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Sonntag, 20. April 2014

Hosianna Ogtern


hosi

anna
maria
magdalena
hosi
hosianna
hosimaria
hosimagdalena
hosinas
hosiannanas
hosimarianas
hosimagdalenanas
ananas

Ernst Jandl

 

Osterhase: 
"Die Menschen lieben Mich nicht um meiner
selbst willen. Sie lieben nur das, was ich für sie tue."
Jesus:  
"Du sagst es."  

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Der Telegrafenbeamte



Der Telegrafenbeamte sitzt am Tisch und versucht, ein Kreuzworträtsel zu lösen. 
Links steht ein Telefon:

Also, vier senkrecht - Grautier - das hat vier Buchstaben und fängt mit einem E an, 
dann fehlt einer und dann geht's mit EL weiter. 
Ein Grautier mit EEL - EGEL - EGEL - EGEL? IGEL? IGEL?
- ah das ist eher ein I, ja, aber dann stimmt es ja aber
waagrecht nicht mehr. Die Hühner tun es - LEGEN - ja, dann
gibt es aber senkrecht genau gleichwohl wieder EGEL -
das ist doch kein Tier das - EGEL - das ist jetzt ein
dummes Kreuzworträtsel das.

Ja und dann sechs waagrecht hieße es ja dann OG, OG... OGTERN - OG... OG... OGTERN - was ist denn das wie­der? OGTERN »kirchlicher Feiertag« - hab ich noch nie gehört das.
Gibt es acht noch einen ändern Feiertag mit einem G drin? WEIH-NACH-TEN - nein, das hat keinen G - ... PFINGSTEN, PFINGSTEN, PFINGSTEN - PFING-NG-NG ... das könnte einen G haben - ja, dann wäre aber das O wieder falsch - woher kommt denn dieses O her? »Kirchliches Instrument« - ORGEL -ja, aber wenn es jetzt PFINGSTEN heißen würde, 
dann hieße es ja dann statt ORGEL »PRGL« - und beim kirchlichen Feiertag PG... PG... PGTERN - trr - trr - Ja, ja, ja PRGL - PGTERN - trrr ... trr ...

Ja, Telegrafenamt. Wie? Nein, wir haben hier nur eine Überlastung gehabt. 
PRGL - PG PG PGTERN - wie, was meinen Sie was? 
Nein, ich habe hier nur noch rasch ein indisches Telegramm durchgegeben. 
Also, immer zuerst gerade den Namen angeben - wie ist der Name? Keller - mit CK?
Ah, normal, ah das sagt man gleich am Anfang oder? -
Ja und nachher, was kommt nachher? »Bitte Ziegel an Bianco zum doppelten Tarif«. 
Ist in Ordnung, wir wollen das sofort notieren he: bitte Ziegel an Bianco - au -
jetzt ist mir noch der Spitz abgebrochen, ja das ist jetzt noch's Beste das. 
Hab' doch noch irgendwo ein zweites Bleistift gehabt. 
Ja, hören Sie, überlegen Sie sich das Ganze noch einmal, he, wie? Ah, das ist definitiv -
eh ja, das kann ich ja nicht wissen. Also, wohin gehen die Ziegel? »An Tegula AG in Lissabonn« - ist in Ordnung - Wir machen, daß das alles nach oben kommt. Ja,
auf Wiederhören... Ausgerechnet Lissabonn, Lissabonn, wo ist jetzt auch noch dieses Lissabonn? Es muß irgendwie ein Vorort sein von Bonn. - So jetzt muß ich hier 
ein Messerli holen, damit ich das Bleistift - trrr ... trrr ... wo ist jetzt das Messerli - 
ich habe doch da ein Messerli gehabt, ich habe doch da immer ein Messerli hier gehabt. Trrr ... Ja, ja. -Telegrafenamt - Herr, Herr Messerli? - Ja, Sie hab' ich soeben gesucht, Sie. Ja - was ist, was? Was? Ein Telegramm? Also geben Sie's an. »Herrn Zrotz, Berghaus Pragel« - PRGEL? - Nein, ich wollte nur rasch sehen, ob etwa am Pragelpaß eine Lawine hinuntergekommen ist. Ja, und nachher, was kommt nachher? »Fünfzig Jahre stark und froh, Herbert mach nur weiter so!« Ist in Ordnung, das werden wir alles so durchgeben. Auf Wiederhören Herr Messerli. So - jetzt müssen wir's aufschreiben, sonst nachher - trrr – trrr- Ja, jetzt kommt schon wieder eins - zuerst muß ich das doch aufschreiben - sonst nachher - Trrr ... trrr ... so, ja wahrscheinlich, ausgerechnet noch ein ... Ja, Telegrafenamt. - Herr Iseli? Was ist? Ein Telegramm? Wohin? Nach New York - bei diesem Wetter? Nein, ich mache nicht Spaß, aber ich kann's nicht selber bringen, he - also, geben Sie's an. »Herrn Hanspeter Iseli, Quarkey-Street, New York« In Ordnung, ja, was? Buchstabieren? Q wie Quark - A wie Angst - R wie Rückversicherungsgesellschaft - K wie Kakao - E wie Emil und am Schluß ein Ypsilon wie ein -Ypsilon. Und nachher, was kommt nachher? »Überraschung für Mami, bitte an Ostern heimkommen.« Ist in Ordnung, wir werden das gerne so dem Hanspeter berichten, ha. Eh, Moment, rasch, sind Sie sicher, daß er an Ostern heimkommen soll, nicht etwa an OGTERN?
Ja, ja der kommt sowieso nach Hause, he. Ja, auf Wiederhören, Herr - eh Herr ... Heißen Sie eigentlich Iseli oder ISEL? Ah, Iseli - sonst hätte ich noch fragen müssen, ob er ein Grautier sei. Trrr ... trrr ... ja wahrscheinlich, mehr kann ich nicht im Kopf behalten. Ja, ja Telegrafenamt. Herr Meier. Ja, hab' ich auch schon gehört. Ja, was ist was? Ein Telegramm? - Warum? Wie? Aha, aha Ihr Freund ist gestorben. Ah, sehr gut, sehr gut... »Rudolf soeben gestorben, bitte heimkommen, Dein Schwager«. Ist in Ordnung. Muß das ein Glückwunschtelegramm sein - so mit diesen Blümchen oben durch? Ah normal. Ja, der kann es auch so lesen. Ja, ja, das werden wir so durchgeben. Auf Wiederhören ... So jetzt, so jetzt, trrr ... trrrr ... das ist jetzt aber das letzte, das ich noch annehme. Ja, Telegrafenamt - Herr Dürrenmatt? - kenn ich nicht - ja halt! Bist Du etwa der von der letzten Reserveübung? Den wir in den Säulitrog geschmissen haben, he? Hehehe - Ja, ich notiere alles, ja. Wohin? »Schauspielhaus Zürich«. In Ordnung - ja und dann? »Ist die Meisel nächste Saison frei? Habe neues Stück auf Lager. Gruß Dürrenmatt.« 
Ist in Ordnung, jawohl, muß das auch ein Glückwunschtelegramm sein? Nein, sonst hatten wir dann aus diesem Text einen Vers daraus gemacht. Nein, nein, das hätten wir schon übernommen. Ja, es können ja schließlich nicht alle Leute dichten. Ja, ah, Sie wollen es lieber in Prosa - Ausgezeichnet, dann werden wir für Sie alles so durch-eh-brosamen, he. So, jetzt muß ich einmal alles notieren, sonst gibt es eine Katastrophe - au! - da wäre ja ein zweiter Bleistift gewesen. Natürlich am dümmsten Ort. So, was haben wir jetzt alles gehabt? - Ja, ich glaube, ich beginne am besten von hinten.
»Fünfzig Jahre stark und froh, Dürrenmatt mach weiter so«. »Ist die Meisel noch am Lager, sende Ziegel - Gruß Dein Schwager«. »An Regula in Lissabonn, bitte an Ostern zum doppelten Tarif«. Ja, es war noch etwas mit dem ... Aha ja, »Überraschung für Mami, bin soeben gestorben«. Ah, es war noch etwas, dort, das mit dem, das mit dem Quarkey, Quarkey - 
nimm ... ich Esel - ESEL? - vier senkrecht!
*
Aus: Meta Lepus: Der kleine Hasenbegleiter. Ein Osterbrevier. München Serie Piper

Emil Steigenberger

  
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beantwortung von sieben nicht gestellten fragen

nein
nein
nein
nein
nein
nein
nein

 

Montag, 14. April 2014

Lear - Haken schlagen


Wiedereinmal "Lear":

Vorweg, Lear, der König, ist ein Mistkerl, ein Tyrann, ein Egozentriker, ein Scheusal, ein Macht-haber.

Er hat wenige Szenen vor dieser, sein Königtum in einem Akt wissentlicher Hybris an seine Erben weggeben, in festem Vertrauen auf ihre andauernde Treue, und sich dadurch angreifbar gemacht. 
 
Zweiter Akt: Der König, bereits angeschlagen, findet bei der Ankunft im Schloss seiner Tochter, einen seiner Diener im Block vor, einer Art hölzernem Pranger, in den der Gefangene mit Armen, Beinen & Kopf eingeschlossen wurde. 
Einen Diener des Königs, ohne dessen vorheriger Zustimmung, zu strafen ist Hochverrat. 
Die Kinder des Königs haben ihm eine Falle gelegt, sie wissen, dass der König auf diesen Köder reagieren muß, er darf ihnen ihr Missverhalten nicht durchgehen lassen. Er wird zürnen, wüten, sich angreifbar machen und dann können sie ihn abschiessen.
Er ist Beute.
Jägersprache. Mördersprache.
Es handelt sich um eine Treibjagd. Und der Löwe wird zum Hasen. Und Hasen schlagen Haken, in der Hoffnung, durch schnelle Richtungswechsel, dem tödlichen Schuß zu entgehen.


NARR blickt auf den gefesselten Kent:

Ha, ha! der trägt ja Holz-Wollstrümpfe.



LEAR:

Wer war’s, der deinen Rang so falsch verstand,

Dass er dich festsetzt?



KENT:

                                        Sowohl er wie sie,

Ihr Sohn und Ihre Tochter.



LEAR:

                                        Nein.



KENT:

                                                  Ja.



LEAR:

                                                          Nein, sag ich.



KENT:

Und ich sag ja.


LEAR:

                            Nein, nein; sie täten’s nicht.



KENT:

Ja, ja; sie taten’s.



LEAR:

                               Sie wagten’s nicht,

Sie konnten’s, würden’s nicht; ’s ist schlimmer als ein Mord,

An Königs Dienstmann solchen Frevel tun.

Oh! wie Erstickung mir ans Herz hochschwillt.

         Er geht kurz weg, kommt wieder.

Weigern sich mich zu sehn! Wärn krank! Wärn müde!



GLOUCESTER:

Sie kennen Cornwalls feurigen Charakter;

Wie unbeweglich und wie starr er ist.



LEAR:

Ich will den Herzog Cornwall sprechen und sein Weib.

Der König will mit Cornwall sprechen; der Vater

Möcht seine Tochter sprechen, Dienst will er sehn, befiehlt...

Nein, noch nicht jetzt; vielleicht ist ihm nicht gut:

Krankheit vernachlässigt stets allen Dienst,

Der bei Gesundheit Pflicht ist; auf den gefesselten Kent Warum

Sitzt der so da? Die Tat beweist es mir,

Dies Sich-Verziehn vom Herzog und von ihr

Ist Taktik nur. Gebt mir den Diener los.

Geh, sag Herzog samt Frau, ich möcht sie sprechen.



GLOUCESTER:

Ich möcht, das alles gut ist zwischen Ihnen. Ab.



LEAR:

Oh, ach! mein Herz, es steigt ans Herz! nein, runter!



NARR:

Schrei’s kräftig an, Nonkelchen, wie die neue Köchin die Aale, als sie sie aus Mitleid lebendig in die Pastete packte; sie über die Rübe gehaun hat mit ’nem Knüttel und schrien: ›Runter, vorwitzige Viecher, runter!‹
.....  

Dann treten nacheinander die Töchter und Schwiegersöhne auf und des Königs Haken werden schneller, verzweifelter und spitzer. Die Meute hetzt, der Hase rennt, der letzte Schuß sitzt, der König rennt in die Wildnis tödlich getroffen.  Es folgt: "Ein Sturm auf der Heide".

Ich muß bei der Szene immer an Saddam Hussein erschossen und in Unterhosen denken.

Shakespeare ist ein hundsgemeines Genie, eben konnte man den Kerl noch gemütlich hassen und dann soll man sich plötzlich mit ihm in die Enge getrieben fühlen. Man mißtraut dem eigenen Mitgefühl. Großartig.



Einen "Haken schlagen" stammt aus der Jägersprache und bezeichnet ursprünglich die abrupte Richtungsänderung des verfolgten Hasen. Der Haken meint dabei die gekrümmte Abweichung von einer als Gerade gedachten Fluchtlinie.
www.redensarten.de


Die Sprache und ihre Lehrer

Die Sprache ging durch Busch und Gehege,
Sie bahnte sich ihre eigenen Wege.
Und wenn sie einmal verirrt im Wald,
Doch fand sie zurecht sich wieder bald.
Sie ging einmal den gebahnten Steg,
Da trat ein Mann ihr in den Weg.
Die Sprache sprach: Wer bist du, Dreister?
Er sprach: Dein Lehrer und dein Meister.
Die Sprache dacht' in ihrem Sinn:
Bin ich nicht selber die Meisterin?
Aber sie ließ es sich gefallen,
Ein Streckchen mit ihrem Meister zu wallen.
Der Meister sprach in einem fort,
Er ließ die Sprache nicht kommen zum Wort.
Er hatt' an ihr gar manches zu tadeln,
Sie sollte doch ihren Ausdruck adeln.
Die Sprache lächelte lang' in Huld,
Endlich kam ihr die Ungeduld.
Da fing sie an, daß es ihn erschreckte,
Zu sprechen in einem Volksdialekte.
Und endlich sprach sie gar in Zungen,
Wie sie vor tausend Jahren gesungen.
Sie konnt' es ihm am Maul ansehn,
Daß er nicht mocht' ein Wort verstehn.
Sie sprach: Wie du mich siehst vor dir,
Gehört' das alles doch auch zu mir;
Das solltest du doch erst lernen fein,
Eh' du wolltest mein Lehrer sein.
Drauf gingen sie noch ein Weilchen fort,
Und der Meister führte wieder das Wort.
Da kamen sie, wo sich die Wege teilten,
Nach jeder Seit' auseinander eilten.
Die Sprache sprach: Was rätst nun du?
Der Meister sprach: Nur gerade zu!
Nicht rechts, und links nicht ausgeschritten;
Immer so fort in der rechten Mitten!
Die Sprache wollt' einen Haken schlagen,
Der Meister packte sie beim Kragen:
Du rennst mein ganz System übern Haufen.
Wenn du so willst in die Irre laufen.
Die Sprache sprach: Mein guter Mann,
Was geht denn dein System mich an?
Du deutest den Weg mir mit der Hand,
Ich richte mich nach der Sonne Stand;
Und wenn die Stern' am Himmel stehn,
So lassen auch die mich nicht irre gehn.
Macht ihr nur keinen Dunst mir vor,
Daß ich sehn kann den ewigen Chor.
Doch daß ich jetzo mich links will schlagen,
Davon kann ich den Grund dir sagen:
Ich war heut' früh rechts ausgewichen,
Und so wird's wieder ausgeglichen.

 Friedrich Rückert

Mittwoch, 9. April 2014

Schöne menschenerdachte Zeichen (in Mitteleuropa und Australien)




Ich bewege meinen Kopf von unten nach oben und
wieder nach unten, mit leichter Betonung der 
Bewegung abwärts und meine "Ja", und ein anderer 
übersetzt meinen Kopfwackler als Zustimmung. Ein kleines 
gewöhnliches Wunder. Unsere Tage sind gefüllt mit Zeichen, 
solchen, die wir uns geschaffen haben. Ohne sie würden 
wir verstummen. Zeichensprache, tonlos, genährt von 
anderen Zeichen. Ein Zeichen ist im weitesten Sinne etwas, 
das auf etwas anderes hindeutet, etwas bezeichnet, sagt
Wiki. Ich richte meinen "Zeigefinger" auf einen Punkt, und mein
Gegenüber erkennt wohin ich deute. Und dann wird der Finger
zum Pfeil, nur ein Strich mit einer an einer Seite angehängten
Spitze. Nichts weiter. Drei Striche und die Richtung einer 
Bewegung wird dadurch bestimmt, in die Richtung des Pfeils 
oder in eine davonabweichende, wird nun gegangen. 
Die Existenz des Zeichens verändert die Bewertung der Realität.
Ein ovaler Punkt auf einer Linie erzeugt im Wissenden einen Ton.
Eine andere ovale Form hinter zwei Strichen, die sich in einem spitzen 
Winkel treffen, und zehn Pferde oder Gläser oder Menschen sind 
benannt. Die gemeine 10 ein alltägliches Weltwunder.


a² + b² = c²


? undund π und &


A B C D E F G H I J K L M N O 
P Q R S T U V W 
X Y Z

 
0
 

Samstag, 22. März 2014

Ein Schulaufsatz - 2014


Der Aufsatz eines 12 1/2-jährigen, der die 7. Klasse besucht:

THEMA - Ein Junge

Ein Junge namens Franklin wollte ein Einbruch machen in ein 
Mode Geschäft machen mit seinem Fahrrad die Wolken 
sind immer heller geworden und eine Maus war in denn 
laden. Und Franklin hat Angst bekomm und dann ist er auf 
die Maus gesprungen und dann ist die Maus gestorben und 
dann hat Franklin alles zerstört im Raum. und dann ist die 
Polizei gekommen und hat ihn gefangen und am Nächten 
tag ist er ausgebrochen und er musste wieder zu denn Laden 
weil sein Fahrrad da war dann ist er zu denn Laden gegangen 
da sah er sein Fahrrad aber er sah nur Polizisten und dann 
ist einer von hinten gekommen und hat ihn abgeschtochen

Ende......

Von ... :-)


Freitag, 14. März 2014

Quivive


QUIVIVE

 


Substantiv - Geschlecht: sächlich

Flexion: das Quivive, des Quivives, dem Quivive, das Quivive
die Quivives, der Quivives, den Quivives, die Quivives
Uni Leipzig: Wortschatz-Lexikon

Eine Freundin gebrauchte heute in einem Nebensatz ein Wort, das ich lang nicht mehr gehört hatte: "..., da muß man ganz schön auf dem Quivive sein." Ich kannte das Wort, hatte es wohl auch schon selbst benutzt, und sogar, wie ich beim Googlen feststellte in richtiger Weise. Aber ich hatte keine Ahnung, wie es geschrieben wird oder was es eigentlich heißt. Sowas mag ich!

Qui vive ist Französisch für Wer lebe? oder Wer soll hochleben? 
Diese Worte riefen französische Wachen (wie Wiki behauptet hauptsächlich vor der Revolution 1789) unbekannten Passanten, oder im Dunkeln, solchen, die sie nicht erkennen konnten, zu. Der Betreffende hatte dann mit der Losung: Vive le Roi! = Es lebe der König! zu antworten, oder er wurde erschossen, oder verhaftet, oder wenigstens nicht vorbeigelassen.

être sur le qui-vive = auf der Hut sein 

Ein bisschen knappen & zusammenziehen, und Quivive heißt einfach Achtung! oder, Acht geben, wachsam & aufmerksam bleiben. Voila!

Büchner dreht es in der letzten Szene von Danton's Tod so, dass die des Terrors und des Lebens müde Lucile auf den Anruf einer vorbeikommenden Patroullie mit den Worten "Vive le Roi!" oder "Es lebe der König" antwortet, und so mitten in der blutigsten Zeit der Revolution dafür sorgt, dass auch sie, im Namen der Revolution, guillotiniert werden wird.

Georg Büchner
Danton's Tod
Letzte Szene

    Lucile Desmoulins, geborene Duplessis
    Porträt von Louis-Léopold Boilly, um 1792

Lucile tritt auf und setzt sich auf die Stufen der Guillotine. 

Ich setze mich auf deinen Schoß, du stiller Todesengel.  

        Es ist ein Schnitter, der heißt Tod,
        Hat Gewalt vom höchsten Gott.



Du liebe Wiege, die du meinen Camille in Schlaf gelullt, ihn unter deinen Rosen erstickt hast. Du Totenglocke, die du ihn mit deiner süßen Zunge zu Grabe sangst.

        Viel Hunderttausend ungezählt,
        Was nur unter die Sichel fällt.


Eine Patrouille tritt auf.

Ein Bürger. 

He, wer da?

Lucile sinnend und wie einen Entschluß fassend, plötzlich. 

Es lebe der König!

Bürger. 

Im Namen der Republik!  

Sie wird von der Wache umringt und weggeführt.

Stückschluß!


Am 13. April 1794 wurde sie, vierundzwanzigjährig, enthauptet.

    Antoine Wiertz 1806-1865
 
QUI VIVE Grand Gallop de Concert von Wilhelm Ganz 

Samstag, 18. Januar 2014

Verschmitzt - ein feines Eigenschaftswort


VERSCHMITZT

verschmitzt, verschmitzter, am verschmitztesten

DWDS
verschmitzt Part.adj. "in freundlich-lustiger Weise klug, pfiffig, gerissen" (Mitte 16. Jh.), zu frühnhd. verschmitzen "mit Ruten schlagen, beleidigen" (16. Jh.), demnach "durch Schläge klug geworden, gewitzt" (s. auch gerieben). Zugrunde liegt mhd. smitzen "mit Ruten hauen, geißeln, züchtigen, schlagen, beschmieren, beschimpfen, beschädigen", nhd. schmitzen (bis 18. Jh.), das wohl am besten als Intensivum zu mhd. smīʒen "streichen, schmieren, schlagen" aufzufassen ist.

Verschmitzt und verschlagen haben offensichtlich eine ähnliche Wurzel, aber heute einen völlig unterschiedlichen Bedeutungsklang, wo das Erstere Charme und Einverständnis einschließt, wissen wir beim Zweiteren, dass wir übervorteilt, hintergangen und übervorteilt werden sollen. Wie passiert das? Zwei Worte entstehen und irgendwo, irgendwann trennen sich ihre Wege und eines Tages stehen sie sich fremd gegenüber? Spannend. 

 © Frank Vogelskamp 1998
"Nein, ich habe diese Fensterscheibe nicht kaputt gemacht."

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm
aus dem Verb hat sich das part. prät. erhalten. die andern Formen sind ungebräuchlich geworden, aber verschmitzt ist ein beliebtes Adjectiv.

Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart 
1. Schmitzen, verb. reg. act. welches das intensive Diminutivum von schmeißen, schlagen, ist, und mit einem dünnen biegsamen Körper schlagen oder hauen bedeutet, von dem ähnlichen damit verbundenen Schalle. Es kommt nur hin und wieder vor. Im Oberdeutschen sagt man auch hinschmitzen, für hinschmeißen, hinfallen. In dem zusammen gesetzten verschmitzt herrscht eben dieselbe Figur, welche in verschlagen Statt findet, nur daß schmitzen und schlagen hier nicht percutere bedeuten, sondern, wie ähnliche Wörter dieser Art, eigentlich den Begriff der Schlankheit und Schmeidigkeit haben, des Vermögens sich in allen Fällen zu drehen und zu winden, da denn schmitzen in diesem Falle zu dem folgenden gehören würde.
Band 3. Leipzig 1798, S. 1578

Pierer's Universal-Lexikon
Schmitzen, 1) mit einem dünnen u. biegsamen Körper schlagen; 2) abfärben, Schmutz fahren lassen; 3) mit einem dicklich flüssigen Körper bestreichen; 4) so v.w. Färben, bes. Schwarz färben; 5) beim Druck von einer Stelle schmutzig od. gleichsam halb doppelt herauskommen.
Band 15. Altenburg 1862, S. 331   


SYNONYME:
listig, lustig, schelmisch, schlau, spitzbübisch, ausgekocht, raffiniert, pfiffig, ausgefuchst, bauernschlau, clever, gewieft, gewitzt, listig, taktisch, durchtrieben, fintenreich, gerissen, geschickt, hinterlistig, listenreich, raffiniert 


EMOTICON
;-< = verschmitzt lächeln
oder


SCHMITZ KATZE hat übrigens eine ganz andere Wurzel: Dieser Name entwickelte sich mit der Zeit aus dem Beruf des Schmieds. Mitglieder dieser Arbeiterzunft hatten früher häufig eine oder mehrere Katzen in ihren Werkstätten, um Mäuse und andere ungebetene Gäste zu verjagen. Wenn der Mäusejäger bei der Jagd einmal in die Nähe des Ambosses kam und das Herrchen just in diesem Moment mit voller Kraft auf sein Schmiedegut schlug – dann suchte die erschrockene Katze urplötzlich das Weite. Man könnte auch sagen: Sie geht ab wie des Schmieds Katze – oder eben Schmitz Katze.

http://www.einfachtierisch.de/katzen/das-geht-ab-wie-schmitz-katze-was-steckt-dahinter-id35235/ 

Sonntag, 12. Januar 2014

Das Berliner "j"

 
     Eine kleine Jöre is junget Jemüse, jebongt? 
     Die Jaststätte is jerammelt voll, det muß dir nich jucken, da mach ma keen Jewese, sonst 
     kriegste iberhaupt keen Jetränk und denn fühlste dir janz und jar jelackmeiat. Also, sei 
     keen Jammerlappen und jreine nich. Tschuldjung. 

     Es jrünt so jrün wenn Spaniens Blüten blühen. (My Fair Lady)

   j.w.d.
      
      janz (ganz) weit draußen

     Ich habe dazu auf der SWR Webseite einen Kommentar von Rolf-Bernhard Essig 
     gefunden: 
     Das kann ich leicht erklären, denn mein Vater ist in Berlin groß geworden. Dort gab es 
     in alten Zeiten Zustellbezirke. Die wurden erst eingeführt, als Berlin immer größer 
     wurde. Dann gab es zum Beispiel den Zusatz “s. w.” Das war dann einfach der 
     Südwesten. Und in dieser Art sagte man dann irgendwann “janz weit draußen”. Und 
     hiervon hat man die Abkürzung ähnlich wie diese Postzustellungsbezirke genannt, 
     nämlich “j. w. d.”

 © Welcome to Germany.info

    jewieft

     gewieft Part.adj. ‘schlau, durchtrieben’ stammt aus mundartlichem Sprachgebrauch.  
     Wohl Part. Prät. einer Nebenform des Verbs mhd. wīfen ‘winden, schwingen’ 
     (etymologisch zu Wipfel, s. d.). Lautform und Bedeutung sind wahrscheinlich von 
     gewiegt (s. d.) beeinflußt (19. Jh.).
     Etymologisches Wörterbuch nach Pfeifer
 
  Jroßer Stern

    Joldelse

      Wiki sagt: Anlass zur Erbauung einer Siegessäule war der Sieg Preußens im Deutsch-
       Dänischen Krieg 1864. Innerhalb weniger Jahre kamen zwei weitere siegreiche 
       Kriege hinzu, der Deutsche Krieg 1866 gegen Österreich sowie der Deutsch-
       Französische Krieg 1870/1871. An diese drei Siege wurde durch ihre ursprünglich drei
       Segment und die krönende Bronzeskulptur der Viktoria erinnert.
       Die Victoria wird im Volksmund Goldelse genannt.
       Mein Opa hat gesagt, wenn die Deutschen entsprechend der Höhe der Siegessäule, für 
       jede ihre Niederlagen ein Loch in die Erde gegraben hätten, wären sie in Australien 
       rausgekommen.

     rumjurken

        herumfahren, Quelle unklar

        "Rumgurken" kann man sowohl auf dem Rad, auf dem Roller oder mit dem Auto als 
        auch zu Fuß. Es steht ganz allgemein für eine planlose Fortbewegung in irgendeiner 
        Form, die eine gewisse Orientierungslosigkeit oder auch Unentschlossenheit zum 
        Ausdruck bringt.
        http://www.sprachnudel.de/woerterbuch/rumgurken