Sonntag, 14. August 2016

Toni Erdmann

Ein Spielfilm der Regisseurin und Drehbuchautorin Maren Ade, in dem Peter Simonischek und Sandra Hüller Vater und Tochter spielen. Der Film hatte 2016 im Wettbewerb des 69. Filmfestivals von Cannes Premiere.
Das sind die nackten Fakten. (Ein feiner Reim.) 
Der Rest ist, wieder einmal, meine Verblüffung und Ratlosigkeit, ob meiner mir unverständlichen Verständnislosigkeit. Der Film hat Preise bekommen, enthusiastischste Kritiken und viele Bekannte waren tief betroffen. Blödes Wort, betroffen, als wäre ein Kunstwerk eine Pistolenkugel. Mitten ins Herz. Obwohl sowas gibt es! Ha. Getroffen haben mich Filme schon, ins Herz, in die Magengrube, in tiefste Gehirnsegmente. Bladerunner, Angst Essen Seele auf, Lear von Goddard, RocknRolla, Planet of the Apes - Evolution, der erste Matrix Film, Im Morgengrauen ist es noch still, irgendwann mache ich eine längere Liste.

 Sandra Hüller

Aber als ich letzten Sonntag im Kino "International" saß und hoffnungsfroh auf die große Leinwand starrte, traf mich nix nirgendwohin. Ich konnte distanziert das technische Können der Filmemacherin bewundern und Sandra Hüller beglückt beim Spielen zuschauen, weil sie so kühl und beherrscht zu sein behauptet, dass man die Explosion geradezu herbeisehnt. Peter Simonischek ist charmant, aber nicht charmant genug. Zwei der Nebenfiguren sind zauberhaft und erinnerbar.

Eine Komödie ist es nicht, denn Pointen werden um jeden Preis vermieden. Ein Drama ist es nicht, denn wenn alle Figuren gleich der Welt entfremdet sind und ihr Kampf dagegen nur so mutlos halbherzig geführt wird, bleibe ich weiter genauso allein und ratlos wie vorher. 
Hier geht niemand das Risiko des falschen, zu großen Gefühls ein, niemand benimmt sich wirklich daneben, es wird nur damit getändelt. Sandra Hüller singt in einer Szene gezwungenermaßen Whitney Houstons "Greatest Love of All", sie ist keine gute Sängerin, aber selbst hier gibt die Regie ihr nicht die Möglichkeit groß zu scheitern. Es bleibt bei der bloßen Behauptung der Peinlichkeit. 

"Dirty Dancing" https://www.youtube.com/watch?v=UlT35Ote09c

Um Gottes willen nur keine Tragödie! Das wäre altbacken. Aber eine Komödie wäre zu angepasst, oder populistisch. Was machen wir anstattdessen? Ein Psychoboulevarddrama? Eine Vermeidung. Keine gefährliche Entscheidung wird getroffen. Und ich glaube, das ist es, was mich so befremdet entläßt. Ein allgemeines Gefühl von Unzufriedenheit und Einsamkeit wird zelebriert, ohne Zorn, ohne Widerstand. Nur mit Wehmutlosigkeit.

4 Kommentare:

  1. Ich kenne den Film nicht - was du da schreibst, das klingt sehr plausibel - sehr gut beobachtet - ich brauch den Film nicht mehr zu sehen!!
    Danke -

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  2. Ich habe mir den Film trotzdem angeschaut.
    Es ist ein langer Film, der sich Zeit nimmt, aber doch nie langweilig wird.

    Das Expat-Leben in ex-kommunistischen Staaten ist sehr gut getroffen und das Aufeinander-Treffen der alten und neuen Welten. Auch die süddeutsche Athmosphäre ist gut gezeichnet.

    Für mich werden ein bisschen zuviele Themen angeschnitten, und zuwenig wirklich weitergeführt.

    Ines spielt die ehrgeizige Karrierefrau sehr treffend, Peter Simonischek - mir noch aus der Berliner Schaubühne in guter Erinnerung - ist echt skurril. Humor als Lebensziel, hmmm.

    Nur das Drehbuch hat sich nicht richtig entschieden, realistisch zu Beginn, dann mehr und mehr skurril und unglaubwürdig, just too much...

    Das Ende ist ein bisschen "feige-unentschieden", alles ist möglich... wird Ines sich ändern oder nicht?

    Und, für mich ein kleiner Fehler: woher weiss der Vater, in welcher Bar sich die 3 Frauen treffen werden?

    Dennoch, sehenswert und momentan sehr komisch.

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  3. Schön, zwei Menschen, zwei völlig verschiedene Erlebnisse mit demselben Film. Kunst ist ein eigenartig Ding, oder?

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  4. Und das ist gut so!

    Übrigens hat mein Leben es ergeben, dass ich gestern Open-Air einen ähnlichen Film gesehen habe, die "Reise nach Armenien" (Regie: Robert Guédiguian) von 2005, Dauer 2h05.

    Diesmal sucht eine Tochter ihren Vater, der nach einer Krankheitsdiagnose nach Armenien abgehauen ist.

    Auch diesmal treffen wieder alte und neue wirtschaftliche und kulturelle Welten aufeinander.

    Spannende Story, Identitätsfragen und man lernt viel über dieses Land.
    Vielleicht mal in einem Berliner Programmkino zu finden...

    http://derstandard.at/2703699/Bekenntnis-zu-den-eigenen-Wurzeln-Robert-Guediguians-Reise-nach-Armenien

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