit niedergemetzelt werden. Es genügt ihm auch nicht einfach Recht zu haben, nein, die Niederlage der opponierenden Partei muß von dieser unbedingt öffentlich eingestanden werden. Für das Erreichen dieses Ziels ist er zu hohem Aufwand bereit - Nachschlagewerke werden gewälzt, Zeugen werden befragt, wenn es nötig erscheint, auch manipuliert. Seine Argumentation kann sehr, sehr langwierig sein, dreht sich wie ein Strudel immer wieder um einen, den entscheidenden, nämlich seinen Punkt und der Stimmlautstärkenregler wird dabei in den obersten Bereich hochgedreht.
Und wenn er das Recht dann hat, dann geht er auf die Suche nach dem Nächsten, der es ihm vielleicht (hoffentlich) streitig machen könnte.

Rechthaber
 
Seine Meinung ist die rechte,
Wenn er spricht, müßt ihr verstummen,
Sonst erklärt er euch für Schlechte
Oder nennt euch gar die Dummen.

Leider sind dergleichen Strolche
Keine seltene Erscheinung.
Wer nicht taub, der meidet solche
Ritter von der eignen Meinung.

Wilhelm Busch

Der gemeine Besserwisser ist hierzu eine Unterkategorie, sozusagen ein kleinteiligerer Rechthaber. Das "ABER" ist sein Lieblingswort, mitleidiges Hochziehen der Augenbrauen, mildes Kopfschütteln, müdes Schulterzucken und ein gequältes Lächeln die Waffen seiner Wahl. Meine Schnuckelnichte kann zum Beispiel das weltlängste "doooooooch" gaaaaanz oft wiederholen, wenn sie etwas besser weiß. 

Der Erbsenzähler, der Korinthenkacker und der Haarspalter sind leicht individualisierte Formen des Pedanten. Ihm geht es nicht um Recht, Wahrheit oder überhaupt ein Ergebnis, ihm geht es um die Details, die Einzelheiten, die Minutiae. 
Sein ganzer Stolz ist seine Genauigkeit, und sollte jemand bei einem Brand die falsche Hausnummer angeben, dann wird halt nebenan gelöscht. 
Er ist ein naher Verwandter des Verhinderers.

Und jetzt erst kommen wir zum Klugscheißer. Er verteilt sein Wissen gern unter der Bevölkerung. Dass heißt erstmal, er redet gern, erzählt gern, das kann bis zur Schwatzhaftigkeit gehen, bis zur verbalen Diarrhoe, womit sich wahrscheinlich die Bezeichnung Klug-scheißer erklärt.
Er ist neugierig und wißbegierig, will aber dann das Erfahrene auch unbedingt weitergeben. Er hat gerne Meinungen und viele davon. 
Ich, zum Beispiel, kann einen Teil meines Lasters in diesem Blog ausleben und wenigstens ist hier niemand gezwungen, zuzuhören. Schadensbegrenzung könnte man das nennen.
Ein Beispiel - Wiki sagt: Das Adjektiv und das zugehörige Substantiv Naseweis, für einen vorlauten Menschen, haben nichts mit der Farbe Weiß zu tun. Naseweis leitet sich aus dem mittelhochdeutschen nasewise = scharf witternd (wis = weise, wissend) ab, es ist eine Eigenschaft, die man früher Jagdhunden zugeschrieben hat.
Das muß keiner wissen, aber...  
Leider hat der Klugscheißer aber halt auch Anteile von Rechthaber, Besserwisser und Pedant in sich und da kann es dann schwierig werden. 
Nobody is perfect?!


Vivian Maier photographiert Kinder


VIVIAN MAIER,
geboren am 1. Februar 1926 in New York City; gestorben 21. April 2009 in Chicago

Ich stelle mir vor: eine konzentrierte, einsame, kinderliebende Frau stromert in ihrer knappbemessenen Freizeit durch die Strassen von Chikago und schaut hin, schaut genau hin. Jeden Tag kümmert sie sich um Kinder, nie um ihre eigenen, und wenn die Eltern heimkommen, nimmt sie ihre Kamera und geht los, sie geht und photographiert. Photographiert und geht. Immer in Bewegung, aber immer achtsam.

Vivian Maier, arbeitete als Kindermädchen in Chikago und war, nebenbei, eine amerikanische Amateur-Straßenfotografin.
Ihre Fotografien blieben gänzlich unbekannt und die meisten ihrer Filme unentwickelt, bis sie von einem Heimatforscher im Jahr 2007 bei einer Zwangsversteigerung entdeckt wurden. Nach ihrem Tod fand man circa 100 000 Aufnahmen, meist von Menschen aus Chikago, aber auch von fernen Orten, die sie auf Urlaubsreisen besucht hat.
Die Berichte der Familien, für die Maier arbeitete, schildern sie als sehr zurückgezogene Frau. Maier verbrachte offenbar den größten Teil ihrer Freizeit damit, durch die Straßen von Chicago zu laufen und – mit einer zweiäugigen Rolleiflex – Fotos aufzunehmen. (Quelle: Wiki)


„Sie war Sozialistin, Feministin, Filmkritikerin und eine Art Sagen-wir-es-wie-es-ist-Mensch. Sie lernte Englisch, indem sie Theater besuchte, und sie liebte das Theater. Sie trug ein Herrenjackett, Herrenschuhe und meistens einen großen Hut. Sie machte ständig Fotos und zeigte sie niemandem." Zitat: John Maloof, der Mann, der ihre Bilder entdeckte und die Kinder befragte, die sie betreut hatte.


Kopfüber, kopfunter.

 Vielleicht finde ich das Glück?

Herausforderung und Unglück. Herzbruch.

Wie der Herr, so's Gescherr.

 Wer weiss, was aus uns wird?

Genuss.

 Eines Tages...

Traue nie einem Clown!