Freitag, 19. August 2016

Worüber Heinrich von Kleist womöglich kicherte

Offiziell heißen die kurzen Texte Anekdoten, und wurden zwischen dem  
1. Oktober 1810 und dem 30. März 1811 in den Berliner Abendblättern, die Kleist gemeinsam mit Julius Eduard Hitzig herausbrachte, veröffentlicht. Ich würde sie erzählte böse Witze nennen, obwohl Kleist manchmal merkwürdigerweise gegen Ende noch erklärt, was daran witzig ist.

Marianne Schuler allerdings definiert das Wort Anekdote so, dass die Bezeichnung gänzlich Sinn macht.
Es ist als hätte Kleist das griechische Wort an–ekdota beim Wort genommen, das übersetzt »nicht Herausgegebenes« heißt. Als Bezeichnung für eine Textgattung ist der Terminus »Anekdote« 550 n. Chr. von dem griechischen Geschichtsschreiber Procopius eingesetzt worden: Unter dem Titel »Anekdota« hat Procopius Aufzeichnungen über den (schlechten) Charakter und das (lasterhafte) Leben des Kaisers Justitian und der Kaiserin Theodora versammelt, die nicht an die Öffentlichkeit gelangen sollten. Die Anekdote bildet danach eine Art Fußnotentext zur offiziellen Geschichtsschreibung. Als Herausgeber einer Tageszeitung gibt Kleist hingegen eine Anekdote heraus, die keineswegs vorenthält, was andern, geheimen, sozusagen polizeilichen Orts aufgezeichnet und gewußt wäre. Vielmehr schreibt Kleist diesen heimlich–unheimlichen Ort als Ab–Grund des Schreibens seiner Anekdote selbst ein. Wie der Anekdote Kleists dieser der Darstellung und dem Wissen unzugängliche Ort eingeschrieben ist, so erscheint die Anekdote innerhalb der Tageszeitung vielleicht als jene wolkige Stelle, die dem feststellenden Polizeibericht wie dem Bericht über die Tagesbegebenheiten ins Wort fällt.

Tagesbegebenheit

Dem Kapitän v. Bürger, vom ehemaligen Regiment Tauentzien, sagte der, auf der neuen Promenade erschlagene Arbeitsmann Brietz: der Baum, unter dem sie beide ständen, wäre auch wohl zu klein für zwei, und er könnte sich wohl unter einen andern stellen. Der Kapitän Bürger, der ein stiller und bescheidener Mann ist, stellte sich wirklich unter einen andern: worauf der &c. Brietz unmittelbar darauf vom Blitz getroffen und getötet ward.


Dieselbe Begebenheit, gänzlich anders beschrieben in der Vossischen Zeitung vom 2. Oktober:

Am 29sten Septbr., Nachmittags um 3 1/2 Uhr, ließ sich bei einem starken Gewitterregen unvermutheth ein einziger starker Donnerschlag über die Stadt hören. Dreißig Schritt von einem Hause, das mit einem Blitzableiter versehen ist, schlug der Wetterstrahl in eine Pappel auf der neuen Promenade, die nach dem Haakschen Markte führt, streifte auf einer Seite des Baumes die Rinde von der Krone bis 3 Fuß von der Erde glatt ab, und erschlug einen Mann, der sie umklammert hielt. Der Unglückliche starb auf der Stelle und hinterläßt eine Witwe und 3 Waisen.
 


Ansicht des Hackischen Marktes mit Blick zu Marienkirche 1780


Mutterliebe

Zu St. Omer im nördlichen Frankreich ereignete sich im Jahr 1803 ein merkwürdiger Vorfall. Daselbst fiel ein er toller Hund, der schon mehrere Menschen beschädigt hatte, über zwei, unter einer Haustür spielende, Kinder her. Eben zerreißt er das jüngste, das sich, unter seinen Klauen, im Blute wälzt; da erscheint, aus einer Nebenstraße, mit einem Eimer Wasser, den sie auf dem Kopf trägt, die Mutter. Diese, während der Hund die Kinder losläßt, und auf sie zuspringt, setzt den Eimer neben sich nieder; und außerstand zu fliehen, entschlossen, das Untier mindestens mit sich zu verderben, umklammert sie, mit Gliedern, gestählt von Wut und Rache, den Hund: sie erdrosselt ihn, und fällt, von grimmigen Bissen zerfleischt, ohnmächtig neben ihm nieder. Die Frau begrub noch ihre Kinder und ward, in wenig Tagen, da sie an der Tollwut starb, selbst zu ihnen ins Grab gelegt.


Charité-Vorfall

Der von einem Kutscher kürzlich übergefahrne Mann, namens Beyer, hat bereits dreimal in seinem Leben ein ähnliches Schicksal gehabt; dergestalt, daß bei der Untersuchung, die der Geheimerat Herr K., in der Charité mit ihm vornahm, die lächerlichsten Mißverständnisse vorfielen. Der Geheimerat, der zuvörderst seine beiden Beine, welche krumm und schief und mit Blut bedeckt waren, bemerkte, fragte ihn: ob er an diesen Gliedern verletzt wäre? worauf der Mann jedoch erwiderte: nein! die Beine wären ihm schon vor fünf Jahr, durch einen andern Doktor, abgefahren worden. Hierauf bemerkte ein Arzt, der dem Geheimenrat zur Seite stand, daß sein linkes Auge geplatzt war; als man ihn jedoch fragte: ob ihn das Rad hier getroffen hätte? antwortete er: nein! das Auge hätte ihm ein Doktor bereits vor vierzehn Jahren ausgefahren. Endlich, zum Erstaunen aller Anwesenden, fand sich, daß ihm die linke Rippenhälfte, in jämmerlicher Verstümmelung, ganz auf den Rücken gedreht war; als aber der Geheimerat ihn fragte: ob ihn des Doktors Wagen hier beschädigt hätte? antwortete er: nein! die Rippen wären ihm schon vor sieben Jahren durch einen Doktorwagen zusammen gefahren worden. – Bis sich endlich zeigte, daß ihm durch die letztere Überfahrt der linke Ohrknorpel ins Gehörorgan hineingefahren war. – Der Berichterstatter hat den Mann selbst über diesen Vorfall vernommen, und selbst die Todkranken, die in dem Saale auf den Betten herumlagen, mußten, über die spaßhafte und indolente Weise, wie er dies vorbrachte, lachen. – Übrigens bessert er sich; und falls er sich vor den Doktoren, wenn er auf der Straße geht, in acht nimmt, kann er noch lange leben.


Anekdote


Zwei berühmte englische Boxer, der eine aus Portsmouth gebürtig, der andere aus Plymouth, die seit vielen Jahren von einander gehört hatten, ohne sich zu sehen, beschlossen, da sie in London zusammentrafen, zur Entscheidung der Frage, wem von ihnen der Siegerruhm gebühre, einen öffentlichen Wettkampf zu halten. Demnach stellten sich beide, im Angesicht des Volks, mit geballten Fäusten, im Garten einer Kneipe, gegeneinander; und als der Plymouther den Portsmouther, in wenig Augenblicken, dergestalt auf die Brust traf, daß er Blut spie, rief dieser, indem er sich den Mund abwischte: brav! – Als aber bald darauf, da sie sich wieder gestellt hatten, der Portsmouther den Plymouther, mit der Faust der geballten Rechten, dergestalt auf den Leib traf, daß dieser, indem er die Augen verkehrte, umfiel, rief der letztere: das ist auch nicht übel –! Worauf das Volk, das im Kreise herumstand, laut aufjauchzte, und, während der Plymouther, der an den Gedärmen verletzt worden war, tot weggetragen ward, dem Portsmouther den Siegsruhm zuerkannte. – Der Portsmouther soll aber auch Tags darauf am Blutsturz gestorben sein.

Boxer
Britisch, 18. Jahrhundert
ART BY CHARLES REUBEN RYLEY / ENGRAVED BY J. GROZER



Ich werde nicht weinen!

Das Gedicht konnte ich schon immer auswendig, sicher nicht immer, aber ich kann mich nicht erinnern, es je nicht gekannt zu haben. Es ist knapp, scheinbar einfach und kühl und es ist herzzerreißend, weil es sich nur kurz, ganz am Ende, erlaubt, Schmerz zu zeigen. Jemand, der sich bemüht, nicht zu weinen, rührt mich immer mehr, als der, der frei heraus weint. Der Mund zuckt, die Lippen werden oft zwischen die Zähne geklemmt, die Nasenflügel beben, der Blick weicht nach oben aus. Am schlimmsten ist es, wenn noch ein entschuldigendes Lächeln versucht wird. Herzbruch.

 
DEM BRICHT DAS HERZ ENTZWEI 
Das ist nicht der Titel, sondern die letzte Zeile.

Ein Jüngling liebt ein Mädchen,
Die hat einen Andern erwählt;
Der Andre liebt eine Andre,
Und hat sich mit dieser vermählt.

Das Mädchen heiratet aus Ärger
Den ersten besten Mann,
Der ihr in den Weg gelaufen;
Der Jüngling ist übel dran.

Es ist eine alte Geschichte,
Doch bleibt sie immer neu;
Und wem sie just passieret,
Dem bricht das Herz entzwei.

Heinrich Heine
1822
Aus Dem Buch der Lieder
Darin aus dem Lyrische Intermezzo 

Die scheinbar banale Katastrophe, die alte Geschichte, geschieht jetzt, in der Gegenwart.
Der Vers hat einunregelmäßiges Metrum aus Jambus - kurz lang - ◡— und Anapäst - meist zweimal kurz lang - ◡◡. Nur die erste Zeile endet auf eine betonte Endsilbe, ist also klingend oder weiblich. Die Form ist ABCB. In der dritten Strophe ist der Reim krumm, 'neu' auf 'entzwei', das muß Absicht sein. 'Zweimal steht da 'Andre' in der dritten Zeile, doch einmal ein Mann, das andere eine Frau.

Herr Reich-Ranicki, der gelegentlich nervte, aber immer die  deutsche Sprache liebte, schrieb über dieses Gedicht in der Frankfurter Anthologie:

Heine, der Panerotiker, dem man gerne nachsagt, er sei der frivolste deutsche Dichter, war in Wirklichkeit der diskreteste: So wissen wir über die erotischen Erlebnisse, die seinen Versen zugrunde lagen, so gut wie nichts. Zu den wenigen Ausnahmen gehört das Gedicht „Ein Jüngling liebt ein Mädchen“ aus dem „Lyrischen Intermezzo“. Die Sache ist längst geklärt: Der junge Heine liebte seine Hamburger Cousine Amalie, die von ihm nichts wissen wollte, da sie in einen anderen verliebt war; dieser wiederum gab einem anderen Mädchen den Vorzug – weshalb die verärgerte Amalie eiligst einen John Friedländer aus Ostpreußen heiratete. Heine ging leer aus und war, wie man sich denken kann, enttäuscht und verbittert. Er hat sich darüber in Briefen an Freunde mehrfach geäußert – nicht sehr ausführlich, doch unmissverständlich.
Das Gedicht erzählt den Vorgang. Aber die Darstellung ist ungewöhnlich. Denn hier wird nicht beschrieben oder geschildert, hier werden nur Mitteilungen aneinandergereiht, hier wird referiert. Noch knapper und sachlicher geht es nicht: Für eine Affäre, in die immerhin fünf Personen verstrickt waren, braucht Heine nur zwei Strophen mit insgesamt acht kurzen Versen. Das poetische Vokabular, von dem er damals, um 1822, reichlich Gebrauch machte, wird vermieden. Hier finden wir kein Mondlicht, keinen Abendglanz, keine Morgensonne und weder Wald noch Flur, weder liebliche Blumen noch schattige Bäume. Nichts erfahren wir über des Mädchens Äugelein und Wängelein und Händchen klein.
Verwendet werden nur die gebräuchlichsten Worte, die Worte des prosaischen Alltags. Der Autor berichtet kühl und gleichgültig – so auffallend kühl und so betont sachlich, dass man gleich vermutet, er wolle etwas verbergen. Die kurzen Feststellungen ergeben einen Duktus, den man später Telegrammstil nennen wird. Was sie zur Folge haben, dafür hat die deutsche Sprache (ein interessanter Umstand!) kein Wort zur Verfügung. Wir müssen uns mit einem Fremdwort behelfen: Understatement. Das Fazit macht dann ganz deutlich: In den beiden informierenden Strophen haben wir es mit einem schreienden Understatement zu tun.
Diese Geschichte sei alt und banal, doch gleichwohl neu – für jenen nämlich, der sie erleben muß. Denn der Schmerz verdrängt alle anderen Regungen. Und die Tatsache, daß Millionen ähnliches erlitten haben und gleichzeitig erleiden, ist kein Trost. Wen es betrifft, richtiger: trifft, dem (erst jetzt gibt es als Schlußakkord ein poetisches Bild) bricht das Herz entzwei. Den harten männlichen Reimen, die die Ordnung vortäuschen (erwählt – vermählt, Mann – dran), folgt in der dritten Strophe nur ein Halbreim. Wenn ihm aber daran gelegen wäre, dann hätte Heine einen reinen Reim auf „neu“ schon gefunden. Aber hier wollte er den unreinen, eben den Halbreim haben. Das Reimwort, das er wählt – entzwei – klingt wie ein Verzweiflungsruf: Es lehnt sich gegen die Harmonie auf.
Der erste Vers der letzten Strophe ist übrigens ein Selbstzitat: Im Brief an einen Freund, dem er über Amalie schrieb, bezeichnete er sie als „die Klippe, woran mein Verstand gescheitert ist“. Und fügte hinzu: „Es ist eine alte Geschichte.“ Gescheitert? Ja, denn die Liebe „sieht mit dem Gemüt, nicht mit den Augen. Und ihr Gemüt kann nie zum Urteil taugen“. Das stammt von jenem, dessen Werk Heine „das weltliche Evangelium“ nannte: von Shakespeare.
Von den vielen Komponisten, die Heines Lieder vertont haben, gebührt Robert Schumann die Palme. Doch das Gedicht „Ein Jüngling liebt ein Mädchen“ (wohl nur dieses einzige) hat er leider mißverstanden. Das Tempo des Liedes hat er nicht bestimmt, so daß es stets flott und munter gesungen wird – und es läßt sich gar nicht anders singen. Den düsteren, den alarmierenden Hintergrund hören wir sowenig wie den Aufschrei des Liebenden. Die zwischen den Zeilen verborgene Dramatik hat Schumann übersehen. Da hilft auch nicht das Ritardando bei „wem sie just passieret“. Nach den letzten Worten kehrt die Begleitung sofort zum ursprünglichen Zeitmaß zurück, dem raschen, dem heiteren. Schumann hat viele Gedichte Heines noch schöner und noch reicher gemacht, dieses jedoch ärmer. Aber es ist vollkommen – ohne Musik.
 
Spielregeln

Komm wir proben die Posse noch einmal
wir kennen die Rollen zum Glück
gibt es nicht mehr zu sagen
wir spielen das alte Stück

Immer wieder dieselben Schritte
bis hierher und weiter nicht
immer wieder dieselben Blicke
aus einem andern Gesicht

Immer wieder dasselbe Stöhnen
aus einem anderen Mund
jedesmal dasselbe Versinken
in immer anderem Grund
 
Immer wieder dieselben Blumen
am Anfang diesmal für mich
und im Schlussakt frische Tränen
wie immer: diesmal um dich.

Ulla Hahn
1981
Herz über Kopf. Stuttgart dva  

 Mädchen mit Herrenarmbanduhr
Vivian Maier 
ICH WERDE NICHT WEINEN, NICHT VOR EUCH.
 

Dienstag, 16. August 2016

Virgin Mary - Scharfe Tomate

Habe nach Jahren die erfrischende Wirkung einer Virgin Mary wieder für mich entdeckt.
Früher nur als Abwechslung auf Langstreckenflügen, schmeckt mir's jetzt im Sommer auch auf dem Boden.

Tomatensaft, Selleriesalz, Pfeffer, wenn vorhanden Sellerie-Bitter (Celery Bitters), Selleriestängel, Zitrone, Tabasco, Worcester Sauce und Eiswürfel in einem sehr großen Glas nach Geschmack mischen. Wenn man die Mary entjungfern möchte, muß noch Wodka dazu.
Der Bloody Mary-Cocktail gehört, so sagt Wiki, zur Gruppe der "Corpse Reviver", übersetzt: Leichen-Erwecker, höflicher Katergetränk.
Bloody Mary ist auch eine böse Bezeichnung für Mary I. Tudor, die ihr wahrscheinlich von unter ihrer Herrschaft verfolgten Protestanten übergeholfen wurde.

Der Erfinder, ein Herr Petoit, der, wie könnte es anders sein, in Harry's New York Bar als Barkeeper arbeitete und auch Hemingway und F. Scott Fitzgerald mit Bloody Maries versorgte, erählte, dass der Name des Getränkes von einem jungen Kellner stammte, der ein schönes Mädchen namens Mary in einer Chicagoer Bar, die "Bucket of Blood" hieß, gekannt hatte. 
Ursprünglich benötigte eine Bloody Mary halbehalbe Tomatensaft und Wodka, aber später wurde die Alkoholmenge netterweise reduziert.
 
Das ist Petoits Originalrezept:                       4.5 cl Wodka
0.75 cl Zitronensaft
12 cl Tomatensaft
0.25 TL Worcestershiresauce
0.5 TL Tabascosauce
0.25 TL Salz
0.25 TL Pfeffer
 
Alle Zutaten in den Mixing-Becher geben und in einen anderen Mixing-Becher vorsichtig umfüllen. Das ganze mehrfach wiederholen. Zum Schluss in ein gekühltes Stielglas geben und mit einer Limetten- und Zitronenscheibe auf einem kleinen Teller servieren.
 
The Museum of the American Cocktail. Pocket Recipe Guide, Robert Hess & Anistatia Miller, 2. Auflage 2007, Mixellany, Lexington

 
Die Lufthansa hat übrigens eine Studie in Auftrag gegeben, die untersuchen sollte, warum Flugpassagiere so ungewöhnlich häufig um Tomatensaft bitten.
http://www.spiegel.de/reise/aktuell/mysterium-ueber-den-wolken-warum-tomatensaft-im-flugzeug-so-beliebt-ist-a-677249.html

Und dann gibt es noch die urbane Legende über einen Geist, der erscheint, wenn man im Bad vor dem Spiegel mit einer Kerze in der Hand dreimal "Bloody Mary" murmelt. Die Geschichte könnte eine Mischform von Erinnerungen an Mary Worth, eine der Salemer Hexen und Mary Tudor und eine modernen Selbstmörderin namens Mary Worthington und eine von vielen anderen gewalttätig zu Tode Gekommenen mit dem Namen Mary sein. 
Der Geist erscheint im Spiegel, reißt einem die Augen aus oder zerkratzt das Gesicht fürchterlich oder man verschwindet mit ihm im Spiegel.

Mirror, mirror, on the wall
Bloody Mary, hear my call
Bloody Mary, hear your name
Bloody Mary, stupid game
Bloody Mary, stupid dare
Bloody Mary, I don’t scare

Sonntag, 14. August 2016

Toni Erdmann

Ein Spielfilm der Regisseurin und Drehbuchautorin Maren Ade, in dem Peter Simonischek und Sandra Hüller Vater und Tochter spielen. Der Film hatte 2016 im Wettbewerb des 69. Filmfestivals von Cannes Premiere.
Das sind die nackten Fakten. (Ein feiner Reim.) 
Der Rest ist, wieder einmal, meine Verblüffung und Ratlosigkeit, ob meiner mir unverständlichen Verständnislosigkeit. Der Film hat Preise bekommen, enthusiastischste Kritiken und viele Bekannte waren tief betroffen. Blödes Wort, betroffen, als wäre ein Kunstwerk eine Pistolenkugel. Mitten ins Herz. Obwohl sowas gibt es! Ha. Getroffen haben mich Filme schon, ins Herz, in die Magengrube, in tiefste Gehirnsegmente. Bladerunner, Angst Essen Seele auf, Lear von Goddard, RocknRolla, Planet of the Apes - Evolution, der erste Matrix Film, Im Morgengrauen ist es noch still, irgendwann mache ich eine längere Liste.

 Sandra Hüller

Aber als ich letzten Sonntag im Kino "International" saß und hoffnungsfroh auf die große Leinwand starrte, traf mich nix nirgendwohin. Ich konnte distanziert das technische Können der Filmemacherin bewundern und Sandra Hüller beglückt beim Spielen zuschauen, weil sie so kühl und beherrscht zu sein behauptet, dass man die Explosion geradezu herbeisehnt. Peter Simonischek ist charmant, aber nicht charmant genug. Zwei der Nebenfiguren sind zauberhaft und erinnerbar.

Eine Komödie ist es nicht, denn Pointen werden um jeden Preis vermieden. Ein Drama ist es nicht, denn wenn alle Figuren gleich der Welt entfremdet sind und ihr Kampf dagegen nur so mutlos halbherzig geführt wird, bleibe ich weiter genauso allein und ratlos wie vorher. 
Hier geht niemand das Risiko des falschen, zu großen Gefühls ein, niemand benimmt sich wirklich daneben, es wird nur damit getändelt. Sandra Hüller singt in einer Szene gezwungenermaßen Whitney Houstons "Greatest Love of All", sie ist keine gute Sängerin, aber selbst hier gibt die Regie ihr nicht die Möglichkeit groß zu scheitern. Es bleibt bei der bloßen Behauptung der Peinlichkeit. 

"Dirty Dancing" https://www.youtube.com/watch?v=UlT35Ote09c

Um Gottes willen nur keine Tragödie! Das wäre altbacken. Aber eine Komödie wäre zu angepasst, oder populistisch. Was machen wir anstattdessen? Ein Psychoboulevarddrama? Eine Vermeidung. Keine gefährliche Entscheidung wird getroffen. Und ich glaube, das ist es, was mich so befremdet entläßt. Ein allgemeines Gefühl von Unzufriedenheit und Einsamkeit wird zelebriert, ohne Zorn, ohne Widerstand. Nur mit Wehmutlosigkeit.

Ach, es ist schwierig, zu wissen, was rechtens ist.

Wie Herr Rousseau sagte:  
Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin, dass er tun kann, was er will, sondern das er nicht tun muss, was er nicht will.

Ich bin ein Chaot, kämmen ist bewusste Pflicht, die oft vergessen wird. Lippenstift oft. Wimperntusche meist. Welche Teile meines Körpers ich bedecke oder verberge, ist abhängig von meiner jeweiligen ängstlichen oder entspannten Sicht auf mich selbst und, mindestens genauso oft, von meinem Desinteresse an genau dieser Sicht. Obwohl, Kleidung interessiert mich, weil ich dann doch eitel bin, auch in Beziehung auf meinen Körper. Mehr Zeit und Aufmerksamkeit bin ich nicht in der Lage zu opfern. Und niemand verlangt etwas anderes von mir.

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Rebekka blickte auf und sah Isaak. Sie ließ sich vom Kamel herunter und fragte den Knecht: Wer ist der Mann dort, der uns auf dem Feld entgegenkommt? Der Knecht erwiderte: Das ist mein Herr. Da nahm sie den Schleier und verhüllte sich.  
1.  Buch Mose 24, 64f

Vor vielen Jahren zum ersten Mal in Mea Shearim in Jerusalem, einem Viertel in dem fast ausschließlich ultraorthodoxe Juden leben. Es ist heiß. Sehr heiß. Am Eingang zum Viertel metallene Schranken. Wichtig schreitende Männer in schweren schwarzen Mänteln oder Kaftanen und schwarzen Borsalinos oder mit großen pelzumrandeten Hüten, wohl die Kleidung wohlhabender christlicher Polen und Litauer, ihrer vormaligen Unterdrücker, zitierend, laufen vorbei. Frauen mit unkleidsamen Perücken und formlosen langen Kleidern Kinderwägen schiebend und mit vielen weiteren Kindern um sich, gehen langsamer und selbst die Kleinen sind dick verpackt in der brütenden Hitze eines israelischen Sommers. Ein von Juden für Juden selbsterschaffenes Ghetto im Gelobten Land. Ich ostzonal geprägte Jüdin durch Geburt, aus Höflichkeit im langen Rock und weitem T-Shirt, werde beinahe angespuckt, nur weil ich meine Ärmel hochgekrempelt habe. 
Orthodoxe weibliche Gläubige tragen das Tichel, die Haare ganz verbergend oder bis zu zwei Zentimeter des Haaransatzes frei lassend.

http://www.juedische-allgemeine.de/article/view/id/15118  


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Und sag den gläubigen Frauen, sie sollen ihre Augen niederschlagen, und ihre Keuschheit bewahren, den Schmuck, den sie tragen, nicht offen zeigen, soweit er nicht normalerweise sichtbar ist, und ihre Tücher über ihre Busen ziehen.
Sure 24/31

Es gibt noch andere Suren zum selben Thema, jedoch verlangt keine die vollständige Unsichtbarmachung der Frau.  

Eine Frau, eine Muslima, mit Kopftuch. Ein Affront für mich und meine säkuläre Weltsicht, für mich als Feministin. (Wie ich das Wort interpretiere, ist ein eigenes Thema.) Für mich, die Menschen- und Bürgerrechte, kritische Vernunft und, gleichermaßen, religiöse Toleranz hoch schätzt.

Aber. Aber, es ist Recht dieser Frau, sich zu verhüllen. Wie es das Recht eines Sikhs ist, seinen Turban zu tragen, der Katholikin, ein Kreuzchen an die Halskette zu hängen. Auch in öffentlichen Ämtern. Sie verpflichten sich dem Grundgesetz, halten die Gesetze des Landes in dem sie leben ein, der Rest ist ihre persönliche Entscheidung, auch wenn sie mir zutiefst mißfällt
  
2 Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte sowie die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis.
Grundgesetz Artikel 136 WVR 

https://de.wikipedia.org/wiki/Verschleierungsverbot  

http://www.religion-online.info/islam/themen/kopftuch-info.html

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Im Bewußtsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen,von dem Willen beseelt, als gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen, hat sich das Deutsche Volk kraft seiner verfassungsgebenden Gewalt dieses Grundgesetz gegeben.
Präambel des Grundgesetzes


Warum eigentlich "vor Gott"? Vor welchem Gott? Vor wessen Gott? Ich hab keinen. Aber bis zum heutigen Tag treibt unser Staat die Kirchensteuer für die katholischen und protestantischen Kirchen ein, obwohl wir eine klare Trennung von Staat und Kirche haben. Gilt das eigentlich nur für die christlichen Religionsgemeinschaften? 
Als die DDR aufgehört hatte zu sein, Gott sei Dank, mußte ich aus der katholischen und der evangelischen Kirche austreten, ohne jemals in einer von ihnen Mitglied gewesen zu sein. Aber es wurde von mir verlangt, sonst wäre ich besteuert worden. Ich, eine atheistische Jüdin!

6 Die Religionsgesellschaften, welche Körperschaften des öffentlichen Rechtes sind, sind berechtigt, auf Grund der bürgerlichen Steuerlisten nach Maßgabe der landesrechtlichen Bestimmungen Steuern zu erheben.

Grundgesetz Artikel 137 WRV

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Es gibt noch viele Punkte über die nachzudenken wäre.:
Die Beschneidung, bei jüdischen männlichen Babies am achten Tag ist ein Gebot, bei muslimischen Jungs ist sie etwas später üblich
Ist das ok? Das Kind hat keine Mitsprachemöglichkeit, oder?
Die Genitalverstümmelung weiblicher Kinder ist kein nur muslimischer Brauch und ist ein übles Verbrechen und muß als solches bestraft werden.Die Kinderehe. Alles in mir lehnt das ab. Aber was tun wir, wenn solch ein Ehepaar in unser Land kommt? Einfach für ungültig erklären? Geht das? Das Kind, das Mädchen muß geschützt werden. Aber wenn sie das nicht will? Was ist mit Kindern aus diesen Kinderehen? Wie wäre die Lage, wenn ein gleichgeschlechtliches verheiratetes Paar in ein Land kommt, das eine solche Ehe nicht erlaubt?

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Eine Erwähnung weiblicher Genitalbeschneidung wurde in einem griechischen Papyrus in Ägypten, circa 163 v. Chr., gefunden. Die Praktiken sind somit älter als das Christentum und der Islam. Dennoch wird oft geglaubt, dass diese Praxis im Islam begründet ist. Zu den Religionsgruppen, die die Beschneidung weiblicher Genitalien praktizieren, zählen in erster Linie Muslime, aber auch Christen verschiedener Glaubensrichtungen, äthiopische Juden und Anhänger traditioneller Religionen. In Sierra Leone, wo 90 Prozent aller Frauen beschnitten sind, hauptsächlich nach Typ II, wird die Beschneidung von allen christlich und muslimisch geprägten ethnischen Gruppen mit Ausnahme der Kreolen praktiziert. Allerdings geht die Praxis auf vorchristliche und vorislamische Zeit zurück. In den Ländern, in denen die Mädchenbeschneidung üblich ist, nehmen vor allem ungebildete Gläubige häufig an, sie sei religiös vorgeschrieben. Im Islam ist dies je nach Auslegung auch Lehrmeinung.  
So sagt Wiki.

Montag, 8. August 2016

WIEN 2 - Vor und hinterm Heldenplatz

An einem der Eingangstore zum Heldenplatz:

 
HELDENPLATZ
Am 15. März 1938 verkündete Adolf Hitler vom Balkon der Neuen Burg aus den versammelten Wienern auf dem Heldenplatz den Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich. Ernst Jandl beschreibt das so:

der glanze heldenplatz zirka
versaggerte in maschenhaftem männchenmeere
drunter auch frauen die ans maskelknie
zu heften heftig sich versuchten, hoffensdick
und brüllzten wesentlich.

verwogener stirnscheitelunterschwang
nach nöten nördlich, kechelte
mit zu-nummernder aufs bluten feilzer stimme
hinsensend sämmertliche eigenwäscher.

pirsch!
döppelte der gottelbock von Sa-Atz zu Sa-Atz
mit hünig sprenkem stimmstummel.
balzerig würmelte es im männechensee
und den weibern ward so pfingstig ums heil
zumahn: wenn ein knie-ender sie hirschelte.

Ernst Jandl

Und gleich hinterm Heldenplatz ist das Museumsquartier mit dem Leopoldmuseum:
 
EGONSCHIELE EGONSCHIELE EGONSCHIELE EGONSCHIELE EGONSCHIELE

 Vestibül des Leopold-Museums mit Licht/Schatten Effekten

Schwarzhaariges Mädchen mit hochgeschlagenem Rock 1911

 Selbstportrait ???

Osen 1910 Mit angelegten Handspitzen

LINKS UND RECHTS
 


 
RECHTS


Wally Neuzil und Egon Schiele 1912

Haus am Fluß 1915
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Gustav Klimt Sehr große Pappel am Attersee 1902/03

KLEINER NACHTRAG ZU GESTERN
 
Ehrentafel für die im Kampf gegen die Türken gefallenen ehrsamen Wiener Handwerker

Und am Rande:

Ein Orientteppichladen, der wie ein orientalischer Teppichladen aussieht.

Sonntag, 7. August 2016

WIEN 1 - zu viel Barock, zu viel Pomp, aber doch schön.


Ein mit Blumen bemaltes Haus in Wien

Blumen in Wien
 
Im Kunsthistorischen Museum


Markgraf Albrecht von Brandenburg, Herzog von Preussen (1490-1568)
Norddeutschland um 1526, Eisen und Leder
Eine Rüstung mit Faltenrock, Blähbrust, Entenschuhen, Vogelkopf und übergroßen Handschuhen - Alexander McQueen hätte seine Freude gehabt! Cranach der Ältere hat ihn gemalt, den Markgrafen, der vielleicht mal in der lustigen Rüstung steckte und so sah er aus:

Wiki schreibt: Albrecht von Preußen (* 17. Mai 1490 in Ansbach; † 20. März 1568 auf der Burg Tapiau) war der erste Herzog in Preußen. Der Prinz von Ansbach aus der fränkischen Linie der Hohenzollern, seit 1511 Hochmeister des Deutschen Ordens, trat 1525 zur Reformation über, säkularisierte den Deutschen Orden in Preußen und wandelte den katholisch dominierten Ordensstaat in das lutherische, unter polnischer Lehenshoheit stehende Herzogtum Preußen um, das er bis zu seinem Tod regierte.
Was für eine Vorstellung, der Mann, Herzog von Preussen, Lutheraner, Staatsmann, scheinbar mir schwerem Schielfehler und recht stämmig, presst sich in diese modische Rüstung. Um was zu tun? Krieg zu führen? Cool zu wirken?

Jacobus Vrel
Frau am Fenster 1654
Ganz heutig. Schön, oder?

Hans von Aachen 1604
Erzherzogin Anna, Tochter von Erzherzog Ferdinand II.Landesfürst von Tirol
Gemahlin von Kaiser Matthias
Man beachte die zarten roten Ohrenaufsätze!

Pieter Aertsen
Marktszene um 1560/65
Erinnert mich stark an sozialistisch/realistische Arbeitergemälde der DDR
Wir sind stolz! Mehr Hühner! Mehr Brot! Vorwärts!

Albrecht Dürer 1526
Ein Bildnis des Johannes Kleeberger aus Nürnberg [in seinem] Lebensalter von 40 Jahren
Den habe ich doch gerade heute in einem Cafe gesehen!

Bernardo Strozzi 1582-1654
Predigt Johannes des Täufers
Keine Predigt, eine Diskussion auf Augenhöhe, das wird nur noch deutlicher durch das interessiert von dem aus der Mitte von unten aufschauenden Kind.

Samuel van Hoogstraaten 1627-1687
Alter Mann am Fenster 1653
Wahrscheinlich ein Bildnis des Rabbiners Jom Tow Lipman, der erwirkte, dass Juden in der Wiener Leopoldstadt wohnen konnten.

KROATIEN 6 - Wien war einst großmächtig

 Direkt vor unserer Haustür photographiert.

Gestern sind wir zwölf Stunden mit dem Auto von Dalmatien bis etwa einhundert Kilometer vor Wien gefahren. Wobei das Wort "fahren" hier in sehr weiter Begriffsbedeutung verwendet wird, nämlich schließt es "nichtfahren", "sehrlangsamfahren", "nochlangsamerfahren", "vielleichtirgendwannweiterfahren" mit ein. 700 Kilometer in zwölf Stunden und ich fahre eher flott. Das Verkehrsaufkommen war mittelstark, daran lag es nicht. An einer überschwemmten Straße und längeren Baustellen auf der in Konstruktion befindlichen Autobahn durch Slowenien lag es auch nicht. Das Mautzahlen war schuld.
Wir nehmen den Zettel, wir schauen ihn an, wir führen ihn in die Maschine ein, der zu zahlende Betrag erscheint auf einer digitalen Anzeige, wir nehmen das gereichte Geld, wir schauen das Geld an, wir errechnen das Wechselgeld, wir zählen es nach, wir übergeben das Wechselgeld, "hvala", wir öffnen die Schranke - ich fahre.
2 Stunden Wartezeit pro Mautstelle! Irrsinn. 

Die territoriale Entwicklung der Habsburger Monarchie, mit Zoll-, aber ohne Mautschranken, Teile der Schweiz, die Niederlande, praktisch der gesamte Balkan, Tirol, Venetien, Burgund, und und und, fast ganz Europa waren irgendwann einmal habsburgisch. Kein Wunder, dass die Herrschaften so agressiv vorgeschobene Unterlippen hatten.  
 

Ich bin mir sicher, dass, hätte es damal schon die Maut gegeben, die Türken, bzw. die Osmanischen Armeen, es nie bis nach Wien geschafft hätten, was eine Schande gewesen wäre, denn sie haben den Wienern doch den Kaffee gebracht, der hier mit höchst zärtlicher Wissenschaftlichkeit auf unzählige unterschiedliche köstliche Arten serviert wird.

Almkaffee / Gebirgskaffee – Kaffee mit Schlagobers, Eidotter und Obstschnaps
Biedermeier – Kaffee mit Schlagobers und Marillenlikör
Schale Braun – halb Kaffee, halb Milch

Kleiner Brauner – einfacher Mokka mit Milch oder Obers in kleiner Schale. Das Kaffeeobers oder Milch, um aus dem kleinen Schwarzen einen kleinen Braunen zu machen, wird traditionell in einem winzigen Porzellankännchen, das an einen etwas größeren Fingerhut erinnert, extra am Tablett serviert, damit der Gast selbst das Mischungsverhältnis bestimmen kann.
Großer Brauner – doppelter Mokka mit Kaffeeobers in großer Schale
Doppelmokka – doppelter Espresso in großer Mokkaschale
Einspänner – kleiner Mokka im Glas mit viel Schlagobers (doppelter Einspänner: großer Mokka)
Eiskaffee englischer Art – ein Drittel Kaffee, ein Drittel Eis, ein Drittel Schlagobers
Fiaker – großer Mokka im Glas mit viel Zucker und einem Stamperl Sliwowitz oder Rum (Wien)
Franziskaner – lichte Melange mit Schlagobers
Gespritzter – schwarzer Kaffee mit Weinbrand/Cognac oder Rum
Schale(rl) Gold – Kaffee mit Kaffeeobers, etwas heller als ein Brauner (Wien)
Granita di Caffè – fein gekörntes Eis mit starkem schwarzem gezuckertem Kaffee übergossen
Häferlkaffee – Kaffee im Häferl (und nicht in einer Tasse) mit meist hohem Milchanteil, Filterkaffee; als Häferlkaffee wurde auch Ersatzkaffee mit viel Milch bezeichnet
Intermezzo – kleiner Mokka, mit heißer Schokolade und Creme de Cacao verrührt, darauf Schlagobers mit Praline (eventuell Mokkabohnen)
Kaffee Kirsch – Kaffee mit Kirschwasser
Kaffee verkehrt – Kaffee mit 2/3 Milch und 1/3 Kaffee (Wien)
Kapuziner – schwarzer Kaffee mit einem Schuss flüssigen Obers
Katerkaffee – starker Mokka, gesüßt mit an Zitronenschale geriebenen Zuckerstücken
Konsul – Mokka mit etwas Obers
Kosakenkaffee – kleiner Mokka im Einspännerglas, vermischt mit flüssigem Zucker und Rotwein und Wodka
Marghiloman – Mokka mit Weinbrand/Cognac
Mazagran – kalter gesüßter Kaffee mit Eisstückchen und Weinbrand/Cognac oder Maraschino
Melange – halb Kaffee, halb Milch
Kaisermelange – Mokka mit Eidotter, auch mit Honig und Weinbrand/Cognac (Wien)
Wiener Melange – Melange, mit geschäumter Milch im Glas serviert (Wien)
Maria Theresia – Mokka mit einem Schuss Orangenlikör
Mokka gespritzt – Mokka mit Weinbrand/Cognac und Rum
Othello – heiße Schokolade mit Espresso
Piccolo – kleiner Schwarzer mit Schlagobers

Großer Schwarzer (auch großer Mokka) – doppelter Mokka in großer Schale
Kleiner Schwarzer (auch kleiner Mokka) – einfacher Mokka in kleiner Schale
Sperbertürke – doppelt starker, mit Würfelzucker aufgekochter türkischer Kaffee

Türkischer Kaffee passiert – türkischer Kaffee, bei dem der Satz herauspassiert wurde
Überstürzter Neumann – Schlagobers in einer sonst leeren Schale wird am Tisch des Gastes mit heißem Kaffee „überstürzt“.
Ungarischer Kaffee – starker gesüßter Kaffee wird aufs Eis gestellt, dann mit gekühltem Schlagobers vermengt und im Glas serviert
Verlängerter – ein kleiner Schwarzer wird mit der gleichen Menge an heißem Wasser verlängert
Weißer mit Haut – lichte Melange (heller Milchkaffee), der mit heißer, nicht verquirlter Milch serviert wird, worauf sich eine Haut bildet (Wien)
Zarenkaffee – starker Espresso, auf den eine Haube aus gezuckertem gesprudeltem Eidotter aufgesetzt wird