In der Imanuelkirchstrasse 6 im Prenzlauer Berg gibt es ein Cafe namens Kaffe, das von Uwe Noske geführt wird. Er sagt selbst über seinen Arbeitsort: Seit Oktober 2010 zeigen wir im KAFFE
jeden Donnerstag einen DEFA - Film. Seit 2015 präsentieren wir einmal im
Monat an einem Sonnabend in der Reihe "Theater an die Wand gespielt"
eine Aufzeichnung eines Theaterstücks für das Fernsehen. Zusätzlich
suchen wir nach spannenden Fernsehfilmen, Dokumentarfilmen oder laden zu
Lesungen ein.Einen Eindruck vom Ort und vom Programm bekommt man unter unten stehender Website.
www.kaffe-kaffe.de
www.kaffe-kaffe.de
Ein tolles Angebot, dass regelmäßig zur Überfüllung des nicht allzu großen Gastraumes führt. An den Wänden: Rolf Hoppe und ein Bühnenbildentwurf von Volker Pfüller, die Sitzgelegenheiten sind wild zusammengesammelt, das Licht wird von Hand ausgeschaltet, die Atmosphäre ist warm und konzentriert und man trifft interessante Leute, manche hatte ich seit zwanzig Jahre nicht gesehen.
Heute: "Der Lohndrücker".
Geschrieben 1956/57 in Zusammenarbeit mit seiner Frau Inge Müller, uraufgeführt 1958. 1959 erhalten die beiden dann den Heinrich-Mann-Preis der Akademie der Künste für die Werke "Der Lohndrücker" und "Die Korrektur". Es folgen Jahre der Verbote und Restriktionen, erst der Erfolg im verabscheuten Westen ermöglicht Heiner die zähneknirschende öffentliche Anerkennung des panisch auf Auslandswirkung bedachten verkrampften Blockstaates.
1988 inszenierte Heiner Müller dann sein Stück am Deutschen Theater in Berlin, und ich hatte Schwein und war dabei. 72 Vorstellungen. Wir waren damit als einziges DDR-Theater beim West-Berliner Theatertreffen und wir haben es auch in Paris gespielt. Ein Fest. Ich dachte heut beim Gucken, was waren wir für ein großartiges Ensemble damals! Heiner hat mich das Versesprechen gelehrt und er hat uns alle, Technik und Spieler, dazu gebracht mit Freude kluge Arbeit zu leisten für diesen Abend. Kein kleines Stück über längst vergangene Vorgänge in einem winzigen Land, sondern eine Tragödie von historischem Ausmaß ereignete sich auf dieser Bühne.
Was ist ein Lohndrücker?
Echtes Vorbild des Müllerschen "Lohndrückers" ist der Ostberliner
Arbeiter Hans Garbe. Aktivist Garbe war als Maurer in dem
verstaatlichten Ostberliner Siemens-Plania-Betrieb beschäftigt, einer
Fabrikationsstätte für Tonbehälter, Röhren und feuerfeste Steine. Zu
seinen Obliegenheiten gehörte die Pflege der Ofen, in denen dieses
Material gebrannt wurde. Angeregt von den SED-Parolen zur Steigerung der
Produktion, und getragen von dem Bewußtsein, "daß ich jetzt für uns
arbeite, daß wir eine neue Welt aufbaun", entwickelte Maurer Garbe einen
derartigen Arbeitseifer, daß er ständig sein Maurer-Soll in bedeutend
kürzerer Zeit erfüllte als es die Arbeitsnorm vorsah.
Einer arbeitet schneller, die Norm erhöht sich für alle.
Ich bin froh, damals dabei gewesen zu sein und es heute nochmals gesehen zu haben. In einem Ein-Kamera-Mitschnitt, wackelig, unscharf und zu dunkel. Egal. Das war etwas Großes, richtig zu seiner Zeit und voll Wahrheit.
AUS "DER HORATIER"
Wie soll der Horatier genannt werden der Nachwelt?
Und das Volk antwortete mit einer Stimme:
Er soll genannt werden der Sieger über Alba
Er soll genannt werden der Mörder seiner Schwester
Mit einem Atem sein Verdienst und seine Schuld.
Und wer seine Schuld nennt und nennt sein Verdienst nicht
Der soll mit den Hunden wohnen als ein Hund
Und wer sein Verdienst nennt und nennt seine Schuld nicht
Der soll auch mit den Hunden wohnen.
Wer aber seine Schuld nennt zu einer Zeit
Und nennt sein Verdienst zu anderer Zeit
Redend aus einem Mund zu verschiedner Zeit anders
Oder für verschiedne Ohren anders
Dem soll die Zunge ausgerissen werden.
Nämlich die Worte müssen rein bleiben. Denn
Ein Schwert kann zerbrochen werden und ein Mann
Kann auch zerbrochen werden, aber die Worte
Fallen in das Getriebe der Welt uneinholbar
Kenntlich machend die Dinge oder unkenntlich.
Tödlich dem Menschen ist das Unkenntliche.
So stellten sie auf, nicht fürchtend die unreine Wahrheit
In Erwartung des Feinds ein vorläufiges Beispiel
Reinlicher Scheidung, nicht verbergend den Rest
Der nicht aufging im unaufhaltbaren Wandel
Und gingen jeder an seine Arbeit wieder, im Griff
Neben Pflug, Hammer, Ahle, Schreibgriffel das Schwert.
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