Freitag, 7. Juni 2013

Theater hat auch einen Trinker



Heute hat mir ein Freund in einem Cafe, mit lachenden Augen und einem Kichern in der Stimme, ein Gedicht vorgetragen. Wir hatten begonnen, uns leicht sentimental verklärte Anekdoten aus der Frühzeit unseres Arbeitslebens zu erzählen und während dieses Gespräches war die Rede auch auf die "Verordentlichung" des Theaterbetriebes gekommen. Omama und Opapa erzählen sich vom Krieg!

Und doch ist was Wahres daran. Der soziale Druck ist größer, die Angst eine andere und wir alle benehmen uns besser. Ich weiss wirklich nicht zu sagen, ob das der vielfach eingeforderten Political Correctness oder der allgemeinen Verbürgerlichung der Sitten, zuzurechnen ist, aber braver sind wir allemal. Oder vernünftiger, das kommt auf die Perspektive an. 
Ein Theater wie das DT (Das Deutsche Theater in Berlin) hatte in seinen Hochzeiten, mehrere hochbegabte Trinker, ein oder zwei wahrhafte Diven, mindestens einen Casanova und dann noch diesen und jenen mittelbegabten Irren. Feindschaften, ob ästhetisch, politisch oder sexuell begründet, wurden öffentlich ausgelebt, Theaterkräche waren die scharfe Würze der Proben und der promillebezogene Zustand eines Kollegen konnte im Guten wie im Katastrophalen über die Qualität der abendlichen Vorstellung entscheiden. 
R. L. nüchtern war ein missgelaunter und doch hervorragender Spieler, angetrunken neigte er zu Wiederholungen erfolgreicher Pointen und das mit großem Erfolg, im Vollsuff kam er dann auch mal viel zu spät und verlangte herrisch vom heimwärts strömenden Publikum die sofortige Rückkehr in den Saal. Ein anderer Kollege, R. Sch., hat sich tiefbeschämt für eine im Trunk verpasste Vorstellung entschuldigt, die er gespielt hatte, ohne am nächsten Morgen davon noch irgendeine Erinnerung zu haben. Ich spreche hier nicht dem Alkoholismus das Wort, aber diese Ansammlung von sozial ungelenken, ja sogar unfähigen Menschen, die auf der Bühne zu ganz unglaublicher Sensibilität und zirzensischer Verspieltheit fähig waren, hat oftmals ganz wunderbares Theater gezaubert.

HAMLETS GEIST

Gustav Renner war bestimmt
die beste Kraft am Toggenburger Stadttheater.
Alle kannten seine weiße Weste,
alle kannten ihn als Heldenvater

Alle lobten ihn, sogar die Kenner,
und die Damen fanden ihn sogar noch schlank.
Schade war nur, dass sich Gustav Renner,
wenn er Geld besaß, enorm betrank.

Eines Abends, als man Hamlet gab,
spielte er den Geist von Hamlets Vater,
und was man nur Dummes tun kann, tat er.
Hamlet war aufs äußerste bestürzt,
denn der Geist fiel gänzlich aus der Rolle,
und die Szene wurde abgekürzt.

Renner fragte, was man von ihm wolle?
Man versuchte hinter den Kulissen
ihn von seinem Rausche zu befreien,
legte ihn lang hin und gab ihm Kissen,
und dabei schlief Gustav Renner ein.

Die Kollegen spielten nun exakt,
weil er schlief und sie nicht länger störte.
Doch er kam! Und Zwar im nächsten Akt,
wo er absolut nicht hingehörte.

Seiner Gattin trat er auf den Fuß,
seinem Sohn zerbrach er das Florett,
und er tanzte mit Ophelia Blues,
und den König schmiss er ins Parkett.

Alle zitterten und rissen aus,
doch dem Publikum war das egal;
so etwas von donnerndem Applaus
gab’s in Toggenburg zum ersten Mal.
Und die meisten Toggenburger fanden:
Endlich hätten sie das Stück verstanden.
 
Erich Kästner

Dieter Franke und Klaus Piontek zwei so wundersame Verrückte

„An Dieter Franke muss erinnert werden, wo und wann immer sich die Gelegenheit bietet.“
Kurt Böwe (noch so einer)
 
Wenn wir in den Himmel kommen,
hat die Plag’ ein End’ genommen. Hopsasa! 
 

Donnerstag, 6. Juni 2013

Wünsche


Jeder von uns wünschte gelegentlich, dass es einfache Lösungen gäbe,
wünschte manchmal, dass der Mond aus Butterkäse und die Wolken aus 
weicher Watte wären, dass Kinder auf immer unschuldig und alte Leute wahrhaft weise wären, dass eins und eins zwei macht und dies alles einen Sinn ergibt.
Und erst wenn wir dies nicht mehr wünschen, erst dann kommt es richtig dicke.
Gelbes Haus 1888 Vincent van Gogh

Gedicht für jeden Tag im Jahr

Jeder wünscht sich jeden Morgen
irgend etwas - je nachdem.
Jeder hat seit jeher Sorgen,
jeder jeweils sein Problem.

Jeder jagt nicht jede Beute,
jeder tut nicht jede Pflicht.
Jemand freut sich jetzt und heute.
jemand anders freut sich nicht.

Jemand lebt von seiner Feder,
jemand anders lebt als Dieb.
Jedenfalls hat aber jeder
jeweils irgend jemand lieb.

Jeder Garten ist nicht Eden.
Jedes Glas ist nicht voll Wein.
Jeder aber kann für jeden
jederzeit ein Engel sein.

Ja, je lieber und je länger
jeder jedem jederzeit
jedes Glück wünscht, um so enger
leben wir in Ewigkeit.

James Krüss

Dienstag, 4. Juni 2013

Theater hat auch große Emotionen


Das Theater bedarf großer Emotionen. Aber genau die können es auch unerträglich beliebig machen. Dann wird gelitten, geschrien, geweint, geröchelt, gebrüllt, gekreischt, geächzt und gejammert und es bleibt ganz allgemein und geht niemanden etwas an, nichteinmal den, der da leidet, schreit, röchelt etcetera. Allgemeine Aufgeregtheiten, inszeniert von Leuten, die die eigenen Hysterien für wichtig genug halten, um sie uns als existenentiell zu servieren.
Gefühle sind konkret. 
Und in lebensbedrohenden Notsituationen verhalten sich Menschen selten wie in drittklassigen Schundromanen. Sie wollen überleben, suchen nach Lösungen, wollen sterben, verweigern sich der Wahrheit, sie reagieren und versuchen zu agieren, aber immer aus konkreten Gründen und ihre Äußerungsformen sind merkwürdig, individuell, klischeehaft und hilflos, je nach Möglichkeit, aber nie nur typisch.

Vor zwei Tagen in Stuttgart, Volker Lösch, dessen Hamlet mich sehr überrascht hatte ( Ich hatte die Karte kurzfristig geschenkt bekommen, vermeinte in Harald Schmidts Hamlet-Musical zu sitzen, und war dann gänzlich überwältigt von der unverschämten, klaren und zornigen Erzählweise des Abends.) hat zum Abschluss der erfolgreichen Intendanz von Hasko Weber, die Orestie inszeniert.
Wiki schreibt: Die Orestie (᾿Ορέστεια) des Dichters Aischylos ist eine griechische Tragödie. Sie entstand im Jahr 458 v. Chr. Das dreiteilige Stück behandelt das Ende des Fluchs, unter dem das Haus Atreus steht. Geschildert wird die Entwicklung des antiken Rechtsverständnisses vom Prinzip der individuellen Rache hin zu einer geordneten Rechtsprechung durch eine die Gesellschaft repräsentierende Gruppe.
Agamemnon kommt nach zehn Jahren zurück aus dem Krieg mit Troja, um sichere Winde für seine Hinfahrt zu bekommen, hatte er damals seine Tochter Iphigenie geopfert. Seine Frau Klytaimnestra ist mittlerweile mit Aigisthos liiert, und haßt Agamemnon für den Verlust der ältsten Tochter. Sie tötet ihn. Ihre jüngere Tochter Elektra fordert von ihrem Bruder Orest Rache für den Tod des Vaters. Er tötet die Mutter. Die Erynnien fordern wiederum seinen Tod, als Sühne für den Muttermord. 
Auftritt Apollo und Athena - Ein Kompromiss wird gesucht und dann auferlegt.
Löschs Prämisse: Griechenland befindet sich in der Euro-Krise, der Chor lungert im Abfall der Tourismus- und Bauindustrie, Angela Merkel wird später Pallas Athena, die Göttin der Gerechtigkeit sein, Schäuble so etwas ähnliches wie Apollo, der Gott des Kompromisses? Der Chor säuselt, in wahrhaft altbekannter Manier, leider nahezu unverstehbar, Vorwürfe in die Runde. Klytaimnestra ist geil und wütend, Agamemnon geil und bösartig, Aigisthos geil und eitel, Elektra geil und unglücklich, Orest geil und ...

Das gibt sich politisch und ist nicht einmal kabarettistisch.

Und nur Rahel Ohm als Merkel/Athena scheint zu wissen, was sie redet und auch noch den Spaß zu haben damit umzugehen und die Mittel, dass ich sie auch verstehe.

Ich mag die Idee und öde mich bei der Ausführung. Ein Einfall allein ist nicht abendfüllend.

Ach, und die Erynnien, blutdürstende Einforderinnen des Mutterrechts, sollen dann auch noch als Occupy-Bewegte durchgehen. 

Einundeinehalbe Stunde wird vorrangig hochgradig und schrill gefühlt, niemand scheint eines klaren Gedankens fähig zu sein, Blut wabert, Pappsteine rollen, Lakentogas zittern. Aber warum? Wozu das Ganze?


Die Reue des Orest, der von den Erynnien verfolgt wird
1862 - William-Adolphe Bouguereau

Sonntag, 2. Juni 2013

Klage



Ach, meine liebe Liebe, ich wünschte ich hätte Worte.

Du bist ein Schatten am Tage
und in der Nacht ein Licht;
du lebst in meiner Klage
und stirbst im Herzen nicht.

Wo ich mein Zelt aufschlage,
da wohnst du bei mir dicht;
du bist mein Schatten am Tage
und in der Nacht mein Licht.

Wo ich auch nach dir frage,
find´ ich von dir Bericht,
du lebst in meiner Klage
und stirbst im Herzen nicht.

Du bist ein Schatten am Tage
und in der Nacht ein Licht;
du lebst in meiner Klage
und stirbst im Herzen nicht.

Aus den Kindertotenliedern
von Friedrich Rückert
 

Samstag, 1. Juni 2013

KINDERTAG



    "Rettet Die Kinder" - Eglantyne Jebb 1923

      Das Kind muß die Möglichkeiten für eine normale Entwicklung erhalten,
      sowohl materiell als auch geistig.
      Das Kind, das hungrig ist, muß gefüttert werden, das Kind, das krank ist, muß
      gepflegt werden, dem Kind, das zurückgeblieben ist, muß geholfen werden,
      das straffällige Kind, muß zurückgewonnen werden, und die Waisen und die
      Heimatlosen müssen Unterkunft bekommen und Hilfe.
      Das Kind muß als erstes Fürsorge erhalten in Zeiten der Not.
      Das Kind muß in die Lage versetzt werden, einen Lebensunterhalt zu
      verdienen, und muß vor aller Form der Ausbeutung geschützt werden.
      Das Kind muß im Bewusstsein aufgezogen werden, das seine Talente dem
      Dienst an seinen Mitmenschen gewidmet sein sollten.

      1989 wurde die Charta der Rechte des Kindes durch die UNO -
      Generalversammlung angenommen. Am 2. September 1990 wurde sie
      internationales Recht. Die USA haben als einziges Mitgliedsland nicht
      unterschrieben.

      Eglantyne Doey Jebb (* 25. August 1876 in Ellesmere; † 17. Dezember 1928 
      in Genf) war eine britische Aktivistin für Kinderrechte. Sie war Gründerin 
      der Organisation Save the Children und Wegbereiterin der UN - 
      Kinderrechtskonvention. (Wiki)

 Edward Muybridge

Eure Kinder sind nicht eure Kinder.

Sie sind die Söhne und Töchter der Sehnsucht des Lebens nach sich selber.
Sie kommen durch euch, aber nicht von euch,
Und obwohl sie mit euch sind, gehören sie euch doch nicht.
Ihr dürft ihnen eure Liebe geben, aber nicht eure Gedanken,
Denn sie haben ihre eigenen Gedanken.
Ihr dürft ihren Körpern ein Haus geben, aber nicht ihren Seelen,
Denn ihre Seelen wohnen im Haus von morgen, das ihr nicht besuchen könnt, 
nicht einmal in euren Träumen.
Ihr dürft euch bemühen, wie sie zu sein, aber versucht nicht, 
sie euch ähnlich zu machen.
Denn das Leben läuft nicht rückwärts, noch verweilt es im Gestern.
Ihr seid die Bogen, von denen eure Kinder als lebende Pfeile ausgeschickt werden.
Der Schütze sieht das Ziel auf dem Pfad der Unendlichkeit,
und Er spannt euch mit Seiner Macht, damit seine Pfeile schnell und weit fliegen.
Laßt euren Bogen von der Hand des Schützen auf Freude gerichtet sein;
Denn so wie Er den Pfeil liebt, der fliegt, so liebt er auch den Bogen, der fest ist.

Khalil Gibran, arabischer Dichter, 1883-1931


Donnerstag, 30. Mai 2013

500 000



EINE HALBE MILLIONEN KLICKS!


HURRA!

Ich bin ein Klugscheißer


K.S.C.H.

Meine Großmutter ging mit uns Kindern stets äußerst respektvoll um und hat deshalb, wenn ich in Gesellschaft anderer meiner Leidenschaft für redseliges Mitteilen meines Wissens und meiner Meinungen mal wieder zu heftig nachging, nur diese vier Buchstaben in mein Ohr geflüstert, um mich durch eine öffentliche Zurechtweisung nicht zu beschämen. Zauberhaft.
Dies beweist aber auch, dass ich mit hoher Wahrscheinlichkeit schon als Klugscheißer geboren wurde und ich muß gestehen, ich bin es sogar gern.
Wobei es mir aber notwendig scheint, den Begriff Klugscheißer genau zu definieren.

Da gibt es nämlich zuerst mal den Rechthaber, dessen, meist uneingestandener, Hauptgenuß es ist, daß andere Unrecht haben. Er befindet sich in einem ständigen, als existentiell empfundenden Wettkampf. Widerspruch bereitet ihm schmerzhafte Lust, Zweifel müssen mit machtvoller Selbstgewissheit niedergemetzelt werden. Es genügt ihm auch nicht einfach Recht zu haben, nein, die Niederlage der opponierenden Partei muß von dieser unbedingt öffentlich eingestanden werden. Für das Erreichen dieses Ziels ist er zu hohem Aufwand bereit - Nachschlagewerke werden gewälzt, Zeugen werden befragt, wenn es nötig erscheint, auch manipuliert. Seine Argumentation kann sehr, sehr langwierig sein, dreht sich wie ein Strudel immer wieder um einen, den entscheidenden, nämlich seinen Punkt und der Stimmlautstärkenregler wird dabei in den obersten Bereich hochgedreht.
Und wenn er das Recht dann hat, dann geht er auf die Suche nach dem Nächsten, der es ihm vielleicht (hoffentlich) streitig machen könnte.

Rechthaber
 
Seine Meinung ist die rechte,
Wenn er spricht, müßt ihr verstummen,
Sonst erklärt er euch für Schlechte
Oder nennt euch gar die Dummen.

Leider sind dergleichen Strolche
Keine seltene Erscheinung.
Wer nicht taub, der meidet solche
Ritter von der eignen Meinung.

Wilhelm Busch

Der gemeine Besserwisser ist hierzu eine Unterkategorie, sozusagen ein kleinteiligerer Rechthaber. Das "ABER" ist sein Lieblingswort, mitleidiges Hochziehen der Augenbrauen, mildes Kopfschütteln, müdes Schulterzucken und ein gequältes Lächeln die Waffen seiner Wahl. Meine Schnuckelnichte kann zum Beispiel das weltlängste "doooooooch" gaaaaanz oft wiederholen, wenn sie etwas besser weiß. 

Der Erbsenzähler, der Korinthenkacker und der Haarspalter sind leicht individualisierte Formen des Pedanten. Ihm geht es nicht um Recht, Wahrheit oder überhaupt ein Ergebnis, ihm geht es um die Details, die Einzelheiten, die Minutiae. 
Sein ganzer Stolz ist seine Genauigkeit, und sollte jemand bei einem Brand die falsche Hausnummer angeben, dann wird halt nebenan gelöscht. 
Er ist ein naher Verwandter des Verhinderers.

Und jetzt erst kommen wir zum Klugscheißer. Er verteilt sein Wissen gern unter der Bevölkerung. Dass heißt erstmal, er redet gern, erzählt gern, das kann bis zur Schwatzhaftigkeit gehen, bis zur verbalen Diarrhoe, womit sich wahrscheinlich die Bezeichnung Klug-scheißer erklärt.
Er ist neugierig und wißbegierig, will aber dann das Erfahrene auch unbedingt weitergeben. Er hat gerne Meinungen und viele davon. 
Ich, zum Beispiel, kann einen Teil meines Lasters in diesem Blog ausleben und wenigstens ist hier niemand gezwungen, zuzuhören. Schadensbegrenzung könnte man das nennen.
Ein Beispiel - Wiki sagt: Das Adjektiv und das zugehörige Substantiv Naseweis, für einen vorlauten Menschen, haben nichts mit der Farbe Weiß zu tun. Naseweis leitet sich aus dem mittelhochdeutschen nasewise = scharf witternd (wis = weise, wissend) ab, es ist eine Eigenschaft, die man früher Jagdhunden zugeschrieben hat.
Das muß keiner wissen, aber...  
Leider hat der Klugscheißer aber halt auch Anteile von Rechthaber, Besserwisser und Pedant in sich und da kann es dann schwierig werden. 
Nobody is perfect?!


Vivian Maier photographiert Kinder


VIVIAN MAIER,
geboren am 1. Februar 1926 in New York City; gestorben 21. April 2009 in Chicago

Ich stelle mir vor: eine konzentrierte, einsame, kinderliebende Frau stromert in ihrer knappbemessenen Freizeit durch die Strassen von Chikago und schaut hin, schaut genau hin. Jeden Tag kümmert sie sich um Kinder, nie um ihre eigenen, und wenn die Eltern heimkommen, nimmt sie ihre Kamera und geht los, sie geht und photographiert. Photographiert und geht. Immer in Bewegung, aber immer achtsam.

Vivian Maier, arbeitete als Kindermädchen in Chikago und war, nebenbei, eine amerikanische Amateur-Straßenfotografin.
Ihre Fotografien blieben gänzlich unbekannt und die meisten ihrer Filme unentwickelt, bis sie von einem Heimatforscher im Jahr 2007 bei einer Zwangsversteigerung entdeckt wurden. Nach ihrem Tod fand man circa 100 000 Aufnahmen, meist von Menschen aus Chikago, aber auch von fernen Orten, die sie auf Urlaubsreisen besucht hat.
Die Berichte der Familien, für die Maier arbeitete, schildern sie als sehr zurückgezogene Frau. Maier verbrachte offenbar den größten Teil ihrer Freizeit damit, durch die Straßen von Chicago zu laufen und – mit einer zweiäugigen Rolleiflex – Fotos aufzunehmen. (Quelle: Wiki)


„Sie war Sozialistin, Feministin, Filmkritikerin und eine Art Sagen-wir-es-wie-es-ist-Mensch. Sie lernte Englisch, indem sie Theater besuchte, und sie liebte das Theater. Sie trug ein Herrenjackett, Herrenschuhe und meistens einen großen Hut. Sie machte ständig Fotos und zeigte sie niemandem." Zitat: John Maloof, der Mann, der ihre Bilder entdeckte und die Kinder befragte, die sie betreut hatte.


Kopfüber, kopfunter.

 Vielleicht finde ich das Glück?

Herausforderung und Unglück. Herzbruch.

Wie der Herr, so's Gescherr.

 Wer weiss, was aus uns wird?

Genuss.

 Eines Tages...

Traue nie einem Clown!

Dienstag, 28. Mai 2013

Theater hat auch eine von tausenden Proben


ALLTAG

Einerseits.
10.00 Uhr morgens an einem beliebigen Wochentag: am Abend vorher ist es wieder sehr spät geworden, Vorstellung oder Abendprobe und danach noch die notwendige Zeit, die es brauchte, um nicht mehr hellwach und verspielt zu sein - irgendwie ist es letztendlich immer zu wenig Schlaf - und nun steht du auf einer vollgemölten, staubigen Probebühne in unkleidsamen und schlechtsitzenden, übelriechenden, verschwitzten Probenklamotten. - Ach, wie ist dieser Beruf glamurös! - und wirst aufgefordert, so zu tun, als ob du ein französischer Marquis des 17. Jahrhunderts seist, oder ein englischer König in Todesnot, oder ein schwedischer Architekt in einer Lebenskrise oder die russische Mutter eines Revolutionärs, oder ... wer auch immer. Da bedarf es magischer Phantasie und eines ebenfalls magischen Egos, um möglich zu machen, was nötig ist.

Andererseits:
Eine Bekannte erzählte heute folgende Geschichte: Sie sitzt im Kino und sieht "Fame", den Film, nicht das Remake, sondern den uralten, kitschigen und hinreißenden Film von Alan Parker. Das Vorsprechen der zahlreichen hoffnungsvollen Schauspielbewerber - Eine ungewöhnlich dicke junge Frau will eine Szene aus "Towering Inferno" (Flammendes Inferno), dem Vater all der unzähligen Katastrophenfilme der 80er Jahre, spielen. 
Sie steht gerade, verschränkt die Arme und starrt mit wachem, wütenden Blick, schweigend auf einen Punkt in der Ferne. Das Schweigen dauert an. Nach gefühlten 30 Minuten fragt einer der Prüfer sie, was sie denn da tue. Und sie? Steigt kurz "aus" und antwortet: "Wir stehen vor dem Fahrstuhl, das Hochhaus brennt schon , ich bin die Sicherheitsbeamtin und alle SCHAUEN AUF MICH, NUR AUF MICH."

Ist es das? Nichts als das?

© Helge Nug


KLEINER KNABE

Hat man mich gestraft,
Halt ich meinen Mund,
Weine mich in Schlaf,
Wache auf gesund.

Hat man mich gestraft,
Heißt man mich den Kleinen,
Will ich nicht mehr weinen,
Lache mich in Schlaf.

Große Leute sterben,
Onkel, Großpapa,
Aber ich, ich bleibe
Immer, immer da.

Hermann Hesse

Und ein schönes altes Wort:

bedürfen
be·dür·fen, Präteritum: be·durf·te, Partizip II: be·durft
[1] gehoben, mit Genitivobjekt (Nomen, Nomengruppe oder Pronomen im Genitiv): etwas benötigen, etwas brauchen, auf etwas angewiesen sein
[2] veraltet, selten, mit Akkusativobjekt: etwas benötigen, etwas brauchen, auf etwas angewiesen sein 
(Wiktionary)
Dieses Wort habe ich noch niemals vorher verwendet, außer in "froh zu sein, bedarf es wenig"!
Wenn du eins bedarfst, so schmeichlest du ihm, und wenn du sein nicht bedarfst, so beiszest du ihn.  
Keisersb. sünden des munds 34 (Grimms WB)
 

Montag, 27. Mai 2013

Michail Fjodorowitsch Larionow - Frühlinge



Michail Fjodorowitsch Larionow

geboren 1881 in Tiraspol/Transnistrien, heute lose zu Moldawien gehörig - 
gestorben 1964 bei Paris
Russischer Futurist und Begrüder des Rayonismus



 Frühling - Primavera 1912

Wiki schreibt: Der Rayonismus geht im Wesentlichen auf den russischen Künstler Michail Fjodorowitsch Larionow zurück. Er veröffentlichte, beeinflusst durch das futuristische Manifest des italienischen Theoretikers Marinetti, 1913 das „Manifest des Rayonismus oder Zukunftsmenschen“. In diesem verlangte er in Analogie zur Speziellen Relativitätstheorie Albert Einsteins die Darstellung der vierten Dimension, des Lichtes.

Frühling

Filippo Tommaso Marinetti: Manifest des Futurismus (Auszug)


erschienen in: Le Figaro, Paris, 20. Februar 1909

1. Wir wollen die Liebe zur Gefahr besingen, die Vertrautheit mit Energie und Verwegenheit.

2. Mut, Kühnheit und Auflehnung werden die Wesenselemente unserer Dichtung sein.

3. Bis heute hat die Literatur die gedankenschwere Unbeweglichkeit, die Ekstase und den Schlaf gepriesen. Wir wollen preisen die angriffslustige Bewegung, die fiebrige Schlaflosigkeit, den Laufschritt, den Salto mortale, die Ohrfeige und den Faustschlag.

4. Wir erklären, daß sich die Herrlichkeit der Welt um eine neue Schönheit bereichert hat: die Schönheit der Geschwindigkeit. Ein Rennwagen, dessen Karosserie große Rohre schmücken, die Schlangen mit explosivem Atem gleichen . .. ein aufheulendes Auto, das auf Kartätschen zu laufen scheint, ist schöner als die Nike von Samothrake.

5. Wir wollen den Mann besingen, der das Steuer hält, dessen Idealachse die Erde durchquert, die selbst auf ihrer Bahn dahinjagt.


und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und