Samstag, 18. März 2017

Frau M. besucht Herrn T.

WELTPOLITIK ALS SURREALES THEATER

http://www.cbsnews.com/live/video/angela-merkel-and-trump-meet-in-the-oval-office/

Washington D.C. - ein größerer Raum. Ein Kamin, darinnen Holz, aber kein Feuer, ein im Kamerabild angeschnittenes Tischchen, ein halber leerer Stuhl und zwei gelbe Sessel. Auf den Sesseln zwei Personen, links eine Frau, rechts ein Mann. Sie trägt eine das Gelb der Sessel komplementierende blaue Jacke, er eine Haartracht im selben Gelb. Unmittelbar zuvor haben sich die beiden zum wahrscheinlich ersten Mal getroffen und circa 15 Minuten miteinander gesprochen. Er: Schickt ein gutes Photo nach Deutschland. Sie werden von einem der im Off zu vermutenden zahlreichen Reporter gefragt, wie ihr Gespäch verlaufen ist. Er antwortet: Sehr gut. Reporter: Haben Sie über die Nato gesprochen? Worüber haben Sie gesprochen? (Vermutung, weil undeutlich.) Er: Viele Dinge. Sie: Sehr gut, Danke. Sehr freundlicher Empfang. Gute Gelegenheit, sich zu unterhalten. Sie lächelt, er nicht. Seine aneinandergelegten Hände bilden eine Speerspitze, die ihren sind verschränkt. Sie schaut zu ihm, er nicht zu ihr. Es wird die Bitte für ein Photo mit Händeschütteln geäußert, er schaut weg von ihr, nach links ins Leere. Sie beugt sich zu ihm, "übersetzt" die Bitte, er starrt vor sich hin, reaktionslos. Sie verliert ihr Lächeln kurz, dann setzt sie es wieder auf. 
Nachdem der offizielle Teil vorbei ist, wendet er sich plötzlich zu ihr, zum ersten Mal, berührt ihren Oberarm und sagt: ... ? Ich weiß es nicht.


Herr T., der Narzisst aus New York und Herr E., der machtgierige Demagoge vom Bosporus, mögen Frau M. ganz offensichtlich nicht, und ich eigentlich auch nicht, aber gerade jetzt, da sie unentwegt von durch ihrem von wenig Intelligenz gezügeltem Testosteron bespuckt wurde, fühlte ich eine unscharfe, weibliche Solidarität mit ihr.

Es ist wahrhaft eine surreale Zeit. Gestern habe ich mich gefreut, dass Herr Rutte, ein Rechts-Liberaler, die Wahl in den Niederlanden gewonnen hat, weil er besser als die schlimmere Möglichkeit war, heute sympathisiere ich mit Frau M..
Werde ich wahnsinnig, oder wird es die Welt?
 

5 Kommentare:

  1. Ich war perplex bei der Kaminszene. Nicht wegen des Handschlags. Ich halte den Handschlagfauxpas für einen diplomatischen Kollateralschaden - ich habe Trump so noch nicht gesehen. Und das will was heissen, denn ich pflüge mich seit rund zwei Jahren durch die Medien, wenn's um ihn geht.
    Der sitzt da, wie ein sechsjähriger, der von der Lehrerin mit der Hand in der Hose erwischt wurde und jetzt vor der versammelten Klasse dafür gerade stehen muss. Defensiv, weggetreten, wortverlegen, linkisch.
    Wie ein Hund, der eine gerollte Zeitung in der Hand seines Besitzers sieht und nicht weiß, was er machen soll. Als wäre ihm jeder seiner Tweets über sie wieder eingefallen. Als wäre er zugleich in einer Konkurrenzsituation mit der Frau, die es als "Person of the Year" vor ihm auf's Time-Magazine geschafft hat, was er 2015 enorm bemängelte. Als wäre ihm eingefallen wie er neulich auf einer Pressekonferenz "Uran" erklärte wie ein Kleinkind und jetzt neben der Frau mit Doktortitel in Physik gefangen sitzt.
    Oder war es die Presse, die ihm Angst einjagte? Ist es der Umstand, dass er sich mit seiner "Obama hat mich abgehört"-Aktion echt vertwittert hat und weiß, wie fies er sich da vermanövriert? Die Gesundheitsreform wird gerade zerfetzt, sein zweiter muslimban auch und seine Russlandverbindungen sind ein immer tiefer hängendes Damoklesschwert. Und nun sieht er die Presse vor sich und ahnt Ungemach? Und zu recht, ein Hoch auf die dpa bei der Pressekonferenz - so unumwundene Fragen kriegt Trump sonst nicht serviert. Da hatten die amerikanischen Kollegen mal kurz Schnappatmung.
    Dabei hat er mit Theresa May unter Beweis gestellt, dass er auf Charmebolzen schalten kann, wenn er will. Was auch in Merkels Fall die deutlich bessere Lösung gewesen wäre... DAS war ein Statusverlust für Trump.
    Ich hatte parallel zur Pressekonferenz Twitter offen und las mit, es war sehr amüsant. Von Entschuldigungen an die Kanzlerin im Namen des Präsidenten, Kommentaren wie "Ja, Frau Merkel, wir wissen auch nicht, wie der ins Weisse Haus kommt!" über unumwundene Anfragen, ob man die Staatsoberhäupter tauschen könne.
    Grundtenor war: the leader of the free world meets Donald Trump.

    Und übrigens, ja, es ging mir ähnlich mit Frau Merkel, die ich nicht gewählt habe, mit der ich inhaltlich öfter mal über Kreuz liege - aber gestern hatte sie mein uneingeschränktes Mitgefühl.
    Und sie hat's gut gemacht. Aber Donald Trump wird an den heutigen Schlagzeilen wenig Vergnügen finden.

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  2. Zwei meiner Twitterlieblinge von heute:

    https://twitter.com/SarahWoodwriter/status/842900666288812032

    https://twitter.com/AlexLuck9/status/842978259704856576/photo/1

    Dieses Foto gibt es mit diversen Dialogen, u.a. auch diesem:
    AM: When we had that chat, what did I say about having sex in hotel bedrooms in Moscow?
    DT: Don't?
    AM: And what did you do..?

    Mit diesem Bild geht wirklich fast alles... ausser irgendetwas, das Trump gut aussehen lässt.

    Und die deutsche Presse wird gefeiert:

    #WhiteHouse has to fear German journalism. #Germanpress #germanreporter #journalismmatters

    US reporters shocked when this German reporter asked #Trump: "Why do keep saying things you know are not true?"

    He is such a joke. #GermanPress hammers the #POTUS. #alternativefacts don't work in the real world. #Germany and #Merkel just schooled him.

    We should have the #Germanpress at every press conference

    Bravo to the free press...the German press. #trumpmerkel #trumpnewsconference #Germanpress

    I WANT TO JOIN THE #GermanPress Fan Club! #StPatricksDay #merkeltrump

    ...nur eine kleine Auswahl...

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  3. Besonders der erste!
    http://www.thepoke.co.uk/2017/03/18/angela-merkel-owned-donald-trump-10-favourite-tweets/

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  4. Ja, der ist der Volltreffer!

    Dieses Treffen wäre ein gefundenes Fressen für Alec Baldwin und Kate McKinnon... ich hoffe so sehr SNL arbeitet bereits daran. Ich will das von denen verarbeitet sehen! :)

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  5. Gerade erst gefunden. Donnerstag war St.Patrick's Day. Donald Trump hatte den Premierminister von Irland zu Gast, Enda Kenny.
    Die gemeinsame Pressekonferenz begann mit einem ganz aufgeräumten gutlaunigen und versöhnlich sanften Trump.
    Ist ja auch schön, in all seinem selbstgestalteten Chaos mal was fröhlich verbindenden zu feiern. Er wurde richtig sentimental und begeistert, als er über die Ursprünge des Festtags und die Verbindung beider Länder schwelgte.
    Enda Kenny nutzte die Gelegenheit, neben Donald Trump stehend, um daran zu erinnern, dass dieser Tag Immigranten feiert. Und dass Amerika eine Verantwortung trägt.
    Er tat es in wohlgewählt sanft deutlichen Worten - man beobachte Trumps Gesicht während der Rede... priceless. Kenny zitiert Kennedy und Lincoln und hält ein furioses Plädoyer für Einwanderung und Freiheit.
    Er spricht sechs Minuten lang... und Trump hasst rund 5 davon.

    Dies nur mal als Kontext, einen Tag vor der Merkel-Trump-Begegnung.
    Da kommt so'n kleines Land daher und der Premierminister blamiert ihn in erlesener Höflichkeit vor der Presse. Und wenn Irland das schon macht... was könnte dann das widerspenstige immigrationsfreundliche Deutschland erst zu sagen haben? Vielleicht auch etwas für den Hinterkopf unter den kreuz und quergekämmten Haaren.

    https://www.youtube.com/watch?v=Aja2QnROOhs

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