Sonntag, 26. November 2017

Bilder aufhängen, eine heikle Angelegenheit

Bis zu meinem 50. Lebensjahr hatte ich nur die Jugendzimmer-Variante von Postern und Zufälligkeiten an meinen immer weißen Rauhfaser-Wohnwänden hängen. Ein Elbenspruch aus dem Herrn der Ringe, A Gelbereth Gilthoniel, ein Jahrzehnte altes Buster-Keaton-Plakat mit dem traurig schönen Mann mit den Schaufelhänden und eine Picasso - Reproduktion des Jungen mit der Pfeife.
Dann begann ich, mit Hilfe der Augen einer Freundin und der Passion eines Freundes, mir Bilder, Installationen und Photographien genauer anzuschauen. Und ich hatte Spaß dabei. Und Freude. Manchmal war ich überrascht und begeistert, manchesmal irritiert. Aber Vieles-Gucken hilft, man beginnt den seichten Betrug zu riechen und sich am Geschmack des wahren Könnens zu erfreuen. Und der Rest ist höchst persönlicher, letztendlich unerklärbarer  Geschmack.

Geschmack ist ein kulturelles und ästhetisches Ideal, insofern damit differenzierte Urteilsfähigkeit gemeint ist, nach der jedermann streben soll, sagt Wiki.


Und doch führe ich jetzt ein ziemlich unbeschwertes Leben zwischen Trash und Kitsch und Kunst. Und fühle mich frei genug, Unbekanntem offen zu begegnen und von hoher Warte aus Verachtetes, manchmal trotzdem zu genießen.
Meine geliebten Bilder, Photographien, Kopien, Mementos lagen tagelang in verschiedensten Anordungen auf dem Zimmerboden, bevor ich es wagte den ersten Nagel einzuschlagen.

 Walter Eisler

Unerwartete und sehr unterscheidbare Genüsse: Cate Blanchetts "Manifesto" im Hamburger Bahnhof und Jeanne Mammens Bilder in der Berlinischen Galerie und ein Gemälde das Charles Mellin zugeschrieben wird, im Jahr 1645, das Porträt eines dicken Herrn, des sogenannten Feldhauptmanns Alessandro del Borro. Und Photographien von Arbus und und und Bilder aus der Renaissance und das Pergamon Museum im Halbdunkel und immer wieder Herr Bosch, der Spießer mit den wunden Augen in den Niederlanden.

Heute habe ich einem Freund geholfen, seine Bilder um sich herum zu platzieren, Bilder, die er über Jahre liebevoll gesammelt hat. Wo stimmen die Farben, das Thema, die Blicke der Gemalten, die Architektur des ihnen zugewiesenen Raumes. Bauchgefühl und Ordnungsliebe widerstreiten gelegentlich. Das Bauchgefühl siegt immer.

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